[Zum Gerichtshof gewandt:]
In diesem Zusammenhang darf ich dem Gericht überreichen Exhibit Nummer 40 meines Dokumentenbuches, eine eidesstattliche Versicherung auch eines früheren Mitarbeiters Dr. Schachts im Reichswirtschaftsministerium, eines gewissen Kammerdirektors Dr. Asmis. Das ist in der englischen Ausgabe Seite 180 nur ein kurzer Passus aus dieser langen eidesstattlichen Versicherung.
Ich zitiere.
»Als das ohne Erfolg blieb« – nämlich sein Kampf – »und die Entwicklung auf dem von ihm als falsch erkannten Wege immer weiterging, hat er« – nämlich Schacht – »im Herbst 1937, also lange vor Kriegsbeginn, als aufrechter Mann die Konsequenz daraus gezogen und die Entlassung aus seinem Amte als Reichswirtschaftsminister und somit aus der Mitverantwortung betrieben. Eine normale Amtsabgabe war dabei für ihn offenbar nicht zu erreichen, da die Partei aus Prestigegründen seinen Namen brauchte. So blieb er im Herbst 1937 einfach längere Wochen hindurch den Räumen des Reichswirtschaftsministeriums fern. Er trat in den ›Sitzstreik‹, wie es scherzhaft im Ministerium hieß und ging dienstlich nur in die Räume der Reichsbank...«
VORSITZENDER: Herr Dix! Ist es notwendig, den Gerichtshof mit allen diesen Einzelheiten zu behelligen? Daß er zurücktrat, ist nicht strittig. Das einzige, was er erklären muß, ist, warum er weiter Minister geblieben ist. Beweismaterial über seinen Rücktritt und über den Konflikt zwischen ihm und dem Angeklagten Göring ist von der Anklagebehörde vorgelegt worden. Wozu müssen wir vor all diesen Einzelheiten hören, von diesem Sitzstreik und dergleichen? Das interessiert den Gerichtshof nicht.
DR. DIX: Er ist nicht Minister geblieben damals. Er ist gegangen als Minister.
VORSITZENDER: Ich dachte, er sei bis 1943 Minister geblieben
DR. DIX: Minister ohne Portefeuille, jawohl.
VORSITZENDER: Ich habe ja nicht Minister mit Portefeuille gesagt, ich habe nur Minister gesagt.
DR. DIX: Ja, es ist ein Unterschied, aber ich werde darauf später zu sprechen kommen. Ich habe verstanden aktiver Minister, aber ich will darauf jetzt keinen Wert legen. Es war ein Mißverständnis. Ich bin damit auch schon am Ende. Es war nur, um zu illustrieren, wie schwer es war, die Entlassung durchzusetzen.
[Zum Zeugen gewandt:]
Nun kommen wir zu der Art, wie Sie entlassen wurden. Haben Sie hier den Bekundungen von Lammers irgend etwas hinzuzufügen oder nicht?
SCHACHT: Ich glaube, wir sollten eine Mitteilung doch dem Gericht machen, die mir jedenfalls von dem Mitangeklagten Speer hier in der Gefangenschaft zugegangen ist. Der Zeuge war zumindest Ohrenzeuge der Auseinandersetzung zwischen Hitler und mir in der entscheidenden Besprechung, wo ich meine Entlassung durchsetzte.
Wenn das Gericht erlaubt, lese ich es ganz kurz vor. Es handelt sich um zwei oder drei Sätze. Herr Speer hat mir folgendes mitgeteilt; ich zitiere:
»Ich war auf der Terrasse des Berghofs auf dem Obersalzberg und wartete darauf, meine Baupläne vorlegen zu können. Im Sommer 1937, als Schacht auf den Berghof kam...«
JUSTICE JACKSON: Speer ist im Saale anwesend. Die Zeugenaussage eines Angeklagten über ein Gespräch mit einem anderen Angeklagten ist ein sehr bequemer Weg, eine Aussage ohne Kreuzverhör zu erhalten. Aber die Methode erscheint mir im höchsten Maße anfechtbar.
Ich erhebe dagegen Einspruch, weil es keinen Beweiswert hat, über ein Gespräch dieser Art auszusagen, wenn der Angeklagte Speer im Gerichtssaal anwesend ist, vereidigt werden kann und selbst aussagen kann. Er sitzt hier und steht zur Verfügung.
VORSITZENDER: Worum handelt es sich bei dieser Unterhaltung?
DR. DIX: Gegenstand dieser Besprechung ist eine Angelegenheit, welche den Angeklagten Schacht angeht, nämlich eine Äußerung Hitlers über Schacht. Es ist keine Angelegenheit, die den Angeklagten Speer angeht. Deshalb würde ich es an sich für sachdienlich halten, da es sich um eine Angelegenheit Schachts handelt, wenn er darüber Bekundungen machen könnte; nur würde ich allerdings es für richtiger halten, daß er nicht verliest, was ihm Speer geschrieben hat, sondern daß er diesen Vorfall betreffend Hitler und Schacht nur dem Tribunal bekundet und nur sagt: »Das habe ich von Speer erfahren«, das scheint mir besser, als die Sache...
VORSITZENDER: Gut, Herr Dr. Dix, Sie können es vorbringen.
DR. DIX: [zum Zeugen gewandt] Dann bitte verlesen Sie nicht, sondern erzählen Sie den Vorfall in der Form, daß Sie sagen, Sie haben es von Speer.
JUSTICE JACKSON: Das scheint mir sogar noch anfechtbarer als eine schriftliche Erklärung von Speer. Wenn wir schon Speers Aussage haben müssen, so soll es zumindest Speers Aussage sein und nicht die Wiederholung eines Gesprächs der beiden Angeklagten. Wenn Speer eine schriftliche Aussage gemacht hat, so kann sie uns auf dem üblichen Weg überreicht werden.
Es ist dies nun das zweite Dokument, in das wir nicht Einsicht nehmen konnten, bevor hier davon Gebrauch gemacht wurde. Mir scheint, daß, wenn dies ein von Speer unterzeichnetes Dokument ist – und das ist es nicht, wie ich verstehe –, wenn es das ist, dann ist es etwas anderes. Wir können es dann sehen, und vielleicht kann es benutzt werden. Wenn es eine Unterhaltung ist, so würde ich Speers Darstellung vorziehen.
DR. DIX: Darf ich noch etwas sagen? Die Verfahrensfrage ist für mich keine grundsätzliche. Gut, dann soll es zur Erörterung kommen, wenn Speer vernommen wird. Außerdem weiß ich nicht, ob Speer gerufen wird. Er wird wahrscheinlich gerufen werden. Praktisch besser ist es, wir hören es jetzt. Aber ich stelle es vollkommen anheim. Für mich ist es keine Kapitalfrage.
VORSITZENDER: Der Gerichtshof wird das Beweisstück zulassen.
DR. DIX: [zum Zeugen gewandt] Also, ohne zu verlesen, sondern nur den Vorgang erzählen.
SCHACHT: Die Herren – und darunter Speer – auf der Terrasse haben diese Unterhaltung, die in sehr lautem Ton geführt wurde, mitangehört. Am Ende der Unterhaltung ist Hitler auf die Terrasse herausgekommen und hat bei dieser Gelegenheit...
VORSITZENDER: Einen Augenblick.