[Das Gericht vertagt sich bis 14.00 Uhr.]
Nachmittagssitzung.
[Der Zeuge Wagner im Zeugenstand.]
VORSITZENDER: Dr. Kranzbühler! Sie sind doch mit dem Verhör dieses Zeugen fertig?
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ja.
VORSITZENDER: Der Zeuge kann sich zurückziehen.
[Der Zeuge verläßt den Zeugenstand.]
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Dann möchte ich als nächsten Zeugen den Konteradmiral Godt rufen.
[Der Zeuge Godt betritt den Zeugenstand.]
VORSITZENDER: Geben Sie bitte Ihren vollen Namen an.
ZEUGE EBERHARD GODT: Mein Name ist Eberhard Godt.
VORSITZENDER: Wollen Sie mir diesen Eid nachsprechen?
Ich schwöre bei Gott, dem Allmächtigen und Allwissenden, daß ich die reine Wahrheit sagen, nichts verschweigen und nichts hinzufügen werde.
[Der Zeuge spricht die Eidesformel nach.]
VORSITZENDER: Sie können sich hinsetzen.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Admiral Godt! Wann sind Sie als Offiziersanwärter in die Kriegsmarine eingetreten?
GODT: Am 1. Juli 1918.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Seit wann datiert Ihre Zusammenarbeit mit Admiral Dönitz und in welchen Stellungen?
GODT: Seit dem Januar 1938, zunächst als erster Admiralstabsoffizier beim Führer der Unterseeboote, bald nach Kriegsbeginn als Chef der Operationsabteilung.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Chef der Operationsabteilung beim Führer der Unterseeboote?
GODT: Beim Führer der Unterseeboote, später beim Befehlshaber der Unterseeboote.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Waren Sie seit 1938 an allen operativen Befehlen beteiligt, die im Stab des Führers beziehungsweise Befehlshabers der U-Boote ausgearbeitet wurden?
GODT: Jawohl.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Aus wieviel Offizieren bestand dieser Stab bei Kriegsbeginn?
GODT: Der Stab bestand bei Kriegsbeginn aus vier Seeoffizieren, einem Ingenieuroffizier und zwei Verwaltungsoffizieren.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ich schicke Ihnen jetzt das Dokument GB-83; das ist abgedruckt im Urkundenbuch der Anklage auf Seite 16; und es ist ein Schreiben des Befehlshabers der U-Boote vom 9. Oktober 1939. Es betrifft Stützpunkte in Norwegen. Wie ist es zu diesem Schreiben gekommen?
GODT: Ich war zu dieser Zeit in anderer Angelegenheit bei der Skl in Berlin. Bei diesem Besuch wurde mir die Frage gestellt, ob der Befehlshaber der Unterseeboote an Stützpunkten in Norwegen interessiert wäre und welche Forderungen dazu zu stellen wären.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Wurde Ihnen mitgeteilt, in welcher Form diese Stützpunkte in Norwegen für den Gebrauch der deutschen Kriegsmarine sichergestellt werden sollten?
GODT: Nein.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Die Anklage hat einen Auszug aus dem Kriegstagebuch der Seekriegsleitung aus der gleichen Zeit vorgelegt.
Ich meine den Auszug, Herr Präsident, der auf Seite 15 des Urkundenbuches abgedruckt ist. (Dokument C-122.)
Dieser Auszug enthält vier Fragen, und zwar betreffen die Fragen a) und d) technische Einzelheiten über Stützpunkte in Norwegen, während die Fragen b) und c) die Möglichkeit erörtern, ob man solche Stützpunkte unter Umständen gegen den Willen Norwegens erwerben und wie man sie verteidigen könne.
Welche von diesen Fragen sind Ihnen gestellt worden?
GODT: Darf ich noch einmal bitten, die Fragen im einzelnen zu wiederholen?
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Die erste Frage ist: »Welche Orte in Norwegen kommen als Stützpunkte in Frage?«
GODT: Diese Frage ist gestellt worden.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Wollen Sie mir aus dem Brief des Befehlshabers der U-Boote zeigen, ob diese Frage beantwortet worden ist und wo?
GODT: Diese Frage ist beantwortet worden unter der Ziffer Ic am Schluß der Ziffer I.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Es heißt da: »In Frage kommen Drontheim und Narvik.«
GODT: Jawohl.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Die zweite Frage lautet: »Kann die Gewinnung der Stützpunkte, sofern es kampflos nicht möglich ist, gegen den Willen Norwegens militärisch erzwungen werden?« Ist diese Frage gestellt worden?
