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[Das Gericht vertagt sich bis 14.00 Uhr.]

Nachmittagssitzung.

[Der Angeklagte Sauckel im Zeugenstand.]

M. HERZOG: Herr Vorsitzender! Ich glaube, Herr Dodd hat dem Gerichtshof eine Erklärung abzugeben.

GERICHTSMARSCHALL: Hoher Gerichtshof! Ich teile mit, daß der Angeklagte Jodl der Sitzung nicht beiwohnen wird.

MR. DODD: Das Dokument 3057-PS, über das Herr Herzog den Angeklagten in der heutigen Vormittagssitzung befragt hat, war in dem Dokumentenbuch enthalten, das von den Vereinigten Staaten über das Zwangsarbeitsprogramm vorgelegt wurde. Es wurde jedoch nicht als Beweismittel vorgelegt. Ich fand die Verweisung darauf im Protokoll vom 13. Dezember 1945 (Band III, Seite 551).

Der Präsident des Gerichtshofs fragte insbesondere, warum wir das Dokument 3057-PS nicht verlesen haben; ich antwortete, daß wir die Absicht gehabt hatten, es vorzulegen; da aber Sauckels Verteidiger mir mitgeteilt hat, daß sein Mandant die Behauptung, wonach er zu der Erklärung gezwungen worden sei, aufrechterhält, haben wir vorgezogen, es nicht zu tun.

VORSITZENDER: Ich möchte bekanntgeben, daß der Gerichtshof die Sitzung heute nachmittag um 4.30 Uhr beenden wird, um eine geschlossene Sitzung abzuhalten.

SAUCKEL: Darf ich bitten, zu diesem Dokument eine Erläuterung abgeben zu dürfen.

M. HERZOG: Von welchem Dokument sprechen Sie?

SAUCKEL: Ich spreche von dem Brief des Herrn Feldmarschalls von Rundstedt. Es handelt sich bei diesem Dokument um einen Brief, der zwar an mich adressiert ist...

VORSITZENDER: Einen Augenblick, bitte, ich habe Sie keine Frage stellen hören. Hatten Sie eine Frage gestellt?

M. HERZOG: Doch, Herr Vorsitzender! Es ist das Dokument, das ich ihm vor der Vertagung der Vormittagssitzung vorgelegt habe und welches feststellt, daß der Beauftragte für die Werbung und den Arbeitseinsatz, also er selbst, verlangt hat, daß Truppenkommandos zu seiner Verfügung gestellt werden.

VORSITZENDER: Sie meinen F-815 – ja? Sehr gut.

M. HERZOG: Ja, es stimmt, Herr Vorsitzender.

[Zum Zeugen gewandt:]

Ich frage Sie: Erkennen Sie an, daß dieses Dokument feststellt, daß Sie Truppenkommandos angefordert haben?

SAUCKEL: Ich kann diese Frage deshalb nicht präzise beantworten, weil ich selbst diesen Brief nicht bekommen habe, sondern er ist nach Paris an die dortige Dienststelle gegangen. Der Brief ist nicht von mir abgezeichnet. Aber ich möchte zur Erläuterung dabei ausdrücklich betonen, daß ich nicht Truppen angefordert habe, um Arbeiter auszuheben, sondern daß ich um Truppen gebeten habe, wenn in Gebieten die verwaltungsmäßige Durchführung auf Grund von Widerstandsbewegungen und dergleichen nicht möglich gewesen ist. Insofern ist in dem Brief des Herrn Generalfeldmarschalls von Rundstedt ein Irrtum enthalten. Ich habe aber diese Antwort nicht selbst erhalten. Sie ist abgezeichnet von der Dienststelle des Herrn Militärbefehlshabers in Paris.

M. HERZOG: Ich lege das Dokument F-824 vor, das ich dem Gerichtshof als RF-1515 überreiche. Dieses Dokument F-824 ist ein Brief des Oberbefehlshabers West aus seinem Hauptquartier vom 25. Juli 1944. Ich verlese:

»Daraus ist zu ersehen, daß auf Befehl des Führers unter Aufhebung entgegenstehender Anordnungen grundsätzlich die vom Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz...«

Der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz, das sind doch Sie, nicht wahr?

