[Keine Antwort.]
MR. BIDDLE: Das ist alles, was er bedeutet, nicht wahr? Private Anwerbung unter Anwendung von Gewalt?
SAUCKEL: Nein,...
MR. BIDDLE: Einen Augenblick bitte! Können Sie einen Menschen ohne Anwendung von Gewalt »schanghaien«? Sie wollen doch nicht sagen, daß man Leute durch Überredung »schanghaien« kann? Nicht wahr?
SAUCKEL: Doch! Denn ich wollte, daß diese französischen Verbände ja gerade auf diese Weise freiwillig werben, indem in freundschaftlicher Art dort in dem Café ein Glas Bier oder Wein oder sonst dergleichen getrunken wurde, um das nicht in den amtlichen Büros zu tun. Ich meinte nicht die üble Art des »Schanghaies«, wie Sie mir vielleicht von dieser Stadt aus meiner seemännischen Zeit irgendwie in Erinnerung ist. Es war eine etwas drastische Ausdrucksform, aber keine konkrete Darstellung dieses Vorgangs. Ich habe niemals, Herr Richter, in Frankreich oder an anderer Stelle ein »Schanghaien« angeordnet, sondern weil...
MR. BIDDLE: Ich weiß, Sie haben das nicht befohlen, das war nicht meine Frage. Unter »Schanghaien« verstehen Sie, daß man lediglich ein Glas Wein freundschaftlich mit einem Arbeiter trinkt und dann verpflichtet er sich. Meinten Sie das?
SAUCKEL: So verstand ich es, wie ich es in der Zentralen Planung in etwas drastischer Form zum Ausdruck gebracht habe, um die Anforderungen, die an mich gestellt waren, mit einigen plausiblen Gegengründen meiner Anstrengungen, die ich unternahm, zu beantworten.
MR. BIDDLE: Warum haben Sie gegen diese private Anwerbung Einspruch erhoben? Was hatten Sie dagegen einzuwenden?
SAUCKEL: Ich habe nicht in diesem Fall Einspruch erhoben, sondern es widersprach deutschen Anschauungen über die Arbeitsvermittlung. Nach deutschen Anschauungen und vor...
MR. BIDDLE: War es gegen das deutsche Gesetz?
SAUCKEL: Es war gegen meine Überzeugung und gegen deutsche Gesetze.
MR. BIDDLE: Das habe ich Sie nicht gefragt. Ihre Überzeugungen interessieren mich im Augenblick nicht. Ich fragte: War es gegen das deutsche Gesetz? Es war doch gesetzwidrig?
SAUCKEL: Es war im allgemeinen gegen die deutsche Arbeitsgesetzgebung. Es sollten möglichst keine privaten Vermittlungen stattfinden; aber ich darf zur Erläuterung sagen, Herr Richter, daß, nachdem der Arbeiter gewonnen war, trotzdem die hoheitliche Verpflichtung auf Grund staatlichen Vertrages stattgefunden hat. Also es ist nicht so zu verstehen, daß der betreffende Arbeiter dann endgültig ohne staatlich genehmigten Vertrag ins Reich gekommen ist, sondern dieser Vertrag wurde ihm genau so gewährt wie allen anderen.
MR. BIDDLE: Sie meinen, ein Arbeiter, der von privaten Agenten »schanghait« wurde, hatte dieselben Rechte, wenn er erst einmal arbeitete, wie jeder andere. Meinen Sie das?
SAUCKEL: Dieselben Rechte und Sicherungen wie jeder andere auch.
MR. BIDDLE: Das stimmt. Und jetzt komme ich für einen Augenblick zu einem anderen Thema. Ich möchte nur Ihre Verteidigung und Ihren Standpunkt richtig verstehen. Sagen Sie bitte, ob das stimmt: Sie haben nicht selbst angeworben, die Polizei hat nicht angeworben. Ihre hauptsächlichste Aufgabe war in erster Linie aufzupassen, daß sich alles recht- und gesetzmäßig abwickelte. Ist das richtig? Das war Ihre wichtigste Funktion?
SAUCKEL: Das war mein Bestreben.
