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[Zum Zeugen gewandt:]

Aber Sie sind verstanden worden.

SCHACHT: Danke.

DR. DIX: Hier ist auch im Laufe der Verhandlung entweder in einem Brief oder in einem Gedicht, das weiß ich jetzt nicht, von Ihren Gedanken über einen eventuellen Märtyrertod die Rede gewesen; ob Sie da vielleicht der Sache des Friedens oder dem deutschen Volke hätten dienen können, indem Sie noch weiter gegangen wären, als Sie gegangen sind, sich geopfert hätten...

SCHACHT: Ich glaube Sie spielen auf ein Zitat an, welches einer der Herren der amerikanischen Anklagevertreter hier vorgebracht hat, wo ich in einer meiner Aufzeichnungen über das Totschweigen gesprochen habe.

DR. DIX: Jawohl.

SCHACHT: Wenn ich selbst mich aufgeopfert hätte, so hätte das nicht das leiseste genützt, weil die Umstände des Aufopferns nicht bekanntgeworden wären. Entweder wäre ich in irgendeinem Gefängnis verschwunden oder wäre dort gestorben, und kein Mensch hätte mehr gewußt, lebt er oder lebt er nicht; oder ich wäre irgendeines beabsichtigten zufälligen Unglückstodes gestorben, und dann wäre diese Märtyrermöglichkeit auch nicht mehr gewesen. Märtyrer wirken nur, wenn sie der Öffentlichkeit bekannt werden.

DR. DIX: Ich darf jetzt die Aufmerksamkeit des Gerichts einen Moment in Anspruch nehmen. Mir ist gestern eine Frage abgelehnt worden, betreffend die gesellschaftliche Haltung des diplomatischen Korps und deren Wirkung zum Beispiel auf Männer wie Schacht. Die Frage, die ich jetzt stellen will, ist zwar nicht die gleiche – dann würde ich sie nicht stellen –, aber sie hat immerhin einen Gegenstand...

VORSITZENDER: Mein Einwand richtete sich gegen die Anwendung des Wortes »Haltung«, denn ich vermag nicht einzusehen, wie Zeugen die Haltung eines Korps beweisen können. Ich glaube, ich sagte, daß besonders die Tatsache der Anwesenheit des diplomatischen Korps bei dem Parteitag in der Beweisführung unterbreitet werden kann, aber das Wort »Haltung« ist viel zu allgemein. Was wollen Sie also jetzt fragen?

DR. DIX: Gestern war die Frage abgelehnt worden, die ich so präzisiert hatte: »Wie war Schacht beeinflußt durch das Gesamtverhalten des diplomatischen Korps?« Diese Frage ist abgelehnt und ist damit erledigt. Nun möchte ich natürlich vorher Klarheit schaffen, weil ich mich auch nicht dem Anschein aussetzen will, als ob ich eine Frage einschmuggeln will, die vielleicht gegen dieselbe Ratio verstößt. Auf der anderen Seite ist es für meine Verteidigung wesentlich, darzutun, daß auch urteilsfähige Männer des Auslandes dieselbe Einstellung gehabt haben gegenüber dem Regime wie Schacht, die doch über jeden Verdacht erhaben sind, einen Angriffskrieg vorbereiten zu wollen, und auf der anderen Seite ist es eine der Säulen meiner Verteidigung, darzutun, daß die Arbeit dieser oppositionellen Kreise durch die Haltung des Auslandes nicht nur nicht gefördert, sondern auch erschwert worden ist. Das ist das »Thema probandum«, das für mich wichtig ist und zu diesem Thema – aber bitte, antworten Sie nicht, Herr Schacht, bevor nicht das Gericht die Erlaubnis gegeben hat – zu diesem Thema wollte ich...

VORSITZENDER: Wollen Sie bitte die Frage genau formulieren.

DR. DIX: Ja, ich will jetzt die Frage stellen. Ich wollte ihm nach meinen Notizen zu den verschiedenen Ehrungen, die das Nazi-Regime im Ausland erfahren hat, die hier bereits erörtert sind, die zahlreichen repräsentativen und das Regime ehrenden Staatsbesuche nach meinen Notizen vorhalten und ihn dann fragen – jetzt kommt die Frage: welchen Einfluß diese zahlreichen und großen Ehrungen auf die Arbeit und Ziele dieser Verschwörergruppe gehabt haben. Da aber diese Frage sich etwas in derselben Linie bewegt, wie die gestern abgelehnte – und ich mir meine »objections« lieber selber mache, als sie mir machen zu lassen – wollte ich vorher die Frage dem Gericht unterbreiten, ob sie zugelassen wird.

VORSITZENDER: Herr Dr. Dix! Die Frage lautet: »Welche Folgen, welche Wirkung hatte die Anerkennung der Nazi-Regierung seitens des Auslandes auf diese Verschwörergruppe, mit der der Angeklagte Schacht in Verbindung stand?« Das ist die Frage, nicht wahr? Diese Frage dürfen Sie nach Ansicht des Gerichtshofs stellen.

DR. DIX: Wird zugelassen; wenn Anerkennung richtig übersetzt wird »die Ehrung«; Ehrung, nicht Anerkennung im Sinne der Anerkennung einer Regierung im diplomatischen, offiziellen Verkehr, sondern der Ehrung, der Auszeichnung. Es ist eine Schwierigkeit der Übersetzung; ich möchte da kein Mißverständnis... Und vorher darf ich ihm die einzelnen Staatsbesuche vorhalten, die ich mir notiert habe, damit er die Frage beantworten kann? Darf ich das?

VORSITZENDER: Ja. Die tatsächlichen Besuche.

DR. DIX: Also, sie wird nicht vollständig sein, die Liste.