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[Der Zeuge verläßt den Zeugenstand.]

DR. DIX: Darf ich nunmehr meinen Dokumentenbeweis vortragen? Ich kann den Dokumentenbeweis sehr summarisch und kurz führen; ich werde ihn bestimmt noch heute vor Sitzungsschluß beenden können, weil ich die Möglichkeit hatte, einen größeren Teil meiner Urkunden im Laufe des Zeugenverhörs vorzutragen.

Ich darf generell die Bitte vortragen, von allem, was von mir nicht verlesen wird oder nicht verlesen worden ist, amtlich Kenntnis zu nehmen. Ich darf dies generell sagen.

In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, daß der gesamte Inhalt meines Dokumentenbuches mit einer Ausnahme entweder überreicht ist oder in einigen Exhibits jetzt noch überreicht werden wird. Die Ausnahme des nicht überreichten Dokuments ist das Exhibit 32, nämlich der viel erörterte Artikel der »Basler Nachrichten« vom 14. Januar, 1946, Exhibit 32, den ich aus den gestern erörterten Gründen nicht überreicht habe und demgemäß auch nicht überreichen will.

Ich komme nun zu Band 1 meines Dokumentenbuches, zu den Exhibits, die noch nicht überreicht sind. Das ist erst Exhibit Nummer 5; das ist die Reichstagsrede Adolf Hitlers vom 23. Mai 1933 Dieses Exhibit ist von Schacht verlesen worden bei seiner Aussage und wird jetzt nachgereicht. Ich überreiche des ferneren Exhibit 23, das ist das Schreiben Schachts an Hermann Göring vom 3. November 1942. Dieses Schreiben ist zwar von der Anklagebehörde dem Tribunal schon eingereicht, wir haben es aber noch einmal eingereicht, und zwar aus folgendem Grunde: In dem von der Anklagebehörde eingereichten Exemplar fehlt das Datum und auch die Jahreszahl; es fehlt natürlich kraft der wortgetreuen Übertragung auch in unserem Exemplar. Wir haben aber durch einen Bestätigungsvermerk von Herrn Professor Kraus auf Grund der Bekundung von Schacht darauf vermerkt, daß es das Schreiben vom 3. November 1942 sein muß, weil es nämlich dasjenige Schreiben ist, welches dann die Entlassung vom Januar 1943 ausgelöst hat. Also es wird nur überreicht, damit dem Tribunal es erleichtert wird, das Datum festzustellen. Das war Exhibit 23.

Dann überreiche ich später noch das Exhibit 27. Ich werde es nicht verlesen, ich bitte nur, amtliche Kenntnis von ihm zu nehmen; das ist die Rede Schachts bei der Feier der Reichswirtschaftskammer vom Januar 1937.

Dann überreiche ich noch das Exhibit 29. Das sind die Auszüge aus dem erörterten Buch von Gisevius, die wir als Beweisdokumente verwerten wollten; ich bitte davon amtlich Kenntnis zu nehmen, ich verlese nichts.

Und dann überreiche ich noch das Exhibit 33 meines Dokumentenbuches. Das Exhibit 33 ist ein Brief eines gewissen Morton, eines früheren Bürgers von Frankfurt am Main, der nach England ausgewandert ist, eines sehr angesehenen Mannes in Frankfurt am Main, der gerichtet war an Treasury Solicitor, England, welcher Brief uns dann hier von der Anklagebehörde zugeleitet worden ist. Ich bitte auch nur von seinem Inhalt amtlich Kenntnis zu nehmen und bitte, nur einen Satz, nämlich auf der letzten Seite, verlesen zu dürfen:

»Zuletzt hörte ich von Schacht auf indirektem Wege. Lord Norman, damals Mr. Montague Norman, der Präsident der Bank von England, sagte mir im Jahre 1939 kurz vor Ausbruch des Krieges, daß er gerade von Basel zurückgekehrt sei, wo er mit Schacht zusammengetroffen sei, der mir Grüße sende. Lord Norman sagte mir auch, daß Schacht, der von Basel nach Deutschland zurückgekehrt sei, in großer persönlicher Gefahr schwebe, weil er bei den Nazis sehr in Ungnade gefallen sei.«

Das erledigt Band 1 meines Dokumentenbuches und ich gehe nun über zu Band 2, der mit den Affidavits beginnt. Hier muß ich schon die einzelnen Affidavits provisorisch durchgehen, lese diese aber nicht.

