HOME

<< Zurück
|
Vorwärts >>

[Zum Zeugen gewandt:]

Herr Großadmiral! Die Anklage macht Ihnen nun zum Vorwurf, daß Sie die Marine aufgebaut haben:

Erstens: unter Bruch des Versailler Vertrages,

zweitens: hinter dem Rücken des Reichstages und der Reichsregierung, und

drittens: mit der Absicht, Angriffskriege zu führen.

Ich möchte Sie hierzu fragen, ob der Aufbau der Marine zu Angriffs- oder zu Verteidigungszwecken erfolgte. Ich bitte Sie aber, hier eine zeitliche Trennung vorzunehmen und zunächst nur über den Zeitraum zu sprechen, der unter dem Zeichen des Versailler Vertrages steht, also über die Zeit von 1928 bis zum deutsch-englischen Flottenabkommen vom 18. Juni 1935.

Meine Frage lautet also: Geschah in diesem Zeitraum der Aufbau der Marine zu Angriffszwecken, wie die Anklage behauptet hat?

RAEDER: Der Aufbau der Marine geschah in gar keiner Weise zu den Zwecken des Angriffskrieges. Er geschah zweifellos unter gewisser Umgehung des Versailler Vertrages. Bevor ich auf die Einzelheiten eingehe, möchte ich bitten, ein paar kurze Stellen verlesen zu dürfen aus einem Vortrag, den ich im Jahre 1928 in Kiel und Stralsund, den beiden größten Garnisonen meiner Marinestation, gehalten habe, auf einer Geschichtswoche und vor der Bürgerschaft und den ich, als ich in Berlin antrat, dem Minister Severing als mein Programm übergeben habe, dem Minister Severing, der mich bei meinem Erscheinen damals mit einem gewissen Mißtrauen betrachtete. Das ist das...

DR. SIEMERS: Einen Moment.

Ich glaube, das Hohe Tribunal wird einverstanden sein, weil ja die Äußerungen aus dem Jahre 1928 die damalige Einstellung Raeders noch prägnanter bringen als seine jetzige Erinnerung. Ich überreiche deshalb diesen Vortrag im Raeder-Exhibit Nummer 6, im Dokumentenbuch 1, Seite 15. Der Vortrag selbst beginnt Seite 17. Ich lese...

VORSITZENDER: Ja?

DR. SIEMERS: Herr Präsident! Es wird vielleicht fünf bis zehn Minuten in Anspruch nehmen. Ich möchte deshalb fragen, ob es eine geeignete Zeit zur Pause ist, aber mir ist es recht, wenn es weitergeht.

VORSITZENDER: Wir wollen Pause machen.

[Das Gericht vertagt sich bis 14.00 Uhr.]

Nachmittagssitzung.

DR. SERVATIUS: Herr Präsident! Ich bitte zu genehmigen, daß der Angeklagte Sauckel vom 16. bis einschließlich 18. der Sitzung fernbleibt, um seine Verteidigung vorzubereiten.

VORSITZENDER: Jawohl. Um seine Verteidigung vorzubereiten? Gut.

MR. DODD: Herr Vorsitzender! Ich möchte vorschlagen, daß, bevor der Zeuge Puhl zurückgerufen wird, erst der Zeuge Thoms vorgeladen wird. Ich glaube, daß wir damit Zeit sparen können. Aus dem, was mir aus der bevorstehenden Zeugenaussage bekannt ist, entnehme ich, daß sieh vielleicht für den Gerichtshof Fragen ergeben werden, die er dem Zeugen Puhl stellen will, nachdem der Zeuge Thoms verhört wurde.

Um auch allen gegenüber fair zu sein, möchte ich vorschlagen, daß der Zeuge Puhl hier im Gerichtshof anwesend ist, wenn der Zeuge Thoms aussagt. Ich glaube, diese Möglichkeit sollte ihm geboten werden.

VORSITZENDER: Herr Dr. Sauter! Haben Sie etwas dagegen?

DR. SAUTER: Nein, ich habe keinen Einwand.

MR. DODD: Können wir den Zeugen Thoms rufen.

VORSITZENDER: Gut, rufen Sie Thoms als Zeugen auf und lassen Sie Puhl im Saal sitzen, so daß er alles verfolgen kann.