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[Zum Vorsitzenden gewandt:]

Ich möchte bitten, Herr Vorsitzender, daß dem Angeklagten gestattet wird, herunterzukommen, damit er den Film besser sehen kann, so daß sein Gedächtnis entsprechend aufgefrischt wird.

VORSITZENDER: Ja, lassen Sie ihn herunterbringen.

[Der Angeklagte Funk wird zu einem Sitz neben seinem Anwalt, Dr. Sauter, geführt. Der Film wird gezeigt. Danach nimmt der Angeklagte Funk wieder im Zeugenstand Platz.]

VORSITZENDER: Herr Dodd! Ich nehme an, daß Sie irgendwann eine Erklärung darüber vorlegen werden, wo dieser Film aufgenommen wurde.

MR. DODD: Ja, gewiß. Über die Verhältnisse, unter denen der Film gemacht wurde, wer da war und warum, wird eine eidesstattliche Erklärung vorgelegt werden; einstweilen kann ich dem Gerichtshof mitteilen, daß der Film in Frankfurt gemacht wurde, als die alliierten Streitkräfte Frankfurt einnahmen und in die Stahlkammern der Reichsbank eindrangen.

[Zum Zeugen gewandt:]

Herr Zeuge! Nachdem Sie diese Bilder über die Dinge, die vor ungefähr einem Jahr in Ihren Reichsbankkammern aufgefunden wurden, gesehen haben, erinnern Sie sich wohl, daß Sie vier oder fünf Jahre lang, drei oder vier Jahre lang, ich glaube, es waren drei Jahre oder etwas länger, solche Gegenstände bei sich hatten?

FUNK: Ich habe etwas Derartiges nie gesehen. Ich habe auch den Eindruck, daß hier ein großer Teil von den Dingen, die auf dem Film gezeigt worden sind, aus Depots stammten, denn die Menschen haben ja vielfach zu Tausenden Depots, verschlossene Depots in die Reichsbank gebracht, in denen sie ihre Schmuckstücke und ihre Werte und so weiter, wie man hier gesehen hat, wahrscheinlich zum Teil versteckte Werte, also die sie abliefern mußten, wie ausländisches Geld, Devisen, Goldmünzen und so weiter, deponiert hatten. Wir haben, soviel ich weiß, Tausende von geschlossenen Depots gehabt, in die die Reichsbank ja nicht hineinsehen konnte. Also, ich habe niemals auch nur einen einzigen Gegenstand von denen gesehen, die hier auf den Bildern gezeigt worden sind und habe auch keine Vorstellung darüber, woher diese Sachen stammen, wem sie gehören und wozu sie verwendet worden sind.

MR. DODD: Das ist eine interessante Antwort! Ich habe Sie gestern gefragt und frage Sie jetzt wieder: Haben Sie schon irgendeinmal gehört, daß jemand seine Goldzähne in eine Bank gebracht hat, um sie sicherzustellen?

[Keine Antwort.]

MR. DODD: Sie haben den Film gesehen, die Goldbrücken, die Gaumenplatten und die anderen Zahnarbeiten. Sicherlich hat niemand jemals so etwas in einer Bank deponiert, glauben Sie nicht?

FUNK: Was das Bild mit den Zähnen anbelangt, so ist hier natürlich ein besonderer Fall. Woher diese Zähne gekommen sind, weiß ich nicht, das hat man mir nicht berichtet, und was mit den Zähnen gemacht worden ist, weiß ich auch nicht. Nach meiner Überzeugung mußten derartige Dinge, wenn sie an die Reichsbank abgeliefert wurden, der Reichsstelle für Edelmetalle übergeben werden, denn die Reichsbank war ja keine Goldverarbeitungsanstalt. Die Reichsbank durfte also meines Erachtens solche Dinge gar nicht verarbeiten. Ich weiß auch nicht, ob die Reichsbank überhaupt die technischen Einrichtungen hatte, um solche Dinge zu verarbeiten. Das ist mir nicht bekannt.

MR. DODD: Nicht nur haben niemals Menschen Goldzähne hinterlegt, sondern sie haben auch nie Brillengestelle deponiert, wie Sie auf dem Bild sahen, nicht wahr?

FUNK: Ja, das sage ich ja. Jawohl. Diese Dinge sind natürlich keine regulären Depots. Das ist selbstverständlich.

MR. DODD: Und Sie sahen auch verschiedene Gegenstände, die offensichtlich eingeschmolzen werden sollten. Im letzten Bild wurde etwas gezeigt, das anscheinend schon eingeschmolzen wurde, nicht wahr? Sie haben es gesehen? Antworten Sie mir bitte, ja oder nein. Haben Sie das gesehen?

FUNK: Das kann ich nicht genau sagen, ob das zum Verschmelzen gebracht werden sollte. Ich habe von diesen technischen Dingen keine Vorstellung. Jedenfalls ist mir völlig klar und bisher unbekannt, daß die Reichsbank selbst Verschmelzungsprozesse vorgenommen hat, als eine technische Verarbeitung von Goldgegenständen.

