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[Das Gericht vertagt sich bis

1. Juni 1946, 10.00 Uhr.]

Einhundertvierundvierzigster Tag.

Samstag, 1. Juni 1946.

Vormittagssitzung.

DR. KUBUSCHOK: Darf ich bitten zu erlauben, daß der Angeklagte von Papen am Montag und Dienstag zur Vorbereitung seiner Verteidigung der Sitzung fernbleibt.

Er wird vertreten werden vom Kollegen Dr. Nelte.

[Der Zeuge Timm betritt den Zeugenstand.]

DR. SERVATIUS: Herr Zeuge! Gestern sprachen wir zuletzt von den Stabsbesprechungen. Ich möchte davon zunächst abgehen. Wir kommen aber später auf diese Frage zurück, wenn wir uns über die Kontrollen unterhalten. Ich möchte nun zunächst einmal das Verhältnis von Sauckels Dienststelle zu den vorgesetzten Stellen von Ihnen erläutert haben. Wem unterstand Sauckel?

TIMM: Der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz unterstand dem Beauftragten für den Vierjahresplan.

DR. SERVATIUS: Und wie hatte er mit Hitler zu tun?

TIMM: Mit Hitler pflegte der Generalbevollmächtigte engste Verbindung zu unterhalten und seine Pläne nach Möglichkeit in persönlichen Besprechungen Hitler vorzutragen.

DR. SERVATIUS: Bestand eine ständige Verbindung mit dem Vierjahresplan durch einen Verbindungsmann, oder wie erfolgte das?

TIMM: Es gab verschiedene Wege, um die Verbindung lebhaft zu gestalten. Es waren wechselseitig Verbindungsmänner vorhanden. Der Generalbevollmächtigte entsandte Leute seines engeren Stabes zu Vorträgen, zu vorheriger Abstimmung seiner Pläne im Vierjahresplan, und auf der anderen Seite nahmen, soweit ich mich erinnere, fast dauernd Beauftragte der Dienststelle des Vierjahresplanes an den Stabsbesprechungen teil.

Außerdem hatte der Generalbevollmächtigte häufiger mit dem Beauftragten für den Vierjahresplan persönliche Besprechungen.

DR. SERVATIUS: Wie war die Zusammenarbeit mit den anderen Ministerien? Also mit Goebbels zunächst einmal?

TIMM: Der Generalbevollmächtigte legte an sich grundsätzlich Wert darauf, mit den anderen Ressorts möglichst enge Verbindung und vorherige Abstimmung seiner Pläne und somit auch seiner Absichten herbeizuführen. Die Zusammenarbeit mit dem Propagandaministerium war nicht mehr so gut, insbesondere nicht zu der Zeit, wo der Minister Dr. Goebbels Beauftragter für den totalen Kriegseinsatz war.

DR. SERVATIUS: Nach Verkündung des totalen Kriegseinsatzes unterstand da Sauckel Goebbels?

TIMM: Die Verhältnisse sind nicht ganz klar geworden. Nach meiner Auffassung mußte es so angesehen werden, daß der Beauftragte für den totalen Kriegseinsatz umfassende Vollmachten für alle Aufgaben erhalten hatte und somit tatsächlich eine übergeordnete Stelle auch für den GBA darstellte.

DR. SERVATIUS: Wie war es mit den anderen Dienststellen, wie zum Beispiel dem Reichsernährungsminister?

TIMM: Die Zusammenarbeit mit dem Reichsernährungsministerium war sehr gut. Das Verhältnis insbesondere mit dem Staatssekretär Backe gestaltete sich, soweit ich es beurteilen konnte, stets gut. Es fanden auch laufend Besprechungen der Sachbearbeiter der beiden Dienststellen über Fragen der Verpflegung im allgemeinen statt.

VORSITZENDER: Doktor Servatius! Wann wurde der totale Krieg verkündet?

DR. SERVATIUS: Weiß der Zeuge, wann der totale Krieg verkündet worden ist?

TIMM: Nein, das Datum habe ich nicht gegenwärtig.