GODT: Nein.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Können Sie mir sagen, ob sie in dem Schreiben des Befehlshabers der U-Boote beantwortet ist?
GODT: Diese Frage ist nicht beantwortet.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Die dritte Frage ist: »Wie ist die Verteidigungsmöglichkeit nach der Inbesitznahme?« Ist Ihnen diese Frage gestellt worden?
GODT: Nein, diese Frage wurde nicht gestellt.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ist sie in dem Schreiben beantwortet?
GODT: Es ist unter IIId auf die Notwendigkeit von Verteidigungsmaßnahmen hingewiesen.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Hängt dieser Hinweis zusammen mit der vierten Frage, die ich Ihnen jetzt vorlege: »Müssen die Häfen voll ausgebaut werden als Stützpunkte oder bringen sie eventuell schon als Versorgungsplätze entscheidende Vorteile?«
GODT: Diese Fragen hängen nicht zusammen.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ist diese vierte Frage Ihnen gestellt worden?
GODT: Jawohl.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ist sie beantwortet worden?
GODT: In dem Schreiben nicht.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Was bedeuten denn die römischen Ziffern II und III? Geben sie nicht Antwort auf die Frage, ob die Häfen ausgebaut werden müssen als Stützpunkte oder ob sie schon als Versorgungsplätze in Frage kommen?
GODT: Sie geben an, was für die Ausnutzung als vollwertiger Stützpunkt für notwendig gehalten wurde.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Bitte lesen Sie den letzten Satz des Dokuments; es heißt dort: »Einrichtung einer Versorgungsmöglichkeit mit Betriebsstoffen in Narvik als Ausweiche.«
Ist das nicht eine Antwort auf die Frage, ob ein Versorgungsplatz genügt?
GODT: Jawohl; ich habe diesen Satz übersehen.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Kann ich also zusammenfassend sagen, daß Ihnen die erste und die vierte Frage gestellt worden und von Ihnen beantwortet sind, während die zweite und dritte Frage nicht gestellt und nicht beantwortet sind?
GODT: Jawohl.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: In dem Kriegstagebuch der Seekriegsleitung ist ein Vermerk, in dem steht, »Befehlshaber der U-Boote hält derartige Häfen schon für vorübergehendes Anlaufen als Ausrüstungs- und Versorgungsbasen für äußerst wertvoll für Atlantik-U-Boote.« Soll dieser Vermerk bedeuten, daß Admiral Dönitz mit dieser Frage schon vor Ihrem Besuch in Berlin befaßt gewesen war? Oder worauf beruht dieser Vermerk?
GODT: Es war meine eigene Stellungnahme, die ich von mir aus als Chef der Operationsabteilung geben konnte.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Traten Stützpunktüberlegungen zu dieser Zeit erstmalig an Sie heran?
GODT: Nein, wir hatten uns mit Überlegungen beschäftigt, ob auf Schiffen, zum Beispiel in Island, eine Verbesserung der Versorgungsmöglichkeit der U- Boote geschaffen werden konnte.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Waren diese Überlegungen irgendwie verbunden mit der Frage, ob man gegen das betreffende Land einen Krieg anfangen sollte?
GODT: Nein.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ich zeige Ihnen jetzt das Dokument GB-91; es ist abgedruckt auf Seite 18 des Urkundenbuches der Anklage. Es ist der Operationsbefehl des Befehlshabers der U-Boote vom 30. März 1940 für das Norwegen-Unternehmen. Ist es richtig, daß das Ihr Operationsbefehl ist?
GODT: Jawohl.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Wie viele Tage vor Beginn des Norwegen-Unternehmens ist der Befehl erlassen worden?
GODT: Etwa zehn Tage.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Sie sehen unter dem Abschnitt II 5 einen Satz, der lautet:
»Die Seestreitkräfte werden beim Einlaufen bis zur Truppenlandung, voraussichtlich, außer in Narvik, die englische Kriegsflagge führen.«
Handelt es sich dabei um einen Befehl des Befehlshabers der U-Boote an die ihm unterstellten U-Boote?
GODT: Nein. Dieser Passus ist enthalten unter der Überschrift: »Nachrichten über eigene Streitkräfte«.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Was bedeutet also dieser Hinweis?
