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[Das Gericht vertagt sich bis

7. Mai 1946, 10.00 Uhr.]

Einhundertdreiundzwanzigster Tag.

Dienstag, 7. Mai 1946.

Vormittagssitzung.

[Der Zeuge Funk im Zeugenstand.]

MR. DODD: Herr Zeuge! Sie hatten gestern abend eine Besprechung von ungefähr einer Stunde mit Herrn Dr. Sauter, nachdem der Gerichtshof sich vertagt hatte, nicht wahr?

FUNK: Jawohl.

MR. DODD: Als sich der Gerichtshof gestern vertagte, sprachen wir über die Goldbestände der Reichsbank, und ich hatte Sie gefragt, wann Sie anfingen, mit der SS Geschäfte zu machen, und, wenn ich mich erinnere, sagten Sie, Sie hätten keine Geschäfte mit der SS gemacht. Dann gingen wir etwas weiter und dann sagten Sie, die SS habe verschiedene Sachen hinterlegt, Dinge, die Leuten in Konzentrationslagern gehörten. Habe ich Ihre Aussagen richtig verstanden, so, wie ich sie jetzt im wesentlichen wiedergegeben habe?

FUNK: Nein, ich habe gesagt, daß Herr Puhl mir, das Jahr weiß ich nicht mehr, eines Tages berichtet hat, daß von der SS ein Golddepot angekommen ist, und er sagte weiterhin etwas ironisch, am besten ist, wir stellen nicht fest, was das ist Das konnte man ja auch, das habe ich gestern ja auch gesagt, bei einem Depot nicht. Die Reichsbank hatte ja bei einem Depot gar kein Recht hineinzusehen, was in dem Depot vorhanden ist. Erst später ist mir bei einem weiteren Vortrag von Herrn Puhl zum Bewußtsein gekommen, daß er den Ausdruck »Depot« falsch gewählt hatte, daß es sich hier nicht um ein Depot handelte, sondern um eine Goldablieferung. Das ist natürlich ein gewaltiger Unterschied. Ich persönlich habe angenommen, daß sich das immer um ein Golddepot handelte, daß dieses Gold aus Goldmünzen oder sonstigen Devisen bestand oder kleinen Goldbarren oder etwas Ähnlichem, das von den Insassen der Konzentrationslager abgeliefert wurde, wie ja jeder Mensch in Deutschland diese Dinge abgeben mußte, und daß das der Reichsbank zur Verwertung übergeben war. Ich entsinne mich, nachdem Sie mich jetzt auf diese Sache gebracht haben, auf etwas anderes, was mir bisher nicht im Bewußtsein war, wonach ich aber in der Vorverhandlung gefragt wurde und was ich in der Vorverhandlung nicht bejahen konnte, weil ich mich tatsächlich nicht, erinnerte. In der Vorverhandlung wurde ich nämlich gefragt, ob ich die Zustimmung des Reichsführers erwirkt hätte, daß dieses Gold, das bei der Reichsbank abgeliefert war, für die Reichsbank verwertet werden konnte. Ich habe darauf gesagt, ich erinnere mich nicht mehr daran. Wenn Herr Puhl das natürlich unter Eid aussagt, so will ich das nicht bestreiten und kann das auch nicht bestreiten. Aber das ist ja selbstverständlich, daß, wenn Gold abgeliefert wird, das in die Reichsbank gehört, daß dann die Reichsbank auch dieses Gold verwerten kann. Ich habe über diese Angelegenheit mit Herrn Puhl bestimmt nicht mehr als zwei- oder höchstens dreimal gesprochen. Woraus diese Depots bestanden oder diese Ablieferungen bestanden, und was mit den Ablieferungen geschehen ist, wie die verwendet worden sind, das ist mir nicht bekannt. Darüber hat Herr Puhl mich auch nicht informiert.

MR. DODD: Also, jetzt wollen wir mal sehen. Es war nicht die Gewohnheit der Reichsbank, Juwelen, Monokel, Brillen, Uhren, Zigarettenetuis, Perlen, Diamanten, Goldzähne und so weiter anzunehmen, nicht wahr? Normalerweise haben Sie solche Dinge als Depot in Ihrer Bank angenommen?

FUNK: Nein. Das ist meines Erachtens auch völlig ausgeschlossen, daß die Bank das tun durfte, denn diese Dinge mußten ganz woanders abgeliefert werden. Wenn ich richtig informiert bin über die Rechtslage, mußten die an die Reichsstelle für Edelmetalle abgeliefert werden, aber nicht bei der Reichsbank, und mit Schmuck und Juwelen und was weiß ich, Diamanten hatte die Reichsbank ja überhaupt nichts zu tun. Wir waren ja keine Verkaufsstelle oder Handelsstelle für Diamanten oder für Juwelen oder für Schmuck, das durfte sie nicht machen, meines Erachtens. Wenn das geschehen ist, hat das die Reichsbank zu unrecht, gemacht.

