[Zum Zeugen gewandt:]
Ich frage Sie, was Sie damit sagen wollten, daß »für die Ernährung grundsätzlich der Leistungsgrundsatz Anwendung finden müsse«?
SAUCKEL: Es gab im Reich eine Normalverpflegung; zu dieser Normalverpflegung gab es in den Betrieben Leistungszulagen; und ich habe dafür gekämpft, daß diese Leistungszulagen, die in reichem Maße den Arbeitern aus den Westgebieten gesichert waren, auch den Arbeitern aus den Ostgebieten zugute kommen müßten und daß dort, wo westliche Arbeiter, das heißt holländische und belgische Arbeiter, diese Leistungen nicht im gleichen Maße wie Ostarbeiter einhielten, die zusätzliche Ernährung entsprechend abgebaut werden sollte, aber nicht die Normalverpflegung, die die deutsche Bevölkerung auch hatte.
M. HERZOG: Sie sind also der Meinung, daß, wenn die Leistung eines Arbeiters geringer als die eines anderen ist, seine Ernährung auch geringer sein muß. Muß ich das so verstehen?
SAUCKEL: Nein, das ist nicht exakt darunter zu verstehen. Ich möchte ausdrücklich nochmals erläutern: Es hat in Deutschland jeder Arbeiter sein vom Reichsernährungsminister festgesetztes Kontingent an Nahrungsmitteln erhalten. Dazu hat es außerdem Leistungszulagen gegeben, die zu Anfang den russischen Arbeitern nicht gewährt worden waren; und darum handelt es sich, nicht etwa um Hungern oder um Verkürzung der Lebensmittelrationen an sich, sondern der Leistungszulagen.
VORSITZENDER: Wir werden uns jetzt vertagen.
[Pause von 10 Minuten.]
GERICHTSMARSCHALL: Hoher Gerichtshof! Es wird gemeldet, daß der Angeklagte Raeder abwesend ist.
VORSITZENDER: Herr Herzog! Glauben Sie, daß Sie Ihr Kreuzverhör vor 4.30 Uhr heute abschließen können?
M. HERZOG: Jawohl, Herr Vorsitzender! Ich glaube sogar, daß ich imstande sein werde, mein Kreuzverhör vor dieser Zeit abzuschließen.
VORSITZENDER: Sehr gut.
M. HERZOG: Angeklagter Sauckel! Ich habe heute vormittag las Dokument F-810 unterbreitet. Das ist die Niederschrift der Tagung, welche Sie am 15. und 16. Juni 1944 auf der Wartburg mit den Präsidenten der Gauarbeitsämter abhielten. Entsinnen Sie sich dessen?
SAUCKEL: Ja, ich entsinne mich.
M. HERZOG: Erinnern Sie sich daran, ob die Frage der Arbeitsdisziplin, die den Arbeitern auferlegt werden sollte, bei dieser Besprechung erwähnt wurde?
SAUCKEL: Es ist möglich, daß diese Frage bei dieser Besprechung – es sind Besprechungen gewesen – behandelt worden ist. Ich kann mich nicht genau entsinnen. Ich habe nicht an all den Teilsitzungen und so weiter teilgenommen.
M. HERZOG: Ist Ihnen der Ministerialrat Dr. Sturm bekannt?
SAUCKEL: Ministerialrat Dr. Sturm kenne ich nicht persönlich.
M. HERZOG: Erinnern Sie sich an die Erklärungen, die Dr. Sturm auf der Tagung vom 15. und 16. Juli 1944 abgegeben hat?
SAUCKEL: Ich kann mich an eine spezielle Erklärung des Dr. Sturm nicht erinnern.
M. HERZOG: Ich lasse Ihnen abermals das Protokoll dieser Konferenz überreichen.
Es ist das Dokument F-810, welches heute vormittag als RF-1507 vorgelegt wurde. Wollen Sie sich bitte Seite 25 des deutschen Textes ansehen. Es ist ebenfalls Seite 25 des französischen Textes. Dort finden Sie... Ich verlese die erste Zeile:
»Sturm berichtete aus seinem Sektor Arbeitsdisziplin (Strafrecht) wie folgt:«
Ich gehe zur nächsten Seite über, wo es lautet:
»Wir arbeiten mit Gestapo...«
VORSITZENDER: Wo befindet sich das?
M. HERZOG: Es ist das Dokument F-810, Herr Vorsitzender, es ist abgezeichnet.
VORSITZENDER: Es ist mir bekannt, daß es sich um das Dokument 806 handelt, aber ich dachte, daß Sie das darauffolgende meinen.
M. HERZOG: 810, Herr Vorsitzender, 810.
VORSITZENDER: Ich habe es jetzt.
M. HERZOG: Seite 25.
VORSITZENDER: Jawohl. Fahren Sie fort!
M. HERZOG: Mit Ihrer Erlaubnis werde ich noch einmal von Anfang an beginnen:
»Sturm berichtet aus seinem Sektor Arbeitsdisziplin (Strafrecht) wie folgt:«
Und auf der folgenden Seite:
»Wir arbeiten mit Gestapo und KZ und sind damit sicher auf dem richtigen Wege.«
Machten Sie irgendwelche Bemerkungen, als diese Erklärung abgegeben wurde?
