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[Keine Antwort.]

Wünscht die Anklagevertretung ein Kreuzverhör vorzunehmen?

MR. DODD: Wann wurden Sie Mitglied der NSDAP, Herr Zeuge?

HAYLER: Habe ich die Frage richtig verstanden – wann ich Mitglied der NSDAP wurde?

MR. DODD: Das stimmt.

HAYLER: Im Dezember 1931.

MR. DODD: Und hatten Sie zu irgendeiner Zeit irgendwelche Ämter in der Partei inne?

HAYLER: Nein, ich habe in der Partei kein Amt innegehabt.

MR. DODD: Sie wurden Leiter einer Handelsgruppe im Jahre 1938, der Reichsgruppe Handel?

HAYLER: Ich war Leiter der Wirtschaftsgruppe Einzelhandel von 1934 ab und von 1938 Leiter der Reichsgruppe Handel. Diese Organisation war ein Teil der Organisation der gewerblichen Wirtschaft und unterstand dem Reichswirtschaftsministerium.

MR. DODD: Die Mitgliedschaft in der Gruppe, deren Leiter Sie waren, war zwingend, nicht wahr?

HAYLER: Jawohl.

MR. DODD: Wann sind Sie der SS beigetreten?

HAYLER: Ich bin der SS beigetreten 1933, im Sommer.

MR. DODD: Das war doch auch eine Art von Parteiamt, nicht wahr?

HAYLER: Nein, ein Amt war das nicht, sondern ich habe die Verbindung mit der SS aufgenommen aus der Tatsache, daß in München 165 Kaufleute des Handels eingesperrt waren und aus der Tatsache, daß ich Himmler aus meiner Studentenzeit kannte – ich hatte ihn nie mehr gesehen bis dahin – und ich von den Kaufleuten Münchens gebeten wurde, mich um sie zu bemühen, im Sommer 1933. Aber ich hatte kein Amt in der Partei und in der SS.

MR. DODD: Wann wurden Sie ein General der SS?

HAYLER: Ich bin nie General in der SS gewesen. Ich habe, nachdem ich zum Staatssekretär ernannt war, vom Reichsführer den Rang eines Gruppenführers der SS verliehen bekommen.

MR. DODD: Gruppenführer? Ist das nicht dasselbe wie SS-General?

HAYLER: Ja und nein. Es gab in der SS den Rang eines Gruppenführers oder es gab den Rang eines Gruppenführers und Generals der Polizei oder der Waffen-SS, aber der Gruppenführer war noch nicht General, wenn es ein Ehrenrang war. Wir hatten auch dies nach außen sichtbar zum Ausdruck gebracht, weil wir keine Generalsachselstücke und auch keine Generalsuniform trugen.

MR. DODD: Sie kennen Ohlendorf ziemlich gut, nicht wahr?

HAYLER: Jawohl.

MR. DODD: Er hat einmal für Sie gearbeitet. Er unterstand Ihnen, nicht wahr?

HAYLER: Ich habe mit Ohlendorf vom Jahre 1938 an zusammengearbeitet.

MR. DODD: Wissen Sie, daß er vor diesem Gerichtshof ausgesagt hat, daß er den Mord von 90000 Leuten geleitet hat; wußten Sie das?

HAYLER: Ich habe das gehört.

MR. DODD: Hatten Sie zur Zeit, als dies vor sich ging, Kenntnis davon?

HAYLER: Nein.

MR. DODD: Kannten Sie Pohl, den SS-Mann – P-o- h-l?

HAYLER: Darf ich nochmals um den Namen bitten?

MR. DODD: Pohl, P-o-h-l.

HAYLER: Es ist mir nicht erinnerlich, einen SS- Mann Pohl zu kennen.

MR. DODD: Kennen Sie einen SS-Gruppenführer Pohl?

HAYLER: Nein – – jawohl, ich kenne einen Obergruppenführer Pohl. Obergruppenführer Pohl war Chef des Verwaltungsamtes in der SS.

MR. DODD: Haben Sie hier und da mit ihm gesprochen und ihn getroffen?

HAYLER: Ich hatte dienstlich mit Pohl einige Unterredungen, meist sehr unangenehme.

MR. DODD: Das ist eine andere Sache. Wie oft haben Sie sich Ihrer Meinung nach zwischen 1943 und der Kapitulation mit Pohl getroffen, um Dinge mit ihm zu besprechen, die von beiderseitigem Interesse für die SS und für Ihr eigenes Wirtschaftsministerium waren? Ungefähr, denn ich erwarte von Ihnen nicht, daß Sie mir eine genaue Zahl geben; aber, wie oft ungefähr würden Sie sagen?

HAYLER: Ja, ich muß dazu eine kurze Erklärung geben. Es gab zwischen den...

