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[Zum Zeugen gewandt:]

Man wird Ihnen zeigen, wo sie sich im Original befinden, und dann werden Sie dem Gerichtshof sagen, ob das richtig verlesen wurde, und ob Sie diese Erklärung bestätigen:

»Mein Verhältnis zu Adolf Hitler und zur Partei... Von verhängnisvoller Wirkung war für das Schicksal des Deutschen Reiches...«

Haben Sie diese Stelle gefunden?

RAEDER: Jawohl, ich habe sie.

OBERST POKROWSKY:

»Unvorstellbare Eitelkeit und maßloser...«

DR. SIEMERS: Darf ich um die Liebenswürdigkeit bitten, daß ich ein Exemplar bekomme, damit ich der Verhandlung folgen kann?

OBERST POKROWSKY:

»Unvorstellbare Eitelkeit und maßloser Ehrgeiz waren seine Haupteigenschaften. Popularitäts- und Effekthascherei, Unaufrichtigkeit, Unsachlichkeit und Selbstsucht, die vor dem Interesse des Staates und des Volkes nicht Halt machte. Habgier und Verschwendungssucht, weichliches, unsoldatisches Wesen zeichneten ihn aus.«

Dann ein wenig später:

»Hitler hat ihn nach meiner Überzeugung frühzeitig erkannt, nutzte ihn aber aus, wo es ihm zweckmäßig erschien, und belastete ihn mit immer neuen Aufgaben, um ihn nicht zur Gefahr für seine eigene Person werden zu lassen.«

Auf Seite 24 Ihres Dokuments geben Sie eine andere Charakteristik:

»Der Führer legte auch weiterhin Wert darauf, daß sein Verhältnis zu mir nach außen hin als ein normales und gutes erschien – er wußte, daß mein Ansehen in allen wirklich wertvollen Kreisen des deutschen Volkes recht erheblich war und daß man mir allgemein großes Vertrauen entgegenbrachte – im Gegensatz zu Göring, v. Ribbentrop, Dr. Goebbels, Himmler, Dr. Ley.«

Jetzt bitte ich Sie, Seite 27 aufzuschlagen.

RAEDER: Es fehlt aber noch etwas, bitte.

»In gleicher Weise aber, wie zum Beispiel dem Freiherrn v. Neurath,... dem Graf v. Schwerin-Krosigk, Schacht, Dorpmüller und andere«,

die auf der anderen Seite standen.

OBERST POKROWSKY: Diese Stelle werde ich verlesen, vielleicht hat man sie Ihnen nicht genau übertragen. Nun auf Seite 27, die Stelle ist mit Rotstift angestrichen:

»Die starke Betonung der politischen (Partei-) Seite durch Dönitz war dazu geeignet...«

VORSITZENDER: Ich glaube, der Gerichtshof kann das selbst lesen, wenn der Angeklagte sagt, daß es wahr ist und daß er es geschrieben hat. Dann könnte Dr. Siemers es ja nachprüfen und sehen, daß keine Unstimmigkeiten bestehen.

OBERST POKROWSKY: Sehr gut, Herr Vorsitzender. Dann werde ich die Möglichkeit haben, die Frage viel kürzer zu stellen.

[Zum Zeugen gewandt:]

Ich bitte Sie, die bezeichnete Stelle auf Seite 29 anzusehen, in der von Feldmarschall Keitel und General Jodl die Rede ist. Bestätigen Sie das?

RAEDER: Was soll ich damit? Jawohl, also...

OBERST POKROWSKY: Ich bitte Sie, das Dokument zu betrachten, und ich möchte in jeder Hinsicht, sowohl über das, was Sie selbst lesen, wie auch darüber, was ich zitiert habe, Ihre Antwort hören – bestätigen Sie das alles?

DR. SIEMERS: Herr Präsident! Ich bin mit dem Vorschlage des Gerichts einverstanden. Ich habe nur die Bitte, daß das Dokument ganz vorgelegt wird. Ich habe nur kurze Auszüge, und ich wäre dankbar, wenn ich vielleicht das Dokument als Ganzes sehen könnte. Ich nehme an, daß Oberst Pokrowsky damit einverstanden ist.

