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[Zum Zeugen gewandt:]

Wollen Sie mir sagen, ob Admiral Dönitz bei der Gestaltung seiner Befehle und bei allen seinen Handlungen Ihnen gegenüber irgendwelche egoistischen Motive zum Ausdruck gebracht hat?

GODT: Niemals.

VORSITZENDER: Dr. Kranzbühler! Das ist doch dasselbe, es ist doch wahrhaftig wieder die gleiche Frage.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Entschuldigen Sie bitte, es sollte eine andere Frage sein, Herr Präsident.

VORSITZENDER: Kein Mensch macht ihm den Vorwurf, egoistisch oder etwas ähnliches zu sein. Er ist verschiedener Verbrechen, die in der Anklageschrift gegen ihn aufgeführt sind, beschuldigt.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ich werde direkt nach einer Beurteilung der Anklage fragen.

Die Anklage beurteilt Admiral Dönitz als zynisch und opportunistisch. Entspricht das Ihrer eigenen Beurteilung?

GODT: Nein.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Wie beurteilen Sie ihn?

GODT: Als einen Mann, der nur seine Pflicht und seine Arbeit und die Sorge um seine Waffe und die Menschen mit ihr gekannt hat.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ich habe keine weitere Frage mehr, Herr Präsident.

VORSITZENDER: Hat noch ein Verteidiger Fragen zu stellen?

[Keine Antwort.]

OBERST PHILLIMORE: Euer Lordschaft! Darf ich vielleicht zunächst die Dokumente erwähnen, die ich heute früh im Kreuzverhör vorgelegt habe, oder vielmehr ist es ein Dokument, das bereits früher vorgelegt wurde, D-658, GB-229. In diesem Dokument handelt es sich um Bordeaux, und es wurde darum gestritten, ob es sich um das Kommandounternehmen auf Bordeaux handelt. Es wurde darum gestritten, ob es aus der Skl, das heißt aus der Seekriegsleitung oder aus dem Kriegstagebuch einer untergeordneten Stelle stammt. Ich habe die Sache durch die Admiralität bestätigen lassen, Euer Lordschaft und werde das Original den Verteidigern zeigen. Es stammt aus dem Kriegstagebuch der Skl, Tagebuch der Seekriegsleitung, 1. Abteilung, Teil A vom Dezember 1942; also stammt es aus dem Kriegstagebuch des Angeklagten Raeder und des Zeugen.

[Zum Zeugen gewandt:]

Herr Zeuge! Sie sagten, Sie könnten sich nicht daran erinnern, gegen diesen Befehl vom 17. September 1942 protestiert zu haben?

GODT: Ja.

OBERST PHILLIMORE: Ich werde versuchen, Ihr Gedächtnis aufzufrischen. Sehen Sie sich bitte Dokument D-865 an!

Das ist GB-458, Euer Lordschaft, es ist ein Auszug aus dem Verhör Dönitz vom 6. Oktober. Ich möchte hinzufügen, daß das Protokoll in englischer Sprache abgefaßt wurde, und deshalb gibt die deutsche Übersetzung nicht unbedingt die genauen Worte des Admirals wieder.

[Zum Zeugen gewandt:]

Sehen Sie sich bitte die zweite Seite des vor Ihnen liegenden Dokuments an, und zwar am Ende des ersten Absatzes auf Seite 207 des englischen Textes! Der Admiral spricht hier über den Befehl vom 17. September 1942, und im letzten Satz dieses Absatzes sagt er:

»Ich entsinne mich, daß Kapitän Godt und Kapitän Heßler gegen dieses Telegramm waren, sie sagten es mir ausdrücklich, da, wie sie sagten, es mißverstanden werden könnte, aber ich sagte, ich müsse es jetzt diesen Booten durchgeben, um die Verluste, dieses eine Prozent, zu verhindern. Ich muß ihnen einen Grund geben, damit sie sich nicht verpflichtet fühlen, es zu tun.«

Erinnern Sie sich jetzt daran, gesagt zu haben: »Das könnte mißverstanden werden«?

GODT: Nein, das weiß ich nicht mehr.

