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[Zum Zeugen gewandt:]

Herr Großadmiral! Ich muß noch einmal auf die Urkunde C-122, die Sie schon erwähnt haben, zurückkommen.

Die Anklage macht dort zum Vorwurf, daß dort die Worte gebraucht sind:

»Chef Skl hält es für notwendig, den Führer baldmöglichst mit den Überlegungen der Skl über die Möglich keiten zur Ausweitung der Operationsbasis nach Norden vertraut zu machen«

und glaubt hieraus schließen zu dürfen, daß das Ihr Grundgedanke war, die Operationsbasis für die Marine zu erweitern.

RAEDER: Ich habe vorher schon gesagt, daß ich mit Möglichkeiten der Ausweitung der Operationen nach Norden sowohl die Ausweitung der Operationen der Engländer und ihre Folgen meinte als auch die Möglichkeit für uns, diesen zuvorzukommen und dabei natürlich auch die Stützpunkte zu gewinnen, die dann auch uns von einem gewissen Nutzen sein würden.

DR. SIEMERS: Was antwortete Hitler bei dieser Unterhaltung am 10. Oktober 1939?

RAEDER: Hitler war mit dieser Frage noch nicht befaßt worden. Sie lag ihm fern, weil er mit den Verhältnissen der Seekriegführung nur wenig vertraut war und auch immer bemerkte, daß er diese Dinge weniger übersehe und sich infolgedessen unsicher fühle. Er sagte, er wolle sich mit der Frage beschäftigen, und ich möchte ihm meinen Sprechzettel, den ich mir auf Grund der Angaben der Seekriegsleitung ausgearbeitet hatte, überlassen, damit er denselben als Grundlage für seine Überlegungen nehmen könne. Es war typisch und spricht zu sehr gegen den Charakter der Verschwörung, daß mir Hitler bei dieser Gelegenheit, wo er mit Norwegen befaßt wurde, kein Wort sagte davon, daß er in früherer Zeit, zuletzt offenbar im Sommer dieses Jahres, und zwar von Rosenberg aus, mit norwegischen Fragen befaßt worden wäre. Ich entnehme einem Dokument, das mir erst hier bekanntgeworden ist, daß Herr Rosenberg schon am 20. Juni 1939 dem Führer einen ausführlichen Bericht vorgelegt hatte über seine Beziehungen zu norwegischen politischen Kreisen, von denen ich aber erst am 11. Dezember überhaupt etwas erfuhr.

Für mich wäre es durchaus natürlich gewesen, wenn der Führer, der sich mit norwegischen strategischen Dingen befaßte, mir bei dieser Gelegenheit gesagt hätte: Die und die Kenntnis habe ich über die norwegischen Verhältnisse.

Das geschah aber nicht, wie ja immer ein starkes Nebeneinanderarbeiten stattfand. Der Führer sagte, wir wollten weitere Nachrichten abwarten, und er werde sich mit diesen Fragen beschäftigen.

DR. SIEMERS: Haben Sie in der weiteren Zeit, Oktober, November bis 11. Dezember noch mit Hitler über diese Frage gesprochen?

RAEDER: Nein. Die Frage kam in dieser Zeit gar nicht zur Sprache. Auf der anderen Seite war inzwischen im September der Korvettenkapitän Schreiber zuerst zum Hilfsattaché in Oslo und dann zum Marineattaché in Oslo ernannt worden, der mir in dieser Zeit nun ebenso wie der Nachrichtendienst weitere Nachrichten über die Verhältnisse in Norwegen und über die dort kursierenden Nachrichten über eventuelle Landungen der Engländer übermittelte. Der Kapitän Schreiber war nachher eigentlich mein Hauptmitarbeiter in diesen norwegischen Fragen und zeigte ganz besonders viel Verständnis für die Lage.

DR. SIEMERS: In diesem Zusammenhang möchte ich dem Hohen Tribunal Raeder Exhibit Nummer 107, das Affidavit des eben erwähnten Marineattachés Richard Schreiber überreichen. Es findet sich in meinem Dokumentenbuch 5, Seite 464.

Schreiber wurde danach am 7. September 1939 als Reserveoffizier einberufen und dann als Marineattaché nach Oslo geschickt; er bestätigt, daß er seit Herbst 1939 dort tätig gewesen ist.

Ich darf hieraus mit Erlaubnis des Gerichts einen Teil verlesen, unter I, auf Seite 465 unten...

VORSITZENDER: Wir sagten Ihnen, daß wir alle diese Dokumente gelesen haben, gegen die Einspruch erhoben wurde. Wir haben dieses Dokument zugelassen; es ist deshalb nicht notwendig, daß Sie es nochmals verlesen.

DR. SIEMERS: Also darf ich mich in diesem Zusammenhang beziehen auf den ersten Teil dieses Affidavits, Teil I.

Herr Präsident! Ich darf nur auf einen kleinen sinnstörenden Übersetzungsfehler hinweisen: auf Seite 465 in der..., Verzeihung, auf Seite 466 im. zweiten Absatz in der Zeile 2 fehlt das Wort »deutschen«, »German«. Es heißt dort:

»... klare Anweisungen des deutschen Außenministeriums vorlagen, die Neutralität Norwegens deutscherseits... zu respektieren...«

Es steht im englischen Text: »of the Foreign-Office«, statt »of the German Foreign-Office«. Ich wäre dankbar, wenn der Fehler berichtigt werden könnte.