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[Der Zeuge Thoms betritt den Zeugenstand.]

Wie heißen Sie?

ZEUGE ALBERT THOMS: Albert Thoms.

VORSITZENDER: Sprechen Sie bitte folgenden Eid nach: »Ich schwöre bei Gott, dem Allmächtigen und Allwissenden, daß ich die reine Wahrheit sagen, nichts verschweigen und nichts hinzufügen werde.«

[Der Zeuge spricht die Eidesformel nach.]

VORSITZENDER: Setzen Sie sich!

MR. DODD: Herr Vorsitzender! Ich weiß, daß der Mann zum Kreuzverhör geladen worden ist; jedoch gibt es ein oder zwei Fragen, die jetzt wichtig geworden sind und die im Affidavit nicht erwähnt werden. Um Zeit zu sparen, möchte ich diese noch vor dem Kreuzverhör vorbringen.

VORSITZENDER: Bitte sehr.

MR. DODD: Herr Thoms! Sie haben am 8. Mai 1946 eine Erklärung abgegeben, nicht wahr?

THOMS: Jawohl.

MR. DODD: Und Sie haben diese unterschrieben?

THOMS: Jawohl.

MR. DODD: Und was darinnen steht ist also wahr?

THOMS: Jawohl.

MR. DODD: Und es ist selbstverständlich heute immer noch wahr?

THOMS: Jawohl.

MR. DODD: Wollen Sie bitte einen Blick darauf werfen und sich noch einmal vergewissern: Ist das die von Ihnen unterschriebene Erklärung, Herr Thoms?

THOMS: Jawohl.

MR. DODD: Gut. Ich habe noch ein oder zwei Fragen darüber an Sie zu stellen.

Herr Vorsitzender! Ich möchte dieses Dokument als Beweisstück US-852 anbieten.

[Zum Zeugen gewandt:]

Sie kennen den Herrn, der zu Ihrer Linken sitzt?

THOMS: Jawohl.

MR. DODD: Das ist Herr Puhl, nicht wahr?

THOMS: Jawohl.

MR. DODD: Er war Reichsbank-Vizepräsident, als Sie dort angestellt waren, stimmt das?

THOMS: Jawohl.

MR. DODD: Haben Sie sich jemals mit Herrn Puhl über irgendwelche Sonderdepots unterhalten, die bei der Reichsbank hinterlegt wurden und über die Sie absolutes Stillschweigen zu wahren hatten?

THOMS: Jawohl.

MR. DODD: Sagen Sie uns, wann diese Besprechung stattfand, was da gesagt wurde und wer noch dabei war.

THOMS: Diese Unterhaltung hat im Sommer 1942 stattgefunden. Ich wurde heraufgerufen zu Herrn Präsidenten Puhl durch einen Kassendezernenten, Herrn Frommknecht. Herr Frommknecht brachte mich zu Herrn Puhl, und dort wurde mir von Herrn Puhl eröffnet, daß eine besondere Transaktion mit der Reichsführung-SS in die Wege geleitet werden soll. Soll ich Ihnen alles Nähere ausführen?

MR. DODD: Sagen Sie uns alles, was er zu Ihnen gesagt hat.

THOMS: Herr Puhl sagte mir, daß die Angelegenheit ganz geheim und vertraulich behandelt werden müßte. Es würden nicht nur Sachen eingeliefert werden, die im normalen Geschäftsgang der Reichsbank automatisch zu übernehmen wären, sondern es würde sich auch um die Verwertung von Schmucksachen und anderen Dingen handeln. Auf meinen Einwand, daß wir für derartige Angelegenheiten keine fachkundigen Leute hätten, meinte er, dann müßten wir eine Möglichkeit finden, diese Dinge zu verwerten. Ich machte zunächst den Vorschlag, dann diese Sondersachen auch der Reichshauptkasse, das heißt also, der Hauptkasse der Reichsregierung zuzuführen, die alles Beutegut von dem Heer auch erhielt. Herr Puhl meinte aber, diese Angelegenheit sollte nicht über die Reichshauptkasse erledigt werden, sondern sollte durch die Reichsbank in anderer Form durchgeführt werden. Daraufhin schlug ich vor, dann diese Sachen, genau so wie früher die Ablieferung aus der jüdischen Vermögensbeschlagnahme, dem städtischen Pfandleihamt in Berlin zuzuführen. Diesem Vorschlag stimmte Herr Präsident Puhl bei.

MR. DODD: Wann kam die erste dieser Lieferungen an?

THOMS: Die erste Lieferung kam im Laufe des Monats August zur Reichsbank, soweit ich mich entsinne.

MR. DODD: 1942?

THOMS: 1942.

MR. DODD: Bedeutet Ihnen der Name »Melmer« etwas?

THOMS: Der Name Melmer war der Name des SS-Mannes, der die Werte im Laufe der nächsten Zeit zur Reichsbank brachte, und unter diesem Stichwort wurden sämtliche Ablieferungen der SS dann später verbucht in den Büchern der Bank.

MR. DODD: Haben Sie jemals den Namen oder das Wort Melmer Puhl gegenüber erwähnt, und erwähnte er es jemals vor Ihnen?

THOMS: Der Name Melmer ist nicht von Herrn Präsidenten Puhl mir gegenüber, sondern von mir Herrn Puhl gegenüber erwähnt worden, denn ich mußte ja ihm Mitteilung machen über den Anlauf dieses ganzen Geschäfts und vor allem über die Durchführung der Geschäfte hinsichtlich der Verwendung des Gegenwertes. Dieser Gegenwert wurde nach einem Vorschlag der SS-Reichsführung dem Finanzministerium überwiesen, und zwar auf ein Konto, das die Bezeichnung »Max Heiliger« erhielt. Diese Tatsache habe ich seinerzeit Herrn Präsidenten Puhl kurz mitgeteilt.

MR. DODD: Haben Sie Puhl jemals gesagt, woraus das Material der SS-Ladungen bestand?

