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[Zum Zeugen gewandt:]

Herr Großadmiral! Ich halte Ihnen jetzt die Eintragung vor in Ihrem Kriegstagebuch vom 17. September. Dort steht:

»Alle Kommandanten werden nochmals darauf hingewiesen, daß Rettungsversuche von Angehörigen versenkter Schiffe den primitivsten Forderungen der Kriegsführung nach Vernichtung feindlicher Schiffe und ihrer Besatzungen widersprechen. Befehle über Mitbringen von Kapitänen und Chefingenieuren bleiben bestehen.«

VORSITZENDER: Es ist in unserem Dokumentenbuch anders übersetzt. Sie sagten: »Nach Vernichtung feindlicher Schiffe«. Unsere Übersetzung lautet: »Durch Vernichtung feindlicher Schiffe und ihrer Besatzungen...«

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Es muß wohl heißen »by«, Herr Präsident, nicht »after«.

DÖNITZ: Diese Eintragung im Kriegstagebuch bezieht sich auf diesen Funkbefehl und bezieht sich auf die vier regulären Funksprüche, die ich während des »Laconia«-Falles gemacht habe und mir auch bestätigt worden sind.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Einen Augenblick, Herr Großadmiral! Bitte erklären Sie zunächst dem Tribunal, wie überhaupt derartige Eintragungen in das Kriegstagebuch zustande kamen? Wer führte das Kriegstagebuch? Führten Sie das selbst oder wer sonst?

DÖNITZ: Wenn ich hier nichts verschweigen darf, so muß ich sagen, daß die Kriegstagebuchführung ein schwieriger Punkt für mich war, weil ich wertvolle Offiziere nicht gehabt habe, die ich dafür abstellen konnte. Diese Eintragung hat, wie ich vermutete und mir jetzt hier auch bestätigt worden ist, ein ehemaliger Obersteuermann gemacht, der versucht hat, meine Befehlsgebung während des ganzen Falles komprimiert in so einer Eintragung zusammenzufassen. Selbstverständlich bin ich für jede Eintragung verantwortlich gewesen, aber irgendeine sachliche Auswirkung in die Wirklichkeit hinein hat ja diese Eintragung nicht gehabt, sondern mein Funkbefehl, das war das Wesentlichste.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Herr Großadmiral! Der entscheidende Punkt scheint mir hier zu sein, ob diese Eintragung Ihre wirkliche Überlegung wiedergibt, oder ob sie nur ein Extrakt aus dem Funkbefehl ist, ein Auszug, der aufgezeichnet war von einem untergeordneten Organ nach seinem besten Wissen und Können.

DÖNITZ: Das letztere ist richtig. Meine tatsächlich langen Überlegungen befaßten sich mit dem Befehl der Seekriegsleitung, dem Befehl des Führers, meiner eigenen schweren Entscheidung, mit dieser Methode abzubrechen oder nicht; die sind in dem Kriegstagebuch ja gar nicht enthalten.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Herr Großadmiral! Wollen Sie noch erklären: Was bedeutet das in der Eintragung; im Kriegstagebuch steht: »Alle Kommandanten werden nochmals darauf hingewiesen...« und so weiter?

DÖNITZ: Das weiß ich nicht genau, was das heißt. Mein Stab, der hier ist, hat mir gesagt, daß sich das auf die vier Funksprüche bezieht, die ich gemacht habe. Denn vor dem »Laconia«-Fall ist ja ein Hinweis nicht gemacht worden. »Nochmals« heißt also der fünfte Funkspruch.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Herr Großadmiral! Der Befehl vom 17. September 1942 war also für Sie der Abschluß des »Laconia«-Falles?

DÖNITZ: Ja.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: An wer war er gerichtet?