»... und von Reichsminister Speer vorgebrachten Wünsche durchgeführt werden müssen. Im Anschluß an mein Fernschreiben gelten nunmehr auf Grund der Ministerbesprechung in der Reichskanzlei am 11. Juli, über die Ob. West durch den Militärbefehlshaber unterrichtet sein wird, folgende weitere Richtlinien:

Unter Zurückstellung berechtigter Bedenken hinsichtlich der Ruhe und Sicherheit im Innern des Landes muß die Erfassung überall dort einsetzen, wo die in meinem erwähnten Fernschreiben genannten Möglichkeiten sich anbieten. Als einzige Einschränkung hat der Führer bestimmt, daß unter der Bevölkerung im Kampfgebiet, solange sie sich hilfsbereit für die Deutsche Wehrmacht zeigt, keine Zwangsmaßnahmen getroffen werden. Dagegen ist eine Werbung von Freiwilligen aus Flüchtlingen der Kampfzone mit Nachdruck zu betreiben. Darüber hinaus ist jedes Mittel recht, um möglichst viele Arbeitskräfte anderweitig mit den der Wehrmacht gegebenen Möglichkeiten zu erfassen.«

Bestreiten Sie immer noch, daß auf Ihre und Reichsminister Speers Anforderung Truppenkommandos die Aushebung der Arbeitskräfte durchgeführt haben?

SAUCKEL: Ich darf hierzu bemerken, ich bestreite das in diesem Fall in der geschilderten Art hier in diesem Augenblick nicht. Es hat damals ja der Oberbefehlshaber unter dem Zwang der Kampfhandlungen und der Zurückführung der Bevölkerung gestanden. Ich kann aber bezeugen, daß nach dem Datum vom 25. Juli 1944 diese Dinge gar nicht mehr wirksam geworden sind, weil der Rückzug der Deutschen in den Kampfhandlungen ein viel zu rascher gewesen ist, so daß diese Verfügung, die vom Führer getroffen worden ist, in keiner Weise mehr wirksam geworden ist.

M. HERZOG: Erinnern Sie sich an die Ministerbesprechung vom 11. Juli 1944, worauf sich das eben verlesene Dokument bezieht?

SAUCKEL: Daran erinnere ich mich.

M. HERZOG: Erinnern Sie sich an die bei dieser Besprechung anwesenden Persönlichkeiten?

SAUCKEL: Nicht an alle.

M. HERZOG: Ich lege Ihnen das Protokoll dieser Besprechung vor. Es ist das Dokument 3819-PS, welches dem Gerichtshof als...

VORSITZENDER: Der Gerichtshof bittet Sie, den letzten Absatz des Dokuments F-824 zu verlesen, es ist nicht der letzte des Dokuments, sondern der letzte Absatz der Seite, der mit »Afin« beginnt. Es ist auf Seite 346 der französischen Übersetzung.

M. HERZOG: Ich lese:

»Um die eingeleiteten Maßnahmen so wirksam wie möglich zu gestalten, ist ferner die Truppe allgemein über Notwendigkeit der Arbeitseinsatzorganisation zu belehren, um vielfach aufgetretene innere und äußere Widerstände zu beseitigen. Die Feldkommandanten und die Dienststellen der Militärverwaltung haben die Beauftragten des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz weitgehendst zu unterstützen und Eingriffe in deren weisungsmäßige Tätigkeit zu unterlassen.

Ich bitte nunmehr, die erforderlichen Anweisungen in diesem Sinne zu erteilen.«

Bestreiten Sie noch immer, daß die Armee auf Ihren Antrag hin an der Aushebung der Arbeitskräfte mitgewirkt hat?

VORSITZENDER: Auf der nächsten Seite ist noch ein Abschnitt in der Ergänzungsnote, Absatz 1.

M. HERZOG:

»Zusatz: Ob. West:

Ob. West hat am 23. Juli an Chef OKW daraufhin folgendes gemeldet:

1. Ich habe die Durchführung des Sauckel-Laval-Abkommens vom 12. Mai 1944 trotz Bedenken wegen innerer Sicherheit freigegeben.