MR. DODD: Das ist ganz richtig.

FUNK: Falls das geschehen ist, dann hat die Reichsbank etwas Illegales getan. Die Reichsbank hatte die Autorität dazu nicht gehabt.

MR. DODD: Und Sie behaupten also, daß, wenn das getan worden ist, Sie davon nichts gewußt haben?

FUNK: Nein.

MR. DODD: Sie wußten es nicht?

FUNK: Nein.

MR. DODD: Sie waren öfter in den Stahlkammern der Reichsbank, nicht wahr? Sie führten ja Besucher gern dahin. Ich behaupte, Sie waren persönlich häufig in den Stahlkammern, nicht wahr?

FUNK: Ja, wo die Goldbarren lagen.

MR. DODD: Wir kommen gleich zu den Goldbarren. Ich will nur feststellen, daß Sie häufig in den Stahlkammern der Reichsbank gewesen sind, und Ihre Antwort ist »ja«. Sie waren dort?

FUNK: Das war üblich, wenn wir Besuche bekamen, insbesondere auch, wenn ausländische Besuche kamen, ihnen die Goldkammern zu zeigen, und es wurden dabei immer die Goldbarren gezeigt und der übliche Scherz gemacht, ob man einen Goldbarren heben könnte oder nicht. Aber etwas anderes als Goldbarren habe ich da unten nie gesehen.

MR. DODD: Wie schwer waren diese Goldbarren, die Sie in den Gewölben hatten?

FUNK: Das waren die üblichen Goldbarren im Verkehr zwischen Notenbanken. Die sind, soviel ich weiß, verschieden schwer. Ich glaube, daß die Goldbarren ein Gewicht haben von vielleicht 20 kg, schätze ich, man kann es sich ja ausrechnen. Wenn man...

MR. DODD: Gut, die Antwort genügt mir. Als Sie in den Stahlkammern waren, haben Sie niemals irgendwelche Sachen, die ich vorhin erwähnt habe, Juwelen, Zigarettenetuis, Uhren und so weiter gesehen?

FUNK: Niemals! Niemals! Ich bin vielleicht im ganzen vier-, fünfmal überhaupt in den Vaults, in den Goldkammern, gewesen und auch nur immer, um Besuchern dieses ganz interessante Schauspiel zu bieten.

MR. DODD: Nur vier- oder fünfmal zwischen 1941 und 1945?

FUNK: Ich nehme an, Otters nicht. Ich bin immer nur mit Besuchern hineingegangen, hauptsächlich mit ausländischen Besuchern.

MR. DODD: Behaupten Sie vor dem Gerichtshof, daß Sie als Leiter der Reichsbank nie eine Inspektion, wenn man das so nennen will, der Stahlkammern vornahmen und daß Sie sich nie die Deckung ansahen? Haben Sie nie eine Inspektion gemacht, bevor Sie Bescheinigungen darüber abgaben, was vorhanden war? Das macht doch jeder verantwortliche Bankier regelmäßig, nicht wahr? Was können Sie darauf sagen?

FUNK: Nein, niemals. Die Geschäfte der Reichsbank führt ja auch nicht der Präsident. Die Geschäfte der Reichsbank führt das Direktorium. Ich habe mich um Einzelgeschäfte, auch um Einzelgoldgeschäfte, insbesondere auch um eine etwaige Verschiebung in den einzelnen Goldbeständen in kleinem Umfange und so weiter, nie gekümmert. Wenn große Goldabladungen stattfanden, so wurde das vom Direktorium berichtet; das Direktorium führte die Geschäfte, und ich glaube, daß über Einzelvorgänge wahrscheinlich auch nur der verantwortliche Direktor, der Referent oder Dezernent des Direktoriums, informiert worden ist.

MR. DODD: Nun, haben Sie jemals Geschäfte mit Leihhäusern gemacht?

FUNK: Womit?

MR. DODD: Mit Leihhäusern. Wissen Sie nicht, was ein »Pawnshop« ist? Es muß doch ein deutsches Wort dafür geben.

FUNK: Pfandleihe.

MR. DODD: Sie wissen doch jedenfalls, was dies ist, nicht wahr?

FUNK: Wo man etwas versetzt?

MR. DODD: Jawohl.

FUNK: Nein, ich habe nie etwas...

MR. DODD: Gut, wir werden es später nochmal besprechen. Jetzt, da Sie sich nicht erinnern können, daß Sie je solches Material, wie ich es beschrieben habe, besaßen oder sahen, bitte ich darum, daß uns Gelegenheit dazu gegeben wird, Ihnen einen Film über etliche Gegenstände zu zeigen, die in Ihren Stahlkammern aufgefunden wurden als die alliierten Streitkräfte eintrafen.