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[Zum Gerichtshof gewandt:]

Herr Vorsitzender! Ich möchte jetzt zu einem anderen Teil übergehen. Würde es jetzt passen, eine kurze Pause einzulegen? Ich habe noch einige Fragen zu stellen.

VORSITZENDER: Gut, der Gerichtshof vertagt sich nun.

[Pause von 10 Minuten.]

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Sie haben gestern gesagt, daß Sie Generalbevollmächtigter für die Wirtschaft gewesen sind, aber nicht im vollen Sinne des Wortes. Schacht wäre der richtige Generalbevollmächtigte gewesen, Sie aber nur ein zweitklassiger.

Erinnern Sie sich an Ihren Artikel »Wirtschaftliche und finanzielle Mobilmachung«? Wissen Sie noch, was Sie damals geschrieben haben?

FUNK: Nein.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Also gut. Wir wollen damit keine Zeit vergeuden. Ich will es Ihnen in Erinnerung bringen. Ich lege dem Gerichtshof als Beweis unter der Nummer USSR-452 einen Artikel von Funk vor, der in der Monatsschrift der NSDAP und der Deutschen Arbeitsfront »Der Schulungsbrief« vom Jahre 1939 veröffentlicht wurde.

Sie schrieben damals:

»Als der vom Führer berufene Generalbevollmächtigte für die Wirtschaft habe ich dafür zu sorgen, daß der volle Einsatz der Lebens- und Kampfkraft der Nation im Kriege auch wirtschaftlich gesichert ist.«

Haben Sie diese Stelle gefunden?

FUNK: Ja, die habe ich gefunden.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Ferner haben Sie geschrieben:

»Der Einsatz der Wirtschaft für die großen politischen Ziele des Führers erfordert nämlich nicht nur eine straffe und einheitliche Leitung aller wirtschaftspolitischen Maßnahmen, sondern vor allem auch eine sorgfältige Abstimmung... Die gewerbliche Wirtschaft, die Ernährungs- und Landwirtschaft, die Forst- und Holzwirtschaft, der Außenhandel, Wirtschaftstransporte, Arbeitseinsatz, Lohn- und Preisregelung, Finanzierung und Kreditwesen müssen einheitlich eingesetzt werden, um alle wirtschaftlichen Kräfte in den Dienst der Reichsverteidigung zu stellen. Zur Durchführung dieser Aufgabe sind die für diese Arbeitsgebiete zuständigen obersten Reichsbehörden in den von mir als Generalbevollmächtigter für die Wirtschaft geleiteten Geschäftsbereich einbezogen worden.«

Sie bestätigen doch, dies im Jahre 1939 geschrieben zu haben?

FUNK: Ja.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Ist meine Frage Ihnen nicht ganz klar?

VORSITZENDER: Er sagte: »Ja«.

FUNK: Ich habe ja gesagt, sicher habe ich das geschrieben.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Sie sagen also ja.

Ist Ihnen die im Juli 1941 herausgegebene sogenannte »Grüne Mappe« Görings bekannt? Sie ist bereits verlesen worden. Es sind die Weisungen über die Wirtschaftsführung oder besser gesagt, die Weisungen für die Ausplünderung der besetzten Gebiete der USSR.

Inwieweit haben Sie persönlich an der Ausarbeitung dieser Weisungen teilgenommen?

FUNK: Ich weiß das nicht. Ich weiß das nicht mehr ob ich daran überhaupt mitgearbeitet habe.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Sie erinnern sich nicht? Wie ist es möglich, daß solche Dokumente ohne Ihre Mitarbeit zusammengestellt wurden, wo Sie doch Wirtschaftsminister, Reichsbankpräsident und Generalbevollmächtigter für die Wirtschaft und Rüstungswirtschaft waren?

FUNK: Erstens war ich damals nicht mehr Generalbevollmächtigter für die Wirtschaft; Bevollmächtigter für die Rüstungswirtschaft bin ich niemals gewesen. Die Vollmachten des Bevollmächtigten für die Wirtschaft sind bereits kurz nach Beginn des Krieges auf den Beauftragten für den Vierjahresplan übergegangen. Das ist wiederholt bestätigt und betont worden. Und was ich persönlich damals hinsichtlich der Wirtschaftsführung in den besetzten Ostgebieten getan habe, das kann nur sehr minimal gewesen sein. Ich entsinne mich darauf nicht, denn die Lenkung der gesamten Wirtschaft in den besetzten Ostgebieten lag beim Wirtschaftsführerstab Ost und beim Beauftragten für den Vierjahresplan; und diese Stelle arbeitete natürlich mit dem Ministerium Rosenberg, dem Ministerium für die besetzten Ostgebiete, zusammen, Ich persönlich erinnere mich nur, daß im Laufe der Zeit vom Wirtschaftsministerium aus, wie ich gestern schon sagte, Einzelkaufleute, Handelskaufleute aus Hamburg und aus Köln und so weiter beauftragt wurden, eine privatwirtschaftliche Tätigkeit im besetzten Osten zu sichern.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Ja, das haben wir schon gehört. Wir wissen, welche »Tätigkeit« Sie dort entwickelt haben. Sie bezeichnen Raub als »privatwirtschaftliche Tätigkeit«.