2. Nähere Weisungen für die Durchführung der Maßnahmen gemäß OKW/WFST/Qu (Verw. 1) 2 West Nr. 05201/44 geh. vom 8. Juli 1944 in der Kampfzone werde ich erlassen.

Der Oberbefehlshaber West, gezeichnet von Kluge, Ge neralfeldmarschall.

Weitere Befehle folgen. Für den Oberbefehlshaber West.

Der Chef des Generalstabs« usw.

Ich komme nun auf die Konferenz vom 11. Juli 1944 zurück. Ich lege dem Gerichtshof die Urkunde 3819-PS vor, welche bereits als GB-306 vorliegt. Der Gerichtshof wird sie im ersten Teil des Dokumentenbuches unter 3819-PS finden. Es handelt sich um den Sitzungsbericht der Ministerbesprechung, welche in Berlin am 11. Juli 1944 stattgefunden hat. Es war eine Zusammenkunft von Ministern, Partei- und Verwaltungschefs. Sie können auf Seite 6 der französischen Übersetzung die Liste der bei dieser Besprechung anwesenden Persönlichkeiten finden. Entsinnen Sie sich, welche unter den hier anwesenden Angeklagten daran teilgenommen haben? Erkennen Sie die Unterschrift des Angeklagten Funk? Die des Angeklagten Speer?

SAUCKEL: Ich habe sie noch nicht gefunden.

M. HERZOG: Haben Sie sie jetzt gefunden?

SAUCKEL: Ich habe Speers Unterschrift noch nicht gefunden.

M. HERZOG: Hat der Angeklagte Speer dieser Besprechung beigewohnt?

SAUCKEL: Ich kann es aus der Erinnerung nicht genau sagen, ich finde seinen Namen nicht.

M. HERZOG: Und haben Sie daran teilgenommen?

SAUCKEL: Ja, ich habe teilgenommen.

M. HERZOG: Erinnern Sie sich an die Vorschläge, die im Laufe dieser Konferenz General Warlimont im Namen des Generalstabs Ihnen gegenüber gemacht hat, und erinnern Sie sich an die Antwort, die Sie darauf gegeben haben?

SAUCKEL: Ich erinnere mich, daß ich dort mit General Warlimont gesprochen habe und daß ich dort geantwortet habe; auf den präzisen Text kann ich mich ohne Rückhalt nicht erinnern.

M. HERZOG: Gut, ich werde diesen Text verlesen. Er befindet sich auf Seite 10. Der Gerichtshof wird ihn unten auf Seite 10 finden.

»Der Vertreter des Chefs OKW, General Warlimont, nahm Bezug auf einen kürzlich ergangenen Führerbefehl, wonach alle deutschen Kräfte sich in den Dienst der Aufgabe der Gewinnung von Arbeitskräften zu stellen hätten. Wo die Wehrmacht stehe und nicht ausschließlich durch dringende militärische Aufgaben in Anspruch genommen sei (wie z.B. durch den Ausbau der Küstenverteidigung), stehe sie zur Verfügung, sie könne aber nicht eigens für die Zwecke des GBA abgestellt werden. General Warlimont machte folgende prak tische Vorschläge:

a) Die zur Bandenbekämpfung eingesetzten Truppen übernehmen zusätzlich die Aufgabe der Gewinnung von Arbeitskräften in den Bandengebieten...«

SAUCKEL: Darf ich bitten, wo steht das, ich habe diese Stelle nicht auf dieser Seite. Wollen Sie mir bitte die Seite zeigen?

M. HERZOG: Ich werde Ihnen diese Seite zeigen lassen. Zeigen Sie es auch dem Dolmetscher.

SAUCKEL: Ja, ich habe hier General Warlimont. Das lautet aber in der deutschen Übersetzung anders, als wie Sie es gelesen haben.

M. HERZOG: Es ist die dritte Seite des Textes. Haben Sie es gefunden?

SAUCKEL: Ja.