DÖNITZ: Meiner ersten Erinnerung nach war er nur an die Boote im freien Seeraum gerichtet. Wir hatten ja für die einzelnen Operationsgebiete, Nord-Atlantik, Mittel-Atlantik, Süd-Atlantik, verschiedene Funkschaltungen. Denn die anderen Boote konnten ja den Befehl, da sie am Geleitzug standen, wo Rettungsmaßnahmen ausgeschlossen für sie waren, einfach in die Schublade legen. Ich habe aber festgestellt oder mir sagen lassen, jetzt, daß dieser Befehl an alle Boote gegangen ist, also auf allen Schaltungen hinausgegeben worden ist; eine nachrichtentechnische Sache kann natürlich auch nicht schaden.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Sie haben ja nun gesagt, daß die Grundüberlegung des ganzen Befehls die überragende Fliegergefahr war. Wenn das richtig ist, wie konnten Sie dann in dem gleichen Befehl die Weisung aufrechterhalten, Kapitäne und Chefingenieure zu retten? Das steht ja in der Ziffer 2 drin?

DÖNITZ: Zwischen Rettungsmaßnahmen, wozu das Boot stoppen muß und Leute an Deck gehen müssen, und einem kurzen Auftauchen, um einen Kapitän herauszupicken, besteht selbstverständlich hinsichtlich des Risikos ein ganz großer Unterschied; denn das U-Boot bleibt ja alarmtauchklar, wohingegen auch im ersten Fall die Alarmbereitschaft vollkommen unterbrochen wird.

Aber eine Sache ist auch klar: Bei der Mitnahme dieser Kapitäne war ein militärisches Ziel vorhanden, das von der Seekriegsleitung mir befohlen war, und grundsätzlich und allgemein möchte ich sagen, muß man natürlich bei der Verfolgung eines militärischen Zieles, das heißt, nicht des Rettens, sondern bei der Gefangennahme und Mitnahme von wichtigen Feinden, ein gewisses Risiko laufen oder kann es laufen. Im übrigen war dieser Zusatz für mich nicht erheblich, da ich wußte, daß in der praktischen Auswirkung er sehr mager, wenn nicht überhaupt null war. Ich weiß auch genau, daß ich gefragt habe: »Warum nehmen wir den überhaupt noch auf?« und wir uns gescheut haben, einen so generellen Befehl, der richtig war, nun unter den Tisch fallen zu lassen. Aber das Wesentliche ist eben erstens das viel geringere Risiko – beim Retten vollkommene Aufhebung der Alarmbereitschaft – und zweitens die Verfolgung eines militärischen Zieles wichtiger Art.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Was bedeutet der letzte Satz in dem Befehl »hart sein«?

DÖNITZ: Das »Hartsein« gegen sich selbst habe ich meinen U-Bootkommandanten fünfeinhalb Jahre gepredigt. Ich habe auch bei diesem Befehl wieder das Gefühl gehabt, daß ich meine ganze Angst, Verantwortungssorge um die Boote und damit die Notwendigkeit, nun bei der erdrückenden feindlichen Luftwaffe dieses Retten zu verbieten, meinen Kommandanten darstellen mußte in einem sehr plastischen Befehl; weil ja ganz klar ist, daß auf der einen Seite die Härte des Krieges steht, die Notwendigkeit des Erhaltens des eigenen Bootes und auf der anderen Seite das durch Tradition vorhandene Gefühl des Seemannes.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Sie haben nun gehört hier, was der Zeuge Korvettenkapitän Möhle ausgesagt hat; er hatte diesen Befehl falsch verstanden, nämlich in dem Sinne, daß Schiffbrüchige getötet werden sollten, und er hat auch in einigen Fällen U-Bootkommandanten diesem Sinne unterrichtet.

DÖNITZ: Möhle ist....

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Einen Augenblick, Herr Großadmiral! Ich möchte erst eine Frage stellen. Müssen Sie nicht als Befehlshaber die Verantwortung übernehmen für ein Mißverständnis Ihres Befehls?

DÖNITZ: Ich habe selbstverständlich die Verantwortung für jeden Befehl, in der Form und im Inhalt. Möhle ist aber der einzige, der an der Bedeutung dieses Befehls Zweifel gehabt hat. Ich bedaure, daß Möhle nicht Gelegenheit gefunden hat, diese Zweifel sofort zu klären, entweder bei mir, zu dem jederzeit jeder Zutritt hatte, beziehungsweise bei den mehreren Stabsoffizieren, die in meinem Stab für das Aufsetzen dieser Befehle mitverantwortlich oder tätig waren, beziehungsweise bei seinem unmittelbaren Vorgesetzten in Kiel.