SAUCKEL: Ich habe dieses Referat nicht selbst gehört. Es ist ein Fachreferat für arbeitsrechtliche Fragen gewesen, wie es am Anfang heißt, und ich sehe das Protokoll jetzt zum ersten Male in meinem Leben; es sind da verschiedene Parallelsitzungen gewesen zu gleicher Zeit.
Ich habe das selbst nicht gehört, aber es ist ja selbstverständlich, daß irgendwelche Regelungen von Strafmaßnahmen getroffen wurden wie in jedem Arbeitsrecht.
Ich darf noch folgendes verlesen, aus demselben Dokument, zu Anfang:
»Arbeitseinsatz und lohnordnende Maßnahmen sind nur möglich auf Grund einer gesunden Arbeitsmoral: Die zur Sicherung der Arbeitsmoral eingeführten Vorschriften disziplinarer und strafrechtlicher Art bedürfen einer einheitlichen Handhabung, deren Einzelheiten auf einer demnächstigen Tagung der Strafrechtsbearbeiter erörtert werden sollen.«
Das ist also keine Dienststelle von mir.
M. HERZOG: Ich habe Sie gefragt, was Sie über die Erklärung dachten?
SAUCKEL: Ich darf noch im Anschluß an die Erklärung von Dr. Sturm weiterlesen, und zwar schließt die erste Seite...
M. HERZOG: Wollen Sie bitte meine Frage zuerst beantworten? Was denken Sie von dieser Erklärung?
SAUCKEL: Ich habe ja schon geantwortet.
M. HERZOG: Bitte antworten Sie auf meine Frage: Was denken Sie von dieser Erklärung?
SAUCKEL: Ich habe diese Erklärung nicht gekannt, da Sturm, wie ich glaube, von irgendeiner anderen Behörde kam; ich weiß nicht, gehörte er dem Reichsarbeitsministerium selbst an oder einer anderen Behörde; das kann ich von mir aus nicht sagen. Ich habe diese Ausführungen nicht gehört...
VORSITZENDER: Beachten Sie doch das Licht. Sehen Sie denn nicht das Aufleuchten der Lampe vor Ihnen?
M. HERZOG: Erinnern Sie sich nicht an die zwischen Ihnen und dem Chef der Polizei und der SS getroffene Vereinbarung, jene Arbeiter, die ihren Arbeitsplatz eigenmächtig verließen, der Gestapo auszuliefern?
SAUCKEL: Ja, es mußte ja eine Stelle in Deutschland geben, die Arbeiter, die unrechtmäßig sich entfernt haben und abgängig waren, wieder zu fassen. Es konnte dies keine andere Stelle machen wie die Polizei, es gab ja nichts anderes. Ich bitte noch im Anschluß an dieses Dokument auf der ersten Seite weiterlesen zu dürfen:
»Im übrigen ist die Zahl der verhängten behördlichen Strafen unter den deutschen Gefolgschaftsmitgliedern, wie Verwarnung, Geldstrafen, KZ und gerichtliche Strafen relativ ganz erstaunlich gering. Die unter Beteiligung der Staatsanwaltschaft verhängten Strafen betragen durchschnittlich 0,1 bis 0,2 von 1000 Beschäftigten.«
M. HERZOG: Was hat das mit der Ihnen von mir gestellten Frage zu tun, das heißt mit der Frage Ihrer Beziehungen zur Gestapo und dem KZ.
SAUCKEL: Ja, es gab ja keine andere Stelle außer der Polizei, um eine Verhaftung vorzunehmen, soweit sie notwendig und gerichtlich, gesetzmäßig berechtigt war.
M. HERZOG: Sie geben also zu, daß die Gestapo mit Ihrer Zustimmung Verhaftungen von Arbeitern, die der Verletzung der sogenannten Arbeitsverträge beschuldigt waren, vornahm und sie in Konzentrationslager steckte?
SAUCKEL: Nicht in die Konzentrationslager, sondern in den Gewahrsam, den sie vorgesehen hatte. Es wurden ja da Strafen verhängt nach den bestimmten Vorschriften. Etwas anderes ist von mir nicht vereinbart worden.
M. HERZOG: Ich lege nunmehr das Dokument 2200-PS als RF-1519 vor. Es handelt sich um einen Runderlaß der Geheimen Staatspolizei an alle Kreispolizeibehörden in den Regierungsbezirken Köln und Aachen. Er betrifft die Bekämpfung des Arbeitsvertragsbruchs ausländischer Arbeitskräfte.
Herr Vorsitzender! Es ist das viertletzte Dokument in meiner Dokumentenmappe. Ich zitiere:
»Die hohe Zahl der Arbeitsvertragsbrüche ausländischer Arbeitskräfte... wirkt sich nachhaltig auf die Sicherungslage des Reiches aus... Es besteht stets die Gefahr, daß es sich bei derartigen Fällen um ausgesprochene Sabotagehandlungen handelt... hat der Reichsführer- SS und Chef der Deutschen Polizei mit dem Herrn Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz die Vereinbarung getroffen, daß sämtliche Anzeigen gegen ausländische Arbeitskräfte wegen Arbeitsvertragsbruch von der Geheimen Staatspolizei bearbeitet werden.
