[Zum Zeugen gewandt:]
Herr Dr. Funk! Sie waren bis 1937 Staatssekretär im Propagandaministerium und wurden dann Ende November 1937 Reichswirtschaftsminister, nachdem Dr. Schacht, Ihr Vorgänger, von diesem Posten abgegangen war. Können Sie uns schildern, natürlich mit der nötigen Kürze, wie sich dieser Wechsel vollzog und warum Sie auf diesen Posten berufen wurden?
FUNK: Auch das kam für mich völlig überraschend. In einer Opernvorstellung nahm mich der Führer, der dieser Vorstellung beiwohnte, in der Pause beiseite im Vestibül und erklärte mir, daß die Differenzen zwischen Göring und Schacht unüberbrückbar geworden seien und daß er deshalb Schacht entlassen müsse als Wirtschaftsminister und er mich bitte, den Posten des Wirtschaftsministers zu übernehmen, da er ja meine wirtschaftlichen Kenntnisse und Erfahrungen genau kannte von früher her. Er ersuchte mich, mit dem Reichsmarschall Göring Fühlung zu nehmen, der mir alles Weitere sagen würde. Das war das einzige Gespräch, das ich mit dem Führer in dieser Angelegenheit hatte.
DR. SAUTER: Dann haben Sie mit Göring selbst gesprochen? Bitte schildern Sie das.
FUNK: Dann bin ich zum Reichsmarschall gegangen. Der Reichsmarschall erklärte mir, daß er eigentlich die Absicht verfolgt habe, nur einen Staatssekretär mit der Führung des Reichswirtschaftsministeriums zu beauftragen, daß er dann aber doch zu der Überzeugung gekommen sei, die große Apparatur des Vierjahresplans mit der Apparatur des Wirtschaftsministeriums zusammenzulegen, aber der Wirtschaftsminister müsse seinen Weisungen entsprechend arbeiten, und insbesondere blieben die Generalbevollmächtigten für die einzelnen entscheidenden Wirtschaftszweige bestehen, die ihre Weisungen direkt vom Beauftragten des Vierjahresplans erhielten. Um den notwendigen Umbau vorzunehmen, übernahm der Reichsmarschall selbst die Leitung des Reichswirtschaftsministeriums und übergab mir dieses im Februar 1938.
DR. SAUTER: Es war also dann Göring etwa ein Vierteljahr lang selber der praktische Inhaber des Reichswirtschaftsministeriums?
FUNK: Unter seiner Leitung wurde die Umorganisation vollzogen, Die Leitung der Wirtschaftspolitik hatte er sowohl in dieser Zeit als auch nachher.
Im Vierjahresplan blieben die entscheidenden Lenkungsstellen bestehen. Also die Lenkungsstelle für Devisen, die gleichzeitig die anweisunggebende Stelle für die Reichsbank war; die Lenkungsstelle für Ernährung, die die anweisende Stelle für das Ernährungsministerium war; die Lenkungsstelle für Arbeitseinsatz, die die anweisende Stelle für das Arbeitsministerium war, – und es blieben die Generalbevollmächtigten für die einzelnen Wirtschaftsteile für Kohle, Eisen, Chemie und so weiter, die direkt dem Beauftragten für den Vierjahresplan unterstellt waren. Das Reichswirtschaftsministerium bekam auf diese Weise auch einige Behörden vom Vierjahresplan zugewiesen, die völlig selbständig weiterarbeiteten, wie die Reichsstelle für Wirtschaftsausbau und Forschung, die Professor Strauch leitete, die Reichsstelle für Bodenforschung, die der hier im Zusammenhang mit der Slowakei und Österreich stehende Staatssekretär Kempner leitete.
Ich habe mich bemüht, diese Stellen wieder auszugliedern, ich weiß bis heute nicht, was diese Ämter getan haben. Sie fühlten sich auch nach wie vor nicht dem Wirtschaftsminister, sondern dem Vierjahresplan unterstellt.
DR. SAUTER: Dr. Funk! Das Wesentliche an dem, was Sie uns jetzt erzählt haben, scheint mir zu sein, daß Sie zwar den Titel »Minister« erhalten haben, daß Sie aber in Wirklichkeit gar nicht Minister waren, sondern vielleicht die Stellung eines Staatssekretärs hatten und daß Ihr sogenanntes Wirtschaftsministerium vollständig den Weisungen des Vierjahresplans, nämlich Ihrem Mitangeklagten Göring, unterstand und an diese Weisungen gebunden war. Habe ich das so richtig verstanden?
