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[Zum Zeugen gewandt:]

Da Sie immer noch den Druck, den Sie auf die Regierung ausgeübt haben, bestreiten, werde ich Ihnen nun das Dokument 1342-PS vorlegen.

SAUCKEL: Ich glaube, hier ist ein Übersetzungsfehler passiert. Ich habe verstanden: »Bestreiten Sie, daß Sie einen Druck auf das Gericht ausüben.« Ich habe vor dem Gericht eine viel zu hohe Achtung, um einen Druck auszuüben. Ich verstehe die Frage nicht. Ich habe eben verstanden, ob ich bestreite, daß ich auf das Gericht einen Druck ausgeübt hätte. Ich muß die Frage verneinen.

M. HERZOG: Ich wiederhole: Da Sie bestreiten, daß Sie einen Druck auf die französischen Behörden ausgeübt haben, unterbreite ich Ihnen ein neues Dokument, Nummer 1342-PS, welches bereits dem Gerichtshof unter der Nummer RF-63 vorgelegt worden ist. Dieses Dokument ist der Bericht über eine Sitzung, die Sie am 11. Januar 1943 in Paris mit verschiedenen Stellen der deutschen Besatzungsbehörden abgehalten haben. Entsinnen Sie sich Ihrer damaligen Erklärung über Ihre Beziehungen zur Vichy-Regierung? Ich werde sie Ihnen vorlesen. Sie steht auf Seite 4 im französischen und im deutschen Text.

SAUCKEL: Ich kann das leider nicht finden.

M. HERZOG: Ich verlese diese Erklärung:

»Die Französische Regierung...«

Letzter Absatz vor dem Ende von Seite 4:

»Die Französische Regierung besteht aus lauter Hinhaltekünstlern. Wären die ersten 250000 Arbeitskräfte, nachdem die Verhandlungen mit der Französischen Regierung schon im vorigen Frühjahr begonnen hatten, rechtzeitig bis zum Herbst in Deutschland eingetroffen, hätte man vielleicht die Schlüsselkräfte im Reich früher einziehen und neue Divisionen aufstellen können, so daß es vielleicht zu der Abschnürung von Stalingrad nicht gekommen wäre. Jedenfalls sei der Führer jetzt zum äußersten entschlossen, eventuell auch ohne Französische Regierung in Frankreich zu regieren.«

Finden Sie nicht, daß diese Erklärung den Druck widerspiegelt, den Sie auf die Französische Regierung ausübten?

SAUCKEL: Das ist ja keine Besprechung mit der Französischen Regierung, sondern das ist eine Feststellung von Tatsachen.

M. HERZOG: Ich habe niemals behauptet, daß das eine Besprechung mit der Französischen Regierung sei, ich habe nur gefragt, was Sie damit meinten, wenn Sie sagten, der Führer sei entschlossen, in Frankreich auch ohne die Französische Regierung zu regieren.

SAUCKEL: Das war ja eine reine Entschließung und Äußerung des Führers, für die ich nicht verantwortlich bin, die ich hier nur geäußert habe, die aber niemals realisiert wurde.

M. HERZOG: Warum haben Sie dann diese Erklärung an die Besatzungsbehörden in Frankreich bei einer Besprechung über Arbeiterwerbung weitergegeben?

SAUCKEL: Weil ich verpflichtet war, ja eine Darstellung der Lage zu geben, so wie ich sie gesehen habe.

M. HERZOG: Glauben Sie nicht, daß Sie auch durch die Weitergabe dieser Führererklärung einen gewissen Druck ausübten?

SAUCKEL: Ich konnte ja gar keinen Druck damit ausüben, denn das war eine reine Übermittlung eines Zustandes. Aber ich habe ja nicht der Französischen Regierung gesagt: der Führer will Sie absetzen, also deshalb müssen Sie das tun. Ich habe ja nur verhandelt.