Erinnern Sie sich an Ihre Rede in Prag im Dezember 1941, bei einer Versammlung der Südosteuropa- Gesellschaft? Oder soll ich Sie daran erinnern?

FUNK: Nein.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Nicht nötig?

FUNK: Ich bin in der Voruntersuchung von General Alexandrow auf diese Rede aufmerksam gemacht worden und habe ihm bereits damals mitgeteilt, daß das eine falsche Zeitungsnachricht war von mir, die später oder nach kurzer Zeit berichtigt worden ist.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Einen Augenblick, Angeklagter Funk! Sie laufen den Tatsachen etwas voraus. Sie wissen ja noch gar nicht, was ich Sie fragen will. Hören Sie erst mal meine Frage, dann können Sie antworten. Sie haben hier vor Gericht ausgesagt, daß Sie an keinen Besprechungen bei Hitler, bei denen die politischen und wirtschaftlichen Ziele des Angriffs gegen die Sowjetunion besprochen wurden, teilgenommen haben und daß Ihnen die Weisungen und Erklärungen Hitlers über die Aufteilung der Gebiete der Sowjetunion unbekannt waren. In Ihrer Rede jedoch haben Sie selbst gesagt, daß der Osten die zukünftige Kolonie Deutschlands sei.

Haben Sie davon gesprochen, daß der Osten das zukünftige Kolonialgebiet Deutschlands sei?

FUNK: Nein, das habe ich in der Voruntersuchung bereits bestritten. Ich habe sofort, als mir das vorgehalten wurde, gesagt, daß ich von den alten deutschen Kolonisierungsgebieten gesprochen habe. Das kann Herr General Alexandrow bestätigen. Der hat mich ja damals vernommen.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Ich habe keine Absicht, General Alexandrow als Zeuge zu laden. Ich frage Sie, haben Sie das gesagt, wie es hier geschrieben ist?

FUNK: Nein.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Sie haben gesagt, es wäre nicht nötig, Sie daran zu erinnern. Gerade das aber ist in Ihrer Rede enthalten. Ich will Ihnen diese Stelle wörtlich zitieren:

»Die weiten, für Europa noch nicht eröffneten Rohstoffgebiete des osteuropäischen Raumes werden in ein vielversprechendes Kolonialland Europas verwandelt.«

Und von welchem Europa und von welchen alten deutschen Gebieten haben Sie im Dezember 1941, wie Sie es dem Gerichtshof glauben machen wollen, gesprochen? Ich frage Sie.

FUNK: Habe ich nicht gesagt. Ich habe nicht von Kolonialgebieten gesprochen, sondern von den alten Kolonisierungsräumen Deutschlands, von den alten deutschen Kolonisierungsräumen gesprochen.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Ja, aber hier wird nicht von alten Kolonisierungsräumen gesprochen, sondern von neuem Raum, den Sie erobern wollten.

FUNK: Der Raum war ja schon erobert, den brauchten wir erst nicht mehr erobern, der war ja von den deutschen Truppen schon erobert worden.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Nein, es war nicht bekannt, daß sie erobert waren, da sie sich aus diesen Gebieten schon zurückgezogen hatten.

Sie haben erklärt, daß Sie Präsident der Continental-Öl-Gesellschaft gewesen sind. Diese Gesellschaft war für die Ausbeutung der Ölvorkommen in den besetzten Ostgebieten, besonders in Grozny und Baku geschaffen worden, nicht wahr? Antworten Sie ja oder nein.

FUNK: Nicht bloß für die besetzten Gebiete, sondern diese Gesellschaft befaßte sich mit Ölindustrie in ganz Europa. Sie ist entstanden aus den Ölbeteiligungen in Rumänien und, wenn von den deutschen Truppen Gebiete besetzt wurden, in denen Ölvorkommen waren, so war die Gesellschaft, die eine Gründung des Vierjahresplans war, von den betreffenden Stellen, wirtschaftsmilitärischen und den Vierjahresplanwirtschaftsstellen, beauftragt, später von der Rüstungswirtschaft, dort Ölproduktion zu betreiben, die zerstörten Ölproduktionsgebiete wieder aufzubauen. Das ist eine Gesellschaft, die einen ungeheuer großen Wiederaufbau betrieben hat.

Ich persönlich war der Präsident des Aufsichtsrats und habe im wesentlichen nur die Finanzierung dieser Gesellschaft betrieben.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Das habe ich gehört. Sie haben jedoch meine Frage nicht beantwortet. Ich habe Sie gefragt: Waren die Ölquellen von Grozny und Baku das Ausbeutungsobjekt dieser Gesellschaft? Waren nicht die Ölquellen des Kaukasus das Grundkapital der Continental-Öl-Gesellschaft?