Das erste ist das Exhibit 34: es ist das schon mehrfach zitierte Affidavit des schwedischen Generalkonsuls Dr. Otto Schniewind, Bankier, zur Zeit München, ein meines Erachtens sehr instruktives, eingehendes Affidavit. Zur Zeitersparnis, es sind 18 Folioseiten, also es würde sehr viel Zeit wegnehmen, beschränke ich mich auf das, was ich aus diesem Affidavit verlesen habe und bitte das Tribunal, von dem übrigen Inhalt nur amtlich Kenntnis zu nehmen. Eingereicht ist es.

Dagegen ist noch das Exhibit 35 zu überreichen, das vorhin nicht überreicht worden ist. Ich bitte um Entschuldigung, es ist schon überreicht. Es ist das Affidavit des genannten Dr. Franz Reuter. Ich habe es überreicht, als ich vorhin über diese Stelle, über die Tendenz dieser Biographie sprach. Von dem übrigen Inhalt bitte ich nur amtlich Kenntnis zu nehmen.

Das nächste, Exhibit 36, ist eine eidesstattliche Versicherung des jetzigen Oberregierungsrates Dr. van Scherpenberg, früher Botschaftsrat an der Botschaft in London, dann Referent im Auswärtigen Amt, jetzt tätig im Justizministerium in München, Schwiegersohn des Dr. Schacht. Ich habe aus ihm einen Teil verlesen, von dem übrigen nicht verlesenen Teil bitte ich amtlich Kenntnis zu nehmen.

Das nächste, Exhibit 37a, ist überreicht. Es ist auch eine Stelle auf der deutschen Seite, Blatt 154, bereits verlesen, nämlich über das Warnungssignal durch den Abgang Schachts als Reichsbankpräsident an das Ausland. Von dem übrigen Inhalt bitte ich, amtlich Kenntnis zu nehmen.

Dagegen ist das nächste Affidavit von dem gleichen Herrn, der also auch Mitarbeiter von Dr. Schacht im Reichsbankdirektorium war, zum gleichen Zeitpunkt wie der eben vernommene Zeuge Vocke. Dieses überreiche ich hiermit. Ich brauche nichts zu verlesen, ich bitte nur, von dem Inhalt Kenntnis zu nehmen.

Das nächste Affidavit, wieder von dem gleichen Herrn, 37c, ist bereits überreicht; ich bitte von seinem Inhalt amtlich Kenntnis zu nehmen; ich brauche aber nichts zu verlesen.

Jetzt kommt als nächstes Exhibit 38, das Affidavit des Generals Thomas; das ist noch nicht überreicht; ich überreiche es und bitte, eine Stelle verlesen zu dürfen, und zwar auf der ersten Seite beginnend; das ist die englische Seite 172, und die deutsche Seite 164:

»Frage: Schacht will bei Blomberg retardierend auf die Aufrüstung eingewirkt haben. Können Sie darüber Auskunft geben? Wann war das?

Antwort: Von 1934 bis zur Zeit meiner Entlassung im Januar 1943 war ich Chef des Wehrwirtschaftsstabes, beziehungsweise Wehrwirtschafts- und Rüstungsamtes beim OKW. Als solcher hatte ich die Verbindung zum Reichswirtschaftsminister und Reichsbankpräsidenten, Hjalmar Schacht. Bis 1936 hat Schacht die Wiederaufrüstung durch Bereitstellung der nötigen Mittel zweifel los gefördert. Ab 1936 hat er jede Gelegenheit benützt, bei Blomberg auf Einschränkung des Tempos und Umfangs der Rüstungen hinzuwirken. Seine Gründe waren folgende:

1. Gefährdung der Währung,

2. mangelnde Produktion von Verbrauchsgütern,

3. die außenpolitische Gefahr, die Schacht in einer übergroßen Rüstung für Deutschland sah.

Der letzte Punkt hat ihn mehrfach veranlaßt, Blomberg und mir gegenüber immer wieder darauf hinzuweisen, daß die Rüstung keinesfalls zu einem neuen Kriege führen darf. Dieses waren auch die Gründe, die ihn 1936 und wiederum 1937 veranlaßten, Blomberg mit seinem Rücktritt zu drohen. Beide Male wurde ich von Blomberg beauftragt Schacht zu veranlassen, seine Rücktrittsdrohung nicht in die Tat umzusetzen. 1937 war ich bei der Besprechung zwischen Blomberg und Schacht zugegen.«

Von dem übrigen Teil der eidesstattlichen Versicherung des Generals Thomas bitte ich amtlich Kenntnis zu nehmen.

