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[Keine Antwort.]

Zeigen Sie es ihm, bitte.

[Dem Zeugen wird ein Dokument überreicht.]

Was war denn der Sinn dieser Worte, wenn es sich lediglich um einen Befehl handelte, nicht zu retten?

GODT: Es war eine Begründung für den übrigen Teil des Befehls und eine Gleichsetzung der Schiffe und der Besatzung, die gegen unsere U-Boote kämpften.

OBERST PHILLIMORE: Alle anderen Befehle, die Sie erließen, waren doch so klar, nicht wahr?

Haben Sie die Dokumente der Verteidigung dort vor sich?

GODT: Ich glaube, ja. – Nein.

OBERST PHILLIMORE: Dann schauen Sie sich bitte, das Dönitz-Dokumentenbuch Nummer 8 auf Seite 10 an. –

Es ist auf Seite 10 dieses Buches. Ich will Ihnen nur den zweiten Absatz verlesen:

»Gegen feindliche Handelsschiffe, bei denen eine Bewaffnung einwandfrei erkannt worden ist, beziehungsweise deren Bewaffnung auf Grund einwandfreier Unterlagen der Seekriegsleitung bekanntgegeben ist, ist für U-Boote sofortiger voller Waffeneinsatz freigegeben.«

Und der nächste Satz:

»Soweit es die Umstände zulassen, sind nach Ausschaltung der Möglichkeiten für eine Gefährdung des U- Bootes Maßnahmen für die Rettung der Besatzung zu treffen.«

Kein Kommandant könnte diesen Befehl mißverstehen, nicht wahr? Er ist absolut klar.

Schauen Sie sich ein anderes Dokument, D-642, Seite 13, an. Es ist im letzten Absatz des Befehls auf Seite 15. Das ist ein Nichtrettungsbefehl. Haben Sie es? Es ist Paragraph E, »Ständiger Kriegsbefehl 154«.

»Keine Leute retten und mitnehmen. Keine Sorge um Boote des Dampfers. Wetterverhältnisse und Landnähe sind gleichgültig. Nur Sorge um das eigene Boot und das Streben, sobald wie möglich den nächsten Erfolg zu erringen! Wir müssen hart in diesem Kriege sein. Der Gegner hat den Krieg angefangen, um uns zu vernichten, es geht also um nichts anderes.«

Das war doch absolut klar, das war ein Befehl, »nicht zu retten«, nicht wahr?

GODT: Das war ebenso klar wie der Befehl, um den es geht.

OBERST PHILLIMORE: Wollen wir einstweilen ein oder zwei andere Dokumente ansehen. Dann komme ich nochmals auf diesen Befehl zurück. Auf Seite 45 finden wir einen weiteren Befehl:

»Befehl des BdU« – auf der dritten Zeile lesen wir: »Kapitäne von versenkten Schiffen mit Papieren, falls ohne Gefährdung des Bootes und ohne Beeinträchtigung der Kampfkraft möglich, als Gefangene an Bord zu nehmen.«

Jedem ist doch ganz klar, was damit bezweckt wurde, nicht wahr?

GODT: Das ist überhaupt kein Befehl, sondern das war eine auszugsweise Wiedergabe im Kriegstagebuch.

OBERST PHILLIMORE: Richtig, ein Zitat des Wortlautes des Befehls. Dann auf der nächsten Seite, Absatz 4:

»... unter allen Umständen versuchen, Gefangene zu machen, soweit ohne Gefährdung des Bootes möglich.«

Wiederum absolut klar.

Jetzt sehen Sie sich die nächste Seite, Seite 47, Absatz 1 Ihres Befehls vom 1. Juni 1944 an, den letzten Satz:

»... Deshalb, soweit ohne Gefährdung des Bootes möglich, alles daran setzen, solche Gefangene einzubringen.«

Nun, Sie haben uns erklärt, daß dieser Befehl vom 17. September 1942 ein Befehl sein sollte, nicht zu retten. Ist das richtig?

GODT: Jawohl.

OBERST PHILLIMORE: Ich frage Sie jetzt nochmals, was bedeutet der Satz: »Die Rettung widerspricht den primitivsten Anforderungen der Kriegführung bei Vernichtung von Schiffen und Mannschaften?«

GODT: Das ist eine Begründung für den übrigen Teil, der besagt, daß die Schiffe mit den Besatzungen, die bewaffnet und ausgebildet waren, die U-Boote zu bekämpfen, gleichzusetzen waren.