THOMS: Nach einigen Monaten fragte mich Herr Präsident Puhl, wie die Dinge in der Melmer-Sache liefen. Darauf erklärte ich ihm, daß entgegen der Annahme, daß es sich nur um wenige Ablieferungen handeln sollte, die Lieferungen größer würden, und daß sie neben den Gold- und Silbermünzen vor allen Dingen auch sehr viele Schmucksachen, Goldringe, Eheringe, dann Bruchgold, Bruchsilber, Dentalgold und auch alle möglichen Sorten von Gold- und Silberwaren enthielten.

MR. DODD: Was sagte er, als Sie ihm sagten, daß es sich um Schmucksachen, um Silber, Dentalgold und sonstiges handelte?

THOMS: Ja, ich darf vorher noch einiges hinzufügen. Ich habe hoch einen besonderen Hinweis gemacht, daß sich in einem Falle ein Posten von zirka zwölf Kilo in Perlen inzwischen angesammelt hatte und daß ich eine derartig ungewöhnliche Menge bisher in meinem Leben noch nicht gesehen hätte.

MR. DODD: Einen Augenblick. Was war das?

THOMS: Das waren Perlen und Perlenketten.

MR. DODD: Haben Sie ihm auch gesagt, daß Sie Brillenfassungen in Empfang nahmen?

THOMS: Ja, ich kann das im Moment nicht beschwören. Ich habe ihm aber den allgemeinen Charakter geschildert. Also werde ich meines Erachtens auch den Ausdruck »Brillen« und derartiges gebraucht haben. Ich will das aber nicht auf meinen Eid nehmen.

MR. DODD: War Puhl jemals in den Tresors als das Material durchgesehen wurde?

THOMS: Herr Puhl nahm verschiedentlich Gelegenheit, die Tresors der Bank zu besuchen, um dort die Goldlagerung zu inspizieren und vor allem über die Art der Lagerung sich zu informieren. Die Ablieferungen der Melmer-Angelegenheit befanden sich in einer besonderen Abteilung eines der Haupttresore, so daß bei diesen Gelegenheiten auch Herr Puhl die Kisten und Beutel dieser Einlieferungen gesehen haben muß. In der Nähe, also in dem anschließenden Gang, wurden die Sachen der Melmer-Einlieferungen bearbeitet.

Ich bin also der festen Meinung, daß Herr Puhl bei dem Gang durch den Tresor diese Sachen gesehen haben muß, da sie ja ganz offen auf dem Tisch lagen, und von jedermann, der den Tresor besichtigte, eingesehen werden konnten.

MR. DODD: Ungefähr 25 bis 30 Leute beschäftigten sich mit der Sortierung dieser Sachen bevor sie zum Einschmelzen verschickt oder in das Pfandleihamt zum Verkauf geschickt wurden, nicht wahr?

THOMS: Ich möchte darauf sagen: Nicht 25 bis 30 Leute beschäftigten sich... es kamen im Laufe des Tages vielleicht 25 bis 30 Leute in den Tresor herunter, um dort irgendwelche dienstliche Handlungen zu vollziehen. Beschäftigt waren mit dieser Angelegenheit vielleicht vier oder fünf Beamte – mit dem Sortieren und der Vorbereitung dieses Materials.

MR. DODD: Und jeder einzelne, der Ihnen unterstellt war, mußte alles geheimhalten? Es war ihnen strengstens verboten, darüber zu sprechen?

THOMS: Es war strenge Anordnung in der Bank, daß über Geheimsachen nicht gesprochen werden dürfte, auch nicht mit Kollegen der eigenen Abteilung, soweit dieser betreffende Kollege nicht selbst in dieser Angelegenheit mitarbeitete, so daß also...

MR. DODD: Also, das war doch eine ganz besonders geheime Angelegenheit? Hier handelt es sich doch nicht um die gewöhnliche Geheimhaltung? Stimmt es nicht, daß bezüglich dieser Lieferungen eine ganz besondere Geheimhaltung gewahrt wurde?

THOMS: Ganz recht; es war ein ganz außergewöhnliches Geschäft und mußte auch ganz besonders geheimgehalten werden. Ich möchte sagen, es gehörte also noch über den Rahmen der Geheimsachen hinaus. Denn es war mir sogar streng verboten, mit irgend jemand zu sprechen darüber, und ich habe seinerzeit noch gesagt, als ich von Herrn Präsidenten Puhl mich verabschiedete bei der ersten Besprechung, ich werde den leitenden Herren der Kasse doch Mitteilung machen, denn letzten Endes müssen doch meine Vorgesetzten über das Geschäft informiert sein.

MR. DODD: Wurde über diese Melmer-Depots ein Bericht an das Direktorium gemacht?

THOMS: Nein. Die Sache wurde als mündliche Absprache behandelt. Das war auch ein Ausnahmefall, und es wurde über die erledigten Ablieferungen nur eine Abrechnung aufgemacht, die als »Melmer-Abrechnung« bezeichnet wurde; diese Abrechnung wurde von der Hauptkasse an die Devisenabteilung gegeben, die ihrerseits dann die weitere Erledigung mit dem Reichsbankdirektorium einzuleiten hatte.

MR. DODD: Nun, das Direktorium mußte doch zu der Bearbeitung dieser Sache seine Zustimmung abgeben? Sie konnten sich doch nicht mit solchem Material ohne Zustimmung des Bankdirektoriums befassen?

THOMS: In Goldangelegenheiten besonders mußten alle Anordnungen vom Reichsbankdirektorium gegeben, respektive genehmigt werden. Ich durfte also niemals selbständig irgend etwas unternehmen. Im allgemeinen wurden diese Anordnungen auch in schriftlicher Form durch Abzeichnung von mindestens zwei Herren und einem Mitglied des Direktoriums der Kasse übergeben. Es war dies also auch schon ein ganz besonderer Einzelfall, daß die Angelegenheit diesmal auf eine mündliche Form gebracht wurde.

