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[Zum Zeugen gewandt:]

Nun, dieses Dokument, das ich Ihnen jetzt zeige, ist ein Telegramm, ein Fernschreiben, an den »Reichsstatthalter in Wien«. Aus einem Vermerk am oberen Rand des Schreibens ist ersichtlich, daß es am 10. September 1942 bei Ihnen eingegangen ist. Es enthält einen Entwurf für einen Leitartikel für das »Schwarze Korps«. Das ist die Zeitschrift der SS, wie Sie sich erinnern werden.

Beim Lesen werden Sie sehen, daß ganz am Beginn festgestellt wird, ein höherer Offizier, der erst kurz vorher von Sewastopol nach Berlin gekommen sei, habe erklärt, daß diese Festung von neunzehnjährigen Soldaten niedergerungen worden sei, den gleichen, die man noch vier Jahre vorher mit kurzen Hosen und mit dem Lied »Ja, die Fahne ist mehr als der Tod« auf den Lippen durch unsere Städte marschieren sah.

Weiter heißt es in dem Artikel, die Jünglinge erfüllten kämpfend, was die Knaben singend versprochen hätten; die nationalsozialistische Bewegung aber hätte eine Jugend erzogen, die sie mit Glauben und Hingabe erfüllt habe und so weiter.

Der Artikel stellt dann in der Hauptsache fest, daß es Leute gab, die sich Ihrem Programm widersetzten, als Sie versucht hätten, die Jugend stark zu machen.

Es geht klar daraus hervor, daß Sie das Verdienst für sich in Anspruch nahmen, sie zu den guten neunzehnjährigen Kämpfern ausgebildet zu haben, die Sewastopol eroberten. Ist das richtig? In diesem Artikel sage ich, nehmen Sie es für sich in Anspruch, diesen Schlag von neunzehnjährigen Jungen geschaffen zu haben.

VON SCHIRACH: Ich habe von diesem Artikel bisher keine Kenntnis gehabt.

MR. DODD: Sie kennen ihn jetzt. Sie können doch sicherlich darüber sprechen.

VON SCHIRACH: Das möchte ich eben tun. Herr Kaufmann war damals gerade von der Ostfront zurückgekehrt und hat unter dem Eindruck dessen, was er draußen erlebt hat, das hier niedergeschrieben, was in diesem Artikel, den ich unmöglich nun ganz lesen kann, seinen Ausdruck findet.

MR. DODD: Nun, er ist nicht sehr lang. Ich habe nur die wichtigsten Stellen, die Sie betreffen, verlesen.

VON SCHIRACH: Daß die Jugend militärisch ausgebildet wurde, steht, glaube ich, nicht mit einem einzigen Satz in diesem ganzen Artikel drin.

MR. DODD: Das weiß ich; ich frage ja nur, ob es nicht richtig ist, daß Sie es in diesem Artikel als Ihr Verdienst betrachteten, wesentlich dazu beigetragen zu haben, daß diese neunzehnjährigen Jungen so gute Kämpfer in Rußland waren. Ich habe Sie nur das gefragt.

VON SCHIRACH: Ich habe Ihnen schon gesagt, daß ich die Jugend zu guten Staatsbürgern erziehen wollte und daß ich sie zu Patrioten erziehen wollte, die ihre Pflicht nachher auch im Felde taten...

MR. DODD: Gut.

VON SCHIRACH: Und auch ihre Pflicht im Felde erfüllen sollten.

MR. DODD: Nun, Ihre Antwort ist also dann, ja, Sie haben es als Ihr Verdienst in Anspruch genommen, daß sie gute Kämpfer waren. Nun, es steckt keine Falle in dieser Frage. Es ist nur eine Einleitung, und ich möchte weitergehen; aber ich denke doch, daß Sie ja sagen könnten. Übrigens ist das Lied »Die Fahne ist mehr als der Tod« doch von Ihnen geschrieben?

VON SCHIRACH: Das Fahnenlied der Jugend, das ich geschrieben habe, hat den Refrain »Die Fahne ist mehr als der Tod«. Richtig.

MR. DODD: Sie haben in den Tagen der Kriegsvorbereitung auch eine Anzahl von anderen Liedern für die Jugend in einem Liederbuch herausgegeben.

VON SCHIRACH: Es sind viele Liederbücher der Jugend erschienen, ich kenne sie nicht alle...

MR. DODD: Ich auch nicht. Ich frage nur, ob es den Tatsachen entspricht, daß Sie Liederbücher für die Jugend herausgegeben haben.

VON SCHIRACH: Sowohl das Kulturamt der Reichsjugendführung als auch das Presseamt haben solche Bücher herausgegeben. Ich habe natürlich nicht jedes einzelne Lied persönlich mir angesehen, was da drin steht; aber es wurden in diesen Liederbüchern, glaube ich, im allgemeinen nur solche Lieder aufgenommen, die in der Jugend gesungen wurden.

MR. DODD: Gut. Wir haben hier einige Auszüge aus einem Ihrer Liederbücher, und ich möchte auf ein Lied besonders verweisen. Erinnern Sie sich an das Lied »Vorwärts, Vorwärts«, das Sie auch geschrieben haben? Erinnern Sie sich an dieses Lied?

VON SCHIRACH: »Vorwärts, Vorwärts«, ist das Fahnenlied der Jugend.