Das nächste Exhibit 39 ist auch teilweise bereits verlesen, nämlich über die Rolle Schachts im Rahmen des 20. Juli, in Verbindung mit General Lindemann, Affidavit des Obersten Gronau. Von dem übrigen nicht verlesenen Teil bitte ich das Tribunal, amtlich Kenntnis zu nehmen.

Das gleiche gilt von dem nächsten Exhibit 40; das ist eine eidesstattliche Versicherung auch eines Mitarbeiters von Schacht im Wirtschaftsministerium, des Kammerdirektors a. D. Asmis, die ich teilweise, nämlich hinsichtlich der Vorgänge bei der Entlassung als Wirtschaftsminister, auch schon verlesen habe; und vom übrigen Teil bitte ich amtlich Kenntnis zu nehmen.

Und dann kommt Exhibit 41. Das ist das Affidavit des Staatssekretärs a. D. Karl Christian Schmidt. Von dem habe ich noch nichts verlesen. Ich bitte, mir zu erlauben, zwei Stellen verlesen zu dürfen, und zwar die erste auf der deutschen Seite 182 und auf der englischen Seite 190.

»Als das von General von Schleicher arrangierte Brüning-Kabinett...«

steht hier, es ist nicht leserlich, ich glaube es muß anders heißen, aber es ist nicht leserlich.

»... von Schleicher selbst torpediert wurde, sah Schacht die baldige Berufung Hitlers an die Spitze der Regierung für unvermeidbar an. Er verwies darauf, daß nun einmal die große Masse des deutschen Volkes den Nationalsozialismus bejahte und daß die Linke sowie das Zentrum in völlige passive Resignation geraten waren. Die knappe Lebensdauer der Übergangskabinette Papen und Schleicher war ihm von vornherein klar. Schacht trat entschieden für Zusammenarbeit erfahrener Fachleute mit dem Nationalsozialismus ein, ohne dessen Programm im ganzen zu akzeptieren, das er ironisierte und mir gegenüber später öfters ›als eine wahrhaft bestialische Weltanschauung‹ bezeichnete. Er hielt aber eine Einflußnahme auf die Entwicklung von wichtigen inneren Machtpositionen aus für eine unbedingte patriotische Pflicht und verurteilte scharf Emigrationen und die Flucht in den bequemen Schmollwinkel.«

Und dann auf Seite 184, englische Seite 192, nur zwei ganz kurze Stellen.

»Ich erinnere mich zahlreicher Gespräche mit Dr. Schacht, in denen er einen Krieg als wirtschaftlich unmöglich und einfach verrückt bezeichnete, so beispielsweise auch im Hause des Dr. Fritz Thyssen in Mühlheim, der vor 1933 mit Göring und Hitler nahe verbunden – seit 1934 in schärfster Opposition stand und auch jeden Kriegsgedanken als Wahnwitz bekämpfte.«

Diesen Satz und dann weiter unten auf derselben Seite auch nur einen Satz:

»Die Himmler-Rosenbergschen Lebensraumpläne gegen Rußland pflegte Dr. Schacht im Gespräch mit mir als Beispiel der irrsinnigen Hybris radikaler Parteikreise scharf zu ironisieren. Schachts besonderes Steckenpferd war die Verständigung mit England...«

und so fort.

Ich bitte also, von dem übrigen Teil amtlich Kenntnis zu nehmen.

Das gleiche gilt für den gesamten Inhalt des Exhibit 42, einer eidesstattlichen Versicherung des Generaldirektors der Oberschlesischen Kokswerke, Berckemeyer.

Nunmehr komme ich zu Exhibit 43; das ist bereits überreicht und teilweise Verlesen. Es ist die Korrespondenz zwischen dem Herausgeber des Doddschen Diary und Sir Nevile Henderson. Ich bitte, von dem nicht verlesenen Teil amtlich Kenntnis zu nehmen, und alles, was jetzt als Exhibit 44 kommt, ist überreicht, und ich bitte von seinem Inhalt amtlich Kenntnis zu nehmen, indem ich auf Verlesung verzichte.

Damit bin ich am Schluß meiner gesamten Beweisführung im Falle Schacht.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof setzt nun das Verfahren gegen den Angeklagten Funk fort.

DR. FRITZ SAUTER, VERTEIDIGER DER ANGEKLAGTEN FUNK UND VON SCHIRACH: Herr Präsident! Mit Ihrer Genehmigung bitte ich zunächst den Angeklagten Dr. Funk selbst auf den Zeugenstand.