M. HERZOG: Aber Sie haben doch bei einer Konferenz gesagt, und ich bitte Sie, das zu bestätigen, daß der Führer gegebenenfalls entschlossen sei, auch ohne Französische Regierung in Frankreich zu regieren. Haben Sie das gesagt? Antworten Sie ja oder nein.

SAUCKEL: Ich habe das wiedergegeben, ja, aber nicht mit der Absicht, das zu tun.

M. HERZOG: Entsinnen Sie sich der Unterredung, die Sie am 14. Januar 1944 in Paris mit verschiedenen deutschen Persönlichkeiten hatten?

SAUCKEL: Ja, daß ich da eine Unterredung gehabt habe, ist möglich, der Gegenstand aber ist mir nicht gegenwärtig.

M. HERZOG: Sie entsinnen sich also nicht mehr genau der Unterredung, die Sie am 14. Januar gehabt haben? Sie entsinnen sich auch nicht der deutschen Persönlichkeiten, die an dieser Unterredung teilnahmen?

SAUCKEL: Es sind da wohl mehrere Unterredungen gewesen. Ich kann Ihnen nicht sagen, welche Sie meinen, und ich habe natürlich auch den Gesprächsgegenstand nicht mehr konkret in Erinnerung.

M. HERZOG: Am 14. Januar 1944 hatten Sie eine Unterredung in Paris mit Abetz, von Stülpnagel, Oberg und Blumentritt. Entsinnen Sie sich, daß Sie bei dieser Unterredung diesen Herren einen Gesetzesvorschlag unterbreitet haben, den Sie verfaßt hatten und den Sie der Französischen Regierung aufoktroyieren wollten.

SAUCKEL: Den ich nicht aufoktroyieren, sondern besprechen wollte. Ich habe das verhandelt, nicht aufoktroyiert. Das geht aus den Texten der Protokolle ja klar hervor. Das Protokoll zeigt das ganz klar.

M. HERZOG: Sie bestreiten also, daß Sie selber einen Gesetzesvorschlag ausgearbeitet und der Französischen Regierung unterbreitet haben?

SAUCKEL: Nein, das bestreite ich nicht, daß ich einen Gesetzesvorschlag unterbreitet und ausgearbeitet habe, das bestreite ich nicht, das ist ja bei Verhandlungen notwendig.

M. HERZOG: Sie geben also zu, daß Sie selbst diesen Gesetzesvorschlag ausgearbeitet haben?

SAUCKEL: Ja, ich kann Ihnen nicht sagen, welchen Sie meinen.

M. HERZOG: Gut, ich lege Ihnen das französische Dokument F-813 vor, welches ich dem Gerichtshof unter der Nummer RF-1512 unterbreite. Dokument F-813 ist ein Protokoll der Konferenz vom 14. Januar 1944. Das Protokoll ist von Abetz, Oberg, von Stülpnagel, Blumentritt und von Ihnen selbst unterzeichnet.

Ich verlese aus dem Abschnitt römisch III:

»Der GBA hat« – es handelt sich um Sie – »einen Gesetzentwurf für die Französische Regierung ausgearbeitet.«

Ich frage Sie jetzt noch mal: Bestreiten Sie immer noch, selber das Gesetz ausgearbeitet zu haben, das Sie der Französischen Regierung unterbreitet haben?

SAUCKEL: Das bestreite ich nicht. Ich mußte ja einen Vorschlag machen, das geschah ja auf Grund von gegenseitigen Verhandlungen.

M. HERZOG: Sie bestreiten also, daß Sie dieses Gesetz durch Druck aufgezwungen haben?

SAUCKEL: Daß ich dieses Gesetz durch Druck aufgezwungen habe, das bestreite ich. Ich habe über das Gesetz verhandelt.

M. HERZOG: Entsinnen Sie sich nicht, dem Führer einen Bericht über Ihre Reise nach Paris im Januar 1944 gemacht zu haben?

SAUCKEL: Zu berichten war ich ja verpflichtet, wenn ich Reisen machte. Denn es waren ja Aufträge des Führers.