MR. DODD: Herr Thoms! Sie haben wohl heute mittag den Film gesehen. Wir haben Ihnen doch einen Film vorgeführt, nicht wahr?

THOMS: Jawohl.

MR. DODD: Nachdem Sie diesen Film nun gesehen haben, können Sie uns sagen, ob dieser Film ein richtiges Bild von den Lieferungen gibt, die die Reichsbank von der SS bekommen hatte?

THOMS: Ich kann darauf erwidern, daß dieser Film und die Bilder, die ich dort gesehen habe, typisch für die Melmer-Einlieferungen waren. Ich kann vielleicht eine Einschränkung machen, daß in solchen Mengen, wie ich auf dem Film gesehen, die ersten Einlieferungen keinen Anteil an Dentalgold und vor allen Dingen auch an Schmuckgold aufwiesen. Diese Lieferungen vergrößerten sich erst später, so daß die Mengen, die wir hier im Film sehen, tatsächlich von der Reichsbank noch nicht eingesehen worden sind. Denn diese befanden sich ja in bisher verschlossenen Kisten und Koffern und so weiter. Aber an und für sich ist das Material, das ich dort in dem Film gesehen habe, typisch für die Melmer-Ablieferungen.

MR. DODD: Gut. Nun – Ich erwarte ja keine genaue Antwort – aber geben Sie jetzt ungefähr an, wieviel Lieferungen dieses Materials von der SS bei Ihnen eintrafen?

THOMS: Soweit ich mich im Augenblick erinnere, müssen es über 70 Lieferungen gewesen sein. Vielleicht 76 oder 77. Ich kann es im Moment nicht ganz genau sagen, aber es muß ungefähr stimmen.

MR. DODD: Danke schön, ich habe keine weiteren Fragen.

DR. SAUTER: Herr Zeuge! Was sind Sie von Beruf?

THOMS: Reichsbankrat.

DR. SAUTER: Reichsbankrat. Wo ist denn Ihr Wohnsitz?

THOMS: In Berlin-Steglitz. Nachdem ich ausgebombt war, habe ich in Potsdam, Neu-Fahrland gewohnt.

DR. SAUTER: Haben Sie sich freiwillig zur Vernehmung bei der Staatsanwaltschaft gemeldet, oder wie ist es zu Ihrer Vernehmung gekommen?

THOMS: Ich bin...

DR. SAUTER: Ich bitte, nach der Frage etwas abzuwarten, damit die Übersetzung nachkommt. Bitte wollen Sie zwischen Fragen und Antworten immer eine kleine Pause eintreten lassen.

THOMS: Ich bin hierher beordert worden.

DR. SAUTER: Von wem?

THOMS: Von der Anklagebehörde wahrscheinlich.

DR. SAUTER: Sind Sie auf freiem Fuß?

THOMS: Ich bin auf freiem Fuß.

DR. SAUTER: Ja, haben Sie eine schriftliche Aufforderung bekommen?

THOMS: Nein, ich wurde gestern mündlich ersucht in Frankfurt, die Reise nach Nürnberg anzutreten.

DR. SAUTER: Frankfurt? Wohnen Sie zur Zeit in Frankfurt?

THOMS: Jawohl.

DR. SAUTER: So. Herr Thoms, wo haben Sie denn am 8. Mai gewohnt? Das war heute vor einer Woche.

THOMS: Am 8. Mal dieses Jahres?

DR. SAUTER: Sie sind doch der Herr Thoms?

THOMS: Jawohl.

DR. SAUTER: Ja, am 8. Mai, heute vor einer Woche?

THOMS: In Frankfurt.

DR. SAUTER: Da sind Sie ja vernommen worden, nicht wahr?

THOMS: Ganz recht, ich bin in Frankfurt vernommen worden.

DR. SAUTER: Das ist das Affidavit, das Ihnen vorhin der Anklagevertreter vorgehalten hat?

THOMS: Jawohl.

DR. SAUTER: Wie ist es denn zu diesem Affidavit gekommen? Haben Sie sich da freiwillig als Zeuge angemeldet, oder wie war das?

THOMS: Ich mache darauf aufmerksam, daß ich bereits im vorigen Jahr, als ich in Frankfurt tätig war, den amerikanischen Stellen freiwillig die Einzelheiten über die Geschäfte, die mir bekannt waren in der Goldangelegenheit der Reichsbank, gegeben habe.

DR. SAUTER: So. Sie haben sich im vorigen Jahr bereits als Zeuge angeboten?

THOMS: Als Zeuge in dieser Angelegenheit möchte ich nicht sagen. Ich habe mich nur zur Verfügung gestellt für die Aufklärung von Reichsbankgeschäften für die amerikanischen Zwecke.

DR. SAUTER: Ja. Haben Sie in dieser Angelegenheit jemals auch mit dem Reichsbankpräsidenten Funk gesprochen?

THOMS: Nein. Ich hatte niemals während meiner dienstlichen Tätigkeit Gelegenheit, mit Herrn Minister Funk zu sprechen.

DR. SAUTER: Haben Sie eine positive Kenntnis davon, vielleicht auch von einer anderen Seite, ob der Herr Reichsbankpräsident Funk von diesen Dingen eine genaue Kenntnis hatte, oder ist es Ihnen auch unbekannt?

THOMS: Darüber kann ich auch nichts sagen, denn diese Angelegenheiten bewegten sich auf einer höheren Ebene, die ich nicht übersehen kann.

DR. SAUTER: Dann würde mich interessieren: Dieses Depot oder wie Sie es nennen, das ging auf den Namen »Melmer«?

THOMS: Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß es sich hier nicht um ein Depot handelte, sondern daß es sich um Einlieferungen handelt, die unter dem Namen »Melmer« abgeliefert wurden. Und daß die Reichsbank sich teilweise, soweit es sich um das Geschäft handelte, das die Reichsbank effektiv durchzuführen hatte –, daß der Inhalt dieser Sachen unmittelbar übernommen wurde und daß, soweit es sich um nichtreichsbankgeschäftliche Dinge handelte, die Reichsbank gewissermaßen die Treuhänderschaft für die Verwertung dieser Sachen hatte.