MR. BIDDLE: Um diese auszuführen, mußten Sie dafür Sorge tragen, daß entsprechende Gesetze erlassen wurden, so daß die Anwerbung gesetzmäßig durchgeführt werden konnte. Ist das richtig? War das Ihre Aufgabe?
SAUCKEL: Jawohl.
MR. BIDDLE: Und sehr oft waren diese Gesetze... übrigens waren diese Gesetze doch einfach Erlasse. Es waren bloß Erlasse, die vom Führer oder von Ihnen selbst oder irgendeinem Minister unterzeichnet waren. Wenn Sie »Gesetze« sagen, meinen Sie natürlich Erlasse.
SAUCKEL: Die Gesetze in den besetzten Gebieten zur Erfassung der Arbeitskräfte mußten vom Führer angeordnet werden und erlassen werden von den Chefs der Gebiete.
MR. BIDDLE: Ich meinte folgendes: Um eine gesetzliche Grundlage für die Verwendung der Fremdarbeiter zu haben, mußten Sie lediglich dafür sorgen, daß gewisse Erlasse unterzeichnet wurden. Das war ein Teil Ihrer Aufgabe, sie unterzeichnen zu lassen?
SAUCKEL: Ich habe diese Erlasse nicht unterzeichnet, sondern...
MR. BIDDLE: Das weiß ich. Ich sagte nicht, daß Sie diese unterzeichneten. Ich verstehe das. Sie haben das im einzelnen schon des längeren erklärt. Jetzt wollen wir sehen, wo die Polizei dabei in Erscheinung tritt. Sie hatte also mit der Anwerbung nichts zu tun. Wenn einmal ein Erlaß unterzeichnet war, dann wurde er Gesetz, nicht wahr? Wenn ein Erlaß unterzeichnet war, dann war er Gesetz?
SAUCKEL: Ja.
MR. BIDDLE: Und wenn irgend jemand sich der Arbeiteranwerbung widersetzte oder wenn er sich nicht registrieren ließ, oder wenn er seinen Vertrag nicht erfüllte, dann wurde er zum Verbrecher. Das ist richtig, nicht wahr?
SAUCKEL: Er wurde in diesem Falle ein Gesetzesübertreter. Verbrechen haben wir das nicht geheißen, sondern Vergehen.
MR. BIDDLE: Aber er hat gegen das Gesetz verstoßen?
SAUCKEL: Ja.
MR. BIDDLE: Sie meinen, er hat kein Verbrechen begangen. Hat er ein Verbrechen begangen oder nicht? Nehmen wir an, ein Mann ließ sich nicht registrieren, wenn er dazu aufgefordert wurde. War das ein Verbrechen?
SAUCKEL: Nein, das war kein Verbrechen. Wir nannten das ein Vergehen in Deutschland.
MR. BIDDLE: Und wenn er ein solches Vergehen verübte, wurde er der Polizei übergeben. Ist das richtig?
SAUCKEL: Nicht sofort; sondern er wurde im Vorbereitungsverfahren durch das örtliche Arbeitsamt aufgefordert, sich zu stellen und zu melden und...
MR. BIDDLE: Das haben Sie schon erklärt. Er bekam für das Vergehen drei oder vier Tage und wenn er sich auch dann noch nicht registrieren ließ, wurde er für das Vergehen der Polizei übergeben. Ist das richtig?
SAUCKEL: Wie das in den einzelnen Gebieten in der. Praxis gehandhabt worden ist, kann ich nicht sagen. Es ist sehr verschieden gewesen, zum Teil sehr lax.
MR. BIDDLE: Sie haben uns doch schon in Ihrem Kreuzverhör gesagt, daß die Polizei einschritt, wenn jemand gegen das Gesetz verstieß. Die Polizei war einfach da, um dafür zu sorgen, daß das Gesetz nicht verletzt wurde. Das ist doch richtig, nicht wahr? Das war ihre Aufgabe?
SAUCKEL: Nein, das war nicht meine Aufgabe, sondern das war Aufgabe der Dienstbehörden.
MR. BIDDLE: Nun, warum sagen Sie dann immer »Das war nicht meine Aufgabe«. Ich habe Sie nicht gefragt, ob es Ihre Aufgabe war. Ich spreche nur über die Polizei, ich spreche nicht über Sie. Wenn diese Arbeitserlasse verletzt wurden, dann schritt doch zu einem gewissen Zeitpunkt die Polizei ein. Ist das richtig?