DR. SERVATIUS: Es ist nach dem Fall von Stalingrad; das genaue Datum kann ich nicht sagen.

VORSITZENDER: Bitte, fahren Sie fort.

DR. SERVATIUS: Die Beziehungen zu Himmler. Wie wurde mit dieser Dienststelle gearbeitet?

TIMM: Von starken persönlichen Beziehungen des GBA zu Himmler ist mir nichts bekannt. Es war in dem Arbeitsstab bei Sauckel ein Verbindungsmann des Reichsführers-SS, insbesondere zu allgemein polizeilichen Fragen, soweit sie im Arbeitseinsatz auftauchen sollten.

DR. SERVATIUS: Was waren das für Fragen im einzelnen?

TIMM: Das waren Fragen verschiedenster Art, insbesondere die Frage der Ausländerbeschäftigung, die Frage der Abzeichen.

DR. SERVATIUS: Und dann wahrscheinlich auch die Stacheldrahtfragen?

TIMM: Jawohl, die Stacheldrahtfragen und alle Fragen, die im polizeilichen Sektor auftauchten.

DR. SERVATIUS: Und auch Fragen der Arbeitserziehungslager?

TIMM: Diese Dinge sind mir, da ich nicht Sachbearbeiter für diese Fragen war, nicht so gegenwärtig, so daß ich nicht weiß, ob darüber Besprechungen im einzelnen stattgefunden haben.

DR. SERVATIUS: Ich möchte jetzt übergehen zu den Beziehungen der Dienststellen zu den besetzten Gebieten.

Mit wem wurde verhandelt und an wen wandte man sich, wenn man in den besetzten Gebieten Forderungen stellte?

TIMM: Man mußte sich wenden an die jeweiligen Gebietsregierungen, seien es Militärbefehlshaber, seien es Reichskommissare oder ähnliche.

DR. SERVATIUS: Was für eine Stellung hatten die Beauftragten von Sauckel?

TIMM: Die Beauftragten waren eingerichtet und gedacht als Männer, die den Plänen, den Weisungen und den Anordnungen Sauckels unmittelbar stärkeren Nachdruck geben sollten.

Das Ziel wurde aber nicht erreicht, da sie sich nicht durchsetzen konnten. Ich erinnere mich, daß der Generalbevollmächtigte sich daher mit dem Gedanken trug, bei Hitler noch eine umfassendere Weisung und eine umfassendere Vollmacht zu erhalten.

Ich glaube, mich zu erinnern, daß der Generalbevollmächtigte einmal mitteilte, daß er bei Hitler selbst oder in seiner Umgebung festgestellt habe, daß Hitler nicht geneigt sei, eine Erweiterung dieser Vollmachten zu geben, da er die jeweiligen Gebietsregierungen, insbesondere die Militärbefehlshaber, nicht aus ihrer umfassenden Verantwortung und Vollmacht entlassen könne, so daß für den Generalbevollmächtigten nur der Weg blieb, unmittelbar im Wege der Verhandlungen seine Wünsche vorzubringen.

DR. SERVATIUS: Warum konnten sich die Beauftragten denn nicht durchsetzen?

TIMM: Die Beauftragten konnten ja nur versuchen, mit den jeweiligen Gebietsregierungen zu sprechen, und die Widerstände waren eben so stark, daß sie sich eben nicht durchsetzen konnten.

DR. SERVATIUS: Hatten diese Beauftragten nicht noch gleichzeitig eine andere Stellung?

TIMM: Da eine losgelöste Stellung nicht zu erreichen war, wurden im Wege der Verhandlung allgemein die Beauftragten in die Verwaltungen der jeweiligen Gebietsregierungen eingebaut und erhielten dort allgemein, mit wenigen Ausnahmen, die Leitung der Abteilung »Arbeit« oder wurden in die Abteilung für Wirtschaft und Arbeit eingebaut.

Sie waren bei den Militärbefehlshabern im allgemeinen, wodurch auch ihre Position nach außenhin zum Ausdruck kam, als Militärverwaltungsbeamte eingebaut.

DR. SERVATIUS: Es war also eine Personalunion?