DR. SAUTER: Langsamer, langsamer.

Warum ist dann diese Angelegenheit, mag man es nun Depot oder anders nennen, nicht unter dem Namen »SS« erledigt worden, sondern auf den Namen »Melmer«? Haben Sie, Herr Zeuge, irgend jemand darnach gefragt?

THOMS: Ich erwähnte bereits beim Eingang der Vernehmung, daß es sich um eine besonders geheimzuhaltende Angelegenheit handelte, bei der der Name des Einlieferers nicht in Erscheinung treten sollte. Es war also in diesem Falle der Wunsch und die Anordnung des Herrn Präsidenten Puhl, der bestimmend war für die Erledigung dieser Sache.

DR. SAUTER: Sind in diesen Tresorraum, wo die Sachen lagen, nur Beamte der Reichsbank gekommen oder sind in diesen Tresorraum auch andere Personen gekommen, zum Beispiel Kunden, Tresorkunden?

THOMS: Die Reichsbank hatte keine Privatkundschaft. Also wir hatten keine verschlossenen Depots, die irgendwelchen Kunden der Reichsbank gehört haben, in diesen Gewölben jedenfalls nicht. Die Depots von Privatkunden lagen in einem anderen Gewölbe, so daß also eine Berührung zwischen den Depots der Bank und den Kundendepots nicht stattgefunden hat.

DR. SAUTER: Aber Beamte sind in größerer Menge hinuntergekommen? Das haben Sie ja wohl bereits gesagt?

Ich bin mir über eines nicht klar: Sie haben auf der einen Seite erzählt, daß diese Sachen offen auf den Tischen herumgelegen seien und dort von jedermann hätten gesehen werden können. Und auf der anderen Seite haben Sie vorhin ziemlich gegen Schluß Ihrer Aussage erwähnt, daß die Sachen in verschlossenen Kisten und Koffern sich befunden hätten. Wie verhält sich das?

THOMS: Ich habe erklärt, daß die Sachen in verschlossenen Koffern und Kisten eingeliefert und aufbewahrt wurden. Bei jeder jeweiligen Bearbeitung der eingelieferten Posten mußte natürlich der gerade zur Arbeit, zur Verarbeitung heranstehende Posten geöffnet werden, durchgezählt, der Inhalt geprüft und nachgewogen werden. Das konnte natürlich nur so gemacht werden, daß man den Inhalt ausbreitete, dann die Zählung vornahm und dann die Gewichtsprüfung und dann wieder in neue Behälter verschloß.

DR. SAUTER: Haben Sie vielleicht Ihren Standpunkt von sich aus gegenüber dem Herrn Puhl geltend gemacht – Sie sind ja Bankrat, also auch höherer Beamter –, daß Sie gegen das ganze Geschäft irgendwelche Bedenken hätten? Ich bitte Sie, sich die Frage und Ihre Antwort erst zu überlegen, sie geht ja auch auf Ihren Eid.

THOMS: Zunächst möchte ich darauf erwidern, daß ich zur Gruppe der gehobenen mittleren Beamten gehöre, aber das ist nur nebenbei. Dann ist es selbstverständlich – oder ich möchte es mal so sagen: Wenn ein Beamter 30 Jahre und noch länger bei einer Behörde tätig ist und den Eindruck während seiner jahrzehntelangen Laufbahn gehabt hat, daß die Reichsbankleitung untadelig ist, dann glaube ich, durfte er keine Bedenken haben, daß für einen Sonderfall, wenn ihm der Auf trag gegeben wird: Du hast hier Stillschweigen über ein Geschäft zu bewahren –, daß er hier Bedenken haben wird, diese Geschäfte durchzuführen. Ich sagte ja bereits, daß der Begriff »Beute« ja auch für uns Reichsbankleute nicht unbekannt war, denn es bestand ja die Bestimmung, daß alle Beutesachen, die vom Heer eingingen, direkt an die Reichshauptkasse, also an die Kasse der Reichsregierung geliefert wurden und wir jetzt natürlich in der Bank die Auffassung hatten, daß das Beutegut der SS-Truppen den Weg über die Reichsbank nehmen sollte. Gegen eine derartige Anordnung kann sich ein Beamter der Reichsbank nicht wehren. Wenn er einen Auftrag vom Reichsbankdirektorium bekommt, dann wird er ihn eben durchführen, auf Grund des Eides, den er ja geschworen hat.

DR. SAUTER: Wenn ich Sie also recht verstehe, Herr Zeuge, dann sagen Sie uns, daß Sie jedenfalls anfänglich die Sache für in Ordnung gehend, für korrekt gehalten haben?

THOMS: Anfänglich? Ich habe sie an und für sich in der Durchführung überhaupt für korrekt gehalten.

DR. SAUTER: Haben Sie denn jemals Zweifel bekommen, daß es verbrecherisch sein könnte, sozusagen?

THOMS: Diese Zweifel hätte ich ohne weiteres gehabt, wenn ich die Erfahrung und das Wissen damals gehabt hätte, das ich heute habe.

DR. SAUTER: Das ist bei allen so.

THOMS: Ja, ganz recht. Also insofern muß ich die Zweifel unterdrücken, also kann ich die Zweifel nicht zugeben, denn das Geschäft war ja nicht mir allein bekannt, das Geschäft war ja dem Reichsbankdirektorium und in der Leitung der Hauptkasse bekannt, denn die Werte des Tresors wurden ja jeden Abend von einem stellvertretenden Direktor der Hauptkasse abgenommen, so daß also letzten Endes nur die technische Durchführung dieses Geschäfts bei mir lag und die Verantwortung für die Richtigkeit dieses Geschäfts ja nicht in meinem Kompetenzbereich lag.