SAUCKEL: Das wäre der normale Weg gewesen, der richtige.
MR. BIDDLE: Oder wenn zum Beispiel die Leute in Paris zusammengetrieben wurden und körperlichen Widerstand leisteten, dann wurde die Polizei gerufen, nicht wahr? Wenn Widerstand geleistet wurde, mußten Sie die Polizei rufen, nicht wahr?
SAUCKEL: Ja, ich kann aber sagen, daß mir das fast nie gemeldet worden ist, sondern es ist dann meist ein Verzicht eingetreten. Es geht das klar aus den Listen der Arbeitertransporte hervor. Im Jahre 1944 sind zum Beispiel von einem großen Programm noch keine zehn Prozent nach Deutschland gekommen. Es ist uns dann nichts anderes übriggeblieben, als zu »schanghaien«.
MR. BIDDLE: Bitte, sprechen Sie nicht weiter! Sie haben bereits darüber ausgesagt. Ich möchte gern ein Bild von dem ganzen System bekommen. Nun zum Heer: Sie sagten, glaube ich, daß die Rolle des Heeres darin bestand, daß, wenn es zu Sabotage oder Widerstand in den besetzten Gebieten kam, das Heer einschreiten mußte, so daß die Arbeitsverwaltungen arbeiten konnten. Das würde stimmen, nicht wahr?
SAUCKEL: In sogenannten Widerstandsgebieten, in denen die Verwaltung durch Widerstandsbewegungen, nicht nur auf dem Gebiete des Arbeitseinsatzes, sondern auch bei anderen Funktionen, gehemmt war und die öffentliche Sicherheit der deutschen Truppen nicht mehr gewährleistet war.
MR. BIDDLE: An anderen Funktionen bin ich nicht interessiert. Augenblicklich interessiere ich mich besonders für die Arbeitseinsatzfrage. Wenn es nun in Polen und Rußland zum Beispiel unmöglich war, Leute anzuwerben, weil der Widerstand gegen die Anwerbung oder das Heer zu heftig war, mußte dann das Heer kommen und bei der Anwerbung behilflich sein. Diese Feststellung wäre doch nicht unzutreffend, nicht wahr?
SAUCKEL: Das kann man sagen.
MR. BIDDLE: Das ist richtig. Wenn übrigens irgendeiner dieser Arbeiter sich widersetzte, gegen das Gesetz verstieß oder sich nach drei Tagen nicht registrieren ließ, wurde er dann jeweils vor ein Gericht gestellt oder ging einfach die Polizei gegen ihn vor? Diese Leute kamen doch niemals vor ein Gericht, nicht wahr?
SAUCKEL: Das kann ich Ihnen im einzelnen und in der Gesamtheit nicht sagen. Es ist wohl verschieden gehandhabt worden. Ich weiß das nicht im einzelnen.
MR. BIDDLE: Wir wollen das besonders besprechen. Hat irgendeiner Ihrer Erlasse die Einleitung eines Gerichtsverfahrens gegen solche Leute vorgesehen?
SAUCKEL: Nein, das haben meine Erlasse nicht. Ich war auch nicht befugt, solche Erlasse innerhalb der Gebiete für Gerichtsverfahren zu erlassen, denn ich war nicht Gebietshoheitsträger.
MR. BIDDLE: Gut, ich bin mir aber noch nicht ganz klar über die Lager. Wir wollen das einmal kurz betrachten. Es gab da, was Sie – wie ich glaube – Durchgangslager oder Verteilungslager nannten, nicht wahr?
SAUCKEL: Jawohl.
MR. BIDDLE: Wie viele?
SAUCKEL: Das kann ich Ihnen aus dem Gedächtnis nicht sagen.
MR. BIDDLE: Nein, natürlich nicht, aber glauben Sie, daß es mehr als hundert waren?
SAUCKEL: Nein, das glaube ich nicht.
MR. BIDDLE: Kaum. Aber vielleicht fast hundert?
SAUCKEL: Nein, das ist, glaube ich, auch nicht ganz richtig.