M. HERZOG: Ich kann also fortfahren:

»a) Die zur Bandenbekämpfung eingesetzten Truppen übernehmen zusätzlich die Aufgabe der Gewinnung von Arbeitskräften in den Bandengebieten. Jeder, der nicht einwandfrei den Zweck seines Aufenthaltes in diesen Gebieten nachweisen kann, wird zwangsweise erfaßt.

b) Wenn Großstädte wegen der Schwierigkeit der Lebensmittelversorgung ganz oder teilweise evakuiert werden, wird die arbeitseinsatzfähige Bevölkerung unter Mithilfe der Wehrmacht zum Arbeitseinsatz ge bracht.

c) Unter den Flüchtlingen aus frontnahen Gebieten wird die Erfassung zum Arbeitseinsatz unter Mithilfe der Wehrmacht besonders intensiv betrieben.

Gauleiter Sauckel nahm diese Vorschläge mit Dank an und äußerte die Erwartung, daß damit schon gewisse Erfolge erzielt werden könnten.«

Behaupten Sie noch, daß die Wehrmacht bei der Aushebung der Arbeiter nicht mitgewirkt hat?

SAUCKEL: Ich habe nicht widersprochen, daß in diesem Kampfgebiet und um eine Ordnung in den rückwärtigen Gebieten sicherzustellen, diese Maßnahmen vorgeschlagen worden sind. Sie sind aber nicht mehr durchgeführt worden.

M. HERZOG: Ich werde Ihnen ein Dokument vorlegen, das drei oder vier Tage nach dieser Ministerkonferenz abgefaßt wurde. Es ist ein Telegramm des Angeklagten Keitel, Dokument F-814. Ich lege es dem Gerichtshof als RF-1516 vor. Es handelt sich um ein Fernschreiben, welches von dem Angeklagten Keitel an alle Militärbefehlshaber gerichtet wurde. Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß dieses Fernschreiben den Eingangsstempel des Verwaltungsstabes des Militärbefehlshabers in Frankreich trägt. Es ist vom 15. Juli. Ich verlese...

VORSITZENDER: Herr Herzog! Einige dieser Dokumente haben kein Lesezeichen, und wir sind nicht in der Lage, diese zu finden, falls Sie uns nicht sagen, wo sie sich befinden.

M. HERZOG: Ich habe nur die Dokumente, die ich mehrfach benütze, mit einem Lesezeichen versehen, damit der Gerichtshof sie leichter findet. Sonst müßten die Dokumente so geordnet sein, wie ich sie der Reihe nach gebrauche. Das Dokument F-814 befindet sich demnach – sollte ich mich nicht irren – unmittelbar nach dem Dokument 3819-PS.

VORSITZENDER: Sie meinen 3819?

M. HERZOG: Nein, tatsächlich befindet sich dieses Dokument nach dem mit RF-15 bezeichneten Schriftstück. Es ist die vierte Urkunde nach F-814.

VORSITZENDER: Wir haben hier 815 nach RF-15. Wir haben hier F-815.

M. HERZOG: Nach 815 haben Sie F-823, dann kommt F-824 und dann F-814, Herr Präsident.

VORSITZENDER: Ja, ja, jetzt sehe ich es.

M. HERZOG: Dieses Dokument enthält die Anordnungen, die Keitel bezüglich dieser Leiterbesprechung gegeben hat.

Ich lese den zweiten Absatz:

»Jetzige Lage erfordert Begehen jedes nur denkbaren Weges zur Beschaffung zusätzlicher Arbeitskräfte, da alle Rüstungsmaßnahmen in erster Linie der kämpfenden Truppe zugute kommen. Demgegenüber haben Besorgnisse vor inneren Unruhen, Anwachsen der Widerstandsbewegung und dergleichen zurückzutreten. Vielmehr ist dem Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz jede Hilfe und Unterstützung zu bieten. Ich verweise auf meine Richtlinien für die Mitwirkung der Wehrmacht bei der Aufbringung von Arbeitskräften aus Frankreich.«

Behaupten Sie immer noch, daß die Wehrmacht nicht zur Aushebung von Arbeitskräften eingesetzt worden ist?