OBERST PHILLIMORE: Warum sprechen Sie von Vernichtung von Mannschaften, wenn Sie deren Vernichtung gar nicht meinen?

GODT: Es handelt sich darum, ob die Schiffe mit ihren Besatzungen zu zerstören waren, was etwas ganz anderes ist, als die Besatzungen zu zerstören, zu vernichten, nachdem sie nicht mehr auf ihren Schiffen waren.

OBERST PHILLIMORE: Und das ist wieder etwas ganz anderes, als lediglich eine Mannschaft nicht zu retten; stimmt das nicht?

GODT: Ich verstehe diese Frage nicht.

OBERST PHILLIMORE: Die Zerstörung einer Mannschaft ist doch etwas anderes als Nichtrettung von Mannschaften?

GODT: Die Zerstörung – solange das Schiff und die Besatzung zusammengehören.

OBERST PHILLIMORE: Sie beantworten doch nicht meine Frage. Aber wenn Sie sie nochmals wollen: Die Zerstörung von Mannschaften ist doch etwas anderes als das Nichtretten einer Mannschaft, nicht wahr?

GODT: Das Zerstören der Mannschaft ist etwas anderes als das Nichtretten von Schiffbrüchigen, jawohl.

OBERST PHILLIMORE: Wurden diese Worte lediglich eingefügt, um diesem Befehl das zu geben, was Sie den »lebendigen« Charakter nennen, den ein Befehl haben soll?

GODT: Das kann ich im einzelnen nicht mehr sagen. Ich sagte schon, daß ich mich an die Entstehungsgeschichte dieses Befehls im einzelnen nicht erinnern kann.

VORSITZENDER: Oberst Phillimore! Der Gerichtshof hat dem Zeugen bereits gesagt, daß das Dokument für sich selbst spricht.

OBERST PHILLIMORE: Ja. Schauen Sie sich bitte das nächste Dokument im Buch der Anklage an, D-663, letzter Satz. Wollen Sie angesichts der beabsichtigten Vernichtung von Schiffsbesatzungen behaupten, daß Sie damals nicht die Absicht hatten, falls es Ihnen möglich wäre, die Mannschaften zu vernichten?

GODT: Ich dachte, es würde von den Schiffbrüchigen gesprochen?

OBERST PHILLIMORE: Ja. Es ist doch fast dasselbe in gewisser Hinsicht. Wenn Mannschaften einmal torpediert worden sind, werden sie doch zu Schiffbrüchigen?

GODT: Danach sind sie schiffbrüchig, jawohl.

OBERST PHILLIMORE: Bitte beantworten Sie jetzt meine Frage: Hatten Sie damals nicht die Absicht, Mannschaften oder, wenn es Ihnen lieber ist, die Überlebenden, wenn dies möglich gewesen wäre, zu vernichten?

GODT: Wenn Sie Schiffbrüchige hier meinen, die Frage umfaßt ja zweierlei. Bezüglich der Schiffbrüchigen, nein.

OBERST PHILLIMORE: Nun, wenn Sie die Frage nicht beantworten wollen, reden wir von etwas anderem.

Erinnern Sie sich noch des Falles von Kapitänleutnant Eck?

GODT: Über den Fall von Kapitänleutnant Eck habe ich ausschließlich von englischen und amerikanischen Offizieren gehört und erst, seitdem ich in Deutschland bin.

OBERST PHILLIMORE: Wissen Sie, daß er sich auf seiner ersten Fahrt befand, als sein U-Boot die »Peleus« versenkte und dann auf die Schiffbrüchigen mit Maschinengewehren feuerte? Wissen Sie das?

GODT: Jawohl.

OBERST PHILLIMORE: Er ist von der 5. U-Bootflottille in Kiel ausgelaufen, wo Möhle den Kommandanten Instruktionen erteilte, nicht wahr?

GODT: Das muß so gewesen sein.

OBERST PHILLIMORE: Nun, wenn er, anstatt die ganze Schuld für das, was er getan hatte, auf sich zu nehmen, seine Handlungsweise mit diesem Befehl vom 17. September 1942 verteidigt hätte, wollen Sie dann sagen, daß Sie ihn wegen Ungehorsams vor ein Kriegsgericht hätten bringen können?

GODT: Das wäre möglich gewesen.

OBERST PHILLIMORE: Auf Grund des Wortlauts Ihres Befehls? Wollen Sie das sagen?

