HOME

<< Zurück
|
Vorwärts >>

[Zum Zeugen gewandt:]

Admiral Wagner! Sie waren im Dezember mit dem Zeugen Heisig hier im Gefängnis zusammen. Ist das richtig?

WAGNER: Ja, vom 1. bis 5. Dezember.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Was hat Ihnen Heisig erzählt über die Vorstellungen, auf Grund derer seine eidesstattliche Erklärung zustandegekommen ist?

WAGNER: Er hat mir persönlich gegenüber folgendes geäußert:

Ihm sei bei der Vernehmung gesagt worden, daß der Oberleutnant Hoffmann, Wachoffizier des Kapitänleutnants Eck, ausgesagt habe, daß er seinerzeit die Ansprache des Großadmirals Dönitz in Gotenhafen im Herbst 1942 als eine Aufforderung zur Tötung von Schiffbrüchigen aufgefaßt habe. Nun sei dem Heisig erklärt worden: »Wenn Sie diese Aussage des Hoffmann bestätigen, dann retten Sie so gut wie sicher sowohl den Eck wie den Hoffmann, wie die beiden anderen Mitverurteilten vom Tode. Sie werden verhindern, daß ein Gerichtsverfahren gegen den Kapitän Möhle überhaupt eingeleitet wird. Sie belasten allerdings dadurch den Großadmiral Dönitz, aber das Material gegen Großadmiral Dönitz ist so erdrückend, daß sein Leben ohnehin verwirkt ist.« Des weiteren erzählte er mir ohne Aufforderung, er habe seinerzeit bei der Ansprache des Großadmirals sich in einem Zustande sehr starker innerer Erregung befunden; er sei gerade in Lübeck gewesen und habe dort die furchtbaren Folgen eines Luftangriffes erlebt und gesehen, oder vielleicht nicht erlebt, sondern nur nachträglich gesehen. Er sei innerlich ganz auf Rache gegen diese brutalen Methoden eingestellt gewesen, und hielt es wohl für möglich, daß die Aufnahme der Äußerungen des Großadmirals Dönitz durch diese innere Einstellung beeinflußt gewesen sei.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ich komme jetzt zu einem anderen Punkt.

VORSITZENDER: Sir David!

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ja, Mylord?

VORSITZENDER: Wenn die Anklagevertretung es wünscht, kann Heisig natürlich nochmals vorgeladen werden, um dieses noch weiter zu untersuchen.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Euer Lordschaft! Heisig ist nicht mehr hier. Das ist die Schwierigkeit, wenn es in dieser Reihenfolge geschieht; jedenfalls können wir die Sache überlegen, Mylord, und wir sind dem Gerichtshof dankbar für die Erlaubnis.

VORSITZENDER: Ist Heisig nicht in Haft? Wollen Sie das sagen?

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ja, Mylord, er ist nicht mehr in Haft.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Heisig studiert in München Medizin, er ist sehr leicht erreichbar.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich danke Ihnen.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: [zum Zeugen gewandt] Von wann ab waren Sie Admiral zur besonderen Verwendung beim Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, und welches waren dabei Ihre Aufgaben?

WAGNER: Von Ende Juni 1944 ab. Der Zweck meiner Kommandierung war folgender:

Nach Gelingen der angelsächsischen Invasion in Nordfrankreich rechnete Großadmiral Dönitz mit einer starken Verschärfung der Kriegslage. Er glaubte, daß er eines Tages gezwungen sein könnte, sich von der Seekriegsleitung zu trennen, sei es, daß er sich längere Zeit oder ständig im Führerhauptquartier aufhalten müsse, um mit der Entwicklung der gesamten Kriegslage in Fühlung zu bleiben, sei es, daß eine Verlegung der Seekriegsleitung als Folge der immer stärker werdenden Luftangriffe auf den Berliner Raum notwendig werden könnte. Zu diesem Zweck wollte der Großadmiral einen älteren Seeoffizier in seiner unmittelbaren Umgebung behalten, der mit den Problemen des Seekrieges vertraut war und den gesamten Dienstbetrieb der Seekriegsleitung kannte. Die Aufgabe war also eine Art Verbindungsstelle zwischen dem Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, der Skl und den übrigen Stellen des Oberkommandos für die Dauer der jeweiligen Trennung des Großadmirals vom Oberkommando.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Haben Sie den Großadmiral regelmäßig auf seinen Besuchen ins Führerhauptquartier begleitet?

WAGNER: Ja; von dem erwähnten Zeitpunkt ab war ich regelmäßig dabei.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ich lasse Ihnen jetzt eine Liste dieser Besuche übergeben, die von der Anklage als GB-207 eingereicht worden ist. Sie befindet sich im Dokumentenbuch der Anklage auf Seite 56.

Bitte, sehen Sie sich diese Liste an und sagen Sie mir dann, ob die dort angegebenen Daten im wesentlichen richtig sind.

WAGNER: Die Daten sind im wesentlichen richtig. Am Schluß ist die Liste nicht vollständig, denn es fehlt der Zeitraum vom 3., nein vom 10. bis 21. April 1945. An diesem Tage nahm der Großadmiral zum letztenmal an der Lagebesprechung im Führerhauptquartier teil. Außerdem scheint mir die Liste der anwesenden Personen unvollständig zu sein. Ich weiß auch nicht, nach welchen Gesichtspunkten diese Liste aufgestellt worden ist.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Wenn Sie sich die Personen einmal genau ansehen, war dann Großadmiral Dönitz an den bezeichneten Daten mit diesen Personen immer zusammen? Oder bedeutet das nur, daß diese Personen gleichzeitig mit ihm im Führerhauptquartier waren? Können Sie das noch sagen?

WAGNER: Ja. Wenn diese Personen an der militärischen Lagebesprechung teilgenommen haben, so hat Großadmiral Dönitz sie auch zum wenigsten gesehen. Es waren aber häufig hochgestellte Persönlichkeiten im Führerhauptquartier, die an der militärischen Lagebesprechung nicht teilnahmen und die der Großadmiral nicht zu Gesicht bekam, wenn nicht gerade mit diesen spezielle Besprechungen angesetzt waren.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Aus welchem Anlaß begab sich Admiral Dönitz...

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Mylord! Zu diesem Punkt: Wenn der Zeuge sagt, daß eine dieser Niederschriften unvollständig sei, so wäre ich dankbar, wenn er sie genau angeben würde, da uns das deutsche Original zugänglich ist und wir das Affidavit bestätigen können.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ich glaube, der Zeuge hat nur gesagt, daß noch mehr Personen an diesen Besprechungen teilgenommen haben und daß am Schluß einige Konferenzen fehlen. Ich weiß nicht, was ich ihn darüber im einzelnen noch fragen soll. Vielleicht macht die Anklage das nachher im Kreuzverhör.

VORSITZENDER: Aber Sir David möchte, daß er die Betreffenden genau angibt, falls er es kann; er wollte, daß er sie genau angibt, falls er es kann.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Sehr gut.