GODT: Er bedeutet, daß die U-Boote darüber unterrichtet würden, daß eigene Streitkräfte unter Umständen andere Flaggen führen dürfen.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Zu welchem Zweck war das nötig?
GODT: Es war notwendig, um Verwechslungen nach Möglichkeit auszuschalten.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ist auf die Verwechslungsgefahr in diesem Befehl auch sonst noch hingewiesen?
GODT: Jawohl.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Wo?
GODT: Unter der Ziffer IV 5.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Lesen Sie bitte vor.
GODT: Es steht dort:
»Vorsicht vor Verwechslung eigener und fremder Streitkräfte! Nach Befehl zur Einnehmung der Endpositionen...«
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Nur diesen Satz.
Erhielten die Unterseeboote in diesem Befehl den Auftrag, norwegische Schiffe anzugreifen?
GODT: Nein.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Wollen Sie aus dem Befehl zeigen, was darüber gesagt ist?
GODT: Unter IV a) 2 steht:
»Angriff nur auf feindliche Seestreitkräfte und Truppentransporter.«
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Was waren »feindliche«?
GODT: Feindliche waren englische, französische, russische – nein, keine russischen.
Es steht dort:
»Vor dem Befehl kein Vorgehen gegen norwegische und dänische Streitkräfte, außer, wenn diese eigene Streitkräfte angreifen.«
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Bitte, vergleichen Sie auch unter VI die Ziffer c).
GODT: Unter VI c) heißt es:
»Dampfer dürfen nur angegriffen werden, wenn sie einwandfrei als feindliche und als Truppentransporter festgestellt werden.«
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Erhielt der Befehlshaber der U-Boote Kenntnis über die politische Erledigung von Zwischenfällen, die durch U- Boote entstanden waren?
GODT: Jawohl.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: In welcher Form?
GODT: Es war befohlen, daß die U-Boote bei Zwischenfällen sofort eine Funkmeldung zu machen hatten und daß diese Meldung später zu ergänzen war.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ich glaube, Sie haben meine Frage nicht ganz verstanden. Ich habe gefragt: Erhielt der Befehlshaber der U-Boote Kenntnis davon, wie ein Zwischenfall, der durch ein U-Boot entstanden war, später gegenüber einer neutralen Regierung erledigt wurde?
GODT: Nein, im allgemeinen nicht.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Können Sie sich an einen Einzelfall erinnern, wo ihm das mitgeteilt worden ist?
GODT: Ich erinnere mich an den Fall des spanischen Dampfers »Monte Gorbea«, in dem ich später erfahren habe, daß Spanien der Ersatz des Schadens zugesichert war. Ich weiß nicht mehr, ob das eine dienstliche Mitteilung war oder ob ich das nur nebenher erfahren habe.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ich möchte jetzt die Daten einiger Befehle mit Ihnen festlegen, die ich dem Tribunal bereits vorgelegt habe. Ich übergebe Ihnen den Ständigen Kriegsbefehl 171. Er ist abgedruckt auf Seite 159 im Band 3 des Urkundenbuches. Von wann stammt dieser Befehl?
GODT: Ich muß ihn mir eben ansehen.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Bitte.
GODT: Dieser Befehl muß aus dem Winter 1939/40 stammen, wahrscheinlich noch aus dem Jahre 1939.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Woraus schließen Sie das?
GODT: Ich schließe das aus dem Hinweis unter 4a) bezüglich der Ausrüstung von Wasserbomben, die später als allgemein vorausgesetzt wurde; ebenso aus dem Hinweis unter 5b) über Versetzen von Masten und Fahrtlaternen, was zu dieser Zeit zum erstenmal festgestellt wurde.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Können Sie den Monat aus dem Jahre 1939 genauer bezeichnen?
GODT: Ich nehme an, daß es der November gewesen ist.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ich überreiche Ihnen nun einen anderen Befehl, den Ständigen Kriegsbefehl Nummer 122, der abgedruckt ist auf Seite 226 im Urkundenbuch, Band 4. Wir wissen bisher nur, daß dieser Befehl vor dem Mai 1940 ergangen ist. Können Sie das genauer sagen?
GODT: Der Befehl muß zur selben Zeit etwa ausgegeben worden sein, wie der erste, das heißt im November 1939 etwa.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Danke.
Wie vollzog sich praktisch die Führung des U- Bootkrieges durch den Befehlshaber der U-Boote? Wollen Sie das erläutern?
