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[Zum Zeugen gewandt:]

Sie sind auch in Frankreich gewesen?

TIMM: Jawohl.

DR. SERVATIUS: Sind Sie bei Verhandlungen mit den französischen Dienststellen zugegen gewesen?

TIMM: Ich bin bei den Verhandlungen mit dem damaligen Ministerpräsidenten Laval dabeigewesen.

DR. SERVATIUS: Welcher Art waren diese Verhandlungen?

TIMM: Diese Verhandlungen spielten sich, man kann wohl sagen, in ausgesprochen freundschaftlicher Form ab.

DR. SERVATIUS: Haben die Franzosen denn keine Beschwerden vorgebracht?

TIMM: Es wurden einzelne Beschwerden vorgebracht; ich erinnere mich, daß sich die Beschwerden insbesondere um die Frage des Lohntransfers handelten.

DR. SERVATIUS: Ich möchte Sie hier fragen, ob Beschwerden bezüglich der Behandlung, bezüglich der Methoden der Werbung, über Zwangsmaßnahmen und derartige Dinge, ob darüber Beschwerden vorgetragen wurden?

TIMM: Nein; Beschwerden dieser Art sind mir jedenfalls nicht erinnerlich und würden mir sonst sicherlich im Gedächtnis sein.

DR. SERVATIUS: Ich habe noch einige Fragen über das Verhältnis Sauckels zur Zentralen Planung und zu Speer. Sie selbst haben Sauckel wiederholt vertreten auf der Zentralen Planung. Ist das richtig?

TIMM: Jawohl, einige Male.

DR. SERVATIUS: Welche Stellung hatte die Zentrale Planung gegenüber Sauckel?

TIMM: Die Zentrale Planung war eine Einrichtung des Vierjahresplans. Ihre Aufgabe bestand, soweit das Gebiet des GBA in Frage kommt, darin, die Bedarfsanforderungen an Arbeitskräften der großen Bedarfsträger zu sammeln und in regelmäßigen Sitzungen diese Bedarfsanforderungen gegeneinander abzustimmen. Da der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz von sich aus die Wichtigkeit des Einsatzes der Arbeitskräfte für die jeweiligen Bedarfsträger nicht beurteilen konnte, wurde diese Frage im Rahmen der Zentralen Planung zur Lösung gebracht. Es wurde versucht, für gewisse Zeiträume, für einen möglichst langen Zeitraum, eine Arbeitskräftebilanz, möchte ich sagen, zu erarbeiten, und zwar im Zusammenhang...

VORSITZENDER: Hat der Angeklagte Sauckel das alles nicht schon erzählt?

DR. SERVATIUS: Ja.

VORSITZENDER: Dann braucht das ja nicht mit einem anderen Zeugen besprochen zu werden.

DR. SERVATIUS: Jawohl, Herr Präsident.

[Zum Zeugen gewandt:]

Sie kennen die Stellung Speers?

TIMM: Jawohl.

DR. SERVATIUS: Wie stand Speer Sauckel gegenüber und umgekehrt? Konnte Speer insbesondere Sauckel Anordnungen geben?

TIMM: Speer war Generalbevollmächtigter für die Rüstungswirtschaft, während Sauckel Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz war, und Speer vertrat den Standpunkt, daß er als Rüstungsminister für alle Dinge, die zur Rüstungsfertigung gehörten, also für Rohstoffe, Kohle und somit auch für den Arbeitseinsatz,... daß er für diese Dinge maßgeblichen Einfluß haben müsse.

DR. SERVATIUS: Konnte Speer Sauckel Befehle und Anordnungen geben, oder gab er sie tatsächlich?

TIMM: Ja, formal; die Frage war, wie ich eben sagte, ungeklärt und es standen sich die Auffassungen gegenüber. Tatsächlich stellten sich immer wieder gewisse Spannungen heraus zwischen den beiden Männern, weil das Rüstungsministerium mehr oder weniger eine Weisungsbefugnis für sich in Anspruch nehmen wollte. Diese Spannungen wurden im allgemeinen durch Gespräche oder Briefwechsel zwischen den beiden Männern ausgeglichen, führten aber einige Male zu – man könnte sagen – Einigungsbesprechungen, die unter dem Vorsitz des damaligen Reichsministers Lammers stattfanden.

DR. SERVATIUS: Was war das Ergebnis dieser Besprechungen, dieser Einigungssitzungen?

TIMM: Diese Besprechungen führten dann zu Vereinbarungen, die dann, soweit ich mich erinnere, mehrere Male schriftlich fixiert wurden und die nach meiner Auffassung zu einer fortlaufend stärkeren Einflußnahme des Rüstungsministeriums auf die Arbeitseinsatzfragen führten.

DR. SERVATIUS: Ich habe keine Fragen mehr an den Zeugen.

VORSITZENDER: Wollen andere Verteidiger Fragen an den Zeugen stellen?

