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[Zum Zeugen gewandt:]

Haben Sie diesen Befehl gebilligt?

WAGNER: Ich habe es bedauert, daß es zu diesem Befehl kommen mußte; jedoch ist er in der Ziffer 1 derartig klar begründet, daß ich seine Berechtigung anerkennen mußte.

OBERST PHILLIMORE: Sie wußten, was Übergabe an den SD bedeutete, nicht wahr? Sie wußten, daß es Erschießung bedeutet?

WAGNER: Nein. Das konnte alles mögliche bedeuten.

OBERST PHILLIMORE: Was, dachten Sie, bedeutete es?

WAGNER: Es konnte bedeuten, daß die Leute verhört wurden für die Abwehr. Es konnte bedeuten, daß sie unter verschärften Bedingungen gefangengehalten werden sollten, und es konnte schließlich auch bedeuten, daß sie erschossen werden konnten.

OBERST PHILLIMORE: Sie hatten aber keinen Zweifel, daß es heißt, daß sie erschossen werden könnten. Nicht wahr?

WAGNER: Die Möglichkeit, daß sie erschossen werden konnten, liegt zweifellos klar.

OBERST PHILLIMORE: Ja, und ist Ihnen das eingefallen, als Sie den Befehl unterschrieben und an die Kommandostellen weitersandten?

WAGNER: Ich möchte verweisen auf die Ziffer 1 dieses Befehls, wo es...

OBERST PHILLIMORE: Würden Sie bitte die Frage beantworten? Ist Ihnen eingefallen, daß sie vielleicht erschossen werden könnten, als Sie diesen Befehl unterschrieben und an die Kommandostellen weitersandten?

WAGNER: Jawohl, das ist als Möglichkeit mir wohl klar gewesen.

DR. SIEMERS: Herr Präsident! Der Zeuge ist gefragt worden, ob er diesen Befehl billigte. Ich glaube nicht, daß Colonel Phillimore dann dem Zeugen dadurch die Antwort abschneiden kann, daß er ihm sagt, er könne nicht auf die Ziffer 1 dieses Befehls hinweisen. Ich glaube, daß für den Zeugen die Ziffer 1 des Befehls entscheidend ist. Herr Präsident, der Zeuge Admiral Wagner...

VORSITZENDER: Sie werden die Möglichkeit haben, den Zeugen rückzuverhören.

DR. SIEMERS: Ja.

VORSITZENDER: Also warum unterbrechen Sie jetzt?

DR. SIEMERS: Weil Colonel Phillimore dem Zeugen die Antwort unterbrochen hat, und ich glaube, auch im Kreuzverhör muß doch wenigstens die Antwort des Zeugen gehört werden.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof stimmt nicht mit Ihnen überein.

OBERST PHILLIMORE: Herr Vorsitzender! Soweit ich verstanden habe, brachte er dasselbe vor, wie der Angeklagte es schon einmal tat. Ich habe ihn nur unterbrochen, als er es wieder versuchte.

[Zum Zeugen gewandt:]

Ich möchte nochmals meine Frage stellen. Als Sie diesen Befehl unterschrieben, durch den diese Urkunde an die unterstellten Kommandanten weitergesandt wurde, ist es Ihnen in den Sinn gekommen, daß diese Leute wahrscheinlich erschossen werden würden?

WAGNER: Die Möglichkeit, daß solche Leute, die an den SD abgegeben wurden, erschossen werden konnten, war mir klar.

OBERST PHILLIMORE: War es auch...

WAGNER: Ich bin noch nicht fertig. Jedoch waren nur solche Leute an den SD abzugeben, die nicht von der Wehrmacht gefangengenommen wurden.

OBERST PHILLIMORE: Ist es Ihnen auch in den Sinn gekommen, daß sie ohne Gerichtsverfahren erschossen werden würden?

WAGNER: Ja, das geht aus dem Befehl hervor.

OBERST PHILLIMORE: Und was meinen Sie damit, wenn Sie sagen, daß es sich nur auf diejenigen bezieht, die nicht von der Wehrmacht gefangengenommen wurden? Schauen Sie sich Absatz 3 an:

»Von jetzt ab sind alle bei sogenannten Kommandounternehmungen in Europa oder in Afrika von deutschen Truppen gestellte Gegner, auch wenn es sich äußerlich um Soldaten in Uniform oder Zerstörertrupps mit und ohne Waffen handelt, im Kampf oder auf der Flucht bis auf den letzten Mann niederzumachen. Es ist dabei ganz gleich, ob sie zu ihren Aktionen durch Schiffe oder Flugzeuge angelandet werden oder mittels Fallschirmen abspringen. Selbst wenn diese Subjekte bei ihrer Auffindung scheinbar Anstalten machen sollten, sich gefangen zu geben, ist ihnen grundsätzlich jeder Pardon zu verweigern. Hierüber ist in jedem Einzelfall zur Bekanntgabe im Wehrmachtsbericht eine eingehende Meldung an das OKW zu erstatten.«

Sie sagen, daß es sich nicht auf Personen bezieht, die von der Wehrmacht gefangengenommen waren?