M. HERZOG: Dann werde ich Ihnen diesen Bericht zeigen; es ist Dokument 556-PS, das dem Gerichtshof als RF-67 vorgelegt wurde. In diesem Bericht sprechen Sie zweimal von den deutschen Forderungen. Glauben Sie nicht, daß dies ein Bericht an den Führer über die Annahme der deutschen Forderungen, über den Erfolg des von Ihnen ausgeübten Druckes war?

SAUCKEL: Ich kann mir nicht denken, auf welch andere Weise in der Welt Verhandlungsgrundlagen zustande kommen sollten. Die Deutsche Regierung hat gefordert, und es wurde wegen dieser Forderungen mit der Französischen Regierung, die ich für legal betrachten mußte, verhandelt.

M. HERZOG: Sie geben also zu, daß die Deutsche Regierung und Sie als Ihr Vertreter Forderungen stellten? Antworten Sie mit Ja oder Nein.

SAUCKEL: Die Deutsche Regierung hat gefordert, jawohl, das ist richtig.

M. HERZOG: Ich danke Ihnen. Hat diese Forderung nicht manchmal die Form eines wirklichen Ultimatums angenommen?

SAUCKEL: Das ist mir nicht gegenwärtig. Ich kann nur sagen, daß ich mit dem französischen Ministerpräsidenten sehr höflich und zuvorkommend und in gutem Einvernehmen verhandelte. Das hat er auch öfters zum Ausdruck gebracht. Das steht auch im Protokoll.

M. HERZOG: Was taten Sie hinsichtlich der Mobilisierung des Jahrgangs 1944? Entsinnen Sie sich nicht, diese Mobilisierung durch ein richtiggehendes Ultimatum gefordert zu haben? Antworten Sie ja oder nein.

SAUCKEL: Ich kann das aus der Erinnerung so nicht sagen.

VORSITZENDER: Herr Herzog! Vielleicht legen Sie ihm den letzten Satz aus dem Brief vom 25. Januar 1944, 556-PS, vor.

M. HERZOG:

»Ich habe aber keinen Zweifel darüber gelassen, daß, wenn die Forderungen auf Gestellung der benötigten Arbeitskräfte nicht erfüllt werden, weitere verschärfte Maßnahmen ergriffen werden.«

SAUCKEL: Ja, das habe ich wahrscheinlich gesagt, nicht in dieser Form, wie es hier im Brief steht.

M. HERZOG: Entsinnen Sie sich nicht, daß Sie am 6. Juni 1944, also an dem Tag, an dem unsere Befreiung begann, einen Brief an Abetz geschickt haben?

SAUCKEL: Das kann ich Ihnen aus der Erinnerung nicht sagen.

M. HERZOG: Ich werde Ihnen diesen Brief unterbreiten. Es ist das französische Dokument F-822, das ich dem Gerichtshof unter RF-1513 vorlege:

»Paris, den 6. Juni 1944.

Sehr geehrter Herr Botschafter, lieber Parteigenosse Abetz!

Die längstersehnte Invasion hat nun begonnen. Damit endet auch für den Arbeitseinsatz eine Warteepoche, die bisher sichtlich, bisweilen unausgesprochen, als Vorwand diente, daß eine Gestellung von Arbeitskräften für das Reich aus der damit zusammenhängenden politischen Atmosphäre unmöglich sei.«

Ich überspringe einige Zeilen und lese weiter:

»Jetzt, wo der deutsche Soldat am Kanal wieder kämpfen und bluten muß, jetzt, wo sich der Kampf auf viel weitere Gebiete Frankreichs stündlich erweitern kann, wiegen irgendwelche Aufrufe und Worte von Laval federleicht. Die einzige Sprache, die jetzt vernommen wird, wird vom deutschen Soldat gesprochen. Ich möchte daher in diesen entscheidenden Stunden Sie bitten, den Ministerpräsidenten Laval zu veranlassen, nun end lich auch einmal etwas zu tun, was ihm sichtlich schwer fällt. Er möge die Aufrufung des Jahrganges 1944 nunmehr unterzeichnen. Ich wünsche nicht mehr länger hingehalten zu werden. Ich möchte auch nicht mit einer vielleicht unrechten, aber doch sich mir zwingend aufdrängenden Meinung über die hinhaltende Taktik der Französischen Regierung abreisen. Ich bitte daher auf das allerdringlichste, bis morgen vormittag um 10.00 Uhr die Unterschrift des französischen Ministerpräsidenten für den Aufruf des Jahrganges 1944 herbeizuführen oder es mir klipp und klar mitzuteilen, wenn Laval mit einem glatten Nein antworten sollte. Hinauszögernde Ausreden vermag ich unter keinen Umständen anzuerkennen, da alle technischen Vorbereitungen sowohl hinsichtlich der Aufteilung auf die Departements wie der Transportwege hinreichend geklärt sind oder durch dauernde gemeinsame Besprechungen in der endgültigen Planung begriffen sind.«

Ist das nicht ein richtiggehendes Ultimatum?

SAUCKEL: Das ist nur insofern ein Ultimatum, als meine Abreise hier ja in Frage stand, weiter nichts. Denn irgendwelchen Druck oder Drohungen gegenüber Laval konnte ich nicht aussprechen.

M. HERZOG: Was wollten Sie hiermit sagen:

»Ich bitte daher auf das allerdringlichste, bis morgen vormittag um 10.00 Uhr die Unterschrift des französischen Ministerpräsidenten für den Aufruf des Jahrganges 1944 herbeizuführen, oder es mir klipp und klar mitzuteilen, wenn Laval mit einem glatten Nein antwor ten sollte. Hinauszögernde Ausreden vermag ich unter keinen Umständen anzuerkennen.«

Ist das kein Ultimatum?

SAUCKEL: Das ist nur insofern ein Ultimatum, als ich nicht mehr länger warten konnte; ich mußte abreisen, weil ich Befehl dazu hatte. Ich habe ihn um Entscheidung, ja oder nein, gebeten, weiter nichts.

M. HERZOG: Ja, aber eine Entscheidung zu ja oder nein fordern, Angeklagter Sauckel, bezeichnen Sie das nicht als ein Ultimatum?

SAUCKEL: Ja. Ich mußte abreisen, und ich wollte eine Entscheidung haben, ob der französische Ministerpräsident das unterzeichnet oder nicht.

M. HERZOG: Ich danke Ihnen. Der Gerichtshof wird dies zur Kenntnis nehmen.

Wissen Sie, wie viele französische Arbeiter infolge Ihrer verschiedenen Aktionen nach Deutschland deportiert wurden?

SAUCKEL: Es sind, nach meiner Erinnerung, ich kann mich nicht aus dem Kopf darauf festlegen, 700000 bis 800000 französische Arbeiter in Deutschland eingesetzt worden. Ich kann es aber nicht genau sagen ohne Unterlagen.

M. HERZOG: Stimmt es, daß in Belgien und in Nordfrankreich die Deportationen der Arbeiter für die Zwangsarbeit durch die Gerichtsbarkeit der Besatzungsarmeen angeordnet wurden?

SAUCKEL: Durch die Gerichtsbarkeit der Besatzungsarmeen? Das ist mir nicht bekannt, sondern durch die Arbeitsverwaltung.

M. HERZOG: Stimmt es, daß die Zwangsarbeit durch eine Verordnung vom 6. Oktober 1942 in Belgien und Nordfrankreich eingeführt wurde?

SAUCKEL: Wir haben das »Dienstverpflichtung« genannt nach deutschen Gesetzen. Das ist richtig.

M. HERZOG: Stimmt es, daß General von Falkenhausen, der Militärbefehlshaber in Belgien und Nordfrankreich, die Verordnung vom 6. Oktober 1942 unter Ihrem Druck unterschrieben hat?