TIMM: Es war gewissermaßen eine Personalunion, wobei zweifellos das Schwergewicht in ihrer Funktion als Abteilungsleiter bei den jeweiligen Gebietsregierungen lag.

DR. SERVATIUS: Von wem war das ausgegangen, daß eine Personalunion geschaffen wurde? War das auf Betreiben Sauckels oder auf Betreiben der verantwortlichen Gebietshoheitsträger?

TIMM: Das ergab sich, soweit ich es weiß, aus den Besprechungen mit den Gebietsregierungen über die Frage der Stellung der Beauftragten überhaupt. Die Gebietsregierungen wollten in ihren Bezirken auf keinen Fall von ihren Verwaltungen losgelöste Männer mit besonderen Vollmachten wissen.

DR. SERVATIUS: Dann wurde also dadurch die Stoßkraft der Beauftragten abgefangen?

TIMM: Die Stoßkraft der Beauftragten in ihrer ursprünglichen Planung wurde zweifellos abgefangen.

DR. SERVATIUS: Wie hat Sauckel das Weisungsrecht, das er hatte, ausgenützt?

TIMM: Das Weisungsrecht gegenüber den Stellen im Auslande wurde im allgemeinen in der Form ausgeübt, daß Anordnungen, Richtlinien, Erlasse, auf dem normalen Verwaltungswege über die Zentralstellen geleitet wurden.

DR. SERVATIUS: Konnte er nun mit seinen Anweisungen alles decken, was dort vor sich ging, oder waren da noch andere Dienststellen, die sich mit Arbeitserfassung beschäftigten?

TIMM: Es war damals bedauerlicherweise so, daß immer wieder festgestellt wurde, daß auch nach der Einsetzung des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz sich immer wieder Dienststellen draußen in Arbeitsdinge einmischten oder auch Werbungen durchführten, die dazu nicht bevollmächtigt und nicht befugt waren.

VORSITZENDER: Von welcher Zeit spricht er, wenn er sagt: »Damals«?

DR. SERVATIUS: Ich habe nicht ganz verstanden.

VORSITZENDER: Er sagt: »Damals«; um welche Zeit handelt es sich da?

DR. SERVATIUS: Von welcher Zeit sprechen Sie?

TIMM: Diese Zeit bezieht sich auf die Zeit, in der der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz eingesetzt war.

DR. SERVATIUS: Wann war er eingesetzt worden?

TIMM: Er wurde eingesetzt im März 1942.

DR. SERVATIUS: Die Werbung erfolgte auf welche Weise? War es eine freiwillige? Was für Arten unterscheiden Sie da?

TIMM: Grundsätzlich wurde die Werbung auf freiwilliger Basis durchgeführt, da vom fachlichen Standpunkt aus gesehen, also vom Standpunkt des Einsatzes der geworbenen Einsatzkräfte in Arbeit, nur eine freiwillige Werbung zu einem Erfolg führte, das heißt arbeitsfreudige, arbeitswillige Menschen brachte, die auch für die Produktion die nötige Leistung herausbrachten.

DR. SERVATIUS: War das der Gesichtspunkt, den Sauckel unterstrich?

TIMM: Während der ganzen Zeit, in der ich bei Sauckel mitgearbeitet habe vom Arbeitsministerium aus, sind mir keine Vorgänge bekannt, die einen anderen Standpunkt zuließen. Er hat immer wieder zum Ausdruck gebracht, daß Grundlage der Werbung die Freiwilligkeit sein müsse.

DR. SERVATIUS: Ja, er hat ja nun viele Anordnungen herausgegeben und Ansprachen gehalten, hat er nun nicht im internen Kreis Ihnen gegenüber...

VORSITZENDER: Herr Dr. Servatius und Zeuge! Wollen Sie bitte zwischen den einzelnen Sätzen und Antworten eine Pause machen. Der Zeuge spricht immer weiter, und der Dolmetscher hat keine Möglichkeit, mit der Übersetzung nachzukommen.

DR. SERVATIUS: Jawohl.

