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[Zum Zeugen gewandt:]

Bitte sprechen Sie aus Ihrer Erinnerung.

GODT: Der Bericht des Kommandanten lautete dahin, daß er, in ganz außerordentlicher Küstennähe für die damalige Zeit, eine Gruppe von Fischdampfern getroffen hatte und aus diesen dann nach vergeblichem Torpedierungsversuch einen mit Geschützfeuer versenkt hatte. Das war besonders bemerkenswert, weil erstens diese Sache in außerordentlicher Küstennähe stattfand und der Kommandant dieses Artilleriegefecht riskiert hatte, obwohl andere Fahrzeuge in der Nähe waren.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Waren diese anderen Fahrzeuge auch bewaffnete Fischdampfer?

GODT: Von jedem Fischdampfer mußte damals angenommen werden, daß er bewaffnet war.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Der Zeuge McAllister meinte, daß das U-Boot 50 Yards vor dem Fischdampfer aufgetaucht sei. Ist das nach Ihrer Erinnerung und nach Ihrer Erfahrung möglich?

GODT: Ich entsinne mich an den Einzelfall nicht, das ist aber ganz ungewöhnlich, daß ein U-Bootkommandant das tun würde.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: In der Aussage des McAllister heißt es weiter, daß das U-Boot mit Draht gefüllte Granaten verschossen habe.

VORSITZENDER: Warten Sie einen Augenblick, einen Augenblick, Dr. Kranzbühler. Der Gerichtshof ist der Ansicht, der Zeuge solle keine Meinungen dieser Art ausdrücken; er soll über Tatsachen, die er kennt, aussagen. Er sagt uns aber, daß es seiner Meinung nach unmöglich sei, daß ein Schiffskommandant sein U-Boot in einer Entfernung von 50 Yards von einem anderen Schiff auf die Oberfläche bringe.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ja.

VORSITZENDER: Darüber kann er doch nichts aussagen.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Herr Präsident! Ich wollte den Zeugen jetzt fragen, ob deutsche U-Boote mit Draht gefüllte Granaten verschossen haben, wie der Zeuge McAllister behauptet. Ist das eine zulässige Frage?

VORSITZENDER: Granaten, welche mit Draht gefüllt waren?

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ja, das ist die Frage, welche ich vorlegen will.

Wollen Sie diese Frage beantworten, Zeuge?

GODT: Solche Granaten gab es nicht.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ist dieser Angriff des Unterseebootes auf die »Noreen Mary« sofort durch Funkspruch gemeldet worden? Wissen Sie darüber etwas?

GODT: Meinen Sie, durch das U-Boot gemeldet worden?

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Nein, von britischer Seite.

GODT: Soweit ich mich erinnere, ist ein Funkspruch eines englischen Fahrzeuges aufgefangen worden, das in der betreffenden Gegend einen U-Bootangriff meldete.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: In dem Kriegstagebuch befindet sich die Eintragung eines Funkspruchs unter der Uhrzeit 0127 an Matschulat, das ist also von Ihnen an den Kommandanten: »Englischer Dampfer meldet Angriff durch deutsches U- Boot westlich Kap Wrath«.

GODT: Das ist die Mitteilung an das U-Boot darüber daß ein Funkspruch eines englischen Fahrzeugs über einen U-Bootangriff in diesem Gebiet aufgefangen war.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ich möchte jetzt eine Frage zu dem Ständigen Kriegsbefehl Nummer 511 an Sie stellen, der abgedruckt ist in meinem Urkundenbuch Band 1, Seite 46. Als ich diesen Befehl vortrug, war dem Tribunal die Bedeutung der Ziffer 2 unklar, die ich verlese:

»Mitnahme von Kapitänen und Schiffsoffizieren neutraler Schiffe, die gem. St. Kr. Bef. Nr. 101 versenkt werden dürfen (z.B. Schweden außerhalb Göteborgverkehr) ist zu unterlassen, da Internierung dieser Offiziere völkerrechtlich nicht statthaft ist.«

Können Sie mir zunächst sagen, auf Grund welcher Erfahrung oder Ergebnisse diese Ziffer 2 aufgenommen worden ist?

GODT: Es war einmal von einem U-Boot ein uruguayischer Offizier nach Deutschland gebracht worden, der Kapitän eines versenkten Schiffes war, und wir hatten Sorge, daß bei Freilassung dieses Kapitäns er Dinge erzählen konnte, die er während seiner Internierung auf dem U-Boot gesehen hatte. Der Grund dieses Befehls war, in Zukunft solche Schwierigkeiten zu vermeiden, denn dieser uruguayische Kapitän mußte entlassen werden und ist auch in Freiheit gesetzt worden.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Was bedeutet der Hinweis auf die neutralen Schiffe, die gemäß Ständigem Kriegsbefehl Nummer 101 versenkt werden dürfen?

GODT: Darf ich diesen Befehl mal sehen?