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[Zum Zeugen gewandt:]

Seit wann kennen Sie Herrn von Neurath, Herr Doktor?

SCHACHT: Das kann ich aufs Jahr genau nicht sagen; aber jedenfalls seit langer, langer Zeit, seit vielen, vielen Jahren.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Sie waren dann eine Zeitlang, ungefähr vier Jahre, mit ihm als Kollege, als Ministerkollege, in der Regierung. Haben Sie in dieser Zeit mehr mit ihm verkehrt – außer rein offiziell?

SCHACHT: Leider nicht genügend. Aber ich habe ihn natürlich immer von Zeit zu Zeit gesehen. Ich hätte ihn gerne öfter gesehen.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Aber Sie haben aus Gesprächen mit ihm oder was Sie über ihn hörten, sich doch sicherlich eine Meinung über seine politische Einstellung und sein politisches Denken, seine politischen Absichten gebildet.

SCHACHT: Das war mir genau bekannt.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Und wohin ging dieses politische Denken seiner Einstellung?

SCHACHT: Ich habe von Herrn von Neurath den Eindruck gehabt, daß er im Grunde Anhänger einer konservativen Politik war, aber einem aufgeklärten Fortschritt jederzeit zugängig und vor allem für eine internationale friedliche Zusammenarbeit eingestellt war.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Halten Sie es für möglich oder haben Sie irgendwelche Anhaltspunkte dafür, daß er unter Umständen auch zu kriegerischen Mitteln greifen würde oder das überhaupt in seine Berechnungen einzog, wenn eine friedliche Verständigung, die er erstrebte, wirklich ausgeschlossen war?

SCHACHT: Ich halte nach Empfinden und Verstand Neuraths ihn für jede Kriegspolitik völlig abgeneigt.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Sie haben dann auch miterlebt, wie unter seiner Führung der deutschen Außenpolitik verschiedene...

VORSITZENDER: Herr Dr. Lüdinghausen! Würden Sie bitte die Kopfhörer anlegen. Der Gerichtshof ist der Ansicht, daß diese Fragen nicht zulässig sind, da sie zu allgemein gehalten sind.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Haben Sie von Herrn von Neurath den Eindruck gehabt, als wenn er verschiedenes, was er erreicht hat, die Rheinlandbesetzung vor allen Dingen...

VORSITZENDER: Herr Dr. von Lüdinghausen! Das ist keine zulässige Frage an einen Zeugen: »Haben Sie den Eindruck von ihm?« Sie können fragen, was er gesagt hat und was er getan hat; was hat Herr von Neurath getan oder gesagt?

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Ja, dann werde ich die Frage nicht stellen.

Dann habe ich noch eine letzte Frage.

[Zum Zeugen gewandt:]

Sie wissen, daß Herr von Neurath am 4. Februar 1938 als Außenminister ausgeschieden ist. Was haben Sie und die Ihnen nahestehenden Kreise zu diesem Ausscheiden des Herrn von Neurath aus der Außenpolitik gesagt? Welchen Eindruck hat das auf Sie gemacht?

SCHACHT: Ich glaube, ich habe schon im Laufe des Verhörs gesagt, daß ich das Ausscheiden des Herrn von Neurath als ein sehr übles Zeichen für das Verlassen der bisherigen Verständigungspolitik in außenpolitischer Beziehung aufgefaßt habe.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Ich habe keine weiteren Fragen.

VORSITZENDER: Irgendwelche andere Fragen seitens der Verteidigung? Wünscht die Anklagebehörde ein Kreuzverhör anzustellen?

JUSTICE JACKSON: Vielleicht können wir Zeit sparen, Herr Vorsitzender, wenn wir jetzt die Pause eintreten ließen. Ich weiß, es ist etwas früh, aber wir brauchen einige Zeit, um unsere Papiere vorzubereiten.

VORSITZENDER: Sicherlich.