SAUCKEL: Nein, die hat er nicht unter meinem Druck unterschrieben, denn ich habe mit ihm darüber gesprochen und es hat gar keine Diskussion stattgefunden; denn das geschah ja auf Antrag der Reichsregierung und des Führers. Auf allen Gebieten.

M. HERZOG: Ich unterbreite das Verhör des Generals von Falkenhausen, der vor einem französischen Beamten am 27. November 1945 ausgesagt hat. Ich habe dieses Verhör bereits unter RF-15 im Verlaufe meiner Ausführungen im Januar vorgelegt. Ich verlese die erste Seite, dritte Frage:

»Frage: Schwören Sie, die Wahrheit, die reine Wahrheit und nur die Wahrheit zu sagen?

Antwort: Ich schwöre.

Frage: Am 6. Oktober 1942 erschien eine Verordnung, durch die in Belgien und Nordfrankreich die Arbeitspflicht eingeführt wurde.«

Ich überspringe zwei Zeilen.

»Antwort: Ich war Oberbefehlshaber für Nordfrankreich und Belgien.

Frage: Erinnern Sie sich, Zeuge, diese Verordnung erlassen zu haben?

Antwort: Ich kann mich des genaueren Textes dieser Verordnung nicht mehr erinnern, da diese nach langem Kampfe mit dem Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz Sauckel erlassen wurde.

Frage: Haben Sie Schwierigkeiten mit Sauckel gehabt?

Antwort: Ich hatte mich entschieden gegen die Einführung der Dienstpflicht ausgesprochen, und erst nach Erhalt des Befehles habe ich mich bereit erklärt, die Verordnung zu erlassen.«

Bestreiten Sie immer noch, daß der General von Falkenhausen diese Verordnung unter Ihrem Druck erließ?

SAUCKEL: Ich bestreite diese Darstellung, wie sie hier vorliegt, ausdrücklich.

M. HERZOG: Sie bestreiten also die Aussagen des Generals von Falkenhausen?

SAUCKEL: In dieser Fassung, ja. Denn die Einführung...

M. HERZOG: Die Aussage wurde unter Eid abgegeben. Sie sagen heute unter Eid aus, der Gerichtshof wird es berücksichtigen.

SAUCKEL: Ich sage in vollem Bewußtsein aus, daß nach meiner besten Erinnerung diese Darstellung nicht vollkommen korrekt ist, denn die Arbeitsgesetzgebung in den besetzten Gebieten wurde nicht auf meinen Befehl, sondern auf Befehl des Führers eingeführt. Ich habe auch darüber mit dem Herrn General von Falkenhausen keine Diskussion gehabt, sondern wir haben uns sehr freundlich unterhalten und er hat dieses Gesetz eingeführt. Ich erinnere mich nicht, deswegen Schwierigkeiten gehabt zu haben. Er sagt ja auch hier in einem weiteren Absatz, daß er nur damals sämtliche Anweisungen auf Befehl Hitlers gab. Ich selbst habe keine Diskussion und Schwierigkeiten gehabt mit ihm.

M. HERZOG: Stimmt es, daß in Holland die Deportation der holländischen Arbeiter für die Zwangsarbeit durch die Gerichtsbarkeit des Reichskommissariats ausgeführt wurde?

SAUCKEL: Ich bitte, darüber den Angeklagten Seyß- Inquart selbst verhören zu wollen. Die Gerichtsbarkeit ist mir ein vollkommen neuer Ausdruck. Es wurde diese Sache in Frankreich, Belgien und Holland über die Verwaltung der Arbeitsabteilungen beziehungsweise Arbeitseinrichtungen...

M. HERZOG: Wer hat die Verordnungen über die Zwangsarbeit in Holland unterzeichnet?

SAUCKEL: Ich nehme an, daß das Herr Seyß-Inquart getan hat.

M. HERZOG: Nein. Stimmt das, daß die Verordnungen, die von Seyß-Inquart unterzeichnet wurden, nur eine lokale Regelung Ihres allgemeinen Programms darstellten, das Sie durchzuführen hatten?