VORSITZENDER: Selbstverständlich, Dr. Siemers, nachdem ein Teil des Dokuments als Beweis vorgelegt worden ist, können Sie sich auf den Rest des Dokuments beziehen. Sie können den Rest des Dokuments vorlesen, wenn Sie es wünschen.

RAEDER: Ich sagte, daß ich damals mir klar zu werden suchte über die Ursachen unseres Zusammenbruchs.

OBERST POKROWSKY: Ich möchte Sie bitten, zuerst die Antworten zu geben: Ja oder nein.

RAEDER: Jawohl. Im großen und ganzen stimme ich mit diesem Urteil ganz überein. Ich möchte aber dabei hinzusetzen, daß ich diese Niederschrift unter ganz anderen Voraussetzungen getan habe. Ich möchte die Einzelheiten hier nicht erwähnen und daß ich nie damit gerechnet habe, daß das hier nach außen dringen würde.

Es waren Aufzeichnungen, die für mich und meine späteren Beurteilungen bestimmt waren. Ich möchte auch ganz besonders bitten, daß das, was ich über Herrn Generaloberst Jodl gesagt habe, ebenfalls aufgenommen wird in das Protokoll oder wo es hinkommt. Das steht gleich hinter dem Feldmarschall Keitel; und ich möchte bei Generalfeldmarschall Keitel besonders betonen, daß ich sagen wollte, daß seine Art dem Führer gegenüber dazu führte, daß er lange Zeit mit ihm aushalten konnte, denn wenn jemand anders in der Stellung gewesen wäre, der jeden Tag oder jeden zweiten Tag einen Krach mit dem Führer gehabt hätte, daß dann überhaupt ein Arbeiten für die ganze Wehrmacht nicht möglich gewesen wäre. Das ist der Grund und die Erklärung dessen, was ich damit sagen wollte.

OBERST POKROWSKY: Die Sowjetische Anklagevertretung hat keine weiteren Fragen an den Angeklagten.

VORSITZENDER: Angeklagter! Haben Sie das ganze Dokument vor sich? War es das Originaldokument, das Sie vor sich hatten?

RAEDER: Jawohl.

VORSITZENDER: Ist das Ihre Handschrift?

RAEDER: Nein, es ist mit der Maschine geschrieben, aber von mir unterschrieben.

VORSITZENDER: Dann kann das Dokument Dr. Siemers ausgehändigt werden.

Dr. Siemers! Wollen Sie außer der Vorlage dieses Dokuments noch ein Rückverhör vornehmen? Haben Sie außer der Vorlage des Dokuments noch Fragen zu stellen?

DR. SIEMERS: Ja, ich muß wegen des Verhörs von Sir David ein Rückkreuzverhör stellen und darf das Gericht um die Erlaubnis bitten, da ich dann inzwischen dieses Dokument gelesen habe, und dieses Dokument dann im Zusammenhang morgen mitbehandle.

MR. DODD: Herr Vorsitzender! Im Hinblick auf dieses Dokument kommt mir der Gedanke... Verstehe ich den Gerichtshof richtig, wenn ich annehme, daß er Abschritten an alle Verteidigungsanwälte verteilen lassen will? Es sind darin Dinge enthalten, die die Angeklagten betreffen und über die die Verteidiger vielleicht zu verhören wünschen. Sie könnten sonst ein Überraschungsmoment geltend machen.

VORSITZENDER: Ich dachte, es sei fair, wenn Dr. Siemers das Dokument sieht.

MR. DODD: Ja. Ich habe keinen Einwand dagegen. Ich weise jedoch darauf hin, daß in diesem Dokument Angeklagte erwähnt werden, die nicht von Dr. Siemers vertreten werden. Und wenn nun dieses Dokument ihnen nicht durch Verlesen oder in Übersetzung zugänglich gemacht wird, könnten sie dann später Überraschung und Mangel an Gelegenheit zur Durchsicht vorschützen.

VORSITZENDER: Ich denke, man sollte Photokopien des Dokuments anfertigen lassen, so daß alle darin erwähnten Angeklagten mit seinem Inhalt vertraut werden.

MR. DODD: Ich wollte eben diesen Vorschlag machen.

VORSITZENDER: Ja