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[Zum Zeugen gewandt:]

Die Vorlegung des Planes erfolgte dann doch, Herr Zeuge, durch die Reichsregierung, und Sie leisteten lediglich die Vorarbeiten?

RAEDER: Jawohl.

DR. SIEMERS: Trifft das nur auf den Schiffsbauersatzplan für 1930 zu, oder ist es in den übrigen Jahren stets genau so gehandhabt worden?

RAEDER: Dieser Plan war eingereicht, war grundsätzlich vom Reichstag genehmigt worden. Jedes einzelne Schiff mußte aber in dem Haushaltsplan des betreffenden Jahres, in dem der Bau angefangen werden sollte noch wieder extra bewilligt werden, also der ganze Aufbau fand immer im engsten Einvernehmen mit Reichsregierung und Reichstag statt.

DR. SIEMERS: Ich darf aus diesem Schiffsbauersatzplan im Rahmen des Dokumentenbeweises noch auf zwei Punkte hinweisen, wodurch die Zeugenvernehmung sich wesentlich abkürzt. Aus Seite 26 möchte ich zunächst nichts zitieren – ich bitte überhaupt von dem übrigen Inhalt Kenntnis zu nehmen –, sondern nur darauf hinweisen, daß dort auf das hohe Alter der ganzen Linienschiffe hingewiesen wird und auf die dadurch notwendig gewordene Erneuerung. Im Schiffsbauersatzplan auf Seite 27 des Dokumentenbuches wird dann ausdrücklich erwähnt, daß der Reichstag in seiner 89. Sitzung vom 18. Juni 1929 die Reichsregierung um Vorlage eines länger befristeten Bauplans ersucht. Die allgemeine Meinung damals ist, wie in diesem Schiffsbauersatzplan zum Ausdruck kommt, niedergelegt in der »Frankfurter Zeitung« vom 15. August 1928, wo die »Frankfurter Zeitung« darauf hinweist, daß ein Panzerkreuzer seinen vollen Wert überhaupt erst als Glied eines Geschwaders gewinne. Die »Frankfurter Zeitung« war, wie wohl bekannt ist, die beste deutsche Zeitung, und ist erst 1943, im Kriege, durch die immer stärker werdende nationalsozialistische Diktatur verboten worden.

Ich darf dann noch verweisen auf Seite 29 und nur einen Satz zitieren:

»Der Bau der Panzerschiffe wird möglichst gestreckt, um eine stetige Beschäftigung der Marinewerft Wilhelmshaven zu erreichen. Ihre ideale Bauzeit beträgt etwa drei Jahre, und wird dadurch weiter ausgeführt, daß man aus dem Grundsatz heraus, möglichst lange Beschäftigung zu erhalten, die Bauzeit im einzelnen so lange wie möglich erstreckt.«

Ich glaube, das zeigt, daß man keine Angriffsabsichten hatte, da man sonst hätte schneller bauen müssen.

Dann bitte ich nur noch Kenntnis zu nehmen von Seite 30, daß die Baukosten eines Panzerschiffes mit einer Tonnage von 10000 Tonnen zirka 75 Millionen Mark beträgt. Diese Zahl ist mir als Beweismittel wichtig, mit Rücksicht auf den weiteren Verlauf der Beweisaufnahme, wo sich noch die wertmäßige Höhe der Verstöße gegen den Versailler Vertrag ergeben werden.

Und als letztes auf Seite 30 darf ich zitieren ein paar Zeilen, und zwar den Grundsatz über den Einsatz der Wehrmacht. Ich zitiere:

»Für die Wehrmacht des Deutschen Reiches, die der Verteidigung der Grenzen und dem Schutze des Friedens dient, kommen seit Ausführung der Abrüstung, die die deutsche Republik bisher als einzige unter den Großmächten vollzogen hat, folgende Möglichkeiten des Eingreifens in Betracht: a) Verteidigung bei Gebietsraub, b) Verteidigung der Neutralität bei Konflikten Dritter.«

[Zum Zeugen gewandt:]