MR. DODD: Nun, wollen wir sehen, was Ihr Mitarbeiter, Herr Puhl, dazu sagt, der Mann, von dem Sie uns gestern sagten, daß er ein zuverlässiger Mann sei, den Sie als Entlastungszeugen beantragt haben. Ich habe hier eine eidesstattliche Erklärung, die am 3. Mai 1946 von ihm in Baden-Baden, Deutschland, abgegeben wurde.

»Ich, Emil Puhl, erkläre hiermit unter Eid:

1. Ich heiße Emil Puhl. Ich wurde am 28. August 1889 zu Berlin, Deutschland, geboren und wurde im Jahre 1915 zum Mitglied des Direktoriums der Reichsbank und im Jahre 1939 zum Vizepräsidenten der Reichsbank ernannt. Diese Positionen hatte ich laufend bis zu Deutschlands Kapitulation inne.

2. Im Sommer des Jahres 1942 hatte der Reichsbankpräsident und Reichswirtschaftsminister Walther Funk eine Unterredung mit mir und später mit Herrn Friedrich Wilhelm, einem Mitglied des Reichsbankdirektoriums. Funk sagte mir, daß er eine Vereinbarung mit dem Reichsführer Himmler getroffen habe, Gold und Schmuck für die SS in Verwahrung zu nehmen. Funk gab die Anweisung, daß ich die notwendigen Vereinbarungen mit Pohl treffen solle, der der Leiter der Wirtschaftsabteilung der SS war und dem die Verwaltung der ökonomischen Seite der Konzentrationslager unterstand.

3. Ich fragte Funk nach der Herkunft des Goldes, des Schmuckes, des Geldes und der anderen Gegenstände, die von der SS eingeliefert werden sollten. Funk erwiderte, daß es sich um beschlagnahmten Besitz aus den besetzten Ostgebieten handle und daß ich keine weiteren Fragen stellen solle. Ich protestierte dagegen, daß die Reichsbank diese Werte übernehme. Funk sagte, wir sollten die notwendigen Vereinbarungen für die Übernahme der Werte treffen und die Sache absolut geheimhalten.

4. Daraufhin traf ich die nötigen Vereinbarungen für die Entgegennahme der Werte mit zuständigen Beamten, die die Kasse und die Safes unter sich hatten, und bei der nächsten Konferenz berichtete ich dem Direktorium der Reichsbank über die getroffenen Maßnahmen. Am selben Tage rief mich Pohl von der Wirtschaftsabteilung der SS telephonisch an und fragte mich, ob ich über die Angelegenheit unterrichtet sei. Ich weigerte mich, die Angelegenheit am Telephon zu besprechen. Daraufhin kam er zu mir und sagte, daß die SS einigen Schmuck bereit hätte, den sie der Reichsbank zur Aufbewahrung überführen wolle. Ich trat mit ihm die notwendigen Vereinbarungen für die Übergabe, und von diesem Zeitpunkt an wurden von Zeit zu Zeit Lieferungen gemacht, von August 1942 durch die folgenden Jahre.

5. Unter den Gegenständen, die von der SS deponiert wurden, befanden sich Schmuck, Uhren, Brillenrahmen, Goldfüllungen und andere Gegenstände in großer Menge, die von der SS Juden, Konzentrationslageropfern und anderen Personen abgenommen worden waren. Dies gelangte dadurch zu unserer Kenntnis, daß die SS-Leute versuchten, dieses Material in Bargeld umzusetzen, und hierzu mit Funks Billigung und Wissen die Hilfe des Reichsbankpersonals in Anspruch nahmen. Außer Gold, Schmuck und anderen derartigen Gegenständen lieferte die SS auch Papiergeld, Devisen und Wertpapiere in die Reichsbank ein, die in der für solche Gegenstände üblichen legalen Weise gehandhabt wurden. Was den Schmuck und das Gold anlangte, sagte mir Funk, daß Himmler und der Reichsfinanzminister von Krosigk eine Vereinbarung getroffen hätten, nach der Gold und ähnliche Gegenstände auf Staatskonto deponiert waren und Beträge, die durch Verkauf dieser Gegenstände erzielt würden, der Staatskasse gutgeschrieben würden.

6. In der Ausübung meiner Pflichten besuchte ich von Zeit zu Zeit die Safes der Reichsbank und sah, was dort aufbewahrt wurde. Auch Funk besuchte die Safes von Zeit zu Zeit in Ausübung seiner Pflichten.

7. Unter Funks Anweisung errichtete die Golddiskontbank auch einen laufenden Fonds, der schließlich 10 bis 12 Millionen Reichsmark betrug und der der Wirtschaftsabteilung der SS zur Verfügung stand für die Finanzierung der Herstellung von Materialien in SS-geleiteten Fabriken durch Arbeitskräfte aus Konzentrationslagern.

Ich bin mit der englischen Sprache vertraut und erkläre, daß die obengemachten Angaben nach meinem besten Wissen und Gewissen wahr sind.«

Das ist Dokument 3944-PS. Es ist von Emil Puhl unterzeichnet und gehörig beglaubigt.

Herr Vorsitzender! Ich möchte diese eidesstattliche Versicherung als Beweisstück US-846 unterbreiten und den Film als Beweisstück US-845.