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[Zum Zeugen gewandt:]

Herr Dr. Funk! Vor der Pause sind wir stehengeblieben bei der Urkunde 3894-PS, der Aussage Ihres Staatssekretärs Posse, und da möchte ich eine Stelle auf Seite 7 der deutschen Ausgabe dieser Aussage verlesen und Sie fragen, ob Sie damit einiggehen. Der Zeuge Posse ist nämlich vom Herrn Staatsanwalt gefragt worden, ob er als stellvertretender Generalbevollmächtigter für die Wirtschaft von den internationalen Beziehungen, insbesondere von der Kriegslage und so weiter Kenntnis hatte, und er sagt auf Seite 7, Mitte:

»Wir wußten niemals etwas über die internationale Lage, und wir hörten nichts darüber, und wenn die internationale Lage in unserer Diskussion erörtert wurde, konnten wir immer nur unsere private Meinung äußern.«

Und einige Zeilen weiter:

»Wir« – damit meint er offenbar sich und Sie, Herr Dr. Funk – »Wir hofften immer, daß kein Krieg kommen würde.«

Gehen Sie mit dieser Auffassung Ihres damaligen Staatsekretärs Posse einig?

FUNK: Ja, ich habe ja selbst mehrfach ausgeführt, daß ich bis zuletzt an keinen Krieg geglaubt habe, und dasselbe gilt auch für meine Mitarbeiter, und jeder, der mich in dieser Zeit gesprochen hat, wird das bestätigen. Herr Posse wurde natürlich noch viel weniger über politische und militärische Vorgänge informiert als ich selbst. Infolgedessen trifft das auch für ihn zu.

DR. SAUTER: Und dann habe ich noch eine letzte Frage, Herr Zeuge. Sie haben vorhin diesen Film gesehen, den uns die Anklagebehörde vorgeführt hat. Nun, Sie waren Reichsbankpräsident. Sie kennen infolgedessen auch, vielleicht nur oberflächlich, die Verhältnisse in den Stahlkammern der Reichsbank, wenigstens, nehme ich an, in Berlin, wenn auch nicht in Frankfurt, wo der Film aufgenommen wurde und wissen auch, wie insbesondere während der Kriegszeit diese Sachen aufbewahrt wurden, die man der Bank ins Depot gab, in Koffern oder verschnürten Paketen und dergleichen. Vielleicht, Herr Dr. Funk, äußern Sie sich auf Grund Ihrer eigenen Kenntnisse der Verhältnisse zu diesem kleinen Film, den wir gesehen haben.