DR. SAUTER: Die Verantwortung, das weiß ich nicht. Aber ich habe gefragt, Herr Zeuge, haben Sie jemals Zweifel bekommen? Wann ist der Zeitpunkt eingetreten, wo Sie das ganze für verbrecherisch gehalten haben? Haben Sie das als verbrecherisch gehalten?

THOMS: Wir haben angenommen, daß es sich hier um Gut handelt, das die SS bei ihren – nachdem sie im Osten die Städte teilweise niedergebrannt hatte, besonders im Kampf um Warschau –, daß sie hinterher diese Beute in den Häusern gemacht hat und daß dann diese Beute hier bei der Bank eingeliefert wurde.

DR. SAUTER: Als Beutegut?

THOMS: Ja. Man kann nicht sagen, daß, wenn hier von einer militärischen Stelle Beutegut eingeliefert wird, daß nun ein Beamter, der mit der Bearbeitung derartiger Sachen betraut wird, diese Ablieferung als verbrecherisch ansehen kann.

DR. SAUTER: Haben Sie bei der Übernahme der Sachen daran gedacht, oder hat Ihnen der Herr Vizepräsident Puhl etwas davon gesagt oder wenigstens angedeutet, daß diese Goldsachen den Leuten, den Opfern in den Konzentrationslagern abgenommen worden sind?

THOMS: Nein.

DR. SAUTER: Daran haben Sie nicht gedacht?

THOMS: Nein.

DR. SAUTER: Überhaupt nicht?

THOMS: Wir haben einmal den Namen »Auschwitz« und einmal den Namen »Lublin« gelesen, auf einigen Zetteln, die wir fanden. Ich sagte, daß wir in Verbindung mit Lublin diese Bemerkung auf einigen Notenpaketen fanden, die zur Bearbeitung kamen und die dann an die Polnische Bank zurückgingen zur Einlösung. Eigenartigerweise kamen dieselben Pakete, nachdem sie in der Bank bearbeitet worden waren, später noch einmal zurück. Folglich war hier schon die Lösung so, daß es keine Einlieferung von einem Konzentrationslager sein konnte, denn sie war ja hier auf dem offiziellen Bankwege zu uns geflossen. Und im Lager Auschwitz, da kann ich heute nicht sagen, bei welchen Sorten von Einlieferungen sich diese Zettel befanden, es ist aber möglich, daß sie auch neben irgendwelchen Noten gelegen haben, daß es also vielleicht Ablieferungen ausländischer Noten aus den Konzentrationslagern gewesen sein konnten. Aber es bestanden ja Verfügungen, wonach Kriegsgefangene, überhaupt Gefangene, ihre Noten umtauschen konnten gegen anderes Geld in dem Lager, so daß also hier auch auf legalem Wege die Ablieferung vorgenommen sein konnte.

DR. SAUTER: Wenn ich Sie recht verstehe, Herr Zeuge, dann ist der Sinn dessen, was Sie uns jetzt gesagt haben, der, daß Sie auch dann noch die Sachen für legal, also für gesetzmäßig gehalten haben, als Sie 1943 auf einigen Sachen die Aufschrift »Lublin« oder- »Auschwitz« gelesen haben. Haben Sie es auch dann noch für legal gehalten?

THOMS: Jawohl.

DR. SAUTER: Warum haben Sie dann in Ihrem Affidavit, allerdings nicht beschworenen Affidavit vom 8. Mai 1946, die Sache etwas anders dargestellt? Ich darf Ihnen den betreffenden Satz verlesen...

THOMS: Bitte.

DR. SAUTER:... und Sie sagen mir dann, ob ich Sie falsch verstanden habe oder ob es mißverständlich von dem Beamten aufgenommen wurde. Es heißt da – also zunächst geht voraus, daß Sie die Sache für legal gehalten haben:

»Eines der ersten Anzeichen für die Herkunft dieser Gegenstände ergab sich daraus, daß ein Paket mit Papieren...«

offenbar nehme ich an mit Wertpapieren...

THOMS: Nein, mit Banknoten.

DR. SAUTER:

»... den Stempel ›Lublin‹ trug. Dies war Anfang 1943. Ein anderer Hinweis konnte daraus entnommen werden, daß einige Gegenstände den Stempel ›Auschwitz‹ trugen. Wir alle wußten, daß an diesen Plätzen Konzentrationslager waren. Bei der zehnten Ablieferung im November 1942« – also schon vorher – »tauchten Goldzähne auf. Die Menge der Goldzähne wuchs in ungewöhnlicher Weise.«

Soweit das Zitat aus Ihrer unbeschworenen Versicherung vom 8. Mai 1946. Jetzt bitte ich, uns zu sagen: Soll das dasselbe sein, was Sie vorhin gesagt haben, oder ist es etwas anderes nach Ihrer Meinung?

THOMS: Das deckt sich meiner Ansicht nach mit meiner Aussage. Es ist so: Wir konnten nicht annehmen, daß auch Ablieferungen, die über das KZ-Lager kamen, durchaus ungesetzlich sein mußten. Wir haben nur die Feststellung gemacht, daß allmählich diese Ablieferungen groß wurden. Eine Ablieferung von Noten aus einem KZ-Lager braucht deswegen nicht ungesetzlich zu sein. Es kann sich ja um eine offizielle Einziehung handeln; vor allen Dingen kannten wir auch nicht die Bestimmungen des KZ-Lagers. Es wäre ja möglich, daß die Leute das Recht hatten, irgendwelche Werte, die in ihrem Besitz waren, zu veräußern oder in Zahlung zu geben.

DR. SAUTER: Dollarnoten, die Sie hier auf dem Film auch gesehen haben, wird kaum jemand veräußert haben.