SAUCKEL: Ich muß auch jetzt betonen, daß ich ja nicht widersprochen habe, daß ein derartiges Vorgehen vorgesehen und befohlen war. Ich habe das nicht bestritten; das möchte ich ausdrücklich betonen. Aber es ist nicht mehr in dem Maße zur Durchführung gekommen; das möchte ich auch betonen; dieses Telegramm geht ja nicht von mir aus.

M. HERZOG: Stimmt es, daß die deutsche Polizei Maßnahmen zum Zwecke der Aushebung von Fremdarbeitern durchgeführt hat?

SAUCKEL: Inwieweit die Polizei im einzelnen Maßnahmen durchgeführt hat, ist mir nicht bekannt. Daß sie bisweilen welche durchgeführt hat, von sich selbst aus, das ist mir bekannt.

M. HERZOG: Aber stimmt es denn nicht, daß Sie Ihren Dienststellen empfohlen haben, sich mit den Chefs der Polizei, des SD und der SS in Verbindung zu setzen?

SAUCKEL: Ich habe SD und Polizei ja für eine ordnungsgemäße und berechtigte Einrichtung gehalten und mußte mich, wo irgendwelche Notwendigkeiten waren, an diese Dienststellen wenden.

M. HERZOG: Sie bestätigen also, daß Sie Ihren Dienststellen empfohlen haben, sich mit den Chefs der Polizei, des SD und der SS zwecks Ausführung der Ihnen übertragenen Aufgaben in Verbindung zu setzen?

SAUCKEL: Zur Unterstützung bei meinen Aufgaben, wo eine ordnungsgemäße Beteiligung oder Einsatz der Polizei verwaltungsmäßig notwendig gewesen war. Nicht zur Erfassung der Arbeiter selbst, sondern nur zur Behebung von Schwierigkeiten oder Verwaltungsstörungen.

M. HERZOG: Ich stelle Ihnen die Frage aufs neue und bitte Sie, mit Ja oder Nein zu antworten:

Haben Sie Ihren Dienststellen empfohlen, sich mit den Chefs der Polizei, des SD und der SS in Verbindung zu setzen?

SAUCKEL: Ich kann diese Frage nur mit einer Einschränkung mit Ja beantworten: dort, wo es gegebenenfalls notwendig war, eine Polizeistelle in Anspruch zu nehmen; nicht, um die Aufgabe selbst durchzuführen.

M. HERZOG: Stimmt es, daß die Führer der deutschen Polizei bei den Konferenzen anwesend waren, die Sie mit den französischen Behörden bezüglich der Aushebung von Arbeitskräften hatten?

SAUCKEL: Es sind zum Teil Vertreter des Höheren SS- und Polizeiführers mit anwesend gewesen, ebenso wie das von französischer Seite der Fall gewesen ist. Es war auf der französischen Seite der Innen- und Polizeiminister anwesend gewesen. Ich selbst habe das weder verlangt noch beantragt.

M. HERZOG: Aber Sie geben zu, daß Vertreter der deutschen Polizei diesen Konferenzen beigewohnt haben? Können Sie uns den Namen eines dieser Vertreter angeben? Kennen Sie den Standartenführer Knochen?

SAUCKEL: Der Herr Standartenführer Knochen war in Paris und ist bisweilen bei solchen Besprechungen anwesend gewesen.

M. HERZOG: Stimmt es, daß die Führer der deutschen Polizei an den von den deutschen Behörden veranstalteten Besprechungen über Arbeiterprobleme teilnahmen?

SAUCKEL: Sie haben meiner Erinnerung nach an verschiedenen Besprechungen teilgenommen. Das geschah aber auf Antrag des Militärbefehlshabers. Unter dessen Leitung fanden die Sitzungen statt.

M. HERZOG: War bei der Konferenz vom 11. Juli 1944, von der wir soeben sprachen – Dokument 3819-PS –, ein Vertreter der Polizei anwesend?

SAUCKEL: Meinen Sie die Sitzung in Berlin?

M. HERZOG: Ja. Es ist die Sitzung in Berlin vom 11. Juli 1944.

SAUCKEL: Ich glaube, an der Besprechung hat Kaltenbrunner teilgenommen. Sie war ja von Reichsminister Lammers einberufen.