FUNK: Ich bin durch diesen Film völlig verwirrt und auf das tiefste erschüttert worden. Die Photographie und insbesondere der Film sind ja immer sehr gefährliche Dokumente, weil sie vieles dort in einem anderen Licht erscheinen lassen als es in Wirklichkeit ist. Ich persönlich habe den Eindruck, und ich glaube, das wird die Anklagebehörde wahrscheinlich bestätigen, daß diese ganzen Wertdepots und diese ganzen Sammlungen von Wertgegenständen aus dem Kalibergwerk stammen, in das auf meine Veranlassung alle Gold-, Devisen- und sonstigen Wertdepots der Reichsbank verbracht wurden, als durch einen furchtbaren Bombenangriff in Berlin wir in der Reichsbank nicht mehr arbeiten konnten. Das Reichsbankgebäude allein erhielt bei diesem einen Angriff am 3. Februar 1945 21 Sprengbomben, und es ist mir nur wie durch ein Wunder gelungen, mit 5000 Menschen aus diesem tiefen Keller wieder an die Oberfläche zu kommen. Es sind damals Gold, Devisen und alle Wertdepots in ein Kalibergwerk nach Thüringen gebracht worden und von dort offenbar nach Frankfurt, nehme ich an. Es handelt sich hier also zu einem großen Teil um normale Depots von Kunden, die in diesen verschlossenen Depots, an die die Reichsbank gar nicht heran konnte, ihre Wertgegenstände, ihr Vermögen aufbewahrt hatten. Ich kann also nicht aus dem Film unterscheiden, was von diesen Gegenständen aus den Einlieferungen der SS stammte und was aus echten Depots stammte. Der Anklagevertreter hat sicherlich recht, wenn er sagt, es wird sich ja niemand Goldzähne als Depot hinlegen. Es kann aber durchaus sein, daß gewisse Funktionäre der Konzentrationslager richtige Depots in die Reichsbank gegeben haben die solche Gegenstände enthielten, um sie sich für die Zukunft zu sichern. Das halte ich für möglich. Ich muß aber abschließend noch einmal sagen, daß ich von diesen Dingen und von der Tatsache, daß aus Konzentrationslagern Schmuckstücke und Brillanten und Perlen und ähnliches in diesem Umfange an die Reichsbank abgeliefert wurden, daß ich von diesen Dingen nichts gewußt habe, daß mir diese unbekannt waren und daß ich persönlich der Meinung bin, daß die Reichsbank diese Geschäfte gar nicht machen durfte, wobei sich allerdings aus einem Dokument ergibt, nämlich wo eine Abrechnung für den Finanzminister hergestellt wurde, daß wahrscheinlich aus den Konzentrationslagern alles zunächst in die Reichsbank gepackt wurde und nun die armen Beamten von der Reichsbank das auseinandernehmen mußten und das an den Finanzminister oder Pfandleiher, die ja dem Finanzminister unterstanden, weiterleiten mußten und darüber nun Abrechnungen herstellen mußten. Ich muß deshalb, wie gesagt, bitten, daß über diese Vorgänge ein Mann vernommen wird, erstens mal Herr Puhl selbst und dann noch ein Mann, der mit diesen Dingen sich beschäftigt hat, um zu erklären, wie das alles sich in Wirklichkeit abgespielt hat, und vor allen Dingen um festzustellen, daß ich persönlich von diesen Dingen nicht im geringsten unterrichtet war, bis auf die einigen Tatsachen, die ich hier selbst dem Gericht dargestellt habe.

DR. SAUTER: Herr Präsident! Damit bin ich am Ende der Befragung des Angeklagten Dr. Funk, und ich würde dann bitten im Anschluß daran, den einzigen Zeugen, den ich zur Zeit vernehmen kann, Dr. Hayler, verhören zu dürfen.

VORSITZENDER: Gut.

MR. DODD: Herr Vorsitzender! Darf ich noch eine Frage aufwerfen, ehe der Zeuge abtritt. Dokument 3894-PS, aus dem wir zitiert haben und aus dem der Angeklagte zitiert hat, enthält eine Reihe anderer Zitate, und ich glaube es wäre angebracht, wenn wir das ganze Dokument in den vier Sprachen vorlegen würden. Ich werde bereit sein, das zu tun, damit der Gerichtshof den ganzen Wortlaut lesen kann. Bis jetzt haben wir daraus zitiert, aber ich meine, daß es für den Gerichtshof von Nutzen wäre, den ganzen Text zu haben.

Und wenn wir die Frage stellen dürfen, Herr Vorsitzender, sollen wir bezüglich des Zeugen Puhl irgend etwas unternehmen?

VORSITZENDER: Herr Dr. Sauter! Wollen Sie einen Antrag stellen wegen des Zeugen Puhl, der ein Affidavit ausgestellt hat?

DR. SAUTER: Mit Bezug auf den Zeugen Puhl habe ich vor, Sie zu bitten, Herr Präsident, daß der Zeuge Puhl zum Kreuzverhör kommt. Der Zeuge Emil Puhl, daß der zum Kreuzverhör kommt. Den Antrag hätte ich ohnehin noch gestellt.

VORSITZENDER: Jawohl, gewiß, Dr. Sauter. Der Zeuge Puhl soll hierher gebracht werden. Er wird sobald wie möglich hergebracht werden.

DR. SAUTER: Danke sehr.

VORSITZENDER: Der Angeklagte kann zur Anklagebank zurückkehren.