THOMS: Ich darf aufmerksam machen, daß ich nicht die Auffassung hatte, daß diese Banknoten unbedingt aus dem KZ-Lager gekommen sein mußten. Ich habe nur gesagt, daß bei den Notenpäckchen sich die Aufschrift »Lublin« befand. Das konnte auf das Konzentrationslager hindeuten, aber es war durchaus nicht gesagt, daß nun diese Noten aus dem KZ-Lager auch kommen mußten. Genau so ist es mit Auschwitz. Der Name Auschwitz tauchte auf. Es war vielleicht ein gewisser Verdacht da, aber es war kein Beweis für uns und auch kein Argwohn, daß wir irgendwie nun von uns aus die Ablieferungen der SS daraufhin zu beanstanden hätten.

DR. SAUTER: Sie haben infolgedessen, Herr Zeuge, offenbar wegen dieser Ihrer Auffassung auch keine Veranlassung genommen, dem Herrn Vizepräsidenten Puhl oder dem Direktorium irgendeinen Bericht zu erstatten oder irgendwelche Zweifel zu äußern, dazu hatten Sie keine Veranlassung?

THOMS: Ich habe Herrn Präsidenten Puhl auf die Zusammensetzung der Sendung aufmerksam gemacht, und zwar bereits wenige Monate nach der ersten Einlieferung. Der zusammenhängende Charakter der Einlieferungen war also Herrn Präsidenten Puhl bekannt. Wenn irgendwelche Beanstandungen dieser Einlieferung zu machen waren, dann hätten sie in diesem Falle von Präsident Puhl ausgehen müssen. Er wußte ja, wie die Zusammensetzung war.

DR. SAUTER: Ja, Sie sagten uns aber schon vorhin, überhaupt an der Zusammensetzung der Sachen ist Ihnen nichts aufgefallen; Sie haben es als Beute betrachtet, und jetzt meinen Sie, Sie hätten den Vizepräsidenten Puhl darauf aufmerksam gemacht, und dem hätte etwas auffallen müssen.

THOMS: Das habe ich nicht gesagt. Ich habe nicht gesagt, daß Herrn Puhl etwas hätte auffallen müssen, sondern ich habe nur gesagt, wenn eine Beanstandung zu machen gewesen wäre, dann hätte sie von Herrn Puhl ausgehen müssen, da er den Charakter der Sendung genau so kannte wie ich, und wenn ein Argwohn entstand beziehungsweise zu erheben wäre, dann müßte dieser Argwohn bei Herrn Puhl wahrscheinlich in viel stärkerem Ausmaße bestanden haben als bei mir.

DR. SAUTER: Herr Zeuge! Sie haben vorhin uns erzählt, daß da eine besondere Geheimhaltung vorgeschrieben worden sei. Sie haben aber in dem Zusammenhang erwähnt, daß auch andere Dinge, abgesehen von dieser SS-Sache, andere Geschäftsvorgänge vorgekommen seien, für die anscheinend eine besondere Geheimhaltung vorgeschrieben wurde. Stimmt das?

THOMS: Jawohl.

DR. SAUTER: Sie brauchen uns keine Namen zu nennen. Ich möchte nur wissen, was sind das für andere Sachen.

THOMS: Das sind Sachen, die mit der Kriegsabwicklung zu tun hatten. Es gab Geschäfte wohl auf dem Gebiete der Goldbewirtschaftung als vielleicht auch der Devisenbewirtschaftung und so weiter.

DR. SAUTER: Also keine verbrecherischen Sachen?

THOMS: Nein, keine verbrecherischen Sachen.

DR. SAUTER: Dann, Herr Zeuge...

VORSITZENDER: Dr. Sauter! Der Gerichtshof findet, daß Sie mit Fragen über andere Lieferungen von dem vorliegenden Thema zu weit abschweifen.

DR. SAUTER: Ja, die Frage ist aber bereits beantwortet, Herr Präsident.

Herr Zeuge! Wegen der Geheimhaltung würden mich interessieren diese SS-Einlieferungen, welche von ihr bei der Reichsbank eintrafen; soweit sie von der Reichsbank verwertet worden sind, ist doch dann, wie ich aus den vorliegenden Urkunden entnehme, jeweils abgerechnet worden?

THOMS: Jawohl.

DR. SAUTER: Und zwar von Ihrer Hauptkasse.

THOMS: Jawohl.

DR. SAUTER: An wen sind diese Abrechnungen geschickt worden?

THOMS: Sie sind an die Reichsführung-SS direkt geschickt worden, das heißt sie wurden von dem Melmer unmittelbar abgeholt von der Bank.

DR. SAUTER: Sind sie an sonstige Stellen nicht geschickt worden?

THOMS: Und dann wurden sie offiziell weitergegeben an die Devisenabteilung.

DR. SAUTER: An die Devisenabteilung, also an eine Staatsstelle?

THOMS: Nein, das ist eine Abteilung der Reichsbank, die dann die weitere Verbindung zu dem Direktorium herstellt.

DR. SAUTER: Sind diese Abrechnungen nicht auch weitergegeben worden oder überstellt worden an das Reichsfinanzministerium?

THOMS: Wir haben dem Verbindungsmann Melmer jeweils zwei Abrechnungen gegeben, also eine Abrechnung in doppelter Ausfertigung. Ob seitens der Reichsführung nun dem Finanzministerium ein Exemplar davon ausgehändigt wurde, ist mir nicht bekannt.

DR. SAUTER: Sind denn bei diesen Abrechnungen die Sachen tatsächlich vertraulich, also geheim behandelt worden?

THOMS: Ja.

DR. SAUTER: Zum Beispiel bei den Abrechnungen mit der Pfandleihanstalt?

THOMS: Bei der Abrechnung mit der Pfandleihanstalt wurde der Einlieferer nicht genannt.

DR. SAUTER: Wo sind denn die Goldzähne hingekommen?

THOMS: Sie wurden von der Preußischen Staatsmünze eingeschmolzen, das Gold wurde dann raffiniert, das heißt also geschieden, und das Feingold kam zur Reichsbank zurück.

DR. SAUTER: Herr Zeuge! Sie haben vorhin gesagt, Anfang 1943 da seien einige Gegenstände mit dem Stempel »Auschwitz« gekommen. Ich glaube, Anfang 1943 sagten Sie.