SAUCKEL: Eine lokale Regelung in Holland? Ich verstehe das nicht ganz vollkommen in der deutschen Fassung.

M. HERZOG: Stimmt es nicht, daß der Angeklagte Seyß-Inquart mit der Unterzeichnung der Verordnungen über Zwangsarbeit in Holland nur Ihr Zwangsarbeitsprogramm durchführte?

SAUCKEL: Er realisierte das Arbeitsprogramm des Führers, so wie es von ihm befohlen und angeordnet war.

M. HERZOG: Sie sind niemals nach Belgien oder Holland gefahren, um die Durchführung der Zwangsarbeitsgesetze zu überprüfen?

SAUCKEL: Nein, nicht zu überprüfen, ich bin in Belgien und Holland sehr kurz gewesen und habe dort Besprechungen mit den führenden Chefs gehabt und habe, meiner Erinnerung nach, in Antwerpen die Arbeitsbehörde besucht und angesehen, wie sie funktionierte, die deutsche.

M. HERZOG: Und während dieser Reisen haben Sie detaillierte Maßnahmen ausgearbeitet, um Ihr Arbeitsprogramm durchzuführen, nicht wahr?

SAUCKEL: Ich habe sie nicht während dieser Reisen ausgearbeitet, sondern ich habe sie dort besprochen. Ich habe zum Teil selbstverständlich die Reisezeit zur Arbeit verwendet.

M. HERZOG: Ich lege Ihnen das Dokument 556-PS vor, das bereits unter RF-67 eingereicht wurde. Es ist ein Brief, den Sie am 13. August 1943 an den Führer gerichtet haben. Im ersten Absatz erklären Sie:

»Mein Führer! Ich bitte, mich von meiner Dienstreise Frankreich-Belgien-Holland zurückmelden zu dürfen. In zähen, harten und langwierigen Verhandlungen habe ich folgendes Programm für die letzten 5 Monate des Jahres 1943 den besetzten Westgebieten auferlegt und umfassende Maßnahmen für seine Durchführung – in Frankreich mit dem Militärbefehlshaber, der Deutschen Botschaft, der Französischen Regierung, in Belgien mit dem Militärbefehlshaber und in Holland mit den Dienststellen des Reichskommissars – vorbereitet.«

Bestreiten Sie immer noch, Angeklagter, daß Sie nach Belgien und Holland gereist sind, um dort detaillierte Maßnahmen vorzubereiten?

SAUCKEL: Ich habe das nie bestritten. Ich möchte mich nicht gegen den Ausdruck wenden, sondern nur gegen die Tendenz, wie Sie es bisweilen vortragen. Es steht ja ausdrücklich drin, daß sie dort besprochen worden sind; darin liegt die Vorbereitung.

M. HERZOG: Eine letzte Frage zu diesem Problem: Wie viele holländische Arbeiter, glauben Sie, sind nach Deutschland deportiert worden?

SAUCKEL: Ich kann Ihnen nicht genau aus der Erinnerung sagen, wie viele holländische Arbeiter in Deutschland eingesetzt worden sind auf Grund von Verträgen mit ihnen und auf Grund dieser Gesetze; es kann sein 200000 bis 300000, es können aber auch mehr sein. Ich kann die holländische Zahl aus dem Kopf nicht sagen.

M. HERZOG: Ich danke Ihnen.

Stimmt das, daß die Zwangswerbung der ausländischen Arbeiter in brutaler Weise durchgeführt wurde?

SAUCKEL: Über die Vorschriften, die ich erlassen habe, ist gestern ausreichend und eindeutig gesprochen worden. Meine Anordnungen liegen ja fast lückenlos vor und lehnen eine brutale Erfassung, die man als Willkür...

VORSITZENDER: Angeklagter! Sie wurden nicht über Ihre Anordnungen befragt, sondern darüber, ob mit Brutalität vorgegangen wurde. Wenn Sie darüber etwas wissen, können Sie antworten.