GODT: Alle Befehle, die sich auf völkerrechtliche und ähnliche Fragen bezogen, gingen von der Seekriegsleitung aus. Die Seekriegsleitung hatte sich damals vorbehalten die Schwerpunktbestimmung im großen, das heißt etwa die Verteilung der U-Boote auf den Kriegsschauplatz Atlantik, Kriegsschauplatz Mittelmeer, Kriegsschauplatz Nordmeer. Innerhalb dieser einzelnen Gebiete hatte der Befehlshaber der Unterseeboote im allgemeinen volle Freiheit im Einsatz der U-Boote.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Wurden die grundlegenden Befehle für die U-Boote schriftlich erteilt oder mündlich?
GODT: Schriftlich.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Gab es nicht auch mündliche Weisungen?
GODT: Die mündliche und persönliche Führung durch den Befehlshaber der U-Boote spielte eine besondere Rolle. Sie erstreckte sich auf die persönliche Beeinflussung der Kommandanten und auf die Erläuterung dessen, was in schriftlichen Befehlen niedergelegt war.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Bei welchen Gelegenheiten fand diese persönliche Einflußnahme statt?
GODT: Insbesondere bei den Berichterstattungen der Kommandanten nach jeder Unternehmung. Es hat wohl nur wenige Kommandanten gegeben, die nicht nach ihrer Unternehmung dem Befehlshaber persönlich einen bis ins einzelne gehenden Bericht erstattet haben.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: War es da auch möglich, schriftliche Befehle mündlich abzuändern und vielleicht ins Gegenteil zu verkehren?
GODT: Diese Möglichkeit hätte vielleicht bestanden, geschehen ist das nicht.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Konnten die Kommandanten in der mündlichen Berichterstattung eine abweichende Meinung riskieren gegenüber dem, was ihnen der Befehlshaber sagte?
GODT: Durchaus. Der Befehlshaber hat sogar ausdrücklich die Meinung der Kommandanten in jedem einzelnen Falle herausgefordert, um den unmittelbaren Kontakt mit den Kommandanten zu behalten, um mit den Erfahrungen der Front aufs engste vertraut zu bleiben und um Dinge richtigstellen zu können.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ist diese persönliche Fühlung dazu benutzt worden, um Dinge, die faul waren, mündlich zu befehlen?
GODT: Nein.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Die Anklage ist der Auffassung, daß ein Befehl bestanden habe, und zwar anscheinend ein mündlicher Befehl, völkerrechtlich zweifelhafte oder unberechtigte Maßnahmen nicht in die Logbücher einzutragen. Hat ein solcher allgemeiner Befehl bestanden?
GODT: Nein. Ein allgemeiner Befehl hat nicht bestanden. In Einzelfällen, ich erinnere mich an zwei, ist gelegentlich befohlen worden, daß aus den Logbüchern bestimmte Dinge fortgelassen werden sollten.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: An welche Fälle erinnern Sie sich?
GODT: Es handelt sich einmal um den »Athenia«- Fall, zum anderen um die Versenkung eines deutschen, von Japan kommenden Blockadebrechers durch ein eigenes U-Boot.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Bevor ich Sie näher danach frage, möchte ich gern wissen: Welches war der Grund, derartige Ereignisse aus den Logbüchern zu entfernen?
GODT: Der Grund war die Geheimhaltung. Die Logbücher der U-Boote liefen in einem großen Kreise um, einmal in den Ausbildungsstellen in der U-Bootwaffe selbst, zweitens an zahlreichen Stellen im Oberkommando, und es war notwendig, auf die Geheimhaltung dabei besonders zu achten.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: In wieviel Exemplaren wurde denn das Kriegstagebuch eines U- Bootes überhaupt hergestellt?
GODT: In sechs bis acht Ausfertigungen.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Bedeutete nun die Entfernung eines solchen Ereignisses aus dem Logbuch, daß damit bei allen Stellen alle Unterlagen vernichtet wurden oder gab es bestimmte Stäbe, die diese Unterlagen behielten?
GODT: Die Unterlagen wurden beim Befehlshaber der U-Boote und vermutlich auch in der Seekriegsleitung aufbewahrt.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Gab es einen »Ständigen Kriegsbefehl« über die Behandlung von Zwischenfällen?
GODT: Jawohl.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Was war darin gesagt?