THOMS: Ja, ich kann den Zeitpunkt auch nicht mehr genau angeben.

DR. SAUTER: Da sagen Sie, »wir alle wußten, daß dort ein KZ-Lager war«. Haben Sie das wirklich Anfang 1943 bereits gewußt, Herr Zeuge?

THOMS: Ich kann das natürlich jetzt...

DR. SAUTER: Ja, jetzt natürlich wissen wir es alle. Ich spreche jetzt von der Zeit als dies geschah.

THOMS: Also das kann ich nicht unbedingt sagen. Ich habe jetzt diese Bestätigung gemacht auf Grund der Erkenntnis, daß – ja, nun Verzeihung, das ist wahrscheinlich – die Bearbeitung dieser Posten ist wahrscheinlich erst 1945 oder 1944 im Spätherbst gewesen. Es ist möglich, daß da schon etwas über Auschwitz durchgesickert ist.

DR. SAUTER: Nein, Sie haben gesagt, in Ziffer 14 Ihrer Erklärung:

»Eines der ersten Anzeichen für die Herkunft dieser Gegenstände« – also offenbar Herkunft aus Konzentra tionslagern – »ergab sich daraus, daß ein Paket mit Papieren den Stempel ›Lublin‹ trug. Dies war Anfang 1943. Ein anderer Hinweis konnte daraus entnommen werden, daß einige Gegenstände den Stempel ›Auschwitz‹ trugen. Wir alle wußten« – ich habe das vorhin bereits betont aus gutem Grunde – »wir alle wußten, daß an diesen Plätzen Konzentrationslager waren.«

Soweit Ihre Angabe.

Nun wiederhole ich die Frage: Jetzt wissen es natürlich alle, aber haben Sie, Herr Reichsbankrat, schon anfangs 1943 gewußt, daß da in Auschwitz dieses riesige Konzentrationslager bestand?

THOMS: Nein, in dieser positiven Form der Frage muß ich nein sagen, das habe ich nicht gewußt, aber...

VORSITZENDER: Dr. Sauter! Er hat über ein riesiges Konzentrationslager in Auschwitz gar nichts gesagt.

DR. SAUTER: Nein, das war eine rhetorische Übertreibung von mir. Ich habe gesagt, aus dem Prozeß wissen wir jetzt, daß dort ein Riesenkonzentrationslager war.

VORSITZENDER: Hat er das gewußt? Wußte er, daß dort im Jahre 1943 ein riesiges Konzentrationslager war? Er hat das nicht gesagt.

THOMS: Ich kann darauf »Nein« sagen, aber es ist so, ich nehme an, daß dieser »Auschwitzzettel« aus einer Lieferung, die vielleicht 1943 gemacht worden ist, stammt. Die Bearbeitung hat aber sehr viel später stattgefunden, und ich habe dieses Statement gemacht, nachdem ich bereits in Frankfurt war, so daß der Name »Auschwitz« mir also geläufig war. Ich gebe ja zu, daß da eine Übertreibung vorliegt insofern, als ich jetzt rückwirkend mir gesagt habe, das ist ein KZ- Lager gewesen, nicht wahr? Aber ich weiß daß wir damals irgendwie auf den Namen »Auschwitz« aufmerksam wurden und fragten, ich glaube, sogar die Frage stellten, wie das zusammenhing, und wir haben keine Antwort bekommen und fragten nie wieder etwas.

DR. SAUTER: Dann habe ich eine letzte Frage, Herr Zeuge. Es ist uns heute von der Staatsanwaltschaft ein Dokument 3947-PS – ich wiederhole, 3947 – vorgelegt worden. Es ist das anscheinend der Entwurf einer Denkschrift, die irgendeine Stelle der Reichsbank anscheinend für das Reichsbankdirektorium ausgearbeitet hat. Sie trägt das Datum vom 31. März 1944. Da kommt der Satz vor auf Seite 2, den ich Ihnen deshalb vorlese, weil er sich auch auf den Angeklagten Funk ebenso wie auf den Angeklagten Göring bezieht. Der Satz heißt:

»Der Herr Reichsmarschall des Großdeutschen Reiches, Beauftragter für den Vierjahresplan setzt nun die Deutsche Reichsbank mit seinem Schreiben vom 19. 3. 44, das wir in Abschrift beifügen« – nebenbei bemerkt, die Abschritt ist nicht da, wenigstens ich habe sie nicht – »davon in Kenntnis, daß die erheblichen Bestände der Haupttreuhandstelle Ost an Gold- und Silberwaren, Schmuckstücken und dgl. auf Grund einer Anordnung der Herren Reichsminister Funk« – der Angeklagte – »und Graf Schwerin v. Krosigk« – Reichsfinanzminister – »an die Reichsbank abzuliefern sind. Die Verwertung dieser Gegenstände müßte in der gleichen Weise geschehen wie bei den Melmer-Lieferungen.«

Soweit das Zitat.

Nun sagt mir der Angeklagte Funk, von einer derartigen Anordnung aber habe er überhaupt nichts gewußt; eine solche Vereinbarung oder ein solches Schreiben sei ihm vollkommen unbekannt, er wisse ja überhaupt nichts von Melmer-Lieferungen.

MR. DODD: Ich erhebe Einspruch gegen die Form der Frage. Ich habe schon früher Einwendungen gemacht. Die Antwort wird langatmig gegeben, bevor der Zeuge überhaupt die Frage vorgelegt bekommt. Das ist keine faire Art des Verhörs.

VORSITZENDER: Dr. Sauter! Sie wissen doch sicher, daß Sie nicht das Recht haben, selber auszusagen; Sie sind nicht dazu berechtigt, das zu sagen, was Ihnen Funk gesagt hat, es sei denn, daß er das ausgesagt hat.

DR. SAUTER: Herr Präsident! Das ist ja nicht ein Zeuge von uns, sondern das ist ein Zeuge, der sich freiwillig bei der Staatsanwaltschaft gemeldet hat.