MR. DODD: Geben Sie die nachher. Sagen Sie mir zuerst die Zahl.

HAYLER: Ja, vielleicht drei- oder viermal, es kann auch zweimal nur gewesen sein, ich weiß es nicht mehr genau.

MR. DODD: Wollen Sie uns drei- oder viermal im Jahr sagen, oder drei- oder viermal während der ganzen Zeit zwischen 1943 und 1945?

HAYLER: Während meiner Dienstzeit, jawohl drei- oder viermal, es war ja nur ein Jahr.

MR. DODD: Haben Sie mit ihm über Mitarbeit der Reichsbank oder des Wirtschaftsministeriums bei der Finanzierung von Fabrikbauten in der Nähe von Konzentrationslagern gesprochen?

HAYLER: Nein.

MR. DODD: Sie wissen davon, nicht wahr?

HAYLER: Nein, diese Frage ist bei mir überhaupt niemals zur Diskussion gestellt worden.

MR. DODD: Worüber haben Sie dann mit ihm gesprochen?

HAYLER: Es war zwischen dem Wirtschaftsministerium und der SS ein großer Streit entstanden, und zwar deshalb, weil mich, nachdem ich das Staatssekretariat im Wirtschaftsministerium übernommen hatte, Himmler anweisen wollte, das heißt, angewiesen hat, eine Fabrik, die dem Gau Berlin gehörte, den SS-Betrieben einzuweisen. Ich habe mich dagegengestellt und dieser Anweisung von Himmler nicht Folge geleistet. Darüber müssen die Akten sicher noch da sein. Ich habe dann Anweisung bekommen, mit Pohl über diese Frage zu verhandeln. Auch in diesen Verhandlungen und auch in einer persönlichen Besprechung, die Himmler verlangte und anordnete, habe ich mich gegen diese Anweisung von Himmler gestellt, da ich grundsätzlich gegen die SS-Eigenbetriebe war.

MR. DODD: Haben Sie mit dem Angeklagten Funk über diese Schwierigkeiten mit Himmler und Pohl gesprochen?

HAYLER: Jawohl, weil diese Schwierigkeiten dazu geführt haben, daß Himmler mir im Dezember einen Brief geschrieben hat, in dem er mir sein Vertrauen entzog und wörtlich mitteilte, er habe weder Lust, weiter mit mir zu arbeiten, noch habe er weiter Vertrauen zu nur. Das habe ich dem Angeklagten Funk im Dezember berichtet.

MR. DODD: Hat Funk Ihnen erzählt, daß seine Bank Himmler beim Bau von Fabriken in der Nähe von Konzentrationslagern half?

HAYLER: Davon weiß ich nichts.

MR. DODD: Sie haben vorher nie davon gehört?

HAYLER: Ich habe bisher niemals etwas gehört über eine Zusammenarbeit von Funk oder vom Wirtschaftsministerium im Rahmen einer Finanzierung derartiger Bauten oder ähnlicher Dinge überhaupt.

MR. DODD: Es ist vollkommen klar, glaube ich, aber ich möchte ganz sicher sein, daß von 1943 bis 1945, während Sie der Vertreter Funks im Wirtschaftsministerium waren, die Frage von Einkäufen auf dem schwarzen Markt und so weiter in den besetzten Gebieten aufhörte, von praktischer Bedeutung zu sein, nicht wahr? Das sagten Sie. Ich habe Sie dahin verstanden, daß Sie dies vor einigen Minuten selbst gesagt haben.

HAYLER: Im Jahre 1944 – und meine Amtszeit kann erst von 1944 an angesehen werden, da ich ja im Dezember ein total ausgebombtes Ministerium hatte und erst wieder eine richtige Arbeit bekam im Januar 1944 – waren diese Fragen nicht mehr von entscheidender Bedeutung, weil die Entwicklung schon rückläufig war.

MR. DODD: Gut. Sie waren auch anwesend, Herr Zeuge, bei der Rede in Wien, auf die Sie sich bezogen haben, die 1944 gehalten wurde, und diese hatte nichts zu tun mit den besetzten Gebieten, sondern war nur an die Vasallenstaaten gerichtet? Sind Sie sich dessen bewußt oder nicht?

HAYLER: Die Rede in Wien?

MR. DODD: Jawohl, die Rede in Wien, 1944.

HAYLER: Jawohl, ja, es ist richtig, ich sagte das auch. Sowohl die Königsberger Rede als auch die Rede in Wien behandelten nicht unmittelbar die besetzten Gebiete, sondern Europa als Ganzes. Ich...

MR. DODD: Hat sie sich direkt oder indirekt mit den besetzten Gebieten befaßt? Haben Sie diese Rede gelesen?

HAYLER: Ich habe sie gehört; direkt hat es bestimmt nichts zu tun.