DR. HANS FLÄCHSNER, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN SPEER: Herr Zeuge! Im Anschluß an Ihre letzte Bekundung möchte ich nur eine Frage stellen. Sie bekundeten hier eine Spannung zwischen dem Angeklagten Sauckel und Speer, und zwar weil Speer das Recht zur Anweisung für sich in Anspruch genommen hätte. Verstehe ich Sie recht, wenn ich annehme, daß die Spannung dadurch entstand, daß Herr Sauckel dieses Recht zur Anweisung energisch bestritt?

TIMM: Wie ich in der vorigen Antwort schon zum Ausdruck bringen wollte, bestand die Schwierigkeit darin, daß Speer, als Generalbevollmächtigter für die Rüstungswirtschaft zum Ausdruck brachte: »Ich muß leitend alle Dinge in der Hand haben, die zur eigentlichen Fertigung gehören. Es ist also für mich wesentlich auch in der Lenkung des Arbeitseinsatzes...«

DR. FLÄCHSNER: Ja, das habe ich schon recht verstanden, Herr Zeuge. Meine Frage geht ja nur darauf, hatten diese Spannungen ihren Grund darin, daß Herr Sauckel dieses von Speer, Ihrer Ansicht nach, in Anspruch genommene Anweisungsrecht energisch bestritt?

TIMM: Sauckel hielt als Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz sich für zuständig und verantwortlich für die gesamten Fragen des Arbeitseinsatzes.

DR. FLÄCHSNER: Hat Herr Sauckel nicht den Forderungen des Rüstungsministeriums gegenüber, die er glaubte, für nicht berechtigt halten zu können, den Standpunkt vertreten, er sei nur dem Führer verantwortlich?

TIMM: Das ist mir in dieser scharfen Form nicht gegenwärtig; er war ja Generalbevollmächtigter im Rahmen des...

VORSITZENDER: Das ist aber weit entfernt von dem, was wir hier zu behandeln haben. Er sagt, daß die Spannung durch Besprechungen geklärt wurde. Was gibt es noch zu erörtern?

DR. FLÄCHSNER: Das war die letzte Frage, die ich an den Zeugen richten wollte.

Herr Zeuge! Sie sprachen von Konferenzen, die bei Minister Lammers stattgefunden haben sollen. In den Protokollen der Sitzung vom 11. Juli 1944 und vom 4. Januar 1944, die hier bisher vorgelegt worden sind, ist von solchen Differenzen überhaupt nicht die Rede. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir angeben könnten, welche Sitzungen bei Lammers Sie im Auge haben?

TIMM: Es ist mir leider nicht möglich, terminmäßig die Sitzungen genau zu nennen. Ich weiß nur, daß der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz mehrfach den Wunsch hatte, diese Verhältnisse beim Führer zum Vortrag zu bringen und daß die beiden Männer, soweit ich mich erinnere, sich auch einig waren, diese Fragen einmal beim Führer zu besprechen und daß man, um die Dinge nicht immer an den Führer heranzubringen, dann übereinkam, bei Reichsminister Lammers die Dinge zu einer Aussprache zu bringen.

DR. FLÄCHSNER: Nähere Angaben darüber können Sie nicht machen?

TIMM: Nähere Angaben dann nur... ich erinnere mich wohl, daß es sich zum Beispiel um die Fragen der Sperrbetriebe in Frankreich handelte.

DR. FLÄCHSNER: Ja, gut.

VORSITZENDER: Wünscht die Anklage den Zeugen ins Kreuzverhör zu nehmen?

M. HERZOG: Herr Zeuge! Waren Sie Mitglied der NSDAP?

TIMM: Jawohl.

M. HERZOG: Seit welcher Zeit?

TIMM: Ich hatte im Jahre 1933 einen Aufnahmeantrag gestellt, der zunächst abgelehnt wurde und dann, soweit ich mich erinnere, im Jahre 1934 oder 1935 genehmigt wurde.

M. HERZOG: Waren Sie Mitglied der SA?

TIMM: Ich bin Mitglied der SA für kurze Zeit gewesen und bin dann aus der SA ausgetreten, als gegen mich in der SA ein Ausschlußverfahren eingeleitet wurde, und dann bin ich ausgeschieden.

M. HERZOG: Waren Sie Mitglied der SS?

TIMM: Nein.

M. HERZOG: Was war Ihre Stellung, als Sie in den Dienst Sauckels eingetreten sind?

TIMM: Ich war in der Abteilung Arbeitsvermittlung, Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung des Reichsarbeitsministeriums beschäftigt.

M. HERZOG: Wann haben Sie Sauckel zum erstenmal gesehen?

TIMM: Soweit ich mich erinnere, habe ich ihn zum erstenmal gesehen, als Sauckel beim Staatssekretär Syrup im Reichsarbeitsministerium einen Besuch machte und die einzelnen Beamten zu diesem Besuch dazu gebeten wurden.