GODT: Das wäre eine Frage, die im Gericht zu klären gewesen wäre. Im übrigen hat Eck sich nicht auf diesen Befehl bezogen, soweit ich gehört habe.

OBERST PHILLIMORE: Können Sie dem Gerichtshof erklären, wieso dem Zeugen Möhle erlaubt wurde, weiterhin seine Instruktionen in dem Sinne zu erteilen, daß dieser Befehl auf Vernichtung hinziele, und zwar vom September 1942 bis zum Ende des Krieges?

GODT: Ich weiß nicht, wie Möhle dazu gekommen ist, diesen Befehl so auszulegen. Gefragt danach hat er mich jedenfalls nicht.

OBERST PHILLIMORE: Sie begreifen doch, daß er sein eigenes Leben durch das Zugeständnis, derartige Instruktionen gegeben zu haben, einer großen Gefahr aussetzte?

GODT: Jawohl.

OBERST PHILLIMORE: Sie wissen sicher auch, daß ein anderer Kommandant, den er instruierte, nachher von Ihnen oder von Admiral Dönitz empfangen wurde, bevor er auslief?

GODT: Jawohl.

OBERST PHILLIMORE: Und auch bei seiner Rückkehr?

GODT: Im allgemeinen, ja, fast immer.

OBERST PHILLIMORE: Im allgemeinen. Wollen Sie dem Gerichtshof wirklich erzählen, daß keiner von diesen Offizieren, die dahin instruiert wurden, daß dies ein Vernichtungsbefehl war, daß keiner von diesen Ihnen oder Admiral Dönitz gegenüber die Frage aufgeworfen hat?

GODT: Es ist mit Bezug auf diesen Befehl unter keinen Umständen davon gesprochen worden.

OBERST PHILLIMORE: Nun, ich behaupte, daß dieser Befehl sehr sorgfältig so formuliert wurde, damit er zweideutig war. Absichtlich, so daß jeder U-Bootkommandant, der sich so verhalten wollte, dies auf Grund dieses Befehls tun konnte. Stimmt das nicht?

GODT: Das ist eine Behauptung, ja.

OBERST PHILLIMORE: Und daß Sie und Heßler versuchten, die Erteilung dieses Befehls zu verhindern, nicht wahr?

GODT: Ich sagte schon, daß ich mich nicht daran erinnern kann.

OBERST PHILLIMORE: Ich habe keine weiteren Fragen, Euer Lordschaft.

VORSITZENDER: Will noch jemand ein Kreuzverhör vornehmen? Dr. Kranzbühler! Wollen Sie rückverhören?

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ist Ihnen bekannt, daß Kapitän Möhle hier ausgesagt hat, er habe nur sehr wenig Offiziere über seine Auslegung des »Laconia«-Befehls unterrichtet?

GODT: Ich habe das gelesen in der eidlichen Aussage, die Möhle im vorigen Jahr vor englischen Offizieren gemacht hat.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Ist Ihnen bekannt, daß Möhle hier selbst ausgesagt hat, daß er weder mit Admiral Dönitz noch mit Ihnen noch mit Kapitän Heßler über seine Auslegung des »Laconia«- Befehls gesprochen habe, obwohl er wiederholt in Ihrem Stabe war?

GODT: Das ist mir bekannt. Ob aus Möhles eidlicher Aussage vom vorigen Jahr oder aus anderer Quelle, kann ich im Moment, nicht sagen.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Es ist Ihnen hier die Aussage von Admiral Dönitz vorgehalten worden, daß Sie selbst und Kapitän Heßler sich gegen den »Laconia«-Befehl geäußert hätten. Sie haben gesagt, daß Sie sich an einen solchen Widerspruch nicht erinnern. Halten Sie es für möglich, daß Admiral Dönitz Ihre Diskussionen über diesen Befehl überbetont hat, um damit die Verantwortung für diesen Befehl voll auf sich allein zu übernehmen?

VORSITZENDER: Einen Augenblick bitte, Dr. Kranzbühler, ich glaube nicht, daß Sie ihm die Frage stellen dürfen, ob es möglich sei, daß der Admiral überbetonte, was er sagte.

FLOTTENRICHTER KRANZBÜHLER: Dann werde ich diese Frage nicht stellen, Herr Präsident. Dann habe ich keine weiteren Fragen mehr an diesen Zeugen.

VORSITZENDER: Der Zeuge kann sich zurückziehen.