Ich bin davon überzeugt, daß bei den wenigen U- Bootkommandanten, denen er seine Zweifel mitgeteilt hat, diese Mitteilung, dieser Zweifel keine Folgen gehabt hat. Wenn solche Folgen da wären, würde ich selbstverständlich die Verantwortung tragen.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Wie stellen Sie sich zu dem Ihnen ja bekannten Fall des Kapitänleutnants Eck, der im Frühjahr 1944 im Anschluß an die Versenkung des griechischen Dampfers »Peleus« tatsächlich auf Rettungsboote geschossen hat?

DÖNITZ: Wie der Kapitänleutnant Eck in seiner eidesstattlichen Vernehmung noch zuletzt ausgesagt hat, hat er weder von der Möhleschen Auslegung oder von dem Möhleschen Zweifel noch von der vollkommen umgedrehten Nachricht oder meiner Entscheidung von einem Fall U 386 irgend etwas gewußt. Das war ja der Fall, den Möhle erwähnte, wo das U-Boot Schlauchboote mit Fliegern getroffen hatte und ich moniert habe, daß er sie nicht an Bord genommen, und umgekehrt war dem Kommandanten auch schriftlich als Kritik dies zu seinem Unternehmen gegeben worden. Im Gegensatz dazu ist von irgendeiner Stelle gesagt worden, daß er diese Schiffbrüchigen nicht vernichtet hätte. Eck hat weder von der Auslegung oder von dem Zweifel des Möhleschen Befehles etwas gewußt noch von dieser Geschichte, sondern er hat aus eigenem Entschluß gehandelt, und zwar aus einem Ziel, seiner Tendenz, nicht Schiffbrüchige zu vernichten, sondern die Trümmer zu beseitigen, weil er mit Sicherheit glaubte, andernfalls am nächsten Tage von anglo-amerikanischen Flugzeugen festgestellt zu werden an Hand der Trümmer und vernichtet zu werden. Sein Ziel war also ein ganz anderes wie hier in der Möhleschen Auslegung gesagt ist.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Eck hat in seiner Vernehmung nun gesagt, Herr Großadmiral, er hätte damit gerechnet, daß Sie sein Verhalten billigen würden. Haben Sie überhaupt während des Krieges von dem ganzen Fall Eck irgend etwas erfahren?

DÖNITZ: Nein, ich habe hier bei meiner Vernehmung davon erfahren, und zwar aus dem Grunde, weil Eck auf derselben Unternehmung in Gefangenschaft gekommen ist.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Billigen Sie nun sein Verhalten, nachdem Sie es kennen?

DÖNITZ: Ich billige sein Verhalten nicht, weil, wie ich vorhin schon sagte, man in dieser Beziehung also von der soldatischen Kampfsittlichkeit keinesfalls abgehen darf.

Ich möchte aber doch sagen, daß der Kapitänleutnant Eck vor einer ganz schweren Entscheidung stand. Er hatte die Verantwortung für sein Boot und für seine Besatzung, und diese Verantwortung wiegt im Kriege schwer.

Wenn er also aus diesem Grund, daß er glaubte, sonst werde ich entdeckt und vernichtet, und dieser Grund war nicht unbegründet, denn im selben Seeraum waren in derselben Zeit, ich glaube, vier U- Boote gebombt, wenn er also aus diesem Grunde zu diesem Entschluß kam, so würde ein deutsches Kriegsgericht das zweifelsohne berücksichtigt haben.

Man sieht, glaube ich, doch nach dem Kriege die Dinge anders, und man ist nicht erfüllt von der großen Verantwortung, die ein so armer Kommandant aufbringt.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ist Ihnen außer dem Fall Eck irgendein anderer Fall während des Krieges oder nachher bekannt geworden, in dem ein deutscher U-Bootkommandant auf Schiffbrüchige oder Rettungsmittel geschossen hat?

DÖNITZ: Nicht ein einziger.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Sie kennen ja die Dokumente der Anklage, die die Versenkung der Dampfer »Noreen Mary« und »Antonico« behandeln. Erkennen Sie die Stichhaltigkeit dieser Dokumente an als Beweismittel nach Ihren Erfahrungen in diesen Dingen oder nicht?