Sauckel hat eine Reihe von Anordnungen erlassen, Ansprachen gehalten, die alle in die Richtung gehen. Hat er Ihnen nun nicht interne Anweisungen gegeben, die schärfer waren?

TIMM: Die Anweisungen, die wir bekamen, deckten sich grundsätzlich immer mit den Weisungen, die er auch im größeren Kreise, bei Präsidentenbesprechungen oder ähnlichen Besprechungen gab.

DR. SERVATIUS: Was war das Ergebnis der freiwilligen Werbung; also Arbeiter, die kamen lediglich auf Grund der Anwerbung, indem man ihnen schilderte, wie die Verhältnisse seien?

TIMM: Jawohl.

DR. SERVATIUS: Wie viele waren das etwa?

TIMM: Es ist mir natürlich nicht möglich, genaue Zahlen zu geben. Wenn ich nachdenke, so glaube ich wohl sagen zu können, daß vielleicht zwei bis drei Millionen Kräfte als freiwillige Kräfte anzusehen sind.

DR. SERVATIUS: Andere Arbeiter kamen auf Grund der Dienstpflichtgesetzgebung, die in den Ländern eingeführt war?

TIMM: Jawohl.

DR. SERVATIUS: Wie hoch schätzen Sie die Anzahl dieser Leute?

TIMM: Ich kann kaum eine Schätzung darüber abgeben. Es müßte, da etwa zwei bis drei Millionen als Freiwillige anzusprechen sind, der Rest diese Zahl umfassen.

DR. SERVATIUS: Nun sind auch Leute deportiert worden. Ist Ihnen klar, was unter Deportation zu verstehen ist?

TIMM: Sind damit, wenn ich fragen darf, die Menschen gemeint, die aus militärischen oder ähnlichen Gründen abtransportiert worden sind? Ich bin mir nicht ganz im klaren, was Sie damit meinen?

DR. SERVATIUS: Sie wissen nicht, was Deportationen sind?

TIMM: Also zwangsweise Verschickung, ja? Von derartigen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz ist mir nichts bekannt und gegenwärtig.

DR. SERVATIUS: Im Zusammenhang mit der Erfassung, Werbung, Dienstverpflichtung, liegen eine ganze Reihe schwerer Vorwürfe vor über Mißstände, die dort vorgekommen sind. Inwieweit haben Sie davon erfahren?

TIMM: Ihre Frage verstehe ich dahin, um Mißstände bei der Anwerbung selbst?

DR. SERVATIUS: Jawohl.

TIMM: Von der Anwerbung selbst habe ich ja keine praktische Kenntnis. Es sind schwere Mißstände, wie Sie in Ihrer Frage sagten, an den GBA, soweit ich Überblick habe, nicht herangekommen. Ich wies bereits gestern in einer Antwort darauf hin, daß mir der Fall der umstellten Kinos bekannt sei und daß ich mich an keine Vorgänge erinnere, die diesen Fall an Schwere übertrafen.

DR. SERVATIUS: Ich komme jetzt auf die Verhältnisse in Deutschland. Haben Sie da etwas gehört über Verhältnisse schlimmster Art? Sie werden ja die Zeitungen gelesen haben und wissen, wohin diese Vorwürfe gehen. Was haben Sie nun erfahren, der Sie ja doch einer der nächsten Beteiligten waren?

TIMM: Beschwerden über Fragen der Behandlung der Ausländer kamen auf verschiedensten Wegen auch an den GBA heran. Sie bezogen sich im allgemeinen auf Fragen dar Bekleidung, auf Fragen der Ernährung, die Frage des Stacheldrahtes, die immer wieder auftauchte, und die Frage des Abzeichens, der Bezeichnung der ausländischen Kräfte.

DR. SERVATIUS: Herr Zeuge! Die Anklage geht hier auf Humanitätsverbrechen.

TIMM: Jawohl.

DR. SERVATIUS: Sind das nun nur Dinge, wie sie in einer normalen Verwaltung sich ereignen und täglich vorkommen, oder sind es, wie ich sagen möchte, Dinge, die gemeldet wurden?