MR. BIDDLE: Können Sie uns nicht irgendeine Zahl nennen?
SAUCKEL: Ich nehme an, daß es im Reich 30 oder 40 Durchgangslager gegeben hat.
MR. BIDDLE: Im Reich?
SAUCKEL: Im Reich.
MR. BIDDLE: Gab es solche Durchgangslager auch in den besetzten Gebieten, zum Beispiel in Frankreich?
SAUCKEL: In den besetzten Gebieten? Ob in Frankreich Durchgangslager und wie viele es gewesen sind, kann ich nicht sagen. Es waren im Westen an der Grenze Übernahmestationen und im Osten waren an der Grenze Durchgangslager; deren Aufgabe war, eine nochmalige ärztliche Untersuchung, Entlausung der Kleidungsstücke und...
MR. BIDDLE: Das genügt, glaube ich. Ich denke, daß Sie das ausreichend beantwortet haben. Dann gab es noch die sogenannten Arbeitserziehungslager. Erinnern Sie sich, daß Sie sagten, es habe Arbeitserziehungslager gegeben?
SAUCKEL: Diese Erziehungslager...
MR. BIDDLE: Können Sie nicht ja oder nein sagen?
SAUCKEL: Nein.
MR. BIDDLE: Wie viele?
SAUCKEL: Da habe ich keine Ahnung...
MR. BIDDLE: Davon haben Sie keine Ahnung? Vielleicht 50 oder 100?
SAUCKEL: Nein, ich kann Ihnen gar nicht annähernd sagen, wie viele, weil ich nie eine Liste darüber bekommen habe. Sie unterstanden nicht mir.
MR. BIDDLE: Wem unterstanden sie?
SAUCKEL: Sie waren ausschließlich der Polizei, beziehungsweise, soviel ich weiß, dem Gruppenführer Müller unterstellt.
MR. BIDDLE: Und ich nehme an, daß die Mannschaften und Offiziere, so wie in den anderen Konzentrationslagern, aus SS-Angehörigen bestanden.
SAUCKEL: Ich muß das auch annehmen, kann es aber nicht sagen, weil ich nie ein solches Lager gesehen habe.
MR. BIDDLE: Aber das wäre nicht unwahrscheinlich?
SAUCKEL: Nein, die Lager unterstanden ausschließlich der Polizei.
MR. BIDDLE: Der Polizei? Wer ist nun in diese Arbeitserziehungslager eingeliefert worden?
SAUCKEL: Nach meinem Wissen – ich habe darüber sehr wenig erfahren – ist eingeliefert worden, wer in einer Anzahl von Fällen wegen Verstoßen gegen die Arbeitsordnungen oder die Disziplin in den Betrieben und so weiter rückfällig geworden ist.
MR. BIDDLE: Richtig, gut. Danke sehr. Das ist alles, was ich über diesen Punkt wissen will. Mit anderen Worten, Leute, die sich nicht meldeten oder die ihre Verträge brachen, wurden zur »Erziehung« geschickt. Worin bestand denn diese Erziehung? Was bedeutet denn überhaupt das Wort »Erziehung«? Wie wurden sie »erzogen«?
SAUCKEL: Das kann ich Ihnen nicht sagen, ich nehme an, daß gearbeitet werden mußte. Es war ein Termin vorgesehen, etwa von acht Tagen, glaube ich, bis zu 56 Tagen. Ich kann das nicht genau sagen. Ich habe das auch erst im Gerichtssaal hier erfahren.
MR. BIDDLE: Wir wollen das mal ein wenig aufklären. Schließlich waren Sie doch Generalbevollmächtigter, daher mußten Sie doch etwas über diese Sachen gewußt haben. Es gab Arbeitslager, ebenso wie Arbeitserziehungslager, nicht wahr?
SAUCKEL: Ja. Ich möchte das unterscheiden von mir aus...
MR. BIDDLE: Ja, ich werde einen Unterschied machen. Ich will Sie fragen: Diese Arbeitslager waren doch Lager, wohin Arbeiter geschickt wurden und wohnten, die in der Industrie beschäftigt waren. Stimmt das? Es waren einfach Lager, wo Arbeiter wohnten und lebten?