DÖNITZ: Nein. Ich halte sie für einer sachlichen Prüfung nicht standhaltend. Wir haben eine Fülle solcher Meldungen von der anderen Seite und haben uns dabei immer auf den Standpunkt gestellt und diesen Standpunkt auch schriftlich dem Führer beziehungsweise dem Oberkommando der Wehrmacht gegeben, daß man diesen Fällen sehr skeptisch gegenübertreten muß, denn ein Schiffbrüchiger fühlt sich sehr leicht beschossen durch Schüsse, die vielleicht gar nicht ihm, sondern dem Schiff gelten, beziehungsweise irgendwelche Fehlschüsse sind. Gerade daß die Anklage diese beiden Beispiele bringt, zeigt mir, daß meine feste Überzeugung, daß außer dem Fall Eck keine weiteren Fälle in den langen Jahren bei der großen deutschen U-Bootwaffe vorgekommen sind, richtig war.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Sie erwähnten vorhin den Vortrag beim Führer vom Mai 1942, in dem das Problem geprüft worden war oder angeschnitten worden war vom Führer, ob man Schiffbrüchige töten könne. Ist diese Frage auch später einmal beim Befehlshaber der U-Boote oder bei der Seekriegsleitung Gegenstand einer Prüfung gewesen?

DÖNITZ: Als ich Oberbefehlshaber der Kriegsmarine geworden war...

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Das war 1943?

DÖNITZ:...bekam ich im Sommer, glaube ich, 1943, ein Schreiben des Auswärtigen Amtes, das mir mitteilte, daß etwa 87 Prozent der Dampferbesatzungen nach Vernichtung der Handelsschiffe nach Hause käme. Das wäre doch nachteilig, ob man dagegen nichts machen könnte. Ich habe dann ein Schreiben an das Auswärtige Amt machen lassen, wo ich dem Auswärtigen Amt mitteilte, daß ich zwar das Retten aus den Gründen der Gefährdung des U-Bootes bereits hätte verbieten müssen, daß andere Maßnahmen aber für mich nicht in Frage kämen.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ich habe hier eine Eintragung im Kriegstagebuch der Seekriegsleitung, die diesen Fall behandelt. Ich überreiche diese Eintragung als Dönitz 42. Sie ist abgedruckt auf Seite 92 bis 94 im Band 2 des Urkundenbuches.

Ich lese zur Einführung von Seite 92 den ersten und zweiten Satz. Die Eintragung vom 4. April 1943:

»Das Auswärtige Amt hatte auf eine Äußerung des britischen Transportministers hingewiesen, nach der bei Versenkung von Handelsschiffen durchschnittlich 87 Prozent der Besatzungsmitglieder gerettet würden. Zu dieser Äußerung nahm die SKL dem Auswärtigen Amt gegenüber ausführlich Stellung.«

Dann folgt die Stellungnahme auf den nächsten Seiten, und ich möchte Ihnen aus dieser Stellungnahme...es ist da zunächst in der Ziffer 1 der Stellungnahme die Rede von der Anzahl von Schiffen, die aus Geleitzügen versenkt werden...

Welche Bedeutung hat das in diesem Zusammenhang?

DÖNITZ: Daß diese Menschen mit Sicherheit nach Hause gekommen sind.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Es ist weiter in der Ziffer 2 die Rede davon, daß die Seeleute ohnehin eine längere Ausbildung nicht nötig haben, mit Ausnahme der Offiziere, und daß bereits ein Befehl besteht, die Kapitäne und leitenden Ingenieure an Bord zu nehmen. Was soll das besagen?

DÖNITZ: Das soll besagen, daß eine solche Sache falsch gesehen wird.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Einen Augenblick, Herr Großadmiral! Mit solcher Sache meinen Sie eine militärische Zweckmäßigkeit der Vernichtung von Schiffbrüchigen?

DÖNITZ: Es soll sagen, daß Besatzung ja noch und noch da ist beim Gegner, beziehungsweise sehr schnell von ungelernten Menschen zu solchen herangebildet werden.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: In der Ziffer 4 weisen Sie dann hin auf die große Gefahr von Repressalien gegenüber den eigenen U-Bootbesatzungen. Sind solche Repressalien gegenüber deutschen U-Bootbesatzungen irgendwann einmal im Laufe des Krieges ergriffen worden?