VORSITZENDER: Dr. Sauter! Es handelt sich nicht darum, wessen Zeuge er ist. Sie sagten, was Funk Ihnen gesagt hat. Sie haben sich aber auf nichts bezogen, was Funk während des Verhörs ausgesagt hat, und dazu sind Sie nicht berechtigt.

DR. SAUTER: Es würde mich interessieren – Sie waren doch Reichsbankrat –, wissen Sie etwas von diesen Anordnungen, die im Schreiben vom 31. März 1944 von einer Stelle der Reichsbank erwähnt sind, ob hieran der Angeklagte Funk irgendwie beteiligt war?

THOMS: Ich glaube, mich zu erinnern, daß tatsächlich eine Anordnung vorlag, die ausdrückte, daß das Gold der Haupttreuhandstelle Ost auch an die Reichsbank geliefert werden sollte. Ich bin nicht ganz sicher, ob es sich hier bei diesem Schriftsatz um eine Ausarbeitung handelt, die der stellvertretende Direktor der Hauptkasse, Herr Kropp, seinerzeit an das Reichsbankdirektorium gemacht hat. Dann bin ich so ziemlich sicher, daß tatsächlich diese Anordnung ursprünglich gegeben wurde, aber ich mache darauf aufmerksam, daß die Hauptkasse, ausgehend von der Edelmetallabteilung, sich gegen die Annahme dieser Werte ausgesprochen hat, weil sie tatsächlich technisch nicht in der Lage war, auf die Dauer die Verantwortung für eine derartige umfangreiche Einlieferung der verschiedenartigen Sachen zu übernehmen und daß durch die Intervention von Herrn Kropp es auch später erreicht wurde, daß diese Anordnung zurückgezogen wurde. Die Ablieferungen der Haupttreuhandstelle Ost an die Reichsbank, speziell an die Hauptkasse, sind nicht vorgenommen worden. Aber ich glaube, sicher zu sein, daß ursprünglich eine Anordnung in dem Sinne vorlag, wie Sie soeben ausführten.

DR. SAUTER: Haben Sie diese Anordnung selbst gesehen?

THOMS: Ich glaube, daß in den Handakten der Edelmetalle, die sich in den Händen der Amerikanischen Regierung befinden, Durchschläge, Durchdrücke dieser Anordnung vorhanden sind.

DR. SAUTER: War diese Anordnung von dem Angeklagten Funk unterzeichnet?

THOMS: Das kann ich nicht sagen.

DR. SAUTER: Oder von welcher anderen Stelle?

THOMS: Das kann ich im Moment wirklich nicht sagen. Ich kann es aber nicht annehmen, denn wenn in dem Text gesagt ist: »von dem Herrn Finanzminister und auf Anordnung des Ministerpräsidenten Göring«, »von dem Finanzminister und von Herrn Funk«, dann muß doch eben eine andere Stelle unterzeichnet haben.

DR. SAUTER: Herr Vorsitzender! Ich habe sonst keine weiteren Fragen mehr.

MR DODD: Darf ich noch im Rückverhör ein oder zwei Fragen stellen?

VORSITZENDER: Ja.

MR. DODD: Herr Thoms! Es war doch keine Übertreibung bezüglich der Tatsache, daß Sie einen Zettel mit dem Wort »Auschwitz« in einer dieser Ladungen gefunden haben?

THOMS: Nein. Den Zettel habe ich gefunden.

MR. DODD: Ich nehme an, daß Sie in diesen Lieferungen viele Dinge gefunden haben, wo Namen darauf geschrieben waren, und es muß doch irgend etwas dabei gewesen sein, was Sie an »Auschwitz« erinnerte?

THOMS: Ja.

MR. DODD: Nun, was war es?

THOMS: Ich muß annehmen – ich meine jetzt, aus meiner Erinnerung weiß ich, daß es sich in Verbindung mit einem Konzentrationslager gehandelt hat, aber ich kann es nicht sagen, ich bin der Meinung, daß das später gewesen sein muß. Das ist wirklich...

MR. DODD: Ich will nicht mehr darauf bestehen. Ich will dem Gerichtshof nur klarmachen, daß Sie uns sagten, daß Sie sich an »Auschwitz« erinnerten. Und das bedeutete Ihnen soviel, daß Sie sich sogar noch nach der Niederlage Deutschlands daran erinnert haben. Stimmt das nicht?

THOMS: Jawohl.

MR. DODD: Ich habe keine weiteren Fragen mehr.

MR. BIDDLE: Herr Zeuge! Sie sagten, daß ungefähr 77 Lieferungen eintrafen, ist das richtig?

THOMS: Ja, es werden über 70 gewesen sein.

MR. BIDDLE: Wie groß waren die verschiedenen Lieferungen? Waren sie in Lastkraftwagen?

THOMS: Ja – sie waren verschieden groß. Aber im allgemeinen kamen sie teilweise mit Personenwagen, teilweise mit Lastwagen, das kam eben gerade darauf an, wenn zum Beispiel Noten eingeliefert worden waren, dann war der Umfang kleiner und das Gewicht nicht schwer. Wenn es Silber oder andere Silbergegenstände waren, dann war das Gewicht hoch und dann kam ein kleiner Lastwagen.

MR. BIDDLE: Eine Lieferung bestand gewöhnlich aus mehreren Lastwagen oder Kraftwagen?

THOMS: Nein, so groß waren die Lieferungen ja nicht. Es war also höchstens ein Lastwagen.

MR. BIDDLE: Noch eine Frage. Sie sagen, daß diese Artikel in neue Behälter umgepackt wurden, nicht wahr?

THOMS: Ja, sie wurden von der Reichsbank in gewöhnliche Beutel getan; auf den Säcken stand »Reichsbank«.

MR. BIDDLE: Säcke, auf denen »Reichsbank« stand?

THOMS: Ja, auf denen »Reichsbank« stand.

VORSITZENDER: Der Zeuge kann gehen.