SAUCKEL: Es waren Lager, wo Arbeiter untergebracht waren, wo sie wohnten.
MR. BIDDLE: Das ist richtig. Und die Arbeitserziehungslager waren etwas anderes als die Arbeitslager, nicht wahr?
SAUCKEL: Die waren grundsätzlich verschieden. Die Arbeitserziehungslager waren eine Einrichtung des Reichsführers-SS. Die Arbeitslager, in denen sie wohnten, wurden erstellt von den Betrieben oder Betriebsgemeinschaften, bei denen die Arbeiter beschäftigt waren.
MR. BIDDLE: Wenn nun ein Mann in ein Arbeitserziehungslager eingewiesen wurde, wurde er nicht nur zur Arbeit geschickt, sondern er wurde bestraft, weil er das Gesetz verletzt hatte. So muß es doch gewesen sein?
SAUCKEL: Er ist meines Wissens in ein Arbeitserziehungslager gekommen, um dort zur Arbeitspünktlichkeit erzogen zu werden, und es war zugleich eine Bestrafung für seine Verstöße im Betrieb.
MR. BIDDLE: Bestanden irgendwelche Verordnungen für diese Arbeitserziehungslager, irgendwelche Bestimmungen?
SAUCKEL: Ich kenne keine Bestimmungen. Sie mußten vom Reichsführer-SS, vom Chef der Polizei, erlassen werden; von mir aus gab es keine Bestimmungen.
MR. BIDDLE: Obwohl es also ein Teil Ihrer Aufgabe war, die ausländischen Arbeiter, die nach Deutschland gebracht wurden, zu betreuen, hatten Sie, wenn sie der Polizei übergeben worden waren, keine Zuständigkeit mehr für sie. Stimmt das?
SAUCKEL: Das stimmt. Ich muß das in einer Weise noch berichtigen. Ich habe nicht die Aufgabe gehabt, die Arbeiter zu betreuen; ich habe nur die Aufgabe gehabt, die Arbeiter den Betrieben zu vermitteln. Die Aufsicht über die Lager und die Betreuung war in keiner Weise meine Aufgabe. Ich habe...
MR. BIDDLE: Augenblick, Angeklagter, das ist uns ganz klar. Sie hatten also praktisch keine Exekutivfunktionen. Aber Sie haben doch wiederholt gesagt, daß Sie Anordnungen erlassen hatten, Hunderte, sagten Sie, um die Lebensbedingungen der Leute zu verbessern. Nun wissen wir, es war nicht Ihre Aufgabe, diese Leute zu verpflegen oder unterzubringen. Aber Sie erfüllten damit eine Ihrer Hauptaufgaben: denn eine Ihrer Hauptaufgaben war es, sie in möglichst gutem Zustand zu erhalten. Darum waren Sie an allen Beschwerden interessiert. Das verstehen wir alles. Es stimmt doch, daß dies eine Ihrer Obliegenheiten war?
SAUCKEL: Es war diese Aufgabe von mir übernommen; es lag nicht in meinen Obliegenheiten, die mir auf getragen waren; sondern die Beschwerden, mit denen ich täglich belastet war, waren die, daß nicht genügend Arbeiter da waren. Meine Aufgabe war die Lenkung, Steuerung und Beschaffung der Arbeiter; aber ich habe aus eigenem Interesse auf die Notwendigkeit als Voraussetzung hingewiesen, daß die Arbeiter pfleglich behandelt und dadurch erhalten werden.
MR. BIDDLE: Ich verstehe, es war eine freiwillige Aufgabe, die Sie sich auferlegten. Es gehörte nicht in Ihren Aufgabenkreis, aber Sie taten es dennoch. Ich möchte mich ein wenig mit den Arbeitern selbst befassen. Ich glaube, daß wir genau oder wenigstens einigermaßen Bescheid wissen, wie viele hereingebracht wurden. Ich möchte aber wissen, wie viele freiwillig und wie viele unfreiwillig gekommen sind. Bevor Sie das beantworten –, ich meine jene Arbeiter, die nicht auf Grund irgendeines Gesetzes hereingebracht wurden, sondern solche, die sich freiwillig aus eigenem Antrieb zur Arbeit gemeldet haben. Es gab doch nicht sehr viele von dieser Kategorie?