GODT: In diesem Befehl wurde angeordnet, daß über Zwischenfälle eine Funkmeldung sofort zu erstatten wäre und daß diese Meldung später mündlich oder schriftlich zu ergänzen wäre.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Enthält dieser »Ständige Kriegsbefehl« irgendeinen Hinweis, daß solche Zwischenfälle nicht in die Logbücher einzutragen seien?
GODT: Nein.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Nun schildern Sie mir bitte einmal, wie sich diese Änderung des Logbuches abgespielt hat im Falle der »Athenia«?
GODT: Im Falle der »Athenia« meldete der Oberleutnant Lemp nach seiner Rückkehr, daß er dieses Schiff torpediert hatte und daß er angenommen hatte, daß es sich um einen Hilfskreuzer gehandelt hatte. Ich kann nicht mehr genau sagen, ob das das erste war, was mir die Möglichkeit dieser Tatsache nahebrachte, oder ob vorher schon daran gedacht war, daß dieses Schiff unter Umständen durch ein deutsches U-Boot torpediert war.
Lemp wurde zur Berichterstattung nach Berlin geschickt und es wurde die absolute Geheimhaltung dieses Falles angeordnet.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Von wem?
GODT: Von der Seekriegsleitung, nachdem provisorisch zunächst ein solcher Befehl bei uns ergangen war. Und ich habe angeordnet, daß diese Tatsache aus dem Kriegstagebuch des Bootes entfernt wurde.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Das hat Admiral Dönitz selbstverständlich angeordnet?
GODT: Jawohl, oder ich in seinem Auftrage.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Sind Sie an der weiteren Behandlung dieses Zwischenfalles beteiligt gewesen?
GODT: Nur insofern, als die Frage überlegt wurde, ob Lemp zu bestrafen wäre. Er ist, soweit ich mich erinnere, disziplinarisch bestraft worden durch den Befehlshaber, weil ihm zugutegehalten wurde, daß er in den ersten Stunden nach Kriegsausbruch in einer gewissen Erregung nicht so sorgfältig die Eigenschaft dieses Schiffes geprüft hatte; wie es vielleicht möglich gewesen wäre.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Habe ich Sie vorhin richtig verstanden, daß die genauen Unterlagen über den Hergang der Versenkung der »Athenia« behalten wurden sowohl beim Befehlshaber der U-Boote wie Ihrer Meinung nach auch bei der Seekriegsleitung?
GODT: Das kann ich mit Sicherheit nur für den Befehlshaber der U-Boote sagen. Hier war das der Fall.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Sie sprachen vorhin von einem zweiten Fall, in dem ein Logbuch geändert worden ist. Welcher war das?
GODT: Es handelt sich dabei um folgendes: Ein aus Japan zurückkehrender deutscher Blockadebrecher, ein Handelsschiff also, wurde durch ein deutsches U- Boot irrtümlicherweise im Nordatlantik torpediert und versenkt. Diese Tatsache ist aus dem Logbuch herausgelassen worden.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Dabei handelte es sich also nur um Geheimhaltung gegenüber deutschen Stellen?
GODT: Jawohl, die Tatsache ist den Engländern aus Rettungsbooten bekanntgeworden, soviel ich weiß, und es handelte sich darum, daß den Angehörigen anderer Blockadebrecher, der Besatzung gegenüber, diese Tatsache nicht bekannt werden sollte.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Dem Tribunal sind Urkunden darüber vorgelegt worden von der Verteidigung, wonach die deutschen U-Boote bis zum Herbst 1942 Rettungsmaßnahmen trafen, soweit sie es ohne Beeinträchtigung der Sicherheit des Bootes und ohne Beeinträchtigung ihres Kampfauftrages tun konnten. Entspricht das Ihren eigenen Erfahrungen?
GODT: Ja.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ich möchte Ihnen nun einige Fragen zu dem sogenannten »Laconia«-Befehl stellen, die noch der Klärung bedürfen. Das ist die Nummer GB-199. Sie wissen, daß die Anklage den Befehl auslegt als einen Vernichtungsbefehl gegen Schiffbrüchige. Wer hat diesen Befehl formuliert?
VORSITZENDER: Wo ist es?
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Es ist im Urkundenbuch der Anklage auf Seite 36, Herr Präsident.