Die Kreispolizeibehörden haben derartige Vorgänge zu prüfen und werden von mir ermächtigt, in allen leichteren Fällen des Arbeitsvertragsbruchs gegen die Beschuldigten im Auftrage der Geheimen Staatspolizei, Staatspolizeistelle Köln, eine Warnung auszusprechen und Erziehungshaft bis zu drei Tagen anzuordnen... Die Richtlinien über die den einzelnen Gruppen von ausländischen Arbeitern gegenüber einzunehmende Haltung sind zu beachten.
Wenn schwerere Fälle des Arbeitsvertragsbruchs zur Anzeige kommen, sind die Anzeigen mit Vernehmungsniederschriften und dem Ermittlungsergebnis von den Kreispolizeibehörden der zuständigen Dienststelle der Geheimen Staatspolizei (Köln, Aachen oder Bonn) zur Entscheidung vorzulegen. Von der Geheimen Staatspolizei wird nach Prüfung des Sachverhalts die erforderliche Maßnahme (Schutzhaft, Unterbringung in einem Arbeitserziehungslager oder Konzentrationslager) angeordnet werden.«
Bestreiten Sie noch immer, daß Fabrikarbeiter mit Ihrer Zustimmung einerseits der Gestapo übergeben und andererseits in Konzentrationslager gesteckt wurden?
SAUCKEL: Ich habe das nicht bestritten; aber es geschah dies ja nur, wie dies im ersten Absatz heißt, wenn die Bevölkerung durch Straftaten beunruhigt worden ist, also bei schweren Fällen oder bei Arbeitsvertragsbrüchen. Es gab ja keine andere Stelle, Fahndungen vorzunehmen, als die Polizei, und ich finde dieses Verfahren absolut korrekt.
M. HERZOG: Sie halten also die Auslieferung von Arbeitern an die Gestapo und ihre Überführung in Konzentrationslager für korrekt? Ich nehme Ihre Antwort zur Kenntnis.
SAUCKEL: Nur in schweren Straffällen, heißt es, in schweren Straffällen. Das war die Forderung, die mir auferlegt war.
M. HERZOG: Zu welchem Zeitpunkt erhielten Sie von den Greueltaten in den Konzentrationslagern Kenntnis?
SAUCKEL: Ich kann mit bestem Gewissen sagen, daß ich Kenntnis von Grausamkeiten in den Konzentrationslagern erst hier bekommen habe nach dem Zusammenbruch.
M. HERZOG: Trifft das Ihrer Meinung nach auch auf die anderen führenden Persönlichkeiten des Hitler-Regimes zu?
SAUCKEL: Das kann ich für andere nicht sagen. Ich selbst habe von solchen Maßnahmen, wie ich sie selbst im höchsten Maße verabscheue und hier kennengelernt habe, keine Kenntnis gehabt.
M. HERZOG: Glauben Sie, daß zum Beispiel der Reichsführer-SS Himmler von den in den Konzentrationslagern begangenen Greueltaten Kenntnis gehabt hat?
SAUCKEL: Ich kann nicht sagen, ob der Reichsführer-SS sie kannte, ob er selbst sie veranlaßt hat; denn ich habe in meinem Leben nur sehr wenig, fast gar nicht mit dem Reichsführer-SS gesprochen, weil wir sehr erhebliche persönliche Spannungen hatten.
M. HERZOG: Sie haben während des gestern von Ihrem Verteidiger vorgenommenen Verhörs erklärt, daß Sie einmal das Konzentrationslager Buchenwald besucht haben. Ist das richtig?
SAUCKEL: Ja, im Jahre 1937 oder 1938, das kann ich aus der Erinnerung nicht mehr genau sagen.
M. HERZOG: Sie erklärten, diesen Besuch in Begleitung einer italienischen Mission gemacht zu haben, stimmt das?
SAUCKEL: Ja, das stimmt.
M. HERZOG: Ist Ihnen bekannt, daß ein offizielles Photoalbum des Konzentrationslagers Buchenwald vorhanden ist?
SAUCKEL: Das weiß ich nicht.
M. HERZOG: Ich lege dieses Album dem Gerichtshof als RF-1520 vor. Es trägt die Nummer D-565. Es handelt sich um ein Dokument der Britischen Delegation.
Erkennen Sie sich auf diesen Photos?
SAUCKEL: Ja, auf diesem Bild erkenne ich mich.
M. HERZOG: Mit wem sind Sie da abgebildet?
SAUCKEL: Das ist der Reichsführer-SS.
M. HERZOG: Himmler?
SAUCKEL: Himmler, jawohl.
M. HERZOG: Danke. Und Sie als Gauleiter und Reichsstatthalter von Thüringen behaupten, das Konzentrationslager Buchenwald in Begleitung des Reichsführers-SS und, ich betone, in Begleitung des Lagerleiters besucht zu haben, ohne von den Vorgängen im Lager selbst Kenntnis gehabt zu haben?