FUNK: Das letztere ist richtig. Das hat der Reichsmarschall hier auch ausdrücklich ausgeführt, also bestätigt; aber das erstere ist nicht richtig, denn ich hatte ja immerhin, wenigstens formal, die Stellung eines Ministers und hatte ein riesiges Verwaltungsgebiet zu betreuen, um das sich selbstverständlich der Reichsmarschall nicht kümmern konnte. Das war ja gerade der Sinn der Organisation, daß der Reichsmarschall sich die Leitung und Lenkung der Wirtschaftspolitik im Großen und Entscheidenden vorbehielt, mir entsprechende Anweisungen gab, daß aber die Durchführung naturgemäß beim Wirtschaftsministerium und seinen Organisationen lag. Aber es war keine Stellung eines Ministers, wie man sie sich sonst im allgemeinen vorstellt, das ist richtig. Es war ein übergeordnetes Ministerium sozusagen da. Aber mir ist es in meinem Leben leider immer so gegangen, ich bin immer nur sozusagen bis zur Tür gekommen, eintreten habe ich nie dürfen.
DR. SAUTER: Im Prozeß ist es Ihnen anders gegangen.
Herr Dr. Funk! Die Anklagevertretung behauptet, daß, trotzdem Sie also eigentlich gar nicht Minister mit der herkömmlichen Ministerverantwortlichkeit und Selbständigkeit gewesen sind, daß trotzdem unter Ihrer, des Herrn Dr. Funks Aufsicht als Reichswirtschaftsminister, diejenigen Teile der deutschen Wirtschaft gestanden haben sollen, die strategisch unter die Gruppe der Kriegsindustrie und Rüstungsindustrie fallen, also insbesondere die Rohstoffe und Arbeitsstoffe, dann der Bergbau, die Eisenindustrie, die Kraftwerke, das Handwerk, Finanz- und Kreditwesen, Außenhandel und Devisen. Ich erinnere, Herr Dr. Funk, an die Ausführungen auf Seite 22 des deutschen Trialbriefes, die ich vor einigen Tagen mit Ihnen besprochen habe.
FUNK: Das ist formal richtig. Aber ich habe ja bereits ausgeführt, wie die Dinge tatsächlich lagen. Mit der Rüstungswirtschaft hatte ich gar nichts zu tun. Die Rüstungswirtschaft unterstand zunächst dem OKW, unter dem Chef des Rüstungsamtes Thomas, der zu der Verschwörung Schachts gehört hat, wie wir hier gehört haben. Der Rüstungsminister Todt, der im Jahre 1940 eingesetzt wurde, übernahm von mir alsbald die gesamte Energiewirtschaft und später gab ich auch die ganze Zivilproduktion an den Rüstungsminister, an Speer, ab.
DR. SAUTER: Zivilproduktion? Was verstehen Sie darunter?
FUNK: Darunter verstehe ich Kohle und Chemie und die Verbrauchsgüterproduktion und andere. Die hauptsächlichsten Produktionszweige auf diesem Gebiete, die hier genannt sind, das habe ich auch schon gesagt, unterstanden dem Generalbevollmächtigten des Vierjahresplans. So kam es, daß das Wirtschaftsministerium allmählich ein neues Handelsministerium wurde, das sich nur mit der Verteilung der Verbrauchsgüter beschäftigte.
DR. SAUTER: Herr Präsident! Vielleicht können wir ihn noch ein paar Sekunden sprechen lassen, weil ich dann nach einigen Sekunden zu dem Kapitel Reichsbankpräsident komme.
VORSITZENDER: Sicherlich.
DR. SAUTER: Also, berichten Sie es kurz noch weiter. Sie sind stehengeblieben... vom Einsatz, von Gold und Devisen, glaube ich, wollten Sie noch was sagen, wer da zuständig war?
FUNK: Dafür war die Lenkungsstelle Devisen im Vierjahresplan zuständig, nach deren Anweisungen die Reichsbank handeln mußte, zu meiner Zeit jedenfalls.
DR. SAUTER: Und die Führung der Außenhandelspolitik?
FUNK: Die lag beim Auswärtigen Amt. Die beanspruchte der Außenminister mit aller Hartnäckigkeit.
DR. SAUTER: Und was tat das Wirtschaftsministerium?
FUNK: Das Wirtschaftsministerium und die Reichsbank haben auf diesem Gebiet die technische Durchführung gemacht, also die technische Durchführung des Clearings, der Verrechnung und so weiter.
DR. SAUTER: Herr Präsident! Ich bin hier an einem kleinen Abschnitt angelangt, weil ich jetzt über seine Stellung als Reichsbankpräsident sprechen möchte, es wäre vielleicht der geeignete Zeitpunkt für eine Vertagung.
VORSITZENDER: Der Gerichtshof vertagt sich nun.