[Der Angeklagte Funk betritt den Zeugenstand.]
VORSITZENDER: Sagen Sie bitte Ihren vollen Namen.
WALTHER FUNK: Walther Emanuel Funk.
VORSITZENDER: Wollen Sie mir folgenden Eid nachsprechen:
Ich schwöre bei Gott, dem Allmächtigen und Allwissenden, daß ich die reine Wahrheit sagen, nichts verschweigen und nichts hinzusetzen werde.
[Der Zeuge spricht die Eidesformel nach.]
VORSITZENDER: Sie können sich setzen.
DR. SAUTER: Herr Präsident! Ich darf vielleicht eine Bemerkung vorausschicken. Der Angeklagte Funk ist seit Jahren ein kranker Mann und bevor er in das Gefängnis kam, lag er bereits längere Zeit im Krankenhaus und sollte einer Operation unterzogen werden, die mit Rücksicht auf die Zeitverhältnisse nicht mehr durchgeführt werden konnte.
Er steht auch jetzt andauernd in ärztlicher Behandlung. Mit Rücksicht darauf, und weil der Angeklagte unter allen Umständen seine eigene Vernehmung möglichst bald hinter sich bringen möchte, werde ich nur diejenigen Fragen an den Angeklagten stellen, die absolut notwendig sind, damit Sie sich über die Person und über seine Tätigkeit ein ausreichendes Bild machen können.
[Zum Zeugen gewandt:]
Herr Zeuge! Wann sind Sie geboren?
FUNK: Am 18. August 1890.
DR. SAUTER: Sie sind also jetzt 56 Jahre alt?
FUNK: Ja.
DR. SAUTER: Ich will Ihnen zunächst die wichtigsten Daten Ihres Lebenslaufes vorhalten. Sie können dann einfachheitshalber mit Ja oder Nein antworten.
Sie sind also 56 Jahre alt, sind in Ostpreußen geboren?
FUNK: Ja.
DR. SAUTER: Stammen aus einer Königsberger Kaufmannsfamilie?
FUNK: Ja.
DR. SAUTER: Studierten dann in Berlin an der Universität Rechts- und Staatswissenschaften, Literatur und Musik. Sie stammten auch aus einer Familie, die eine ganze Reihe von Künstlern hervorgebracht hat, nicht wahr?
FUNK: Ja.
DR. SAUTER: Im Weltkrieg waren Sie zunächst bei der Infanterie und wurden im Jahre 1916 wegen eines Blasenleidens dienstuntauglich. Stimmt das?
FUNK: Ja.
DR. SAUTER: Dann wurden Sie Redakteur bei einigen großen Tageszeitungen. Sie hatten lange Zeit geschwankt, haben Sie mir gesagt, ob Sie Künstler, also Musiker, oder Journalist werden sollten. Haben sich dann für das letztere entschlossen und wurden dann 1922, denke ich, Chefredakteur bei der »Berliner Börsenzeitung«. Stimmt das alles?
FUNK: Ja.
DR. SAUTER: Vielleicht sagen Sie uns nun, welche politische Richtung hatte diese Zeitung, an welcher Sie ungefähr zehn Jahre als Chefredakteur tätig waren?
FUNK: Die Richtung der Zeitung war bürgerlich-national. Die Zeitung war an keine Partei gebunden und war im Besitz einer alten Berliner Verlegerfamilie.
DR. SAUTER: Wie stand diese Zeitung vor Ihrem Eintritt in die Redaktion und während Ihrer Tätigkeit als Chefredakteur zur Judenfrage?
FUNK: Völlig neutral. Sie hatte sich mit der Judenfrage überhaupt nicht beschäftigt.
DR. SAUTER: Aus einem Affidavit des Herrn Dr. Schacht habe ich entnommen, daß Sie in der damaligen Zeit, also in den zwanziger Jahren, viel in einem Kreise verkehrt haben, der auch von Juden besucht wurde, wo man häufige Diskussionen über wirtschaftspolitische Fragen, zum Beispiel über Goldwährung und dergleichen wählte. Ist das richtig?
FUNK: Ich weiß nichts von diesen Fragen.
DR. SAUTER: Herr Dr. Schacht hat das behauptet, und zwar in einer eidesstattlichen Versicherung vom 7. Juli 1945, 3936-PS.
FUNK: Ich war viel mit Juden zusammen, und zwar erforderte das mein Beruf. Ich war jeden Tag an der Börse mit 4000 Juden zusammen.
DR. SAUTER: Dann haben Sie 1931 Ihre Stellung als Chefredakteur aufgegeben.
FUNK: Ja.
DR. SAUTER: Was waren dazu die Gründe?
FUNK: Ich war der Überzeugung, daß die Nationalsozialistische Partei an die Regierungsmacht kommen würde, und ich fühlte mich berufen, in der Partei meine eigenen wirtschaftspolitischen Ansichten zur Geltung zu bringen.
DR. SAUTER: Wollen Sie diese Ansichten nicht etwas näher darlegen, Herr Dr. Funk, insbesondere hinsichtlich der Frage des damaligen Parteienkampfes, des Klassenkampfes und dergleichen?
FUNK: Das deutsche Volk war damals in einer schweren Not, und zwar sowohl in einer schweren geistigen wie auch in einer schweren materiellen Not. Das Volk war durch den Parteien- und Klassenkampf zerrissen. Die Regierung oder die Regierungen hatten keine Autorität. Das parlamentarische System hatte abgewirtschaftet und ich selbst habe zehn, zwölf Jahre lang vorbei gegen die Tributlast von Versailles in der Öffentlichkeit gekämpft, weil ich der Überzeugung war, daß diese Tribute die hauptsächlichste Ursache an dem wirtschaftlichen Verfall Deutschlands waren. Ich selbst habe mein ganzes Leben lang gekämpft für eine Privatwirtschaft, weil ich der Überzeugung war, daß der Gedanke der Privatwirtschaft unzertrennlich verbunden ist mit dem Gedanken der verschiedenwertigen Leistungsfähigkeiten des Menschen. Ich habe für die private Initiative des Unternehmers gekämpft, für einen freien Leistungswettbewerb, und damals insbesondere für die Beseitigung des wilden Klassenkampfes und für die Herstellung einer sozialen Volksgemeinschaft auf der Grundlage der Betriebsgemeinschaft.
Dieses alles waren Ideen, für die ich eine starke Resonanz in Gesprächen insbesondere mit Gregor Straßer fand.
DR. SAUTER: Wer war Gregor Straßer? Vielleicht sagen Sie das dem Gericht kurz.
FUNK: Gregor Straßer war damals der Reichsorganisationsleiter der Nationalsozialistischen Partei und galt im allgemeinen als der zweite Mann nach Adolf Hitler. Ich habe dann...
VORSITZENDER: Es ist jetzt Zeit zur Vertagung.