SAUCKEL: Ich kann nicht sagen, wann dieses Bild aufgenommen worden ist, und ob das innerhalb des Lagers selbst war. Ich war einmal mit dem Reichsführer-SS außerhalb des Lagers; da war noch ein großer Komplex gewesen; aber innerhalb des Lagers mit dem Reichsführer selbst bin ich nicht gewesen. Da bin ich nur einmal gewesen mit einer italienischen Kommission. Das Bild hier hat keinen Bezug auf eine Besichtigung, hier steht eine Gruppe angetreten, ich kann mich nicht mehr genau auf den Anlaß besinnen.
M. HERZOG: Überlassen wir es dem Gerichtshof, darüber zu entscheiden. Ich lege dem Gerichtshof als Beweisstück RF-1521 die Herkunftsbescheinigung für dieses Album vor.
Im Oktober 1945 wurden Sie über die Ausschließung der Juden aus der Industrie verhört. Sie sagten damals:
»Ich habe niemals etwas damit zu tun gehabt. Mit der Ausschließung der Juden aus der Industrie habe ich niemals etwas zu tun gehabt. Auf diese Angelegenheit hatte ich keinen Einfluß. Sie war mir ein Geheimnis.«
SAUCKEL: Das ist vollkommen richtig. Ich habe nicht gesagt, daß das für mich ein Geheimnis war, die Ausschließung aus der Industrie. Ich habe gesagt, daß ich nichts damit zu tun hatte nach meiner Erinnerung.
M. HERZOG: Ihr Verteidiger hat Ihnen gestern das Dokument L-61 vorgelegt, gegen das Sie glaubten, Einspruch erheben zu müssen.
SAUCKEL: Ja.
M. HERZOG: Ihr Einspruch gegen dieses Schriftstück gründete sich darauf, daß es aus dem Jahre 1942 stamme und sich mit Fragen vor Ihrer Ernennung befasse. Habe ich Sie gestern richtig verstanden?
SAUCKEL: Die Anlagen zu diesem Schreiben behandeln Fragen, die schon vor meiner Ernennung in der Schwebe und in der Durchführung waren.
M. HERZOG: Ich überreiche dem Gerichtshof das Dokument L-156 als RF-1522. Es ist ein Schreiben des Beauftragten für den Vierjahresplan, des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz, das sind Sie, vom 26. März 1943. Es ist an die Präsidenten der Landesarbeitsämter gerichtet und betrifft die Abschiebung der Juden. Der Brief beginnt wie folgt:
»Im Einvernehmen mit mir und dem Herrn Reichsminister für Bewaffnung und Munition hat der Reichsführer- SS aus Gründen der Staatssicherheit die bisher im frei en Arbeitsverhältnis tätigen, nicht lagermäßig eingesetzten Juden Ende Februar von ihren Arbeitsplätzen abgezogen und einem geschlossenen Einsatz zugeführt oder zur Fortschaffung zusammengezogen. Um die Schlagartigkeit dieser Maßnahme nicht zu gefährden, habe ich von einer vorherigen Unterrichtung abgesehen und nur diejenigen LAA in Kenntnis gesetzt, in deren Bezirken in größerer Zahl freie jüdische Arbeitskräfte eingesetzt waren.
Um eine Übersicht über die Auswirkungen dieser Maßnahme auf den Arbeitseinsatz zu gewinnen, bitte ich Sie, mir nach dem Stand vom 31. 3. 1943 zu berichten, in welchem Umfange Juden aus dem Arbeitsprozeß herausgezogen worden sind und hierfür eine Ersatzgestellung durch andere Arbeitskräfte notwendig wurde. Bei der Angabe der Zahl der Betriebe und der in diesen beschäftigten Juden sind die bis zu der Evakuierung geltenden Verhältnisse zugrunde zu legen. Für die Meldung ist das beiliegende Muster zu verwenden. etc.«
Behaupten Sie immer noch, daß Sie keinerlei Anteil an der Abschiebung der Juden und an ihrem Ersatz durch Fremdarbeiter gehabt haben?
SAUCKEL: Ich darf hier wiederum ausdrücklich dazu bemerken, daß mir dieses Schreiben niemals vorgelegen hat. Es ist ohne Unterschrift und kommt auch wieder von einer Unterabteilung im Reichsarbeitsministerium, Saarlandstraße 96; also es ist ein Beamter, der das dort bearbeitet hat. Ich selbst aber kann mich unter keinen Umständen erinnern, dieses Schreiben zu kennen. Es ist nicht von mir verfaßt und stammt nicht aus meinem Büro und ist »im Auftrag« gezeichnet; die Unterschrift ist nicht von mir.
M. HERZOG: Bitte, wollen Sie in die linke Ecke sehen, dort steht »Der Beauftragte für den Vierjahresplan, der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz«. Das sind doch Sie? Sie sprechen von einem untergeordneten Beamten. Wollen Sie vielleicht die Verantwortung auf einen Ihrer Untergebenen abschieben?
SAUCKEL: Nein, das will ich nicht; ich will nur sagen, daß das der Briefkopf einer Dienststelle ist, daß dieses Schreiben aber mir nie bekanntgeworden ist. Ich sehe es jetzt zum erstenmal in meinem Leben und habe es selbst nicht veranlaßt. Ich kann das bei meinem Eid sagen.