M. HERZOG: Zu welchem Zeitpunkt geschah dies?

TIMM: Genau kann ich den Termin nicht sagen, Ich glaube, es war wohl einige Wochen nach der Einsetzung Sauckels als Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz.

M. HERZOG: Was war Ihre Stellung zu der Zeit, als Sauckel zum Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz ernannt wurde?

TIMM: Ich war in der Hauptabteilung Arbeitsvermittlung, Arbeitslosenhilfe; die Abteilung Arbeitsvermittlung...

M. HERZOG: Was war Ihre Stellung am Ende?

TIMM: Ich war damals Ministerialrat im Reichsarbeitsministerium.

M. HERZOG: Bitte geben Sie an, wo sich die Dienststelle Sauckels in Berlin befand.

TIMM: Ich habe die Frage leider nicht verstanden.

M. HERZOG: Wollen Sie mir sagen, wo sich die Dienststelle Sauckels in Berlin befand?

TIMM: In Berlin arbeitete Sauckel persönlich im Thüringer Haus, während die vom Reichsarbeitsministerium zur Verfügung gestellten Fachabteilungen im Gebäude des Reichsarbeitsministeriums in der Saarlandstraße 96 waren und zum Teil, nachdem das Gebäude teilweise zerstört wurde, in einem Ausweichquartier in der Nähe Berlins.

M. HERZOG: Ich danke. Die Dienststelle in der Saarlandstraße 96 unterstand daher Sauckel? Ist das richtig?

TIMM: Die Dienststelle in der Saarlandstraße 96 war keine neue Dienststelle, sondern das war das Reichsarbeitsministerium; und die beiden Abteilungen waren durch den Führererlaß zur Verfügung gestellt für die Durchführung der Aufgaben des GBA.

M. HERZOG: Ein Schriftstück mit dem Briefkopf: »Der Beauftragte für den Vierjahresplan, der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz, Berlin SW 11, Saarlandstraße 96« stammt daher von der Dienststelle Sauckels?

TIMM: Ich habe nicht ganz verstanden.

M. HERZOG: Ich wiederhole: Ein Schriftstück mit folgendem Briefkopf: »Der Beauftragte für den Vierjahresplan, der Generalbevollmächtigte...«

VORSITZENDER: Warum zeigen Sie dem Zeugen das Dokument nicht?

M. HERZOG: Ich zeige Ihnen das Dokument L-61, welches dem Gerichtshof im Laufe der letzten Sitzungen vorgelegt wurde. Dieses Schriftstück trägt, wie Sie sehen, folgenden Briefkopf oben links: »Der Beauftragte für den Vierjahresplan, der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz«. Oben rechts: »Berlin SW 11, Saarlandstraße 96«. Es trägt das Datum vom 26. November 1942 und stammt von der Dienststelle Sauckels, stimmt das?

TIMM: Dieses Dokument stammt vom GBA, also von der Dienststelle Sauckels.

M. HERZOG: Ich danke. Haben Sie Sauckel in den Sitzungen der »Zentralen Planung für den Vierjahresplan« vertreten?

TIMM: Vertreten, beziehungsweise mit dem GBA zusammen bei den Sitzungen dabeigewesen. Nicht immer, aber doch häufiger.

M. HERZOG: Wenn Sie ihn dort vertraten, erhielten Sie da vorher von ihm Anweisungen? Stimmt das?

TIMM: Wenn wir zu größeren und wichtigeren Sitzungen geladen wurden, bekamen wir über das Thüringer Haus die Mitteilung, daß Sitzungen seien, und wir erhielten unsere Richtlinien darüber, wie wir die Linie des GBA in diesen Sitzungen zu vertreten hätten.

M. HERZOG: Und nach Ihrer Rückkehr von diesen Sitzungen erstatteten Sie Sauckel Bericht darüber? Stimmt das?

TIMM: Nach den Sitzungen haben wir ihm entweder persönlich oder über seine persönlichen Referenten Mitteilung über das Ergebnis der Besprechung zukommen lassen.

M. HERZOG: Hatte dann Sauckel die Verantwortung für die von Ihnen abgegebenen Erklärungen zu übernehmen? Ist das richtig?

TIMM: Als Beamter war es immer meine Pflicht, mich zu vergewissern, wenn ich Mitteilungen in einer Sitzung machte, festzustellen...

M. HERZOG: Das habe ich Sie nicht gefragt. Wollen Sie meine Frage beantworten. Sie haben vor Beginn der Konferenzen Anweisungen erhalten. Sie berichteten Sauckel nachher, was in diesen Konferenzen besprochen wurde. Daher war Sauckel für das dort Besprochene verantwortlich? Ist das richtig?

TIMM: Ich bitte, doch dazu eine Erklärung geben zu dürfen...

VORSITZENDER: Ist das nicht eher eine Rechtsfrage als eine Angelegenheit der Beweisführung?

M. HERZOG: Ja, allerdings, Herr Vorsitzender.