TIMM: Vorgänge in der Art, wie Sie sie als katastrophal bezeichnen, Herr Doktor, sind mir nicht bekannt; denn dann müßten sie mir jetzt auch noch gegenwärtig sein.

DR. SERVATIUS: Wer überwachte nun die Ausführung der Anordnungen, und wie kam das zu Ihrer Kenntnis oder hätte es zu Ihrer Kenntnis kommen müssen?

TIMM: Es waren verschiedene Stellen bei der Überwachung der Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte eingeschaltet, es waren fünf bis sechs verschiedene Stellen. Insbesondere war es die Deutsche Arbeitsfront, die auf Grund einer sogenannten Führerentscheidung die Frage der Behandlung der Betreuung der ausländischen Arbeitskräfte für sich in Anspruch nahm. Ich darf dabei erwähnen, daß sie immer wieder zum Ausdruck brachte, daß dieser Auftrag an die Deutsche Arbeitsfront über den Auftrag des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz hinausginge, daß sie also gewissermaßen nach höherem Recht zu dieser Aufgabe der Betreuung, der Behandlungskontrolle und so, verpflichtet sei. Über diese grundsätzliche Seite hinaus fanden häufige Besprechungen zwischen der Dienststelle GBA und der Deutschen Arbeitsfront über diese Fragen statt, die später zu einer Vereinbarung führten, nach der diese Fragen auch vom GBA aus der Deutschen Arbeitsfront übertragen wurden. Zur Abwicklung dieser Dinge richtete die Deutsche Arbeitsfront eine Zentralinspektion ein, die im ganzen Reich die Aufgabe hatte, die ausländischen Arbeitskräfte zu betreuen. Neben dieser Zentralinspektion war noch tätig das »Amt für Arbeitseinsatz« in der Deutschen Arbeitsfront.

DR. SERVATIUS: Wir werden gleich darauf kommen.

TIMM: Jawohl.

DR. SERVATIUS: Welche Verbindung bestand dann zwischen Sauckels Dienststelle und dieser Inspektion der Arbeitsfront? Wie wurde die Verbindung aufrechterhalten?

TIMM: Einmal war ein Mann der Deutschen Arbeitsfront als Verbindungsmann im fachlichen Stab bei Sauckel beschäftigt...

DR. SERVATIUS: Wer war das?

TIMM: Das war Herr Hoffmann; und zum anderen hielt die Zentralinspektion der Deutschen Arbeitsfront fortlaufend über ihre Inspektionstätigkeit Besprechungen ab, zu denen ein Beamter des GBA dazu geladen wurde.

DR. SERVATIUS: Dieser Verbindungsmann, Hoffmann, berichtete doch wahrscheinlich über das, was er bei der Arbeitsfront hörte?

TIMM: Jawohl.

DR. SERVATIUS: Was hat er nun berichtet?

TIMM: Die Dinge, die er berichtet hat, bewegten sich in demselben Rahmen, wie ich Ihnen vorhin schon gekennzeichnet habe.

DR. SERVATIUS: Die Deutsche Arbeitsfront hatte diese Aufgabe schon, bevor Sauckels Amt eingerichtet wurde?

TIMM: Die Deutsche Arbeitsfront war der Auffassung, wie ich aus mehrfachen...

DR. SERVATIUS: Herr Zeuge! Sie müssen mir antworten! Hatte die Deutsche Arbeitsfront diese Aufgabe schon, bevor Sauckel kam?

TIMM: Jawohl.

DR. SERVATIUS: Sah sie eine Beeinträchtigung darin, daß Sauckel ernannt wurde?

TIMM: Das wollte ich gerade zum Ausdruck bringen, eben daß sie ihren Auftrag als umfassenden, allgemeinen Auftrag ansah und daß sie in der Tatsache, daß der neueingesetzte Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz sich um diese Dinge so intensiv kümmerte, doch eine gewisse Beeinträchtigung ihrer Aufgabe sah.

DR. SERVATIUS: Ist diese Vereinbarung getroffen worden zwischen Ley und Sauckel?

TIMM: Ja.

DR. SERVATIUS: Auf wessen Anregung erfolgte diese Vereinbarung?