OBERST PHILLIMORE: Und ein weiterer Auszug, Seite 3 in der englischen Übersetzung, das heißt Seite 2 unten im Deutschen:

»So sandte ich ein zweites Telegramm, um weitere Verluste zu verhindern. Dieses Telegramm wurde auf meine Anregung gesandt. Ich bin dafür voll und persönlich verantwortlich, da Kapitän Godt und Kapitän Heßler beide ausdrücklich betonten, daß sie das Telegramm als zweideutig betrachteten und daß es falsch ausgelegt werden könnte.« Können Sie sich jetzt daran erinnern?

GODT: Nein, ich kann mich nicht erinnern.

OBERST PHILLIMORE: Sehen Sie sich jetzt eine weitere Erklärung im gleichen Sinne an, auf Seite 5, erster Absatz des englischen Textes; das ist dritter Absatz, Seite 4 des deutschen Textes.

Ihm wurde folgende Frage gestellt:

»Warum war es notwendig, eine derartige Redensart, wie ich sie Ihnen vorhin vorlas, zu gebrauchen?«

Euer Lordschaft! Das ist unten auf Seite 4, nämlich: »Bemühungen zur Rettung von Besatzungsmitgliedern bei Vernichtung von Schiffen und Mannschaften widersprechen den primitivsten Anforderungen der Kriegführung«.

Es ist der letzte Satzteil im ersten Satz. Und er antwortete:

»Diese Worte entsprechen dem Telegramm nicht. In keiner Weise entsprechen sie unseren Handlungen in den Jahren 1939, 1940, 1941 und 1942, wie ich dies Ihnen mit dem ›Laconia‹-Zwischenfall klar gezeigt habe. Ich möchte noch einmal betonen, daß sowohl Kapitän Godt als auch Kapitän Heßler schärfstens gegen die Absendung dieses Telegramms Stellung nahmen.«

Wollen Sie immer noch behaupten, daß Sie sich nicht daran erinnern können, gegen die Absendung dieses Telegramms Einspruch erhoben zu haben?

GODT: Ich habe wiederholt gesagt, daß ich mich daran nicht erinnern kann.

OBERST PHILLIMORE: Ich habe die Antwort nicht verstanden. Ich weiß nicht...

GODT: Ich habe wiederholt gesagt, daß ich mich nicht daran erinnern kann.

OBERST PHILLIMORE: Ich will Ihnen noch einen Auszug zeigen. Es ist das Dokument D-866, welches die Nummer GB-459 erhalten wird. Es ist ein weiteres Verhör vom 22. Oktober.

Die erste Frage im Dokument ist:

»Sind Sie der Meinung, daß dieser Befehl den Prisengesetzen der deutschen Marine, welche zu Beginn des Krieges erlassen wurden, widerspricht?«

Und der letzte Satz des ersten Absatzes der Antwort lautet:

»Godt und Heßler sagten mir: ›Senden Sie diesen Funkspruch nicht. – Sehen Sie, eines Tages kann dies in einem falschen Licht erscheinen, es kann falsch ausgelegt werden.‹«

Sie erinnern sich nicht daran, diese Worte gebraucht zu haben?

GODT: Nein.

OBERST PHILLIMORE: Sie waren doch ein erfahrener Stabsoffizier, nicht wahr?

GODT: Ja.

OBERST PHILLIMORE: Sie wußten doch, wie wichtig es war, einen Operationsplan mit absoluter Klarheit zu entwerfen, nicht wahr?

GODT: Ja.

OBERST PHILLIMORE: Diese Befehle, die Sie erließen, gingen an junge Kommandanten, die zwanzig bis dreißig Jahre alt waren, nicht wahr?

GODT: Zwanzig Jahre ist jedenfalls zu jung, sie werden wohl etwa Ende der Zwanzig gewesen sein.

OBERST PHILLIMORE: Ja. Wollen Sie etwa sagen, daß dieser Befehl nicht zweideutig ist?

GODT: Jawohl. Vielleicht, wenn man einen Satz aus dem Zusammenhang nimmt, kann man vielleicht in Zweifel kommen, aber nicht, wenn Sie den ganzen Befehl lesen.

OBERST PHILLIMORE: Was sollen die Worte bedeuten: »Bei Vernichtung von Schiffen und Mannschaften widerspricht die Rettung den primitivsten Anforderungen der Kriegführung.«