GODT: Das kann ich mit Sicherheit nicht mehr sagen. Im allgemeinen wurde ein solcher Befehl zwischen dem Befehlshaber, dem ersten Admiralstabsoffizier und mir besprochen, vom Befehlshaber die Entscheidung gefällt, in welcher Richtung er lauten sollte und dann von einem von uns formuliert. Es ist durchaus möglich, daß ich selbst diesen Befehl formuliert habe.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Auf jeden Fall hat Admiral Dönitz ihn doch unterschrieben?
GODT: Das muß so sein, jawohl.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Admiral Dönitz meinte sich zu erinnern, daß Sie und Kapitän Heßler gegen diesen Befehl gewesen seien. Können Sie sich auch daran erinnern und wenn ja, weshalb sind Sie dagegen gewesen?
GODT: Ich kann mich daran nicht erinnern.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Was war der Sinn dieses Befehls?
GODT: Der Sinn des Befehls steht klar darin. Es war das Verbot der Vornahme von Rettungsversuchen.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Weshalb ist dieses Verbot nicht ausgesprochen worden durch einen Hinweis auf den Ständigen Kriegsbefehl Nummer 154, der im Winter 1939 auf 1940 ergangen war?
VORSITZENDER: Dr. Kranzbühler! Ein schriftlicher Befehl muß doch für sich selbst sprechen. Wenn nicht ein bestimmtes Wort eine besondere Bedeutung in der Umgangssprache hat, so muß die Anordnung in Übereinstimmung mit der üblichen Bedeutung der Worte ausgelegt werden.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ich wollte weiter nicht auf diese Frage eingehen, Herr Präsident.
Ich möchte noch einmal meine letzte Frage wiederholen: Weshalb ist nicht an Stelle eines neuen Befehls einfach ein Hinweis gemacht worden auf den Befehl Nummer 154, der im Winter 1939 auf 1940 ergangen war?
Ich meine den Befehl, Herr Präsident, der die Nummer GB-196 hat und auf Seite 33 des Urkundenbuches der Anklage abgedruckt ist.
Sie entsinnen sich dieses Befehls? Ich habe ihn Ihnen gezeigt.
GODT: Jawohl. Dieser Befehl war zu der Zeit des sogenannten »Laconia«-Befehls bereits aufgehoben. Außerdem hätte ein trockener Hinweis auf einen früher ergangenen Befehl jeder lebendigen Befehlserteilung widersprochen.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Wollen Sie damit sagen, daß in Ihrem Stab grundsätzlich nicht Befehle dadurch erteilt wurden, daß man auf frühere Befehle verwies?
GODT: Das wurde immer vermieden, wenn es irgend zu machen war. Das heißt also, im allgemeinen immer.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Wollen Sie mir noch erklären, weshalb dieser Befehl als »Geheime Kommandosache« herausgegangen ist?
GODT: Der Befehl enthielt am Abschluß einer Operation, die fast den Verlust von zwei Booten gekostet hätte, eine scharfe Rüge für den betreffenden Kommandanten. Eine solche Rüge in einer nicht nur den Kommandanten und allen Offizieren zugänglichen Form zu machen, entsprach nicht unserer Gewohnheit.
VORSITZENDER: Was für eine scharfe Rüge ist das?
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: [zum Zeugen gewandt] Bitte, Sie sollen erläutern, worin die Rüge für den Kommandanten liegt!
GODT: Es ist zu verstehen, unter Verwendung mit dem was vorher geschehen war, nämlich gerade das, was hier verboten wird. Es ist größtenteils in dem Satz enthalten: »Rettung widerspricht den primitivsten Forderungen...« und liegt auch in dem Hartsein, womit dem Kommandanten der Vorwurf der Weichheit gemacht wird.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Soll das heißen, daß den Kommandanten vorgeworfen wurde, daß sich ihre Boote bei den Rettungsmaßnahmen bei der »Laconia« durch unkriegsmäßiges Verhalten zu sehr gefährdet hatten?
GODT: Jawohl, und zwar, nachdem sie während der Operation wiederholt auf die Notwendigkeit kriegsmäßigen Verhaltens hingewiesen worden waren.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Sie sind nach der Kapitulation vernommen worden über diesen Befehl, wie Sie mir gesagt haben, und konnten sich zunächst an seinen Wortlaut nicht erinnern. Wie ist es möglich, daß Sie diesen Befehl nicht in Erinnerung hatten?
