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[Zum Zeugen gewandt:]

Es ist des weiteren von der Anklage Bezug genommen worden auf ein Affidavit von Tilly, daß Sie zugegeben hätten, daß Sie Hitler Angriffsabsichten zutrauten. Wollen Sie sich speziell auch hierzu äußern?

SCHACHT: Das Affidavit des britischen Majors Tilly ist völlig korrekt. Ich habe Major Tilly in der Voruntersuchung gesagt, daß ich im Jahre 1938, im Laufe der Ereignisse der Affäre Fritsch und der Folgezeit zur Überzeugung gekommen wäre, daß Hitler jedenfalls nicht unter allen Umständen einen Krieg vermeiden würde, möglicherweise sogar nach einem Krieg strebte; ich hätte mir dann rückschauend eine Reihe von Äußerungen Hitlers überlegt und hätte mich nach dem Grunde gefragt, warum wohl Hitler im Laufe der Jahre zu einer solchen Überzeugung gekommen sei, daß er einen Krieg eventuell nicht vermeiden würde, und habe als die Begründung, die ich hierzu fand, Major Tilly gesagt, mein Eindruck rückschauend sei gewesen, daß Hitler in die Rolle hineingeraten sei, die einem jeden Diktator, der nicht rechtzeitig von seiner Macht zurücktreten wolle, notwendigerweise beschieden sein müsse, daß er nämlich seinem Volke gegenüber mit irgendeiner Siegergloriole aufwarten müsse und daß das wohl die gedankliche Entwicklung bei Hitler gewesen sei.

DR. DIX: Also dieselben Erklärungen, die der Fürst Metternich über Napoleon seinerzeit gegeben hat?

Nun, Sie bemerkten jetzt schon parenthetisch, daß der erste Verdacht Ihnen mit der Fritsch-Affäre gekommen wäre. Der Zeuge Gisevius hat diese Fritsch- Affäre eingehend dem Tribunal geschildert. Wir wollen nichts wiederholen. Ich bitte Sie deshalb, zu der Fritsch-Affäre nur das zu bekunden, was Sie zu ihr über die Aussage Gisevius hinaus oder abweichend von dieser Aussage zu sagen haben.

Wenn das allerdings länger dauert – was ich nicht weiß – würde ich dem Gericht den Vorschlag machen, jetzt die Pause einzuschalten, wenn es will.

SCHACHT: Ich habe eine ganz kurze Bemerkung dazu.

DR. DIX: Es ist eine kurze Bemerkung. Machen Sie Ihre Antwort zu dieser Frage kurz.

VORSITZENDER: Ja, wenn er es kurz machen kann, hätten wir es lieber jetzt.

SCHACHT: Eine einzige Bemerkung, die ich hinzufügen möchte. Die Schilderung, die Gisevius von dem Verlauf der Affäre Fritsch gegeben hat, ist nach meiner Kenntnis und nach meinem Miterleben völlig korrekt in allen Einzelheiten. Ich habe dem nichts hinzuzufügen. Ich kann sie nur bestätigen. Dagegen möchte ich auf eine Rede von Hitler hinweisen, die er am 20. Februar 1938 im Reichstag gehalten hat und wo eine Bemerkung darin enthalten ist, die mir auch damals bereits sehr aufgefallen ist. Er sagt nämlich darin, und ich zitiere diese Rede nach den »Dokumenten der deutschen Politik«, die hier ja in allen Exemplaren vorgelegen hat.

Die Veränderungen im Reichskabinett und in der Militärverwaltung vom 4. Februar, die also anschließend an die Affären Blomberg und Fritsch vorgenommen waren, bezweckten jene Verstärkung

»unserer militärischen Machtmittel in kürzester Zeit..., die die allgemeinen Zeitumstände heute angezeigt sein lassen.«

Auch diese Bemerkung hat mich bestärkt in meiner Auffassung, daß hier jetzt die Wendung von einer friedlichen zu einer militärischen Politik bei Hitler offensichtlich wurde; und ich wollte den Hinweis auf diese Bemerkung nicht unterlassen, um das Bild, was Gisevius hier gegeben hat, zu vervollständigen.

DR. DIX: Das ist Exhibit Nummer 28 unseres Dokumentenbuches. Es ist auf Seite 81 des englischen, auf Seite 74 des deutschen Textes. Da ist diese Stelle zitiert.

VORSITZENDER: Sehr gut. Wir machen jetzt eine Pause von zehn Minuten.