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[Dr. Dix nähert sich dem Rednerpult.]

VORSITZENDER: Was wollen Sie sagen, Dr. Dix?

DR. DIX: Ich habe nur eine Frage an den Zeugen, die ausgelöst worden ist durch das Kreuzverhör von Mr. Dodd, die ich nicht eher stellen konnte, da der Anlaß zu dieser Frage erst durch Mr. Dodd gegeben wurde.

VORSITZENDER: Jawohl, fahren Sie fort.

DR. DIX: Herr Zeuge! Mr. Dodd hat Ihnen ein Vorverhör Ihrerseits vorgehalten, wonach Schacht nach seinem Abgang noch ein Zimmer in der Reichsbank gehabt haben soll. Sie haben hier die Zeugenbekundung Schachts gehört. Er hat hier eindeutig bekundet, daß er kein Zimmer in der Reichsbank gehabt hat, daß vielmehr die Reichsregierung ihm ein Zimmer in seiner Wohnung zur Verfügung gestellt hat durch entsprechenden Beitrag zur Miete und daß die Reichsregierung ihm eine Sekretärin bezahlt hat, die er von der Reichsbank mitgenommen hatte, die nunmehr von der Reichsregierung und nicht mehr von der Reichsbank bezahlt wurde. Das war die Aussage Schachts. Durch Ihre Antwort an Mr. Dodd ist nicht ganz eindeutig geklärt worden, ob Sie an der Richtigkeit dieser Aussage Schachts irgendwelchen Zweifel äußern wollten. Ich bitte dazu Stellung zu nehmen.

FUNK: Ich kenne die Zimmerverhältnisse von Herrn Dr. Schacht nicht. Mir ist seinerzeit mitgeteilt worden in der Reichsbank, daß er noch öfters zu der Reichsbank käme und daß ein Zimmer für ihn reserviert wäre. Wenn diese Mitteilung nicht richtig ist, so kann ich dafür nichts. Ich zweifle nicht daran, daß das, was Herr Dr. Schacht gesagt hat, richtig ist. Er muß seine Zimmerverhältnisse ja besser kennen als ich.

VORSITZENDER: Herr Dr. Sauter! Wollen Sie den Angeklagten rückverhören?

DR. SAUTER: Herr Präsident! Wir tun uns bei dieser Schlußvernehmung des Angeklagten Dr. Funk etwas schwerer als in anderen Fällen, und zwar deshalb, weil namentlich heute die Übersetzung erhebliche Schwierigkeiten machte. Ich selbst habe das, was hier gesprochen worden ist, das muß ich offen gestehen, nur zum Teil verstehen können. Beim Angeklagten wird es vielleicht ebenso sein. Und ich muß mir deshalb das Recht vorbehalten, Herr Präsident, daß ich nach Eintreffen des stenographischen Berichtes vielleicht die eine oder andere Berichtigung nachbringen werde, wenn sich aus dem Bericht die Veranlassung dazu ergeben sollte. Wir tun uns auch deshalb schwer, Herr Präsident, weil dem Angeklagten, Dr. Funk, im Laufe des Kreuzverhörs nicht nur eine große Zahl umfangreicher Dokumente vorgehalten worden ist, diese Überraschungen sind wir ja allmählich gewöhnt, sondern vor allem auch deshalb, weil der Angeklagte Funk sich verantwortlich äußern sollte, zu Urkunden, die von ihm nicht stammen, die seinen Tätigkeitsbereich nichts angehen, die er nicht...

VORSITZENDER: Herr Dr. Sauter! Es ist dem Gerichtshof überhaupt nicht aufgefallen, daß der Angeklagte Funk nicht in der Lage war, jede ihm vorgelegte Frage gründlich zu verstehen. Ich glaube, daß daher für Sie kein Grund besteht, irgendwie zu protestieren, und Sie sollten fortfahren, ihm die Fragen stellen, die Sie in dem Rückverhör an ihn richten wollen, das heißt, Fragen, die sich aus dem Kreuzverhör ergeben.

DR. SAUTER: Herr Präsident! Jedenfalls an unseren Apparaten hier an dieser Seite haben wir manche Fragen nicht verstehen können. Ob es an diesen Apparaten hängt oder an der ganzen Apparatur, das weiß ich nicht.

VORSITZENDER: Wenn der Angeklagte Funk irgendeine Frage, die ihm gestellt wurde, nicht verstand, so hätte er das sagen können. Er hat es aber nicht gesagt. Er hat alle Fragen logisch und vollkommen richtig beantwortet. Wenn Sie wollen, können Sie ihn fragen, ob er irgendeine der ihm vorgelegten Fragen nicht verstanden hat.