GODT: Es gab bestimmte Befehle, die in Sammlungen aufzubewahren waren und die man dadurch immer wieder zu Gesicht bekam. Dieser Befehl gehörte nicht dazu, sondern wurde nachdem er erledigt war, in den Akten abgeheftet, so daß ich ihn nach der Ausgabe bis zum Ende des Krieges nicht wieder zu sehen bekommen habe.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Wie mußte denn ein Befehl äußerlich aussehen, wenn er in eine solche Sammlung aufzunehmen war?
GODT: Es mußte ein »Laufender Befehl« oder ein »Ermahnungs-Funkspruch« sein.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Stand das darin in dem betreffenden Befehl?
GODT: Das stand in der Überschrift des betreffenden Befehls. Es ist hier nicht der Fall.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Also daraus, daß weder »Ermahnungs-Funkspruch« noch »Laufender Befehl« über diesem Funkspruch steht, ist zu entnehmen, daß er nicht in eine Sammlung gehörte.
GODT: Ja.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Wie kommt es dann, daß Korvettenkapitän Möhle anscheinend bis zum Kriegsende über diesen Befehl Unterricht gemacht hat?
GODT: Dem Kapitän Möhle waren sämtliche Funksprüche zugänglich, die vom Befehlshaber der U- Boote gemacht waren. Es war sein Recht, sich aus diesen Funksprüchen das herauszunehmen, was er für die Unterrichtung der auslaufenden Kommandanten für nötig hielt. Einerlei, ob es besonders als Ermahnungs-FT oder als Laufender Befehl gekennzeichnet war. Er hat also diesen Funkspruch offenbar sich herausgenommen und mit bei dem Material für die Unterrichtung der Kommandanten gehabt.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Hat Möhle Sie einmal nach der Auslegung dieses Befehls gefragt?
GODT: Nein.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ist Ihnen einmal eine Auslegung aus anderer Quelle bekanntgeworden, nachdem dieser Befehl bedeuten sollte, Schiffbrüchige abzuschießen?
GODT: Nein.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Können Sie nach Ihren Erfahrungen beurteilen, ob dieser Befehl irgendwelche praktische Auswirkungen gehabt hat oder gehabt haben kann auf die Verluste der alliierten Seeleute?
GODT: Das ist sehr schwer zu beurteilen. Zu dieser Zeit werden etwa 80 Prozent aller U-Bootangriffe unter Verhältnissen erfolgt sein, die ein Retten von vornherein ausschlossen, das heißt entweder im Geleitzug oder in ganz küstennahen Gebieten. Ein Anhalt für den Rest ist, daß etwa 12 Kapitäne und Ingenieure als Gefangene von U-Booten nach Hause gebracht worden sind. Ob in allen Fällen auch Hilfsmaßnahmen für die Besatzung möglich gewesen wären, läßt sich nicht mit Sicherheit sagen. Es war wohl so, daß die alliierten Seeleute sich in den Rettungsbooten sicherer fühlten als zum Beispiel auf dem U-Boot, und sie waren wohl froh, wenn das U-Boot nach dem Angriff verschwunden war. Daß die Anwesenheit des U-Bootes auch eine Gefährdung bedeutete, beweist auch der »Laconia«-Fall selbst, bei dem zwei U-Boote während der Rettungsmaßnahmen von Flugzeugen mit Bomben angegriffen worden sind.
Ich glaube, es ist ganz ungewiß, ob sich dieser Befehl nach der einen oder anderen Seite ausgewirkt hat.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Was heißt »nach der einen oder anderen Seite«?
GODT: Das heißt nach den vermehrten oder verminderten Verlusten feindlicher Seeleute.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Mir ist ein Gedankengang eben noch nicht ganz klargeworden. Sie weisen hin darauf, daß etwa 12 Kapitäne und leitende Ingenieure seit Erlaß dieses Befehl hier in Gefangenschaft gebracht worden seien. Wollen Sie damit sagen, daß es nur in so viel Fällen möglich war, ohne Gefährdung des Bootes den Befehl auszuführen, derartige Schiffsoffiziere aus den Rettungsbooten herauszuholen?
GODT: Daß es nur in diesen Fällen war, wäre zu scharf ausgedrückt. Es gibt aber einen Anhalt für die Zahl der Fälle, in denen es möglich war.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ich zeige Ihnen jetzt den Funkspruch an den Kapitänleutnant Schacht, der abgedruckt ist im Urkundenbuch der Anklage auf Seite 36. Auch dieser Funkspruch ist als »Geheime Kommandosache« abgegeben worden. Welches ist der Grund?