FUNK: Nein.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Nein? Danke, diese Antwort genügt mir.

FUNK: Das ist nicht richtig. Wir hatten ja den Kaukasus nicht erobert, infolgedessen konnte die Continental-Öl-Gesellschaft im Kaukasus auch nicht tätig sein.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Schön. Aber Rosenberg hatte zu dieser Zeit bereits seinen Bericht über die Eroberung und Ausbeutung des Kaukasus ausgearbeitet. Erinnern Sie sich daran, daß hier vor dem Gerichtshof ein stenographischer Bericht über eine Sitzung bei Göring vom 6. August 1942 verlesen wurde? Es war eine Besprechung mit den Reichskommissaren der besetzten Gebiete. Erinnern Sie sich an diese Sitzung?

FUNK: Ja.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Haben Sie an dieser Besprechung teilgenommen?

FUNK: Das weiß ich nicht. In dieser Sitzung soll über die Ölgebiete des Kaukasus gesprochen worden sein? Das weiß ich nicht.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Nein, ich will noch nichts sagen. Ich werde Ihnen eine Frage stellen und dann werden Sie antworten. Ich frage Sie: Haben Sie an dieser Besprechung teilgenommen?

FUNK: Das weiß ich nicht mehr, das kann sein.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Sie erinnern sich also nicht?

FUNK: Nein.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: In diesem Fall wird Ihnen dieses Dokument gezeigt werden. Es liegt dem Gerichtshof bereits vor; das Dokument ist auch verlesen worden. Es ist die Urkunde USSR-170, sie wurde bereits vorgelegt.

Wie festgestellt, wurden bei dieser Besprechung die geeignetsten Maßnahmen zur wirtschaftlichen Ausplünderung der besetzten Gebiete der Sowjetunion, Polens, der Tschechoslowakei, Jugoslawiens und anderer Länder behandelt. Bei dieser Besprechung hat der Angeklagte Göring Sie selbst angesprochen. Erinnern Sie sich jetzt, ob Sie bei dieser Besprechung anwesend waren oder nicht?

FUNK: Jawohl, ich erinnere mich. Aber was Göring zu mir gesagt hat, bezieht sich darauf, daß wir, nachdem also die russischen Gebiete längst besetzt waren, Kaufleute, wie es hier heißt, Kaufleute hinschickten, die dort irgendwelche Waren hinbrachten, die für die Bevölkerung interessant wären. Also hier heißt es gerade:

»Es sollten Kaufleute dorthin geschickt werden... die müssen wir nach Venedig schicken«, heißt es hier, »damit sie dort diese Dinge aufkaufen und so weiter, damit diese Dinge dann wieder in den besetzten russischen Gebieten verkauft werden sollten.«

Das ist das, was Göring hier zu mir gesagt hat. Das steht jedenfalls hier drin.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Das ist nicht meine Frage, Angeklagter Funk. Ich frage Sie, waren Sie bei dieser Besprechung oder nicht? Können Sie mir auf diese Frage antworten?

FUNK: Sicher, da Göring zu mir gesprochen hat, mußte ich ja auch bei der Besprechung gewesen sein. Es war am 7. August 1942.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Angeklagter Funk! Sie haben hier auf bestimmte Fragen von Herrn Dodd über die Ergänzung des Golddepots der Reichsbank geantwortet; ich stelle Ihnen nun folgende Frage: Sie haben gesagt, daß die Goldreserven der Reichsbank nur durch das Gold der Belgischen Bank ergänzt wurden. Wußten Sie denn nicht, daß aus der Tschechoslowakischen Nationalbank 23000 Kilo Gold gestohlen und der Reichsbank überwiesen wurden?

FUNK: Daß es gestohlen worden war, war mir nicht bekannt

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Was ist Ihnen denn darüber bekannt?

FUNK: Aber ich habe gestern hier ausdrücklich gesagt, daß der Goldbestand vermehrt worden war im wesentlichen durch die Übernahme des Goldes der Tschechischen Nationalbank und der Belgischen Bank. Ich habe gestern extra selbst hier die Tschechische Nationalbank erwähnt.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Ja. Ich frage Sie aber jetzt nicht über die Belgische, sondern über die Tschechoslowakische Bank.

FUNK: Jawohl, ich habe sie gestern erwähnt. Ich sagte gestern so...

VORSITZENDER: Er hat es soeben gesagt. Er sagte, daß er über die tschechoslowakischen Golddepots gesprochen hatte.

STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Herr Vorsitzender! Gestern hat er von der Tschechoslowakei nicht gesprochen, daher habe ich diese Frage heute gestellt. Wenn er es aber heute bestätigt, dann will ich ihn nicht weiter über diesen Punkt fragen.