M. HERZOG: Haben Sie nie in Anwesenheit Hitlers von Himmler die Hilfe der SS für die Aushebungen von Arbeitskräften verlangt?

SAUCKEL: Bei einer Besprechung im Januar beim Führer ist der Reichsführer-SS Himmler anwesend gewesen. Ich habe bei dieser Besprechung nach meiner Erinnerung darauf hingewiesen, daß ich das für das Jahr 1944 vom Führer aufgestellte Programm nicht durchführen kann, wenn nicht in bestimmten Gebieten die Partisanengefahren und Hemmungen beseitigt werden. Das konnte nur durch die zuständigen Stellen erfolgen.

M. HERZOG: Sie bestätigen also, daß Sie den Reichsführer-SS gebeten haben, Ihnen seine Polizeikräfte zur Verfügung zu stellen?

SAUCKEL: Nein. Das ist so nicht richtig. Dem muß ich widersprechen; denn mir selbst oder meinen Dienststellen konnten keine Polizeikräfte zur Verfügung gestellt werden; vielmehr bat ich um Hilfe dort, wo von mir verlangt wurde, eine Verwaltungsaktion durchzuführen in Gebieten, in denen vorher eine Befriedung und Wiederherstellung der Ordnung notwendig war. Sonst war meine Aufgabe nicht durchführbar.

M. HERZOG: Ich werde Ihnen Dokument 1292-PS zeigen lassen. Dieses Dokument wurde dem Gerichtshof bereits als US-225 vorgelegt. Es ist das Protokoll der Sitzung beim Führer vom 4. Januar 1944. In meinem Dokumentenbuch ist dieses Schriftstück etwas weiter nach dem mit einem Lesezeichen bezeichneten Dokument zu finden, außerdem ist es selbst mit einem Etikett bezeichnet. Auf Seite 3 des französischen Textes, Seite 5 des deutschen Textes haben Sie erklärt:

»Ob dies gelinge, hänge aber im wesentlichen davon ab, welche deutschen Exekutivkräfte zur Verfügung gestellt würden. Mit einheimischen Exekutivkräften sei eine Aktion nicht durchzuführen.«

Erinnern Sie sich an diese Erklärung?

SAUCKEL: Darf ich bitten, wo das steht? Ich habe es noch nicht gefunden; auf welcher Seite, deutsch?

M. HERZOG: Es muß auf Seite 5 des Textes sein, den man Ihnen überreicht hat.

SAUCKEL: Ja, das ist richtig. Das ist eine Darstellung, eine sehr gekürzte Darstellung, wahrscheinlich vom Herrn Reichsminister Dr. Lammers; aber ich muß ausdrücklich betonen, daß es nur so verstanden werden kann, daß ich in Gebieten, die damals sehr zahlreich waren, nur eine Arbeitsverwaltung durchführen konnte, wo durch Exekutivkräfte von mir die Ordnung wieder hergestellt worden ist. Insofern ist diese Notiz hier nicht vollkommen exakt.

M. HERZOG: Angeklagter Sauckel! Sie haben uns erst gestern erklärt, früher ein Arbeiter gewesen zu sein. Haben Sie wirklich jemals daran gedacht, daß Arbeiter mit Handschellen zur Arbeit geführt werden könnten?

SAUCKEL: Nein, daran habe ich niemals gedacht. Ich höre jetzt auch zum erstenmal, daß ich Arbeiter mit Handschellen zur Arbeit geführt haben soll oder derartiges veranlaßt haben soll. Das ist mir nicht erinnerlich und ist jedenfalls nie von mir angeordnet worden; das kann ich behaupten.

M. HERZOG: Am 30. August 1943 hielten Sie eine Rede in Paris vor den Arbeitseinsatzstäben, die Sie in Frankreich eingerichtet hatten. Ich lasse Ihnen das Dokument F-816, das ich heute früh dem Gerichtshof vorgelegt habe, überreichen, damit Sie es wieder ansehen. Ich bitte Sie, es zu lesen...

Ich glaube, Herr Vorsitzender, ich habe einen Irrtum begangen, ich habe es noch nicht vorgelegt. Ich lege es also jetzt als RF-1517 vor.