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[Das Gericht vertagt sich bis 14.00 Uhr.]

Nachmittagssitzung.

[Der Angeklagte Sauckel im Zeugenstand.]

DR. EGON KUBUSCHOK, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN VON PAPEN, VERTEIDIGER FÜR DIE REICHSREGIERUNG: Ich bitte zu erlauben, daß der Angeklagte von Papen morgen vor- und nachmittags der Sitzung fernbleibt. Zur Vorbereitung seines Beweisverfahrens habe ich eine längere Rücksprache nötig, die ich sonst nicht ermöglichen kann. Seine Rechte werden durch Dr. Flächsner in der Verhandlung wahrgenommen werden.

VORSITZENDER: Jawohl.

OBERST CHARLES W. MAYS, GERICHTSMARSCHALL: Hoher Gerichtshof! Es wird mir berichtet, daß der Angeklagte Göring abwesend ist.

VORSITZENDER: Wie ich heute morgen schon sagte, wird sich der Gerichtshof heute um 4.00 Uhr vertagen.

DR. SERVATIUS: [zum Zeugen gewandt] Wir waren bei den Inspektionen stehengeblieben. Ich möchte aber zuvor noch einmal zu einer anderen Frage zurückgehen. Sie sagten, der Betriebsführer ist verantwortlich für die Arbeiter. Bezieht sich das auch auf die Kriegsgefangenenlager und Konzentrationslager?

SAUCKEL: Nein. Für die Kriegsgefangenenlager war ja das Heer zuständig oder der Wehrmachtsteil, in dessen Gewalt sich die Kriegsgefangenen befunden haben; ebenso waren nach meinem Wissen für die Häftlinge der Konzentrationslager, auch wenn die Häftlinge arbeiteten, nur die Konzentrationslager verantwortlich.

DR. SERVATIUS: Nun hatten Sie eine Abteilung 9 eingerichtet als Reichsinspektion im Reichsarbeitsministerium. Was hatte diese Inspektion für besondere Aufträge?

SAUCKEL: Ich habe diese Inspektion, die noch nicht bestanden hat, im Arbeitsministerium deshalb eingerichtet, um im gesamten Reichsgebiet und in den besetzten Gebieten, in denen deutsche Unternehmen und deutsche Arbeitsverträge in Gültigkeit waren, die Einheitlichkeit dieser Verträge und ihrer Durchführung zu prüfen, die einheitlichen Verwaltungsmaßnahmen zu überprüfen und außerdem festzustellen, ob meine Verordnungen hinsichtlich Ernährung, Unterbringung, Behandlung und Betreuung durchgeführt würden und in welchem Maße sie abänderungsbedürftig seien. Es ist dies auch in einer Vorschrift von mir an die Inspektion festgelegt worden.

DR. SERVATIUS: Welche Stellung hatte die Zentralinspektion bei der Deutschen Arbeitsfront, die Zentralinspektion für die Betreuung der ausländischen Arbeitskräfte?

SAUCKEL: Die Zentralinspektion der Deutschen Arbeitsfront hatte die Aufgabe, in den Lagern in Deutschland die Betreuung der fremdländischen Arbeiter zu überprüfen, ob ihre Ernährung und dergleichen in dem vorgeschriebenen Maße vor sich gehe.

DR. SERVATIUS: Wenn etwaige Mißstände festgestellt wurden, teilte Ihnen diese Inspektion das mit, oder an wen ging die Meldung?

SAUCKEL: Es bestand zwischen dem Führer und der Deutschen Arbeitsfront und Dr. Ley und mir ein Übereinkommen, das auch in einer Zusatzbemerkung zu der Einrichtung der Zentralinspektion beigefügt ist. Sie besagt, daß auf dem Gebiet, auf dem es sich um die Zustände der Lager handelte, diese Zentralinspektion sich direkt an die entsprechenden Reichsstellen zu wenden habe, beziehungsweise an die Gewerbeaufsicht im Reichsarbeitsministerium zur Abstellung, während Mangel in dem Arbeitseinsatz selbst, ob zuviel Arbeitskräfte vorhanden seien oder dergleichen, mir gemeldet werden sollten.

DR. SERVATIUS: Durch diese Vereinbarung waren also Ihre Rechte beschränkt worden?

SAUCKEL: Ja.

DR. SERVATIUS: Das ist das Dokument 1913-PS, das vorgelegt worden ist. Es ist die Vereinbarung zwischen Sauckel und Dr. Ley vom 20. September 1943, es ist US-227, im englischen Dokumentenbuch Nummer 41. Ich nehme nur darauf Bezug, ohne es weiter vorzutragen.

Was waren sonst noch für Kontrollstellen vorhanden? Ich denke da an die Franzosen.

SAUCKEL: Ja. Es waren ja nach meinem Amtsantritt die Einrichtungen der Verbindungsmänner der fremdvölkischen Arbeiter getroffen worden, die in Vereinbarung mit der Deutschen Arbeitsfront das Recht hatten, die Lager zu besuchen, die Arbeiter selber anzuhören, Beschwerden von ihnen entgegenzunehmen. Mit der Französischen Regierung war ein Sonderabkommen in Vereinbarung mit dem Reichsaußenminister getroffen worden.

DR. SERVATIUS: Das ist Dokument Sauckel Nummer 31 im Dokumentenbuch 1, Seite 79 im englischen Text, »Französische Dienststelle zur Betreuung der im Reich eingesetzten französischen Arbeitskräfte«, ein Runderlaß Sauckels vom 30. April 1942. Ich überreiche hier das Dokument selbst in dieser Sammlung. Ich zitiere:

»Ich gebe das nachstehende Schreiben des Auswärtigen Amtes vom 10. April 1942... bekannt:

Die Reichsregierung hat der Französischen Regierung mitgeteilt, daß sie in der Frage der Betreuung der freiwilligen französischen Arbeiter in Deutschland folgender Regelung zustimme:

Unter der Leitung von Botschafter Scapini wird in Berlin neben der schon bestehenden Dienststelle für Kriegsgefangene eine Dienststelle für französische Zivilarbeiter eingerichtet. Die Reichsregierung stellt zur Unterbringung dieser Dienststelle ein Gebäude zur Verfügung. Die Dienststelle kann Zweigstellen in vier anderen deutschen Städten errichten.

Der Dienststelle obliegt die Betreuung der französischen Arbeiter in Deutschland. Sie überwacht die Einhaltung der von den angeworbenen Arbeitern abgeschlossenen Dienstverträge. Sie kann Anträge der Arbeiter entgegennehmen und an die zuständigen Stellen heranbringen und auf Beseitigung von Unzuträglichkeiten hinwirken. Sie kann den Arbeitern Bescheinigungen und Urkunden zum Gebrauch vor französischen Behörden ausstellen.«

Ich überschlage einen Absatz.

»Dem Leiter der gesamten französischen Vertretung werden darüber hinaus in Ausübung seiner Aufgaben die diplomatischen Vorrechte der persönlichen Unantastbarkeit, sowie die Befreiung von der deutschen Gerichtsbarkeit und polizeilichen Zwangsgewalt einge räumt.«

Das ist das Zitat.