M. HERZOG: Diesem Brief ist ein Meldeblatt für die Anforderung von Ersatz für die herausgezogenen Juden beigefügt. Wer außer Ihnen hatte mit diesem Ersatz zu tun? Sie waren doch der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz?
SAUCKEL: Ja, meine Dienststelle... ich habe gestern schon zu meinem Anwalt gesagt, daß es selbstverständlich war, daß durch meine Dienststelle Ersatz gestellt werden mußte, wenn Arbeiter aus einem Betrieb weggekommen sind, sei es durch Einziehung oder sei es durch irgendeine andere Maßnahme. Das habe ich nicht immer im einzelnen erfahren.
M. HERZOG: Sie antworten nicht auf meine Frage. Die Tatsache, daß dieser Brief...
SAUCKEL: Doch, ich habe die Frage genau beantwortet.
M. HERZOG: Ist die Tatsache, daß dieser Brief einen Antrag auf Ersatz von Arbeitskräften enthält, kein genügender Beweis dafür, daß er von Ihrer Dienststelle, also vom Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz, stammt?
SAUCKEL: Ein solcher Antrag konnte nicht von meiner Dienststelle kommen, denn für die Evakuierung der Juden war allein der Reichsführer-SS verantwortlich und nicht ich. Ich hatte ja nur Schwierigkeiten durch solche Maßnahmen, denn es war sehr schwer, Arbeiter zu ersetzen. Ich hatte gar kein Interesse daran.
M. HERZOG: Also bestreiten Sie, jemals für Juden ein Sonderarbeitsverfahren befürwortet zu haben?
SAUCKEL: Das bestreite ich, ja; damit hatte ich nichts zu tun. Das war nicht meine Aufgabe.
M. HERZOG: Bitte, wollen Sie noch einmal auf Dokument F-810, das ich unter RF-1507 vorgelegt habe, zurückgreifen, man wird es Ihnen überreichen, wenn Sie es nicht haben. Wollen Sie sich Seite 16 unter der Überschrift »Gauleiter Sauckel« ansehen; ich lese...
SAUCKEL: Ich habe das Dokument nicht zur Hand, pardon, doch.
M. HERZOG: Doch, es muß Ihnen vor kaum zwei Minuten gegeben worden sein. Sollten Sie es nicht haben, wird es Ihnen noch einmal überreicht.
SAUCKEL: Darf ich nochmals um die Nummer bitten.
M. HERZOG: Dokument 810; aber ich glaube nicht, daß die Photokopie, die Sie haben, eine Nummer hat. Haben Sie das Dokument? Sie hatten es.
SAUCKEL: Ja.
M. HERZOG: Unter der Überschrift »Gauleiter Sauckel« lese ich – das ist Seite 16 des Dokuments.
»S.« das heißt Sauckel »wendet sich leidenschaftlich dagegen, daß KZ-Häftlinge und Juden aus Ungarn als die besten Arbeitskräfte des Bausektors bezeichnet werden. Dies ist sachlich unrichtig, denn sie leisten durchschnittlich 65 bis 70 Prozent des Normalarbeiters, niemals aber 100 Prozent. Im übrigen ist es des deutschen Arbeiters und des deutschen Begriffs vom Ethos der Arbeit unwürdig, wenn sie in einem Atemzuge mit diesem Gesindel von Landesverrätern genannt werden. Für den KZ-Häftling und den Juden ist die Arbeit kein Adelsprädikat. Man darf es also nicht dazu kommen lassen, daß KZ-Häftlinge und Juden begehrte Artikel werden. An den Baustellen müssen KZ-Häftlinge und Juden von der anderen Gefolgschaft, zu der auch die Ausländer zählen, unter allen Umständen ferngehalten werden. Gauleiter Sauckel bemerkt abschließend, daß er sich nicht sachlich gegen Juden- und KZ-Häftlingsbeschäftigung wenden will, sondern lediglich gegen die oben gekennzeichneten Übertreibungen.«
Also frage ich Sie, Sauckel, der Sie uns gestern Ihr Leben als das eines Arbeiters beschrieben haben, jetzt noch einmal: Was verstehen Sie darunter, wenn Sie sagen, daß für den KZ-Häftling und den Juden die Arbeit kein Adelsprädikat sei?
SAUCKEL: Ich möchte hierzu ausdrücklich bemerken, daß dieser Abschnitt eine sehr kurze und freie Wiedergabe ist, kein Stenogramm. Ich habe mich dagegen verwahrt, da ich annahm, daß KZ-Häftlinge Landesverräter sind. Etwas anderes habe ich nicht angenommen; also daß solche Menschen dorthin kommen und daß sie nicht zusammen mit anderen Arbeitern auf eine Baustelle gebracht werden, ebenso Juden, Aber ich habe nicht diesen Einsatz vermittelt, sondern das war der Einsatz des Reichsführers-SS, und ich habe mich bei einer Führerbesprechung im Interesse der unbestraften Arbeiter und der anderen ausländischen Arbeiter dagegen verwahrt, daß hier ein gemeinsamer Einsatz stattfinden sollte.