MR. DODD: Gut, haben Sie es geschrieben?

VON SCHIRACH: Ja.

MR. DODD: Nun, das enthält doch gewiß Worte und Redensarten, die die jungen Leute sehr zu ihren militärischen Pflichten anspornen, nicht wahr?

VON SCHIRACH: Das Fahnenlied der Jugend? Das finde ich nicht.

MR. DODD: Worte wie ungefähr diese: »Wir sind die zukünftigen Soldaten. Durch uns're Fäuste fällt, was sich uns entgegenstellt. Führer, Dir gehören wir« und so weiter. Erinnern Sie sich daran?

VON SCHIRACH: Ich habe nicht gesagt, »Wir sind die zukünftigen Soldaten«, wie ich das jetzt im Englischen höre, sondern »Wir sind der Zukunft Soldaten«.

MR. DODD: Gut.

VON SCHIRACH: Soldaten der Zukunft, die Träger einer Zukunft.

MR. DODD: Gut, das ist doch auch eines Ihrer Lieder, nicht wahr?

VON SCHIRACH: Das ist ein revolutionäres Lied, das in der Kampfzeit entstanden ist. Es bezieht sich nicht auf den Krieg etwa Deutschlands mit anderen Mächten, sondern auf den Kampf, den wir zur Durchsetzung unserer Revolution im Innern durchzuführen hatten.

MR. DODD: Gut, wir werden sehen. Erinnern Sie sich an das Lied »Siehst Du im Osten das Morgenrot?« Erinnern Sie sich an dieses Lied?

VON SCHIRACH: Das ist kein Lied von mir.

MR. DODD: Es ist eines der Lieder aus dem Liederbuch der Hitler-Jugend. Stimmt es nicht?

VON SCHIRACH: Das ist ein altes Lied der SA aus den Jahren 1923/1924.

MR. DODD: Nun, das mag sein. Ich frage Sie nur, ob es den Tatsachen entspricht, daß dieses Lied in Ihrem offiziellen Liederbuch für die Jugend enthalten war?

VON SCHIRACH: Ja.

MR. DODD: Und in diesem Lied schmähen Sie die Juden, nicht wahr?

VON SCHIRACH: Das ist mir nicht bekannt, und ich müßte dann das Lied mal sehen.

MR. DODD: Ich kann es Ihnen zeigen, aber wenn Sie sich dessen vielleicht erinnern könnten, würde es uns ein wenig Zeit sparen. Erinnern Sie sich nicht, daß die zweite Strophe lautet: »Viele Jahre zogen dahin, geknechtet das Volk und belogen, Verräter und Juden hatten Gewinn«, erinnern Sie sich der Worte dieses Liedes?

»Volk ans Gewehr« ist das nächste.

VON SCHIRACH: Ja, ich weiß aber nicht genau, ob das in einem Liederbuch der Jugend abgedruckt ist.

MR. DODD: Ich kann Ihnen versichern, daß es dort abgedruckt war; wenn Sie es sehen wollen, wir haben es hier.

VON SCHIRACH: Es ist ein sehr bekanntes Lied der SA, das die Jugend sang, und das infolgedessen auch im Liederbuch der Jugend steht.

MR. DODD: Gut, das ist alles, was ich wissen wollte, es interessiert mich nicht, woher es stammt. Jedenfalls gehört es zu der Art von Liedern, die Sie in Ihr Liederbuch für die Jugend aufgenommen hatten.

VON SCHIRACH: Ich möchte noch etwas bemerken. Das Liederbuch, das ich hier habe, ist eine Ausgabe von 1933.

MR. DODD: Ja?

VON SCHIRACH: Ich glaube nicht, daß man die Jugendorganisation, die ich aufgebaut habe, allein nach dem Jahre 1933 beurteilen darf.

MR. DODD: Das behaupte ich auch nicht, aber wir fanden es im Jahre 1945.

VON SCHIRACH: Wir haben später andere Liederbücher herausgegeben mit auch ganz anderen Liedern.

MR. DODD: Ja, ich werde zu diesen Liedern sofort kommen. Dieses Liederbuch war 3764-PS, US-854. Ich werde eben darauf aufmerksam gemacht, daß der letzte Satz in diesem Vers lautet: »Deutschland erwache, Juda den Tod, Volk ans Gewehr«.

VON SCHIRACH: Einen Augenblick, wo steht das?

MR. DODD: In dem englischen Text ist es in der vierten Strophe. Ich wüßte nicht, wo es sein könnte. Es ist auf Seite 19 im deutschen Text, sagt man mir. Haben Sie es gefunden?

VON SCHIRACH: Nein.

MR. DODD: Nun, vielleicht ist es das falsche Dokument. Jedenfalls werden wir es für Sie finden. Aber Sie erinnern sich doch an das Lied, nicht wahr? Sie leugnen doch nicht ab, daß es heißt »Juda den Tod« und so weiter. Leugnen Sie das ab?

VON SCHIRACH: Es ist doch das Lied, das mit den Worten anfängt »Seht ihr im Osten das Morgenrot«?

MR. DODD: Das stimmt.

VON SCHIRACH: Ja.

MR. DODD: Das ist alles, was ich wissen möchte.

VON SCHIRACH: Das Lied ist in diesem Buch nicht enthalten.