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[Zum Zeugen gewandt:]

Herr Zeuge! Wir waren eben bei dem Satz: »Evans besaß eine Pistolentasche, wie sie zum Tragen von Waffen in der Achselhöhle verwendet wird und einen Schlagring.«

Was ergibt sich hieraus im Zusammenhang damit, daß er in Zivil war?

WAGNER: Daraus ergibt sich, daß er...

DR. SIEMERS: Sir David möchte, daß ich den nächsten Satz vorlese:

»Völkerrechtswidrige Gewalttaten konnten ihm nicht nachgewiesen werden. Evans hatte ausführliche Aussagen über das Unternehmen gemacht. Er wurde am 19. Januar 1943 gemäß Führerbefehl erschossen.«

Was ergibt sich aus diesem Inhalt im Zusammenhang damit, daß Evans in Zivil war? Ergibt sich daraus, daß er sich nicht so verhalten hat, wie sich ein Soldat im Feindesland verhalten soll?

VORSITZENDER: Einen Augenblick bitte. Der Gerichtshof ist der Ansicht, daß dies eine Rechtsfrage ist, die der Gerichtshof zu entscheiden hat und nicht eine Frage für den Zeugen.

DR. SIEMERS: Ich verzichte auf die Beantwortung.

Ich darf dann bitten, noch auf die nächste Seite des Dokuments, weil es ein gleichliegender Fall ist, auf den schon besprochenen Bordeaux-Fall zurückzukommen und sich diese Seite anzusehen Sie hatten den Bordeaux-Fall schon insoweit geklärt, daß die Seekriegsleitung nicht darüber orientiert war. Ich weise Sie jetzt auf den Satz hin, auf Seite 3 unten:

»Nach Durchführung von Sprengungen haben sie die Boote versenkt und versucht, mit Hilfe der französischen Zivilbevölkerung in Zivilkleidern nach Spanien zu entkommen.«

Haben sich demnach also auch die dort Beteiligten nicht als Soldaten verhalten?

WAGNER: Das steht hier einwandfrei fest.

DR. SIEMERS: Danke schön. Und nun eine letzte Frage Colonel Phillimore hat Sie am Schluß seines Verhörs gefragt, ob Sie in diesen eben besprochenen Fällen Großadmiral Raeder und Großadmiral Dönitz, nämlich an diesen, wie er sich ausdrückte, Morden für schuldig halten. Ich darf Sie bitten, nachdem ich dieses geklärt habe, diese Frage nunmehr zu beantworten.

WAGNER: Ich halte beide Großadmirale nicht für schuldig an diesen beiden Fällen.

DR. SIEMERS: Ich habe keine weiteren Fragen mehr.

DR. LATERNSER: Ich habe einige Fragen zum Kommandobefehl.

Herr Admiral! Sie haben im Kreuzverhör Ihre Einstellung zum Kommandobefehl angegeben. Ich wollte Sie nun fragen, hat bei Ihrer Einstellung zum Kommandobefehl vielleicht der Gedankengang eine Rolle gespielt, daß Sie annahmen, der Befehl ist auf seine völkerrechtliche Berechtigung von der vorgesetzten Dienststelle überprüft worden?

WAGNER: Jawohl. Ich nahm an, daß die Berechtigung dieses Befehls von der vorgesetzten Stelle geprüft worden ist.

DR. LATERNSER: Sie haben ferner im Kreuzverhör angegeben Ihre Vorstellung, wenn ein Mann dem SD übergeben worden ist. Ich wollte Sie nun fragen, hatten Sie damals schon diese Vorstellung, oder hat sich die jetzt erst gebildet, nachdem Ihnen sehr viel Material zugeführt worden ist?

WAGNER: Es ist keine Frage, daß diese Vorstellung nach Kenntnisnahme von vielerlei Material stark beeinflußt wurde.

DR. LATERNSER: Sie hatten also damals nicht die bestimmte Vorstellung, daß die Übergabe eines Mannes an den SD nicht den sicheren Tod bedeuten sollte?

WAGNER: Nein, diese Vorstellung hatte ich nicht.

DR. LATERNSER: Nun wollte ich noch einiges fragen über die Ausrüstung der Kommandotrupps. Ist Ihnen nicht bekannt, daß bei manchen Angehörigen der Kommandotrupps nach der Untersuchung automatische Waffen vorgefunden wurden und insbesondere, daß Pistolen in der Weise getragen wurden, daß, wenn der betreffende Mann die Arme in die Höhe nahm, also bei seiner Gefangennahme, sich automatisch durch diese Bewegung ein Schuß auslöste, der dann denjenigen traf, der Front zu diesem Mann hatte, der die Arme in die Höhe hielt. Wissen Sie etwas darüber?

WAGNER: Davon habe ich gehört.

DR. LATERNSER: Haben Sie darüber nicht auch Abbildungen gesehen?