GODT: Es ist eine ausgesprochene scharfe Rüge an den Kommandanten.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Inwiefern war diese Rüge berechtigt? Schacht hatte ja vorher gar keine Anweisung erhalten, nur Italiener zu retten?
GODT: Nein, es war aber angenommen worden, daß es den U-Booten klar war, daß es in erster Linie darauf ankam, die Bundesgenossen zu retten, das heißt vor der Gefangenschaft zu bewahren. Es waren außerdem im Verlauf der Operationen mehrfach Hinweise darauf ergangen, daß die Kommandanten besondere Vorsicht walten lassen sollten. Nachher kam die Meldung von Schacht, aus der damals hervorzugehen schien jedenfalls, daß er gegen diese Befehle verstoßen hatte. Nachträglich gesehen ist das, was Schacht getan hat, wohl vor den betreffenden Befehlen des BdU geschehen, so daß der Vorwurf mindestens zum Teil unberechtigt war.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Wurden nach diesem Befehl vom September 1942 von U-Booten noch Rettungsmaßnahmen durchgeführt?
GODT: In Einzelfällen, ja.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Wurden diese Fälle vom Befehlshaber der U-Boote beanstandet?
GODT: Ich kann mich daran nicht entsinnen.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Sind nach Ihrer Kenntnis von deutschen U-Booten Schiffbrüchige absichtlich getötet worden?
GODT: Der einzige Fall, und der ist mir nach der Kapitulation bekanntgeworden, ist der des Kapitänleutnants Eck. Darüber hatten wir einmal eine feindliche Rundfunkmeldung, die diese Dinge andeutete, ohne daß daraus irgend etwas zu ersehen war.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ich übergebe Ihnen jetzt ein Dokument der Anklage GB-203, in dem die Anklage einen Beweis für die Beschießung von Schiffbrüchigen erblickt. Es ist das Kriegstagebuch von U-247, und ich habe es abgedruckt, einen Auszug, auf Seite 74 meines Dokumentenbuches, Band 2. Es betrifft den Angriff dieses U-Bootes auf einen britischen Fischdampfer. Sie haben dieses Kriegstagebuch bereits gesehen. Hat der Kommandant nach Rückkehr über dieses Unternehmen berichtet?
GODT: Jawohl.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Hat er dabei irgend etwas gemeldet über die Beschießung von Schiffbrüchigen?
GODT: Nein.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Nach der Aussage eines Überlebenden namens McAllister hatte dieser Fischdampfer »Noreen Mary« eine Kanone an Bord. Wissen Sie, ob auf dem Fischdampfer die Kanonen auf dem Vorschiff oder auf dem Achterschiff angebracht waren?
GODT: Sie waren wohl fast immer auf dem Vorschiff.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Können Sie feststellen an Hand dieses Kriegstagebuchauszuges und an Hand Ihrer Erinnerung an den Bericht des Kommandanten, wie sich dieser Vorfall tatsächlich abgespielt hat?
GODT: Das U-Boot traf in der Nähe von Kap Wrath zunächst im getauchten Zustand auf eine Reihe von Bewachern von Fischdampfern. Es versuchte einen dieser Fischdampfer zu torpedieren.
VORSITZENDER: Dr. Kranzbühler! Versucht der Zeuge diesen Vorfall aus dem Dokument zu rekonstruieren, den Zwischenfall zu rekonstruieren?
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Er soll an Hand seiner Erinnerung an den Bericht des Kommandanten und gestützt auf das Kriegstagebuch das angeben, was er von dem Vorfall in Erinnerung hat.
VORSITZENDER: Aber er hat doch nicht gesagt, ob er den Kommandanten je gesehen hat.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Doch, ja, Herr Präsident.
VORSITZENDER: Gut, alles was er uns sagen kann, ist dann, was der Kommandant ihm erzählt hat.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Jawohl.
VORSITZENDER: Gut, dann soll er es tun.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Jawohl, mein Herr. Also bitte sagen Sie uns, was Ihnen in Erinnerung ist, nachdem Sie das Kriegstagebuch gelesen haben.
VORSITZENDER: Einen Augenblick! Wenn er sich an etwas erinnert, was der Kommandant ihm gesagt hat, kann er uns das erzählen; aber das Kriegstagebuch spricht für sich selbst, und er kann nicht daraus rekonstruieren. Er muß uns sagen, woran er sich von dem, was der Offizier sagte, erinnert.
FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Sehr gut, mein Herr.