SAUCKEL: Doch, es gab sehr viele Arbeiter, die sich ohne Gesetzeszwang, aber auf Grund von Propaganda und Werbung gemeldet haben und auf Grund der Tatsache, daß in Deutschland die Löhne und dergleichen verhältnismäßig hoch und geregelt waren. Es hat sehr viele Arbeiter gegeben...
MR. BIDDLE: Lassen Sie uns das einmal näher betrachten: Es kam eine Zeit, da die Gesetze, die für deutsche Arbeiter galten, auch auf Fremdarbeiter angewandt wurden.
SAUCKEL: Jawohl.
MR. BIDDLE: Nach dem Gesetz mußte jeder Deutsche arbeiten. Stimmt das?
SAUCKEL: Jawohl. Das stimmt.
MR. BIDDLE: Dieses Gesetz fand dann schließlich auch auf Fremdarbeiter Anwendung, wie Sie gerade sagten. Stimmt das?
SAUCKEL: Dieses Gesetz wurde in den besetzten Gebieten miteingeführt.
MR. BIDDLE: Richtig. Für alle gleich. So, daß es nach der Einführung dieses Gesetzes keine freiwillige Arbeit mehr gab, denn nachdem dieses Gesetz eingeführt war, mußten alle arbeiten.
SAUCKEL: Jawohl. Soweit sie in den besetzten Gebieten und auch anderswo nach Bedarf angefordert wurden.
MR. BIDDLE: Wenn Sie also von unfreiwilliger Arbeit sprachen, so galt dies für die Zeit vor der Einführung dieses Gesetzes. Richtig?
SAUCKEL: Ja, aber...
MR. BIDDLE: Wann wurde dieses Gesetz erlassen?
SAUCKEL: Dieses Gesetz wurde zu verschiedenen Zeitpunkten im Spätherbst 1942 eingeführt. Die genauen Daten in den verschiedenen Gebieten kann ich nicht sagen. Ich bitte das sagen zu dürfen, daß auch unter diesem Gesetz freiwillige Arbeiter noch freiwillig nach Deutschland gekommen sind. Sie sind...
MR. BIDDLE: Sie haben recht. Wenn das nicht der Fall gewesen wäre, dann wären sie unfreiwillig gekommen.
SAUCKEL: Nein.
MR. BIDDLE: Warum nicht?
SAUCKEL: Es wurden ja nur bestimmte Kontingente eingeführt, aber nicht die Gesamtheit der Arbeiter wurde für Deutschland angefordert.
MR. BIDDLE: Diese angeforderten Kontingente wären dann doch unfreiwillig hereingekommen.
SAUCKEL: Nein, es wurde auch eine freiwillige Werbung durchgeführt; das ist so zu verstehen, daß unter den Arbeitern...
MR. BIDDLE: Einen Augenblick, Angeklagter! Wir wollen uns hier nichts vormachen. Es ist ganz einfach. Wenn es ein Gesetz gab, das die Leute zur Arbeit zwang, dann mußten sie doch arbeiten, wenn ihr Kontingent einberufen wurde? Stimmt das?
SAUCKEL: Ja. Sie mußten in ihrem Heimatland zunächst arbeiten, aber sie konnten sich auch freiwillig melden, anstatt in ihrem Heimatland auch in Deutschland zu arbeiten. Und wir haben sehr großen Wert darauf gelegt.
MR. BIDDLE: Das heißt mit anderen Worten, man konnte zwischen einer Zwangsarbeit in einer Fabrik in Frankreich oder in Deutschland wählen; in diesem Sinne war es freiwillig. Ist das richtig?
SAUCKEL: Ja.
MR. BIDDLE: Nur noch zwei oder drei Fragen: Sie haben diese Fragen klar beantwortet, glaube ich. Ich möchte Sie nun über drei Dokumente befragen; ich glaube, das ist dann alles. Ich werde nicht auf Einzelheiten eingehen. Sie erinnern sich an das Dokument, das als R-124 bekannt ist? Das war die Konferenz am 1. März 1944. Sie erinnern sich doch noch an diese Konferenz?
Würde ihm bitte jemand die deutsche Niederschrift zeigen, wenn sie vorhanden ist?