WAGNER: Auf solche Abbildungen kann ich mich im Augenblick nicht erinnern.

DR. LATERNSER: Sind von deutscher Stelle auch Sabotageunternehmungen in Feindländern vorgenommen worden?

VORSITZENDER: Was hat das damit zu tun, Dr. Laternser?

DR. LATERNSER: Ich wollte mit dieser Frage feststellen, ob der Zeuge Kenntnis über eigene Sabotageunternehmungen hat und wollte ihn dann fragen, ob er Meldungen über die Behandlung dieser Sabotageunternehmungen bekommen hat.

VORSITZENDER: Dies ist gerade etwas, worüber wir bereits entschieden hatten, daß es nicht vorgelegt werden kann.

Sie unterstellen doch nicht, daß diese Handlungen als Vergeltungsmaßnahmen begangen wurden dafür, wie deutsche Sabotageeinheiten behandelt wurden? Und übrigens sitzen wir nicht darüber zu Gericht, ob andere Mächte Völkerrechtsbrüche begangen haben oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen. Wir verhandeln hier darüber, ob diese Angeklagten das getan haben.

Der Gerichtshof hat entschieden, daß derartige Fragen nicht gestellt werden können.

DR. LATERNSER: Herr Präsident! Ich kenne die Antwort nicht, Herr Präsident, die der Zeuge geben will. Ich wollte nur für den Fall, was ich nicht weiß...

VORSITZENDER: Wir wollten wissen, warum Sie die Frage gestellt haben, Sie sagten, Sie hätten die Frage gestellt, um festzustellen, ob deutsche Sabotageeinheiten in einer Weise behandelt wurden, die im Gegensatz zum Völkerrecht standen, zumindest haben Sie Worte in diesem Sinne gebraucht. Dies ist ein Gegenstand, der unerheblich ist.

DR. LATERNSER: Herr Präsident! Es würde aber mindestens zeigen, daß über die völkerrechtliche Auffassung, über die Behandlung solcher Kommandounternehmungen, Zweifel besteht, und das wäre auf die Anwendung des Rechts von Bedeutung.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof entscheidet, daß die Frage unzulässig ist.

DR. LATERNSER: Herr Zeuge! Sie haben auch im Kreuzverhör ausgesagt, daß Sie bis 1944 Chef der Operationsabteilungen gewesen sind in der Seekriegsleitung. Können Sie mir Angaben machen, ob im Schwarzen Meer sich starke deutsche Seestreitkräfte oder Seetransportschiffe befunden haben?

WAGNER: Die Seestreitkräfte und Seetransportschiffe im Schwarzen Meer waren äußerst schwach.

DR. LATERNSER: Wozu wurden die in der Hauptsache benötigt?

WAGNER: Zu eigenen Nachschubaufgaben und ihrer Sicherung.

VORSITZENDER: Dr. Laternser! Wie ergibt sich das aus dem Kreuzverhör? Sie rückverhören den Zeugen jetzt, und Sie sind deshalb nur berechtigt, Fragen zu stellen, die sich aus dem Kreuzverhör ergeben. Während des Kreuzverhörs wurden ihm keine Fragen vorgelegt, die sich auf das Schwarze Meer beziehen.

DR. LATERNSER: Herr Präsident! Ich habe im Laufe des Verhörs festgestellt, daß der Zeuge lange Zeit Chef der Operationsabteilung gewesen ist, und daraus habe ich entnommen, daß er einer der wenigen Zeugen ist, der mir Auskunft geben kann über die Möglichkeit eines besonders schweren Vorwurfs, den die Russische Anklagebehörde erhoben hat, nämlich den Vorwurf, daß 144000 Menschen auf deutsche Schiffe verladen worden seien, die Schiffe dann in Sebastopol in See gegangen und dort gesprengt und die auf dem Schiff befindlichen Kriegsgefangenen ertränkt worden seien. Diese Frage könnte ich zum Teil mit diesem Zeugen klären.

VORSITZENDER: Dr. Laternser! Sie wußten sofort, als der Zeuge mit seiner Aussage begann, was seine Stellung war, und Sie hätten ihn deshalb selbst nur geeigneten Zeit im Kreuzverhör vernehmen können, Sie rückverhören den Zeugen jetzt und sind nur berechtigt – da wir die Zeit des Gerichtshofs nicht verschwenden können – Sie sind nur berechtigt, ihm Fragen zu stellen, die sich aus dem Kreuzverhör ergeben. Nach Ansicht des Gerichtshofs ergibt sich diese Frage nicht aus dem Kreuzverhör.

DR. LATERNSER: Herr Präsident! Ich bitte, sie ausnahmsweise zuzulassen.

VORSITZENDER: Nein, Dr. Laternser. Der Gerichtshof hat bisher sehr großen Spielraum gegeben, und wir können das nicht so weiter tun.

Der Gerichtshof vertagt sich nunmehr.