Ich möchte nun zu den einzelnen Vertragsverstößen übergehen, die Ihnen die Anklage vorgeworfen hat. Ich überreiche in diesem Zusammenhang Raeder-Exhibit 1, also im Dokumentenbuch I, Seite 1, und beziehe mich auf Seite 3, Artikel 191. Es handelt sich um den Vorwurf, daß Deutschland entgegen dem Versailler Vertrag U-Bootbau betrieben habe. Artikel 191 lautet: Ich zitiere:

»Der Bau und der Erwerb aller Unterwasserfahrzeuge, selbst zu Handelszwecken ist in Deutschland untersagt.«

Bezüglich der feststehenden Tatsache, daß die Marine an einer Firma, die sich mit Konstruktion von U- Booten in Holland beschäftigte, sowie an einem allgemeinen Schiff- und U-Bootbauprogramm, das in Holland durchgeführt wurde, interessiert gewesen ist, habe ich gleich an Sie eine Frage, glaube aber wiederum, um Zeit zu sparen, daß es einfacher ist, wenn ich aus dem Affidavit Lohmann I, das ich als Exhibit 2 überreiche, im Dokumentenbuch I, Seite 4, den kurzen Abschnitt unter I vorlese; ich zitiere:

»Nach dem Versailler Vertrag durfte das Deutsche Reich U-Boote weder bauen noch erwerben.

Die Marine interessierte sich für die im Juli 1922 in Den Haag gegründete Firma N. V. Ingenieurskantoor voor Scheepsbouw, um auf dem Gebiet des modernen U-Bootbaues orientiert zu bleiben. Es war beabsichtigt, die auf diese Weise gesammelte Erfahrung zugunsten der deutschen Marine zu verwerten, wenn in späterer Zeit die Bestimmungen des Versailler Vertrags im Verhandlungswege aufgehoben würden und dem Deutschen Reich der Bau von U-Booten wieder gestattet würde. Außerdem wollte die Marine ein kleines fachlich gebildetes Stammpersonal für den gleichen Zweck heranziehen.

Die holländische Firma war ein reines Konstruktionsbüro.«

Hohes Tribunal! Ich darf vorsorglich darauf aufmerksam machen, daß an dieser Stelle sich ein Übersetzungsfehler in dem englischen Exemplar befindet. Das Wort Konstruktionsbüro, also das Wort »Konstruktion« ist mit »construction« übersetzt. Construction heißt aber »Bau« im Deutschen. Es war kein Baubüro. Soweit ich orientiert bin, muß »Konstruktion« mit »design« übersetzt werden. Da es wesentlich angesichts des Artikels 191 auf diesen Punkt ankommt, möchte ich diesen gerne richtigstellen.

Ich zitiere weiter:

»Das erste deutsche U-Boot wurde am 29. Juni 1935 in Dienst gestellt; nachdem entsprechende Zeit vorher mit der Beschaffung von Einzelteilen für den U-Bootbau begonnen wurde.«

Ich erinnere daran, daß zur Zeit der Indienststellung des ersten U-Bootes, das Deutsch-Englische Flottenabkommen bereits bestand, wonach der U- Bootbau erlaubt war. Ich darf Sie fragen, ob diese Ausführungen von Admiral Lohmann richtig sind?

RAEDER: Ja, das entspricht vollkommen den Tatsachen.

DR. SIEMERS: Ich komme dann zu dem Anklage- Dokument C-141, gleich Exhibit US-47. Es befindet sich im Dokumentenbuch Raeder Nummer 10 auf Seite 22 in der Zusammenstellung der Britischen Delegation. Es handelt sich hierbei um Ihr Schreiben vom 10. Februar 1932 betreffend Torpedobewaffnung der S-Boote. S-Boot, also Schnellboote waren...

VORSITZENDER: Ist das im Dokumentenbuch 10-A, oder im Dokumentenbuch 10?

DR. SIEMERS: Dokumentenbuch 10, also das alte Dokumentenbuch.

VORSITZENDER: Meine Seiten sind falsch beziffert; ich habe es aber jetzt.

DR. SIEMERS: Also, ich bitte um Entschuldigung, die Seitenzahlen sind mir so aufgegeben worden.

VORSITZENDER: Es stimmt schon in den anderen Büchern.