HOME

<< Zurück
|
Vorwärts >>

[Zum Zeugen gewandt:]

Sind Ihnen außer den Mitteilungen Rosenbergs sonst Meldungen zugegangen über Werbemethoden?

SAUCKEL: Außer den Mitteilungen Rosenbergs und den seinerzeitigen Briefen sind mir unmittelbar keine Beschwerden zugegangen. Ich hatte aber strengstens angeordnet, daß irgendwelche Beschwerden, die bei mir ankommen, sofort den zuständigen Reichsbehörden zur Untersuchung und zur Bestrafung und Abstellung der Mängel zugeleitet werden. Ich darf, Herr Doktor, bitten, hier bemerken zu dürfen: Auf meinem Büro liefen sehr viele Beschwerden ein, für die ich zuständig war. Das waren aber die Beschwerden über zu wenig Arbeiter, die ich stellte. Dafür war ich zuständig, sie abzustellen. Für die Abstellung von Verwaltungsmängeln, für die Abstellung von ungerechten Maßnahmen in verschiedenen Gebieten oder bei verschiedenen Ressorts, konnte ich nicht zuständig sein, da waren diese Reichsbehörden selbst zuständig.

DR. SERVATIUS: Aber es mußte doch für Sie von großem Interesse sein, was dort geschah. Haben Sie denn sonst nichts gehört von den Vorfällen? Ist kein Fall gemeldet worden?

SAUCKEL: Daß ich dieses Interesse hatte, aus menschlicher und persönlicher Einstellung, beweist ja, daß ich mich um diese Dinge kümmerte, obwohl sie nicht meines Amtes waren.

DR. SERVATIUS: Sie haben hier aber von einem Fall erzählt, wo Ihnen von der Umstellung eines Kinos berichtet wurde; vielleicht erinnern Sie sich an diesen Fall?

SAUCKEL: Bei einem Besuch bei Feldmarschall Kluge erzählte mir dieser, er habe gehört, daß in seinem Armeebereich oder Heeresgruppenbereich ein Kino umstellt worden wäre, und daß die Insassen dieses Kinos zum Arbeitseinsatz nach Deutschland gekommen seien. Ich habe diesen Fall des Feldmarschalls Kluge sofort aufgegriffen und ihn auf das peinlichste untersuchen lassen, ein Vierteljahr lang. Das werden hier die Zeugen aussagen können, wenn Sie herankommen. Ich habe dann folgendes festgestellt: Es handelte sich nicht um eine Arbeitergruppe nach Deutschland, sondern um eine Baugruppe in der Nähe von Rowno. Sie hatte den Abschluß einer Bauarbeit im Kino gefeiert. In diese Feier hinein kam der Auftrag an diese Gruppe, an einem anderen Platz eine andere Arbeit zu verrichten. Der Unternehmer hat diese Feier in sehr drastischer Weise unterbrochen, indem er durch eine Polizeitruppe den Weitertransport dieser Arbeiter sofort veranlaßt hat. Aber das hatte mit meiner Aufgabe und Dienststelle nichts zu tun. Es hat aber ein Vierteljahr gedauert, bis ich den Zusammenhang des wahren Sachverhalts dieser Beschwerde durch Feldmarschall Kluge feststellen konnte.

In jedem Falle bin ich solchen Beschwerden, die an mich herankamen, nachgegangen; ich habe sie behandelt und verurteilt, denn diese Beschwerden nützten mir ja nichts.

DR. SERVATIUS: Damit gehen wir von der Werbung fort und kommen zur Transportfrage dieser Leute nach Deutschland. Wer war für den Transport verantwortlich?

SAUCKEL: Für den Transport war verantwortlich die Deutsche Reichsbahn und die in meiner Anordnung 4 festgelegten Dienststellen, gebietlichen Dienststellen, Arbeitsabteilungen der Gebiete.

Ich habe sofort bei Antritt meines Amtes eingehende Besprechung mit dem Reichsverkehrsminister Dr. Dorpmüller herbeigeführt, seinen damaligen Staatssekretären Dr. Ganzenmüller und vorher Dr. Kleinmann, und habe mit ihm vereinbart, daß die Arbeitertransporte nach Deutschland in einwandfreier Weise vor sich gehen müßten, daß die Transportzüge verproviantiert sein müssen für die Dauer der Fahrt, und wenn sie Russen auf dieser Fahrt mitnähmen, die Waggons unter keinen Umständen überfüllt sein dürften und daß nach Möglichkeit Personenwagen zu diesen Transporten zu benützen seien. Das ist mir trotz der Einschränkung vom Reichsverkehrsminister bewilligt worden, als er mir sagte, er könne zwar nicht die Leute besser transportieren als die deutschen Soldaten, aber er garantiere, daß die Wagen nicht überfüllt werden würden.

DR. SERVATIUS: Nun haben Sie den Molotow-Bericht gesehen, USSR-51. Sie kennen seinen Inhalt. Dort ist die Rede von den Transportzuständen, daß die Waggons überfüllt waren, daß die Sterbenden herausgeworfen wurden, an den Bahndämmen lagen, daß Kinder geboren wurden, die gleich starben. Ist Ihnen von diesen Vorgängen etwas gemeldet oder bekanntgeworden in Ihrem Amt?

SAUCKEL: Derartige Vorgänge sind mir in meinem Amt nicht gemeldet worden; es kann sich auch unmöglich um Arbeitertransporte meines Amtes gehandelt haben.

DR. SERVATIUS: Was können es denn sonst für Transporte gewesen sein?

SAUCKEL: Soweit ich im Verlaufe der Gerichtsverhandlung feststellen kann, muß es sich um Transporte von Insassen von Konzentrationslagern gehandelt haben zum Zwecke ihrer Evakuierung. Ich weiß das nicht, ich kann das nicht anders erklären, denn ich habe unter keinen Umständen solche Verhältnisse geduldet oder erfahren; das nutzte uns ja gar nichts.

VORSITZENDER: Wo ist das Dokument USSR-51?

DR. SERVATIUS: Dokument USSR-51, das ist der amtliche Bericht, der mir gedruckt zugegangen ist. Ich habe ein deutsch gedrucktes Exemplar. Ich nehme an, daß es dem Gericht bereits vorgelegt worden ist, sonst werde ich es noch einreichen und es mir beschaffen.

VORSITZENDER: Wenn es die Nummer USSR-51 hat, muß es dem Gerichtshof vorgelegt worden sein. Das ist die Beweisstücknummer. Trägt es vielleicht noch eine andere Nummer, durch die wir es feststellen können?

DR. SERVATIUS: Mir ist von der Staatsanwaltschaft vorgelegt worden Dokument 054-PS, US-198; das ist in dem »English Slave Labor Book« Nummer 13.