M. HERZOG: Ich stelle Ihnen nochmals meine Frage. Was wollten Sie mit dem Satz: »Für den KZ-Häftling und den Juden ist die Arbeit kein Adelsprädikat« sagen?
SAUCKEL: Ich wollte damit sagen, daß man die Arbeit vorbestrafter und bescholtener Leute nicht mit der Arbeitsleistung freier unbescholtener Arbeiter vergleichen darf, daß ein Unterschied ist, ob ich Häftlinge beschäftige oder ob ich freie Arbeiter beschäftige, und ich wollte das getrennt wissen.
M. HERZOG: Und die Juden waren also Häftlinge, nicht wahr?
SAUCKEL: Die Juden waren in diesem Fall Häftlinge des Reichsführers-SS. Ich bedauere an sich diesen Ausdruck.
M. HERZOG: Also bestreiten Sie, daß dieser Satz der Ausdruck Ihrer feindlichen Einstellung zum Beispiel gegenüber den Juden war?
SAUCKEL: Ich war damals natürlich gegen diese Juden eingestellt; aber ich war nicht mit ihrem Arbeitseinsatz befaßt, und ich habe es abgelehnt, diese Arbeiter, deren Einsatz Sache des Reichsführers-SS war, mit den anderen zu vermengen.
M. HERZOG: Haben Sie niemals Propaganda gegen Juden getrieben?
SAUCKEL: Ich habe Propaganda gegen Juden getrieben soweit sie im Reich in Stellungen waren, die nach meiner Überzeugung von Deutschen zu besetzen waren.
M. HERZOG: Ich unterbreite Ihnen einen Artikel, den Sie im Juni 1944 geschrieben haben, das heißt zu einem Zeitpunkt, an welchem, glaube ich, es in Ihrem Deutschland nicht mehr viele Juden an wichtigen Stellen gab. Dieser Zeitungsartikel erschien in der Zeitung »Die Pflicht«, eine Zeitung, die Sie in dem Gau Thüringen herausgaben. Es ist dies das Dokument 857, welches ich dem Gerichtshof als RF-1523 vorlege. Ich verlese einige Auszüge dieses Artikels. Zunächst einen Auszug aus der ersten Seite, erste Spalte, vorletzter Absatz:
»Nun vermögen die alten und besten britischen Tugenden seiner Seeleute, Flieger und Soldaten es nicht mehr, die rapide um sich greifende jüdische Fäulnispest in seinem Körper aufzuhalten.«
Und nun auf der Seite 2, zweite Spalte, vorletzter Absatz:
»Es gibt kein Beispiel in der Weltgeschichte dafür, daß die Juden und ihre Narren, die ihnen hörig und verfallen waren, ihren Weibern oder ihrem Wesen, jemals etwas Bleibendes im Laufe der Zeit geschaffen haben.«
Nun frage ich Sie, Angeklagter Sauckel, was wollten Sie mit dem Wort »jüdische Fäulnispest« sagen?
SAUCKEL: Ich habe darunter verstanden Zersetzungserscheinungen innerhalb der Völker.
M. HERZOG: Ich frage Sie noch einmal, was wollten Sie mit dem Ausdruck »jüdische Fäulnispest« sagen?
SAUCKEL: Weil ich der Anschauung war, daß durch bestimmte jüdische Kreise in die Völker eine Zersetzung hineingetragen wurde. Das war meine Auffassung.
M. HERZOG: Der Gerichtshof wird seine Folgerungen ziehen. Ich habe keine weiteren Fragen mehr, Herr Vorsitzender.
GENERALMAJOR G. A. ALEXANDROW, HILFSANKLÄGER FÜR DIE SOWJETUNION: Ich möchte eine Gesamtübersicht Ihrer Tätigkeit als Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz haben. Sagen Sie, wie groß war die Anzahl fremder Arbeiter, die in der deutschen Wirtschaft und Industrie gegen Ende des Krieges beschäftigt waren?
SAUCKEL: Soweit ich es hier ohne Unterlage sagen kann, waren ohne Kriegsgefangene etwa fünf Millionen Fremdarbeiter in Deutschland eingesetzt gegen Ende des Krieges.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Diese Zahl haben Sie bereits Ihrem Verteidiger während des direkten Verhörs genannt. Mir scheint es, daß diese von Ihnen genannte Zahl nicht für den Zeitpunkt des Zusammenbruchs Deutschlands, sondern für den 24. Juli 1942 gilt. Ich will Ihnen jetzt darüber etwas andere Angaben bringen, wobei ich mich auf Ihre eigenen Dokumente stützen werde. Sie waren am 21. März 1942 zum Generalbevollmächtigten ernannt worden. Am 27. Juli 1942, das heißt also drei Monate später, haben Sie Hitler und Göring Ihren ersten Bericht vorgelegt. In diesem Bericht haben Sie mitgeteilt, daß in der Zeit vom 1. April bis 24. Juli 1942 die an Sie gestellte Mobilisationsquote von 1600000 Personen von Ihnen noch übertroffen worden ist. Geben Sie zu, diese Zahl genannt zu haben?
