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[Das Gericht vertagt sich bis 14.00 Uhr.]

Nachmittagssitzung.

[Der Angeklagte von Schirach im Zeugenstand.]

DR. ROBERT SERVATIUS, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN SAUCKEL, VERTEIDIGER FÜR DAS KORPS DER POLITISCHEN LEITER: Herr Zeuge! Sie haben bezüglich der Anweisung Sauckels über den Arbeitseinsatz bereits ausgesagt, daß Sie mit Anordnungen überschwemmt worden seien. Sind diese Anordnungen auch durchgeführt, worden?

VON SCHIRACH: Soweit ich davon Kenntnis habe, kann ich das bestätigen. Ich habe den Eindruck gehabt, daß die Organe der Arbeitseinsatzverwaltung sich an die Anordnungen Sauckels gebunden fühlten, und soweit ich Betriebe besucht habe, habe ich auch feststellen können, daß das, was in diesen Anordnungen gefordert wurde, tatsächlich verwirklicht worden ist.

DR. SERVATIUS: Hat Sauckel sich auch selbst darum gekümmert mit Nachdruck, daß diese Sachen ausgeführt wurden?

VON SCHIRACH: Ja, ich erinnere mich, daß Sauckel einmal nach Wien kam – ich glaube 1943 oder 1944, 1943 ist es wohl gewesen – und dort zu seinen sämtlichen Arbeitseinsatzfunktionären sprach. Er hat dabei das, was in seinen Anordnungen stand, mündlich wiederholt. Insbesondere hat er sich auch damals wegen der fremdvölkischen Arbeitskräfte geäußert, eine gerechte Behandlung verlangt; ich erinnere mich sogar, daß er bei der Gelegenheit von einer Gleichstellung mit den inländischen Arbeitskräften sprach.

DR. SERVATIUS: Ich habe noch einige Fragen für die Politischen Leiter. Wie wurden die Politischen Leiter in der Gauebene informiert? Gab es Einzelrücksprachen mit den Gauleitern bei dem Führer, besonders im Anschluß an die Gautagungen?

VON SCHIRACH: Nein. Im Anschluß an die Gauleitertagungen hat der Führer sich im Gespräch vor einem größeren Kreis immer so geäußert, wie er das eigentlich in seinen Reden tat. Unterhaltungen gab es praktisch nicht. Er hielt immer Reden. Es kamen Termine von Gauleitern bei Hitler so gut wie gar nicht mehr zustande seit Ausbruch des Krieges.

DR. SERVATIUS: Konnte sich ein Gauleiter persönlich an Hitler wenden und um eine Rücksprache bitten?

VON SCHIRACH: Er konnte darum bitten, aber er bekam sie nicht. Er bekam eine Antwort durch Bormann, meistens durch Fernschreiben. Ich habe das selbst ja sehr häufig erlebt, weil ich solche Bitten ausgesprochen habe, und dann wurde darin gefordert, man möchte die Punkte, die man fragen möchte, schriftlich nun übermitteln, und darauf erhielt man dann entweder eine Antwort oder keine Antwort.

DR. SERVATIUS: Herr Zeuge! Hier ist ein Schreiben vorgelegt worden als Dokument D-728, unterschrieben oder gezeichnet von dem Gauleiter Sprenger. Sie waren ja hier in der Sitzung und kennen das Dokument. Ich habe dazu zwei Fragen. Ist Ihnen etwas bekannt von einer Liste, die aufgestellt werden sollte mit den Herz- und Lungenkranken, die aus der Bevölkerung entfernt werden sollten?

VON SCHIRACH: Nein, mir ist darüber nichts bekannt.

DR. SERVATIUS: Auch nicht, daß Sie entsprechende Vorschläge machen sollten an den Führer?

VON SCHIRACH: Nein.

DR. SERVATIUS: Dann enthält das Dokument meiner Ansicht nach einen Fehler, der auch hier schon besprochen worden ist, nämlich die Anrede »Herr«. Das Schreiben ist gerichtet an die Herren Ortsgruppenleiter, und es ist wiederholt die Rede von den Herren Kreisleitern und Ortsgruppenleitern im Text. Ich frage Sie, ist der Ausdruck »Herr« in der Parteisprache üblich gewesen?

VON SCHIRACH: Nein. Ich habe überhaupt noch nie ein Dokument in der Partei kennengelernt, außer diesem, was ich für eine Fälschung halte, in dem die Anrede Herr gebraucht wurde.

DR. SERVATIUS: Sie sind der Auffassung, daß allein diese Bezeichnung das Dokument als unecht erscheinen läßt?

VON SCHIRACH: Jawohl.