[Zum Zeugen gewandt:]
Also wohlverstanden, Herr Vocke, das Tribunal kennt den Text des Memorandums. Ich bitte Sie also, sich auf das, was ich vorhin gefragt habe, zu beziehen.
VOCKE: Das Memorandum muß mit Währungsargumenten arbeiten, aber trotzdem steht klar darin, was wir verlangen: »Beschränkung der Außenpolitik«. Dieser Satz zeigt klar, was wir eigentlich wollten. Beschränkung der Ausgabenwirtschaft, Beschränkung der Außenpolitik, der außenpolitischen Ziele. Wir haben darauf hingewiesen, daß die Ausgaben ein Maß erreicht haben, mit dem nicht weiter fortgefahren werden kann, und daß damit Schluß gemacht werden muß oder, wie gesagt wird, Einhalt geboten werden muß der Ausgabenpolitik, das heißt der Rüstungspolitik des Reiches.
DR. DIX: Ja. Sahen Sie nun die Wirkungen dieses Memorandums voraus, oder besser gesagt, mit welchen Wirkungen dieses Memorandums auf Hitler rechneten Sie dann taktisch?
VOCKE: Entweder mußte das Memorandum dazu führen, daß Schluß gemacht wurde mit dieser unhaltbaren Ausgabenwirtschaft, die ja uns an den Ruin gebracht hatte; denn am Ende des Jahres 1938 war ja kein Geld mehr vorhanden, sondern ein Kassadefizit von annähernd einer Milliarde. Das mußte eingesehen werden, und der Finanzminister war auf unserer Seite. Wurde es aber nicht anerkannt, dann mußte der Bruch kommen und mußten wir entlassen werden. Eine andere Alternative gab es nicht. Und wir sind zu dem ungewöhnlichen Schritt gekommen, daß das ganze Direktorium dieses Manuskript unterschrieben hat.
DR. DIX: Das ist an sich nach meiner Erfahrung etwas ganz Ungewöhnliches; denn im allgemeinen wird doch eine amtliche Schrift der Reichsbank von dem Präsidenten oder seinem Stellvertreter unterzeichnet.
VOCKE: Das ist richtig, wir wollten die Geschlossenheit des Reichsankdirektoriums mit diesem wichtigen Dokument, das Schluß machen sollte mit der Rüstung, zum Ausdruck bringen.
DR. DIX: Das ist klar, Herr Zeuge. Haben Sie Anhaltspunkte dafür, daß Hitler dies erkannt hat?
VOCKE: Ja, Hitler hat irgendein Wort gebraucht, wie daß das eine »Meuterei« wäre, wie ich glaube, daß dies beim Militär solche Begriffe sind. Ich habe nie gedient, aber ich glaube doch, wenn eine Beschwerde von mehreren Soldaten unterschrieben wird, daß das als eine Meuterei angesehen wird. Von solchen Begriffen ging Hitler aus.
DR. DIX: So etwas gibt es. Sie waren nicht dabei. Wer hat Ihnen denn das erzählt von diesem Ausdruck »Meuterei«?
VOCKE: Das weiß ich nicht mehr, ich glaube, es war Herr Berger vom Finanzministerium. Ich kann das aber nicht mehr mit voller Bestimmtheit sagen.
DR. DIX: Also es wurde in Ministerialkreisen erzählt, diese Äußerung?
VOCKE: Ja.
DR. DIX: Nun, dieses Memorandum enthält aber auch ein Kompliment für Hitler, nämlich eine Bezugnahme auf seine außenpolitischen Erfolge.
VOCKE: Ja, Schacht hatte sich angewöhnt, Hitler stets mit Schmeicheleien zu umgeben und in dem Maß, wie Schacht zum entschiedensten Gegner der Hitler-Regierung geworden war, um so mehr bediente er sich dieser Schmeicheleien und hat daher in diesem Memorandum, jedenfalls am Eingang, wo er von den Erfolgen Hitlers spricht, diese Taktik auch seinerseits angewendet.
DR. DIX: Und was war nun die Folge dieses Memorandums, kurz?
VOCKE: Die Folge war, daß zunächst Schacht, Dreyse und Hülse und dann ich, Erhardt und Lessing entlassen worden sind. Die Folge war allerdings auch, daß das Ausland wußte, was es in Deutschland geschlagen hatte, und zwar hatte mein Kollege Hülse in Basel unzweideutig in diesem Sinn Erklärungen abgegeben, daß, wenn wir entlassen würden, dann unsere Freunde wüßten, wie weit man ist.
DR. DIX: Das hat Ihnen Herr Hülse erzählt?
VOCKE: Das hat mir Hülse erzählt, ja.
DR. DIX: Euer Lordschaft! Sollen wir jetzt eine kurze Pause machen? Ich habe an sich nicht mehr viel, aber ich habe auch noch den Dokumentenbeweis.
VORSITZENDER: Wie lange denken Sie, werden Sie brauchen bis Sie damit fertig sind?
DR. DIX: Es ist dies ganz kurz nur und dann der Dokumentenbeweis, der auch sehr kurz ist. Soll ich noch vor der Pause damit beginnen?
VORSITZENDER: Der Gerichtshof wird nun eine Pause einschalten.