SAUCKEL: Ich habe diese Zahl genannt, da waren nicht nur ausländische, sondern nach meiner Erinnerung auch deutsche Arbeiter darunter.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Im letzten Teil dieses Berichts teilen Sie mit, daß die Gesamtzahl der Bevölkerung, die aus den besetzten Gebieten nach Deutschland gebracht wurde, am 24. Juli 1942 aus 5124000 Personen bestand. Ist diese Zahl richtig, bestätigen Sie diese?
SAUCKEL: Ja, ich glaube, aber da sind damals die Kriegsgefangenen, die in der Wirtschaft eingesetzt waren, mit einbegriffen. Dann muß ich dazu bemerken, daß ja bei allen neutralen, verbündeten und westlichen Ländern ein ständiger Austausch stattgefunden hat, weil diese Arbeiter nur ein halbes Jahr, dreiviertel Jahr oder ein Jahr in Deutschland waren und dann immer wieder nach Ablauf dieser jeweiligen Vertragsfristen, die vereinbart waren, in ihre Länder zurückkehrten. Deshalb könnte diese Zahl damals schon stimmen. Sie konnte sich aber nicht wesentlich erhöhen gegen das Ende des Jahres, weil immer dieser Austausch darunter mit zu berücksichtigen ist.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Tatsache aber ist, daß nach Ihren eigenen Angaben die Anzahl der Arbeiter, die aus den besetzten Gebieten nach Deutschland gebracht wurden, am 24. Juli 1942 5124000 betrug. Stimmt das?
SAUCKEL: Wenn es niedergelegt ist, kann es stimmen. Es ist möglich oder wahrscheinlich, daß die eingesetzten Kriegsgefangenen mitgezählt sind. Ich kann das nicht ohne Unterlagen sagen.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Ich werde Ihnen nachher noch ein anderes Dokument, das sich auf diese Frage bezieht, zeigen. Am 1. Dezember 1942 haben Sie eine zusammenfassende Aufstellung über den Arbeitseinsatz, abschließend mit dem 30. November 1942, gemacht. In dieser Aufstellung nennen Sie die Zahl der der deutschen Kriegsindustrie vom 1. April bis 30. November 1942 zur Verfügung gestellten Arbeiter, und zwar 2749652 Personen. Auf Seite 8 dieser Aufstellung geben Sie an, daß am 30. November 1942 im Reichsgebiet sieben Millionen Arbeiter eingesetzt waren. Bestätigen Sie diese Zahl?
SAUCKEL: Ohne Dokumente oder Unterlagen kann ich diese Zahl nicht bestätigen. Ich vermute wiederum, daß darin französische und andere Kriegsgefangene mit inbegriffen sind.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Aber die Zahl selbst, die sieben Millionen fremder, in der deutschen Industrie beschäftigter Arbeiter, sogar einschließlich der Kriegsgefangenen, ist diese Zahl richtig?
Bitte nennen Sie jetzt die Zahl der nach Deutschland im Jahre 1943 aus den besetzten Gebieten gebrachten Arbeiter.
SAUCKEL: Die im Laufe des Jahres nach Deutschland gebrachten ausländischen Arbeiter mögen in der Höhe von eineinhalb bis zwei Millionen gewesen sein. Es sind hier verschiedene Programme aufgestellt gewesen, die immer berichtigt wurden.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Mich interessiert jetzt, wie viele Arbeiter im Laufe des Jahres 1943 nach Deutschland gebracht wurden. Können Sie es ungefähr sagen, ich verlange keine genaue Zahl?
SAUCKEL: Ich sagte schon, eineinhalb bis zwei Millionen. Ich kann es nicht genauer sagen.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Erinnern Sie sich, welche Aufgabe an Sie für das Jahr 1944 gestellt wurde?
SAUCKEL: Im Jahre 1944 wurde verlangt: ein Gesamteinsatz von vier Millionen einschließlich der Deutschen. Es sind aber von diesen vier Millionen nur drei Millionen erfüllt worden, und zwar rund 2,1 Millionen Deutscher und etwa 900000 Ausländer.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Können Sie uns jetzt wenigstens eine allgemeine Bilanz Ihrer Tätigkeit geben? Wie viele Personen wurden aus den besetzten Ländern im Laufe des Krieges nach Deutschland gebracht einschließlich derjenigen, die bei Kriegsende in der Landwirtschaft und Industrie eingesetzt waren?
SAUCKEL: Nach meiner Unterrichtung und Erinnerung sind am Ende des Krieges fünf Millionen Fremdarbeiter in Deutschland gewesen. Es sind einige Millionen Arbeiter im Verlaufe des Krieges ja wieder in die neutralen, in die verbündeten und Westlichen Länder zurückgekehrt und mußten immer wieder ergänzt werden. Daher auch immer wieder die neuen Programme. So ist es zu erklären, daß zwar auch die Arbeiter, die vor meiner Zeit schon dagewesen sind und die hereingebracht worden sind, wohl die Zahl von sieben Millionen erreicht haben können, daß aber im Verlaufe des Krieges wieder einige Millionen in ihre Heimat zurückgekehrt sind.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Eine große Zahl ist infolge der schweren Sklavenarbeit umgekommen. Das meine ich jetzt nicht. In Ihren Dokumenten haben Sie wahrscheinlich tatsächliche Arbeitskräfte gemeint, und nicht die Toten oder Abwesenden. Können Sie mir sagen, wie viele Arbeiter im Laufe des Krieges aus den besetzten Gebieten nach Deutschland gebracht wurden?