DR. SAUTER: [zum Zeugen gewandt] Herr Funk! Es ist Ihnen von der Anklagevertretung unter anderem vorgehalten worden, daß Sie an der Ausplünderung Frankreichs mitgewirkt haben. Ist es nun in diesem Zusammenhang richtig, daß die Waren, die Konsumgüter, die aus Frankreich gekommen sind, vielfach auch hergestellt wurden aus Rohstoffen, die von Deutschland geliefert waren?

FUNK: Sicherlich. Wir haben fortlaufend naturgemäß Kohle, Koks, Eisen und andere Rohstoffe nach Frankreich geliefert, damit dort produziert werden konnte, besonders die Rohstoffe, über die die französische Wirtschaft nicht verfügte. Es fand ja ein sehr enger Produktionsaustausch und eine sehr enge Produktionsgemeinschaft zwischen der deutschen und der französischen Wirtschaft statt. Sogar organisatorisch waren hier die gleichen Formen angewandt worden.

DR. SAUTER: Herr Dr. Funk! Es ist vorhin ein Artikel teilweise verlesen worden, der zu Ihrem Geburtstag geschrieben worden ist. Kennen Sie den Verfasser dieses Artikels?

FUNK: Ja, aus früheren Jahren.

DR. SAUTER: Hat er für diesen Artikel von Ihnen irgendwelche tatsächlichen Unterlagen bekommen?

FUNK: Nein.

DR. SAUTER: Auch nicht erbeten?

FUNK: Nein. Ich habe von dem Artikel vorher nichts gewußt. Ich habe mir ja keinen Geburtstagsartikel bestellt.

DR. SAUTER: Eben. Sie haben also von dem Artikel nichts gewußt und infolgedessen besteht, wenn ich Sie recht verstehe, auch keine Gewähr, daß das, was in dem Artikel steht, auch tatsächlich vollkommen zutrifft?

FUNK: Nein. Aber ich finde die Tendenz in dem Artikel im allgemeinen sehr schön. Die Tendenz...

DR. SAUTER: Herr Zeuge! Der amerikanische Anklagevertreter hat Ihnen gestern diese Angelegenheit in Ihrer Verhandlung mit Rosenberg im Frühjahr 1941 vorgehalten und hat aus der Tatsache, daß Sie damals, wenige Monate vor dem Einmarsch in Rußland, die Verhandlungen mit Rosenberg gepflogen haben, anscheinend den Schluß ziehen wollen, sie hätten damit zugegeben oder wollten zugeben, daß Sie von der Absicht Hitlers gewußt hätten, einen Angriffskrieg gegen Rußland zu führen. Sie sind zu diesem Punkt gestern nicht mehr zu Wort gekommen, deshalb möchte ich Ihnen nochmal Gelegenheit geben, das ganz klar herauszuarbeiten, was Sie damals über die Absichten Hitlers geglaubt haben, als Sie im Frühjahr 1941 mit Rosenberg zu verhandeln hatten und was Sie über die Gründe einer etwaigen Kriegsmöglichkeit vorher erfahren hatten.

FUNK: Ich habe die Frage des Herrn amerikanischen Anklagevertreters nicht so aufgefaßt, daß ich von einem Angriffskrieg gegen Rußland etwas gewußt habe, sondern er hat ausdrücklich gesagt, von Kriegsvorbereitungen mit Bezug auf Rußland, denn ich hatte ja selbst vorher klargelegt, daß mir die Beauftragung Rosenbergs völlig überraschend gekommen ist, und, daß mir als Begründung für diese Beauftragung und für die Tätigkeit Rosenbergs sowohl von ihm wie von Lammers mitgeteilt wurde, daß der Führer mit einem Krieg gegen Rußland rechne, weil Rußland an der gesamten Ostgrenze starke Truppenzusammenziehungen vornehme, weil Rußland in Bessarabien und die Bukowina eingefallen wäre und weil die seinerzeitigen Verhandlungen mit Molotow den Beweis erbracht hätten, daß Rußland eine aggressive Politik auf dem Balkan und dem Ostseeraum verfolge, durch die sich Deutschland bedroht fühle und daß infolgedessen von deutscher Seite aus Vorbereitungen für einen eventuellen Krieg mit Rußland getroffen werden mußten. Es ist von mir auch hinsichtlich der Sitzung, die der Herr amerikanische Anklagevertreter erwähnt hat, ausdrücklich gesagt worden, daß ich die Währungsmaßnahmen, die hier besprochen wurden, gerade mit Rücksicht darauf gutgeheißen habe, daß man stabile Währungsverhältnisse in den besetzten Ostgebieten schuf. Ich war also dagegen, daß man eine deutsche Reichsmark dort einführte, die die russische Bevölkerung gar nicht angenommen hätte, weil sie sie nicht lesen konnte.