MR. DODD: Zum Schluß, im Hinblick auf Ihre Aussagen über Funk und seine Ansichten über Zwangsarbeit, wissen Sie doch, nicht wahr, daß er sich nicht darum sorgte, ob Leute gezwungen wurden, nach Deutschland zu kommen? Wissen Sie das?

HAYLER: Nein.

MR. DODD: Aber Sie wissen, daß er während des Verhörs ausgesagt hat, daß er sich den Kopf nicht darüber zerbrach, obwohl er wußte, daß Menschen gezwungen wurden, gegen ihren Willen nach Deutschland zu gehen. Sind Sie sich klar darüber?

HAYLER: Nein, dessen bin ich mir nicht bewußt. Ich habe mit Funk...

MR. DODD: Schön, aber wenn Sie es wüßten, würde es bei Ihnen dann einen Unterschied machen und würden Sie bei Ihrer Aussage etwas ändern?

HAYLER: Ich bin mir dessen nicht bewußt, daß Funk diese Einstellung gehabt haben soll, oder...

MR. DODD: Schön, vielleicht kann ich Ihnen hellen, indem ich Ihnen aus seinem Verhör vom 22. Oktober 1945 hier in Nürnberg vorlese. Ihm wurden unter anderem diese wenigen Fragen gestellt, und er gab ein paar Antworten:

»Sie waren tatsächlich bei vielen Besprechungen der Zentralen Planung zugegen, nicht wahr?«

Funk sagte:

»Ich war nur dann bei den Besprechungen der Zentralen Planung zugegen, wenn ich irgend etwas für meinen kleinen Sektor benötigte, das heißt etwas, was mit dem Export und der Verbrauchsgüterindustrie zu tun hatte, wie zum Beispiel Eisen. Ich hatte jedesmal einen Kampf zu führen, um ein paar tausend Tonnen für meine Verbrauchsgüterindustrie zu bekommen.«

Die nächste Frage lautete:

»Ja, aber während solcher Besprechungen, denen Sie beiwohnten, hörten Sie doch auch die Diskussionen über die Fremdarbeiter an, nicht wahr?«

Funk antwortete:

»Jawohl.«

Frage: »Sie wußten aus diesen Besprechungen, daß das Bestreben bestand, immer mehr Fremdarbeiter gegen ihren Willen ins Reich zu bringen.«

Funk antwortete:

»Ja natürlich.«

Frage: »Und Sie haben niemals einen Einspruch dage gen erhoben?«

Funk antwortete:

»Nein, warum sollte ich Einspruch erheben? Es war die Aufgabe eines anderen, diese Fremdarbeiter ins Reich zu bringen.«

Frage: »Glaubten Sie, daß es rechtmäßig war, Menschen gegen ihren Willen aus ihren Heimen zu reißen und nach Deutschland zu transportieren?«

Die Antwort darauf war:

»Im Krieg passieren viele Dinge, die nicht völlig rechtmäßig sind. Ich habe mir nie den Kopf darüber zerbrochen.«

Wenn Sie nun aus den Aussagen, die er unter Eid während eines Verhörs hier gemacht hat, wissen, daß dies seine Einstellung ist, würde das Ihre Meinung von Funk ändern und würde es Sie veranlassen, Ihre eigenen Aussagen, die Sie hier vor dem Gerichtshof gemacht haben, zu ändern?

HAYLER: Ja, ich kann hier nur aussagen, was ich selbst weiß. Ich kann mich an solche Äußerungen von Funk nicht erinnern. Ich weiß aber und erinnere mich bestimmt, daß wir öfter über die besetzten Gebiete, über die spätere Entwicklung, europäische Entwicklung, die sich aus der Zusammenarbeit ergeben sollte und konnte, über den Arbeitseinsatz auch gesprochen haben, daß Funk grundsätzlich einen anderen Standpunkt eingenommen hat als die Wirklichkeit war und er nicht mit diesen Dingen einverstanden war. Ich kann das nur wiederholen und kann infolgedessen, wenn Sie mich als Zeugen hier fragen, nur das sagen, was ich weiß.

MR. DODD: Haben Sie alle Ihre Fragen und Antworten mit Dr. Sauter durchgenommen, bevor Sie in den Zeugenstand getreten sind? Sie wußten, worüber Sie befragt werden würden, als Sie hierher kamen, nicht wahr?

HAYLER: Dr. Sauter hat mir die Gesichtspunkte erzählt, über welche Gebiete er mich befragen wird und was ihn interessiert.

MR. DODD: Ich habe keine weiteren Fragen.

VORSITZENDER: Möchten noch andere Vertreter der Anklage im Kreuzverhör Fragen stellen?

Dr. Sauter! Wollen Sie neuerlich verhören?

DR. SAUTER: Nein.

VORSITZENDER: Der Zeuge kann abtreten.