SAUCKEL: Ich kann das nicht wissen. Ich habe bisweilen Übergriffe erfahren und ich habe sie sofort abgestellt und dagegen Verwahrung eingelegt, wenn ich etwas erfahren habe.

M. HERZOG: Haben Sie von den Protesten gegen die Art und Weise, mit der die Werbung der Arbeiter in den besetzten Gebieten durchgeführt wurde, gewußt?

SAUCKEL: Ich habe Proteste bekommen, soweit sie gestern mit meinem Verteidiger besprochen worden sind.

M. HERZOG: Was haben Sie getan, als Sie diese Proteste erhielten?

SAUCKEL: Ich ließ die Fälle untersuchen, habe den zuständigen Behörden die weiteren Maßnahmen überlassen und habe von meiner Seite alles getan – das kann und wird hier bezeugt werden – um derartige Vorkommnisse zu verhüten und abzustellen.

M. HERZOG: Stimmt es, daß Sie sich an die Wehrmacht wandten, um die Werbung der ausländischen Arbeiter sicherzustellen?

SAUCKEL: Ich habe in den Gebieten, in denen die Gebietshoheit von der Wehrmacht ausgeübt wurde, über den Generalquartiermeister des Heeres an die Militärbefehlshaber oder Oberbefehlshaber die Weisungen des Führers, die ich selbst hatte, weitergegeben.

M. HERZOG: Stimmt es, daß Sie die militärischen Behörden gebeten haben, Ihren Dienststellen Truppenkommandos zur Verfügung zu stellen?

SAUCKEL: An Truppenkommandos erinnere ich mich nicht, sondern dort befanden sich ja Abteilungen »Arbeit«. Richtig ist, daß in Gebieten, in denen Aufstände oder Partisanenkämpfe waren, ich gebeten habe, diese Gebiete zu befrieden, um eine Verwaltung dort wieder möglich zu machen, die meist dann unterbrochen beziehungsweise gestört war.

M. HERZOG: Sie geben also zu, gebeten zu haben, daß Ihnen Truppenkommandos zur Verfügung gestellt wurden?

SAUCKEL: Nicht mir, denn meine Aufgabe war nicht die Befriedung der Gebiete, sondern ich habe zur Voraussetzung der Erfüllung meiner Aufträge erklärt, daß ich sie nur dann durchführen kann, wenn durch die Befriedung eine geregelte Verwaltung wieder möglich ist, nicht zur Erfassung der Arbeiter.

M. HERZOG: Haben Sie verlangt, daß diese Truppenkommandos die Arbeitswerbestellen unterstützen sollten?

Ich lege Ihnen das Dokument F-815 als RF-1514 vor. Es ist ein Brief des Generalfeldmarschalls von Rundstedt vom 18. April 1944, der an Sie gerichtet ist. Ich lese den ersten Absatz vor:

»Seitens des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz...«

Das sind Sie doch, nicht wahr?

SAUCKEL: Das bin ich, das kann aber auch eine andere Stelle in Frankreich sein.

M. HERZOG:

»... ist der Antrag gestellt worden, bei OB. West dafür einzutreten, daß in den Bezirken, in welchen Truppenverbände des OB. West eingesetzt sind, die Kommandeure dieser Truppenverbände angewiesen werden, durch Bereitstellung von Truppenkommandos die Durchführung der dem Arbeitseinsatz gestellten Aufgaben zu unterstützen.«

Bestreiten Sie immer noch, daß Sie Truppenkommandos angefordert haben?

SAUCKEL: Ich persönlich habe sie nicht angefordert, das scheint die Dienststelle West gewesen zu sein.

M. HERZOG: Sind Sie nicht der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz?

SAUCKEL: Doch, aber es ist mir dieser Befehl persönlich nicht bekannt.

M. HERZOG: Wissen Sie, ob Speer dieses Gesuch unterstützt hat?

SAUCKEL: Das kann ich nicht sagen.

M. HERZOG: Ich unterbreite das Dokument 824-PS...

VORSITZENDER: Vielleicht verschieben Sie das lieber bis nach der Vertagung.