DR. SAUTER: Herr Zeuge! Der Herr sowjetrussische Ankläger hat vorhin immer wieder betont, daß Sie nicht bloß Reichbankpräsident und Reichswirtschaftsminister waren, sondern auch Generalbevollmächtigter für die Wirtschaft. Sie haben das bereits richtiggestellt und darauf hingewiesen, daß schon gleich von Anfang an, als Sie ernannt wurden, praktisch Ihre Vollmachten als Generalbevollmächtigter der Wirtschaft auf Göring übergegangen sind, und daß, ich glaube im Dezember 1939, Ihre Vollmachten als Generalbevollmächtigter der Wirtschaft auch formell auf Göring übertragen wurden.

MR. DODD: Ich möchte nicht nur gegen die Form dieses Verhörs, sondern auch gegen seinen Inhalt Einspruch erheben. Tatsächlich legt der Verteidiger selbst Zeugnis ab, und zwar über Angelegenheiten, über die der Zeuge bereits im direkten Verhör ausgesagt hat. Es ist klar, daß dies dem Gerichtshof als Gegenstand des Rückverhörs nicht helfen kann.

VORSITZENDER: Herr Dr. Sauter! Halten Sie es wirklich für angebracht, daß der Zeuge nochmals die Aussagen, die er bereits gegeben hat, wiederholt? Der einzige Zweck des nochmaligen Rückverhörs besteht darin, Irgendwelche Fragen, die im Kreuzverhör nicht genügend beantwortet wurden, klarzustellen. Der Zeuge hat sich bereits zu den Fragen, mit welchen Sie sich jetzt beschäftigen, geäußert, und zwar in dem gleichen Sinne, in dem Sie sie jetzt stellen.

DR. SAUTER: Ich habe diese Fragen, diese Feststellungen nur deshalb vorausgeschickt, weil ich jetzt eine Frage stellen will in Bezug auf eine Urkunde, die gestern erst vorgelegt worden ist, die bisher nicht vorgelegt war und zu der ich infolgedessen bisher nicht Stellung nehmen konnte. Und weil der sowjetrussische Anklagevertreter hier wiederholt die Behauptung aufgestellt hat, der Angeklagte sei auch noch während des Krieges Generalbevollmächtigter für die Wirtschaft gewesen, obwohl das ja nicht stimmt, Herr Vorsitzender...

VORSITZENDER: Ich habe selbst gehört, wie der Zeuge wiederholt gesagt hat, daß er nicht Generalbevollmächtigter für die Wirtschaft während des Krieges war. Er hat das wiederholt gesagt.

DR. SAUTER: Aber es ist von hier aus wiederholt worden. Herr Präsident, es ist gestern eine Urkunde vorgelegt worden, welche die Nummer EC-488...

VORSITZENDER: Mit welchem Dokument wollen Sie sich befassen?

DR. SAUTER: EC-488. Es ist gestern vorgelegt worden, EC-488, ein Schreiben vom 28. Januar 1939. Es steht groß auf der ersten Seite darauf »Geheim«. Hier im Original ist der Kopf, der mit Druckschrift angebracht ist, angegeben mit »Der Generalbevollmächtigte für die Kriegswirtschaft«. Soweit der Kopf des Briefbogens. Und hier ist nun das Wort »Krieg« ausdrücklich ausgestrichen, so daß man zum Schluß nur noch liest »Der Generalbevollmächtigte für die Wirtschaft«. Es muß also vor dem 28. Januar 1939 der Titel – ich gebe ihn wörtlich wieder – »Der Generalbevollmächtigte für die Kriegswirtschaft« umgeändert worden sein in einen neuen Titel »Der Generalbevollmächtigte für die Wirtschaft«. Da würde ich nun bitten, daß der Angeklagte...

VORSITZENDER: Ja, gut. Das Exemplar, das uns vorliegt, enthält das Wort »Krieg« überhaupt nicht.

DR. SAUTER: Auf meiner Photokopie ist das drauf.