DÖNITZ: Das weiß ich nicht. Ich habe nichts von Repressalien in der Hinsicht gehört. Ich hatte nur sichere Nachrichten, daß beim Zerbomben von U-Booten aus der Luft auf die im Wasser liegenden U-Bootleute noch geschossen worden ist.

Ob das aber Einzelhandlungen oder Repressalien oder befohlen war, weiß ich nicht. Ich nehme an, es sind Einzelhandlungen.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Der entscheidende Grund des ganzen Schreibens scheint mir in der Ziffer 3 zu stehen, ich lese Ihnen diesen Punkt vor:

»Eine Weisung an die U-Boote, gegen Rettungsboote und im Wasser treibende Besatzungsmitglieder versenkter Schiffe vorzugehen, ist für die U-Bootbesatzung aus psychologischen Gründen kaum tragbar, da das dem innersten Gefühl jedes Seemannes widerspricht. Sie könnte daher nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn damit ein militärisch entscheidender Erfolg zu erzielen wäre.«

Herr Großadmiral! Sie haben selbst wiederholt von der Härte des Krieges gesprochen. Sind Sie trotzdem der Ansicht und weshalb, daß man den U-Bootmännern psychologisch eine solche Maßnahme nicht zumuten konnte?

DÖNITZ: Wir wußten in der U-Bootwaffe, daß wir gegen die großen Seemächte einen ganz harten Kampf zu führen hatten. Deutschland hatte ja nichts anderes für diesen Kampf als die U-Boote. Ich habe daher von vornherein, schon im Frieden, die U-Bootwaffe zu einem wirklich reinen Idealismus, zu einer großen Vaterlandsliebe erzogen. Das war notwendig, und ich habe diese Erziehung laufend immer während des Krieges durch ganz enge, persönliche Fühlungnahme bei den Stützpunkten fortgesetzt. Das war notwendig, um eine ganz hohe Moral, eine ganz hohe Kampfmoral, zu erzielen, denn sonst hätten wir den schweren Kampf und die enorm hohen Verluste, die das Diagramm ja gezeigt hat, moralisch gar nicht durchstehen können. Wir haben aber diese hohen Verluste und das Weiterkämpfen, weil es eben sein mußte, trotzdem durchgehalten und diese Verluste immer wieder durch begeisterte oder von sittlichem Ernst erfüllte Freiwillige ergänzt, weil eben die Kampfmoral so hoch war, und nie, auch in der Zeit der höchsten Verluste, hätte ich erlaubt, daß diesen Männern irgendein unsittlicher, die Kampfmoral verletzender Befehl gegeben worden wäre, geschweige denn, daß ich selbst einen solchen Befehl gegeben hätte, denn mein ganzes Vertrauen war ja, diese Kampfmoral hoch zu halten.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Sie sagten, die U-Bootwaffe ergänzte sich aus Freiwilligen?

DÖNITZ: Wir haben praktisch nur Freiwillige gehabt.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Auch in der Zeit der höchsten Verluste?

DÖNITZ: Auch in der Zeit der höchsten Verluste, auch in der Zeit, wo jeder wußte, daß er durchschnittlich zwei Unternehmen machte und dann verloren ging.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Wie hoch waren die Verluste?

DÖNITZ: Wir haben, meiner Erinnerung nach, im ganzen 640 oder 670 Kriegsverluste gehabt.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Und bei Mannschaften?

DÖNITZ: Wir haben im ganzen in der U-Bootwaffe 40000 Mann gehabt. Von diesen 40000 Mann sind 30000 nicht zurückgekehrt. Von diesen 30000 sind 25000 gefallen und nur 5000 in Gefangenschaft gekommen. Die Masse der verlorenen, der versenkten U-Boote ist aus der Luft im weiten Raum der See, des Atlantik, zerbombt worden, ohne daß die Frage des Rettens dabei überhaupt zur Diskussion stand.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Herr Präsident! Ich komme jetzt zu einem neuen Abschnitt. Wäre das die richtige Zeit, eine Pause einzulegen?