TIMM: Soweit ich mich erinnere, ging diese Anregung auf einen Wunsch der Deutschen Arbeitsfront zurück.

DR. SERVATIUS: Und was war das Ziel?

TIMM: Ich kann da natürlich nur meine persönliche Anschauung bringen. Ich glaube, daß das Ziel dabei war, auf jeden Fall die umfassende Zuständigkeit der Deutschen Arbeitsfront für diese Fragen zum Ausdruck zu bringen.

DR. SERVATIUS: Wer hat das Abkommen vorgelegt, Sauckel...?

VORSITZENDER: Haben wir das Abkommen zwischen Sauckel und Dr. Ley nicht?

DR. SERVATIUS: Dies wurde durch die Anklage unterbreitet.

VORSITZENDER: Wenn wir es haben, so wollen wir es nicht von ihm aus der Erinnerung hören.

DR. SERVATIUS: Der Zeuge holt zu weit aus. Ich will wissen, von wem es angeregt und entworfen worden ist und wann es unterzeichnet wurde. Es sind zwei Daten unter dieser Urkunde, soweit ich es heute noch im Gedächtnis habe.

M. HERZOG: Ich glaube, Herr Vorsitzender, daß das erwähnte Dokument dem Gerichtshof vorgelegt wurde. Es handelt sich um 1913-PS.

DR. SERVATIUS: Es ist in meinem Dokumentenbuch, im ersten Dokumentenbuch, Seite 79; es ist im englischen Buch Seite 74. Man findet hier nach dem ersten Text...

VORSITZENDER: Was wollen Sie eigentlich? Es ist doch unnötig, die Aussage eines Zeugen zu hören, der sagt, daß er sich an Einzelheiten nicht erinnern kann, wenn uns das Dokument vorliegt. Meiner Meinung nach hilft es uns gar nichts zu wissen, auf wessen Vorschlag hin dieses Übereinkommen getroffen wurde.

DR. SERVATIUS: [zum Zeugen gewandt] Es waren noch andere Inspektionen vorhanden, zum Beispiel war der Gauleiter Bevollmächtigter für den Arbeitseinsatz. Inwieweit meldeten die Gauleiter Dinge, die in ihren Gauen beim Arbeitseinsatz vorkamen?

TIMM: Die Gauleiter waren vom Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz auf Grund seiner Anordnung Nummer 1 zu seinen Bevollmächtigten ernannt mit der Aufgabe, gerade dieser Frage ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden.

DR. SERVATIUS: Was haben sie gemeldet?

TIMM: Mir sind schriftliche Berichte der Gauleitung zu dieser Frage jedenfalls in nennenswertem Umfang nicht bekannt. Es kamen von den Gauleitungen im Rahmen dieses Auftrages kaum Schriftsätze, jedenfalls nicht zu unserer Verwaltungsstelle.

DR. SERVATIUS: Ich möchte bei der Gelegenheit eine Frage klären: Die Stellung der Gauleiter als Bevollmächtigte für den Arbeitseinsatz zu den Gauarbeitsämtern. War der Gauleiter Vorsitzender des Gauarbeitsamtes, und in welchem Verhältnis standen beide zueinander?

TIMM: Der Präsident des Gauarbeitsamtes unterstand verwaltungsmäßig und personalmäßig zweifellos dem Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz beziehungsweise dem Reichsarbeitsminister. Der Generalbevollmächtigte hatte es aber den Präsidenten zur Pflicht gemacht, engste Fühlung mit den Gauleitern zu halten und ihnen fortlaufend über die Dinge, die in ihrem Arbeitsgebiet anfielen, insbesondere, wenn in der Gauebene Spannungen oder Unklarheiten bestehen sollten, vorzutragen und die Hilfe der Gauleiter in Anspruch zu nehmen.

DR. SERVATIUS: Also mit dem Einsatz selbst, wenn ich hier recht verstehe, hatte die Partei als solche nichts zu tun?