SAUCKEL: Ich sagte Ihnen ja die Zahl schon.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Fünf Millionen?
SAUCKEL: Ja.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Sie wollen also weiter auf dieser Zahl bestehen?
SAUCKEL: Ja, ich will darauf bestehen, daß am Ende des Krieges, soweit von meinem statistischen Amt gezählt und mir noch in Erinnerung ist, fünf Millionen Arbeiter in Deutschland gewesen sind und Millionen Arbeiter immer wieder zurückgekehrt sind. Das können die Sachbearbeiter an sich besser beantworten als ich. Es waren ja nur halbjährige und dreivierteljährige Verträge bei den andern.
VORSITZENDER: Ihre Frage ist doch, wie viele ausländische Arbeiter während des ganzen Krieges nach Deutschland gebracht worden sind? Ist das die Frage, die Sie gestellt haben?
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Jawohl, Herr Vorsitzender, das ist es.
VORSITZENDER: Was ist Ihre Antwort dazu?
SAUCKEL: Ich habe es ja schon angegeben; mit den Arbeitern, die vor meiner Zeit schon dagewesen sind, bevor ich dieses Amt antrat, und denjenigen, die am Ende da waren, mögen es vielleicht sieben Millionen gewesen sein. Es sind nach meinen Unterlagen am Ende fünf Millionen dagewesen, weil die anderen wieder zurückgekehrt sind.
VORSITZENDER: Ja. Aber das ist ja gar nicht das, worüber Sie gefragt werden. Sie werden gefragt, wie viele Menschen vom Ausland nach Deutschland während des ganzen Krieges gebracht wurden. Sie sagen: Fünf Millionen seien es gegen Ende des Krieges gewesen und in den vorhergehenden Jahren seien ständig Änderungen eingetreten. Die Folgerung ist, daß es doch mehr als fünf Millionen gewesen sein müssen, die im Laute eines Jahres nach Deutschland gebracht wurden.
SAUCKEL: Ich schätze die Zahl auf sieben Millionen; ich kann die Zahl aber nicht genau angeben, weil ich die Zahl, die vor meiner Zeit dagewesen ist, nicht zuverlässig kenne. Aber es sind bestimmt Millionen zurückgekehrt, immer wieder.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Am Stichtag vom 30. November 1942 haben Sie die Zahl der eingeführten Arbeitskräfte mit sieben Millionen genannt. Laut Ihren Aussagen waren 1943...
SAUCKEL: Die eingesetzten Arbeiter in Deutschland, da sind Kriegsgefangene dabeigewesen, 1942.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Gut, die Kriegsgefangenen inbegriffen. Ist das richtig, sieben Millionen am 30. November?
SAUCKEL: Ich kann das nicht genau sagen; es kann richtig sein, ich kann das aber ohne Unterlagen nicht bestätigen.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Ich werde Ihnen das Dokument morgen zeigen. Heute beantworten Sie bitte meine Frage. Sie haben gesagt, daß 1943 noch ungefähr zwei Millionen Arbeiter gebracht worden sind.
SAUCKEL: In 1943?
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Ja, in 1943.
SAUCKEL: Eineinhalb bis zwei Millionen sagte ich.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Also sieben und zwei Millionen ergeben neun Millionen.
SAUCKEL: Nein, ich habe doch ausdrücklich gesagt, es sind ständig welche zurückgekehrt, und in dem neuen Schub habe ich die Kriegsgefangenen nicht mitgezählt.
GENERALMAJOR ALEXANDROW: Sie verstehen mich nicht richtig. Ich spreche von der Zahl der aus den besetzten Gebieten herausgezogenen Arbeitskräfte. Um dieses zu beantworten, ist es gar nicht wichtig, wie viele von ihnen in Deutschland umkamen oder wieder fortgingen. Das ändert die Gesamtzahl der aus den besetzten Gebieten eingeführten Arbeiter nicht. Wenn sich nun also sieben Millionen Personen am 30. November 1942 in Deutschland befanden und nach Ihrer Aussage im Laufe des Jahres 1943 nochmals zwei Millionen hinzugekommen sind und 1944, wie Sie ja eben sagten, nochmals 900000 gebracht wurden, dann müssen es ja laut Ihren eigenen Angaben im ganzen zehn Millionen gewesen sein, die während des Krieges nach Deutschland gebracht worden sind. Stimmt das?
SAUCKEL: Ich kann das nur mit dem Vorbehalt sagen, da ich nicht weiß, wie viele tatsächlich vor meiner Zeit dagewesen sind. Es ist schätzungsweise richtig, einschließlich sämtlicher Kriegsgefangenen, die zur Arbeit eingesetzt waren. Die mußte man aber von den eingeführten Zivilarbeitern abziehen.
VORSITZENDER: Der Gerichtshof wird sich jetzt vertagen.