WAGNER: Jawohl, das halte ich auch aufrecht. Hier steht in dem ganzen Absatz nichts davon drin, daß diese von der Wehrmacht gefangenen Leute an den SD abzugeben seinen. Das war die Frage.

OBERST PHILLIMORE: Lesen Sie weiter im letzten Absatz:

»Gelangen einzelne Angehörige derartiger Kommandos als Agenten, Saboteure und so weiter auf einem anderen Weg – zum Beispiel durch die Polizei in den von uns besetzten Ländern – der Wehrmacht in die Hände, so sind sie unverzüglich dem SD zu übergeben.«

WAGNER: Jawohl, das steht ausdrücklich drin, daß nur solche Leute dem SD zu übergeben sind, die nicht durch die Wehrmacht, sondern durch Polizeistellen gefangengenommen sind und die Wehrmacht sie also nicht übernehmen darf.

OBERST PHILLIMORE: Das ist nicht so. Die Gefangennahme durch die Polizei wird nur als ein mögliches Beispiel angegeben, aber Sie wissen, Sie wissen doch, daß es in der Praxis mehrere Fälle gab, wo Kommandos von der Kriegsmarine gefangengenommen wurden und dem SD auf Grund dieses Befehls übergeben wurden. Wissen Sie das nicht?

WAGNER: Nein.

OBERST PHILLIMORE: Gut. Ich werde Sie daran erinnern. Wollen Sie sich Dokument Nummer 512-PS ansehen?

Das ist auch in dem Bündel, Euer Lordschaft, wie Beweisstück US-546. Es ist das zweite Dokument:

»Gemäß Schlußsatz Führerbefehl vom 18. 10. können einzelne Saboteure aus Vernehmungsgründen zunächst ausgespart werden. Wichtigkeit dieser Maßnahmen ergab sich in Fällen...« Haben Sie es gefunden?

WAGNER: Nein, ich bedauere, ich habe es noch nicht gefunden.

OBERST PHILLIMORE: Das zweite Dokument in dem Bündel 512-PS.

WAGNER: Ich kann die Stelle nicht finden.

OBERST PHILLIMORE: Haben Sie es jetzt gefunden?

WAGNER: Nein, den Text, den Sie vorgelesen haben, Herr Oberst, habe ich noch nicht gefunden. Darf ich nochmals bitten, den Text zu wiederholen?

OBERST PHILLIMORE: Haben Sie es gefunden?

WAGNER: Ja, ich habe es jetzt.

OBERST PHILLIMORE: Lesen Sie nur den ersten Satz, den ich vorgelesen habe, und dann wenden Sie sich dem zweiten Satz zu:

»Wichtigkeit dieser Maßnahme ergab sich in Fällen Glomfjord, Zwei-Mann-Torpedo Drontheim und Segelflugzeug Stavanger, wo Vernehmungen wertvolle Erkenntnisse über Feinabsichten brachten.«

Und dann geht es weiter über zu einem anderen Fall, dem Fall Egersund.

Behaupten Sie, daß Sie sich auf den Zwei-Mann- Torpedoangriff auf die »Tirpitz« im Drontheim-Fjord nicht erinnern?

WAGNER: Nein, nein. Ich behaupte nicht, daß ich mich daran nicht erinnere, ich weiß genau, daß ich mich daran erinnere.

OBERST PHILLIMORE: Haben Sie nach diesem Angriff nicht im Wehrmachtsbericht gelesen, was mit dem Mann, der gefangengenommen wurde, geschehen ist?

WAGNER: Daran kann ich mich im Moment nicht erinnern.

OBERST PHILLIMORE: Ich werde Sie daran erinnern. Es wurde ein Mann gefangen, Robert Paul Evans, gerade als er über die schwedische Grenze wollte, und er wurde – dieser Angriff hat sich im Oktober 1942 ereignet – er wurde am 19. Januar 1943 hingerichtet.

Euer Lordschaft! Es ist vielleicht zweckdienlich, wenn ich Ihnen sage, daß es Dokument UK-57 ist, das eingereicht wurde, als GB-164.