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[Dem Zeugen wird das Dokument überreicht.]

Haben Sie diese Urkunde schon einmal vorher gesehen?

HÖPKEN: Diese Urkunde kenne ich offiziell nicht, da sie, wie ich sehe, vom 28. Mai 1942 datiert ist. Damals war ich Offizier in der Luftwaffe.

MR. DODD: Gut, Sie wollen dem Gerichtshof also nicht zu verstehen geben, daß Sie mit allem vertraut waren, was in Schirachs Archiven lag, denn dieses Dokument befand sich gewiß dort während der Jahre, als Sie sein Adjutant waren. Sie haben es aber niemals gesehen. Es trägt den Vermerk »Zentral-Büro«, und Sie hatten doch gerade diese Archive unter sich, und trotzdem haben Sie dieses Fernschreiben an Bormann nie gesehen? Sie kannten also sicher nicht alles, was in seinen Archiven aufbewahrt wurde, nicht wahr?

HÖPKEN: Ich habe gesagt, daß der größte Teil der Post durch mein Büro ging. Aber ich habe natürlich nicht, da ich ja zu dieser Zeit nicht in Wien war, sondern erst im April 1943 nach Wien gekommen bin, rückwirkend hier alle Akten und Schreiben, die in den vielen Archiven der Reichsstatthalterei waren, durchsehen können. Dazu hätte ich sicherlich Jahre benötigt.

VORSITZENDER: Die Übersetzung, die ich eben erhielt, lautet, daß Sie im April 1942 nach Wien kamen. Stimmt das?

HÖPKEN: 1943.

MR. DODD: [zum Zeugen gewandt] Ich möchte Sie etwas anderes fragen. Sie waren dort in den letzten Tagen, nehme ich an, als die alliierten Streitkräfte die Stadt übernahmen, nicht wahr?

HÖPKEN: Ich war bis zum April 1945 in Wien.

MR. DODD: Was geschah mit von Schirachs Archiven als es klar wurde, daß das Ende bevorstand? Was haben Sie mit all den Ihnen unterstellten Archiven gemacht?

HÖPKEN: Mir waren keine Archive unterstellt, sondern ich war Chef des Büros, habe meine Mitarbeiter...

MR. DODD: Sie wissen doch ganz genau, was ich meine... Sie waren der Chef des Büros oder des Amtes, wo diese Akten untergebracht waren. Was ich wissen möchte ist: Was haben Sie mit diesen Akten getan?

HÖPKEN: Ich habe in dieser Richtung keinerlei Befehle gegeben.

MR. DODD: Wissen Sie, was damit geschehen ist?

HÖPKEN: Nein, das weiß ich nicht.

MR. DODD: Sie wurden kurze Zeit vor der Einnahme der Stadt aus dem Büro entfernt. Wissen Sie das nicht?

HÖPKEN: Nein, das weiß ich nicht.

MR. DODD: Waren die Akten da am letzten Tage, als Sie noch da waren?

HÖPKEN: Wahrscheinlich, ja.

MR. DODD: Ich will nicht ein »wahrscheinlich« von Ihnen hören. Ich will wissen, ob Sie es wissen; und wenn Sie es wissen, sollen Sie es uns sagen. Waren die Akten am letzten Tage, als Sie im Amt waren, noch vorhanden oder nicht?

HÖPKEN: Ich habe keinerlei Befehle gegeben, sie zu vernichten oder wegzutransportieren.

MR. DODD: Ich habe Sie nicht gefragt, ob Sie Befehle gegeben haben. Ich fragte Sie, ob Sie wissen, was aus ihnen geworden ist und ob sie noch im Büro waren am letzten Tag, als Sie da waren oder nicht?

HÖPKEN: Was daraus geworden ist, weiß ich nicht; ob sie am letzten Tag noch da waren, kann ich auch nicht wissen.

MR. DODD: Wissen Sie nicht, daß sie alle in ein Salzbergwerk in Österreich geschafft wurden?

HÖPKEN: Nein, das weiß ich nicht.

MR. DODD: Das haben Sie nie gehört. Oder daß sie aus dem Büro entfernt wurden und später von den alliierten Truppen in einem Salzbergwerk gefunden worden sind.

HÖPKEN: Nein, das weiß ich nicht.

MR. DODD: Ich meine nicht, ob Sie gehört haben, daß sie dort gefunden wurden; aber Sie wußten sicherlich, daß sie aus dem Büro entfernt wurden?

HÖPKEN: Nein, das weiß ich nicht; ich habe auch keinen Befehl gegeben.

MR. DODD: Nun möchte ich Ihnen folgendes vorhalten. Vielleicht können Sie dem Gerichtshof dann eine Erklärung dazu abgeben. Dieses Dokument, das ich Ihnen eben gezeigt habe, und diese Berichte, die Sie für Dr. Sauter durchgesehen haben, wurden alle unter Schirachs Akten in einem Salzbergwerk gefunden. Können Sie das erklären?

HÖPKEN: Nein, das kann ich nicht erklären.

MR. DODD: Sie wurden alle zusammen gefunden. Sagt Ihnen das etwas? Oder hätten Sie irgendeine Erklärung dafür?

HÖPKEN: Nein, das kann ich auch nicht. Das kann ich nur insofern erklären, daß wahrscheinlich der Chef der Reichsstatthalterei oder einer seiner Beamten, dem diese Dinge unterstanden, den Befehl dazu gegeben hatte, allerdings ohne mein Wissen und ohne irgendeinen Befehl von mir.

MR. DODD: Sagen Sie dem Gerichtshof genau, an welchem Tage Sie Ihr Büro in Wien geschlossen haben oder den letzten Tag, an dem Sie in Ihrem Büro waren?

HÖPKEN: Das wird am 3. oder 4. April gewesen sein.