VORSITZENDER: Ich sehe es. Aber welche Frage wollen Sie stellen?

DR. SAUTER: Zu der Zeit, als dieser Brief geschrieben wurde, war Generalbevollmächtigter der Angeklagte Funk, und ich würde nun bitten, an ihn die Frage stellen zu dürfen, wie es sich erklärt, daß der Titel seiner Dienststelle, nämlich »Generalbevollmächtigter für die Kriegswirtschaft«, die Frage würde lauten, wie es sich erklärt, daß der Titel seiner Dienststelle »Generalbevollmächtigter für die Kriegswirtschaft« umgeändert wurde in den neuen Titel »Generalbevollmächtigter für die Wirtschaft«?

FUNK: Der Grund liegt darin...

DR. SAUTER: Moment, Herr Dr. Funk!

VORSITZENDER: Ich habe Sie nicht gebeten, mit Ihrer Frage aufzuhören. Sie dürfen Ihre Frage stellen. Wie lautet die Frage?

DR. SAUTER: Bitte, Dr. Funk.

FUNK: Der Grund liegt darin, daß nach dem alten Reichsverteidigungsgesetz Schacht zum Generalbevollmächtigten für die Kriegswirtschaft ernannt worden war und nach dem zweiten Reichsverteidigungsgesetz, in dem ich ernannt wurde, wurde ich zum Generalbevollmächtigten für die Wirtschaft ernannt, weil damals schon klarstand, daß die besonderen kriegswirtschaftlichen Aufgaben, also mit Rüstung, die eigentliche Kriegswirtschaft nicht mehr bei dem Generalbevollmächtigten für die Wirtschaft lagen, sondern daß diesem im wesentlichen die Koordinierung der zivilen Wirtschaftsressorts oblag.

DR. SAUTER: Im Zusammenhang damit, Herr Präsident, darf ich vielleicht Ihre Aufmerksamkeit lenken auf eine andere Urkunde, die gestern vorgelegt wurde, nämlich 3562-PS. Hier ist der Kopf bereits richtig mit dem neuen Titel angegeben »Der Generalbevollmächtigte für die Wirtschaft«. Also nicht mehr »Der Generalbevollmächtigte für die Kriegswirtschaft«. Das ist auch eine neue Urkunde, die erst gestern vorgelegt wurde. Gestern, Herr Präsident, wurde...

MR. DODD: Um die Angelegenheit richtigzustellen, Herr Vorsitzender. Das Dokument 3562-PS ist als Beweisstück vorgelegt worden, und zwar von Leutnant Meltzer, als der Fall gegen den Angeklagten Funk vorgetragen wurde.

VORSITZENDER: Herr Dodd: Habe ich nicht recht, wenn ich glaube, daß der Angeklagte Funk vom Beginn seines Verhörs an erklärte, daß er zum Generalbevollmächtigten für die Wirtschaft ernannt wurde?

MR. DODD: Ja, bestimmt, Herr Vorsitzender, so habe ich es verstanden.

VORSITZENDER: Und Sie haben dagegen keinen Einspruch erhoben?

MR. DODD: Wir haben der Tatsache, daß er es so gesagt hat, nicht widersprochen. Aber wir widersprechen der Behauptung, daß er in Wirklichkeit nur für die Wirtschaft war. Wir behaupten, daß er als Bevollmächtigter tatsächlich viel mit den Kriegsanstrengungen zu tun hatte.

VORSITZENDER: Jawohl. Aber er wurde nicht als solcher bezeichnet?

MR. DODD: Nein. Das Dokument EC-488 wurde ohnehin nicht deswegen vorgelegt, sondern nur, um zu zeigen, daß der Angeklagte sich darüber ausließ, was Kriegsgefangene nach einem Angriff tun sollten.

DR. SAUTER: Es wurde gestern ein Protokoll vorgelegt über die Vernehmung eines Hans Posse. Es ist das Dokument 3894-PS. Der Zeuge Hans Posse war früher Staatssekretär im Wirtschaftsministerium und als solcher stellvertretender Generalbevollmächtigter für die Wirtschaft. Dieses Protokoll hat die Anklagevertretung deshalb vorgelegt, um zu zeigen, daß zwischen Funk und Göring angeblich ein Kampf um die Macht, wie es da heißt, bestanden habe.

Ich möchte aber aus diesem Protokoll einige andere Punkte dem Zeugen vorhalten, damit auch einige andere Punkte zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht werden.