TIMM: Das glaube ich, wenn die Frage so zu bewerten ist. Ich möchte sagen, daß, die Einrichtung des Generalbevollmächtigten stärker die politische Note des Arbeitseinsatzes herausstellte und daß sich auch die Gauleiter jeweilig verschieden, stärker oder weniger stark, um die Arbeitseinsatzdinge kümmerten.

DR. SERVATIUS: Als Betreuungsorgane?

TIMM: Ja, um alle Fragen des Arbeitseinsatzes.

DR. SERVATIUS: Herr Zeuge! Sie werden verstehen, daß man mit großer Skepsis Ihren Aussagen bezüglich der Kenntnis von den Vorgängen, die von der Anklage vorgetragen sind, gegenübersteht. Haben Sie nicht außerdienstlich Dinge gehört und gesehen, die zwar nicht zu Ihrer amtlichen Kenntnis gekommen sind, die Sie aber doch hätten veranlassen müssen, einmal eingehender nachzuforschen?

TIMM: Man hörte selbstverständlich hier und da von Dingen, wo angeblich ausländische Arbeitskräfte irgendwie schlecht behandelt wurden. Soweit solche Dinge an mich herangekommen sind, habe ich sie in dem Falle stets sofort als dienstliche Angelegenheit aufgefaßt und entsprechend Vortrag gehalten oder die Dinge bearbeiten lassen. Es wurden in solchen Fällen sofort die nötigen Feststellungen getroffen und das Nötige veranlaßt, um eine Aufklärung herbeizuführen.

DR. SERVATIUS: Waren diese Einzelfälle dann nicht Symptome für die Gesamtzustände?

TIMM: Das glaube ich nicht. Mir sind jedenfalls Vorgänge, die man als katastrophal ansehen könnte, nie bekanntgeworden. Wie ich schon sagte, waren es fast immer nur Dinge, die sich auf die Frage der Behandlung, also die Frage der lagermäßigen Unterbringung, die Frage der Bekleidung und diese Dinge bezogen.

DR. SERVATIUS: Wie war dann die Leistung und Stimmung der Arbeiter?

TIMM: Die Leistungen der ausländischen Arbeitskräfte waren unterschiedlich. Besonders gut waren die Leistungen der Ostarbeiter. Im allgemeinen war der Wunsch, auf Grund der Leistungsgruppe, Ostarbeiter zu bekommen, groß. Sehr gut waren auch die Leistungen insbesondere der französischen Facharbeiter...

DR. SERVATIUS: Das genügt. Ich muß nochmals zurückkommen auf die Beziehungen zu den besetzten Gebieten. Haben Sie an Verhandlungen teilgenommen, die mit Dienststellen in den besetzten Gebieten stattfanden?

TIMM: Im Osten nicht; ich bin einige Male im Westen auf Reisen mit dem Generalbevollmächtigten mitgefahren und habe an Verhandlungen teilgenommen.

DR. SERVATIUS: Sind Sie einmal bei General Falkenhausen mit dabeigewesen?

TIMM: Jawohl, ich bin bei Verhandlungen dabeigewesen.

DR. SERVATIUS: Welcher Art waren diese Verhandlungen, ich meine stimmungsmäßig, waren sie gespannt, waren sie freundlich, welcher Art?

TIMM: Die Besprechungen beim General Falkenhausen, bei denen ich dabeigewesen bin, waren im allgemeinen von verhältnismäßig kurzer Dauer. Ich habe dabei das Gefühl gehabt, daß die beiden Herren sich nicht so lagen.

VORSITZENDER: Was macht das, ob sie gespannt oder freundlich oder kurz angebunden waren?

DR. SERVATIUS: Der General Falkenhausen hat eine eidesstattliche Versicherung abgegeben, die hier vorgelegt wurde und hat darin gesagt, Sauckel habe ihm Befehle gegeben und in einer Form mit ihm verhandelt, die ihn veranlaßt habe, ihm den schärfsten Widerstand entgegenzusetzen.

VORSITZENDER: Wenn Sie nun Falkenhausens Affidavit widerlegen wollen, können Sie es dem Zeugen vorlegen, wenn Sie wünschen.

DR. SERVATIUS: Ich habe es jetzt nicht hier. Ich verzichte dann auf diese Frage.