MR. DODD: Wann wurde die Stadt eingenommen?

HÖPKEN: Die Stadt, soweit ich aus der Zeitung später gelesen habe, ist am 13. April endgültig in die Hände der Alliierten übergegangen.

MR. DODD: Haben Sie alle Ihr Büro am 3. und 4. April verlassen durch von Schirach und alle Büroangestellten und so weiter?

HÖPKEN: Schirach und ich und sein Adjutant haben an diesem Tage das Büro verlassen, beziehungsweise Schwach hat vorher bereits in seiner Wohnung sein Büro aufgeschlagen und dort gearbeitet.

MR. DODD: Hatte er irgendwelche Akten aus seinem Büro nach Hause mitgenommen?

HÖPKEN: Nur das, was er unmittelbar zur Weiterführung der Geschäfte benötigte, das heißt, also die im Augenblick dort laufenden Vorgänge.

MR. DODD: Haben Sie jemandem die Akten zur Aufbewahrung überlassen, als Sie das Büro verlassen haben, Sie und von Schirach am 3. oder 4. April; und wenn Sie das taten, wem haben Sie denn die Überwachung übergeben?

HÖPKEN: Ich habe keine Überwachung übergeben, das haben die Registraturbeamten von sich aus gemacht.

MR. DODD: Ich möchte etwas klarstellen – und ich glaube, auch dem Gerichtshof würde das helfen –, ob sie einfach aus dem Büro weggegangen sind und alles dort gelassen haben, oder ob nur Sie und von Schirach fortgingen und andere Leute zurückgelassen haben, oder ob dort ein derartiges Durcheinander herrschte, daß überhaupt kein Mensch dageblieben ist. Ich habe kein genaues Bild, und ich glaube, daß es von gewisser Bedeutung ist. Sie müßten uns das doch sagen können. Sie sind mit ihm zusammen fortgegangen. Wie war die Lage am 3. oder 4. April? Die Stadt wurde ungefähr zehn Tage später genommen. Sie war belagert, und es herrschte große Verwirrung. Was haben Sie in Bezug auf Ihre Akten und Ihre anderen Schriftstücke unternommen, als Sie das Büro an jenem Tage verließen? Sie sind doch nicht einfach weggegangen, ohne irgendwelche Anweisungen zu hinterlassen?

HÖPKEN: Ich glaube, man ist sich über den Charakter des Zentralbüros nicht im klaren. Das Zentralbüro, das ich in den letzten Monaten führte, hatte keinerlei Befugnis, irgendwelche Exekutivbefugnis, sondern alle diese Dinge machte der zuständige Reichsstatthalter, das heißt der Regierungspräsident, und der wird wahrscheinlich...

MR. DODD: Ich brauche keine Erklärung von Ihnen, wie Ihr Büro organisiert war. Ich will nur wissen, blieben die Papiere dort oder nicht, oder wurde jemand bei Ihnen zurückgelassen?

HÖPKEN: Die Papiere, soweit ich weiß, sind dort geblieben, und die zuständigen Registraturbeamten hatten einen Auftrag, sich darum zu kümmern.

MR. DODD: Haben Sie Befehl gegeben, irgendwelche Papiere zu zerstören, bevor Sie am 3. oder 4. April weggingen, irgend etwas?

HÖPKEN: Von mir aus ist nichts kaputt gemacht worden in der Reichsstatthalterei, dazu hatte ich auch keinerlei Befugnisse.

MR. DODD: Hat irgend jemand Ihres Wissens den Befehl gegeben, etwas zu zerstören? Haben Sie das getan oder nicht?

HÖPKEN: Ob und wer Befehl dazu gegeben hat, weiß ich nicht.

MR. DODD: Ich habe keine weiteren Fragen.

VORSITZENDER: Welches Dokument haben Sie ihm vorgelegt?

MR. DODD: Nummer US-865; es ist Dokument 3877-PS, ein Fernschreiben von Schirach an Bormann vom 28. Mai 1942.

VORSITZENDER: Welche US-Nummer?

MR. DODD: US-865.

Ich habe keine weitere Frage.

VORSITZENDER: Wollen Sie den Zeugen noch einmal ins Verhör nehmen, Dr. Sauter?

DR. SAUTER: Herr Zeuge! Ich möchte auf das zurückkommen, was eben der Ankläger Sie gefragt hat.

Es sollen Akten der Reichsstatthalterei anscheinend in eine Mühle gekommen sein [Zuruf: In ein Salzbergwerk], in ein Salzbergwerk, wir haben verstanden »Mühle...« in ein Salzbergwerk.

Hatten Sie überhaupt die Aufsicht über die Akten der Reichsstatthalterei?

HÖPKEN: Nein, ich hatte keinerlei Aufsicht über die Akten. Das habe ich eben auch ausgeführt, und deshalb konnte ich auch in keiner Weise einen Befehl geben, sie zu verlagern.

Mir ist lediglich bekannt, daß Wertgegenstände, Bilder und so weiter, aber weit vorher, verlagert sind.

DR. SAUTER: Und die anderen Angestellten des Zentralbüros, waren das Wiener? Sind die zurückgeblieben im Büro? Was wissen Sie davon?

HÖPKEN: Der größte Teil waren selbstverständlich Wiener und sind wahrscheinlich zurückgeblieben. Ich habe mich von ihnen durch Handschlag verabschiedet, habe Lebewohl gesagt, und dann sind wir auseinandergegangen. Ich habe noch gefragt, ob ich etwas für sie tun kann, und dann habe ich Wien verlassen.

DR. SAUTER: Ich habe sonst keine weiteren Fragen, Herr Präsident.

VORSITZENDER: Der Zeuge kann sich zurückziehen. Ich glaube, wir werden jetzt unterbrechen.