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[Zum Zeugen gewandt:]

Herr Zeuge! In welcher Weise fanden die Verhandlungen mit dem deutschen Militärbefehlshaber statt? Gab Sauckel dort Befehle? War er der maßgebende Mann oder war es der Militärbefehlshaber?

HILDEBRAND: Die Verhandlungen vollzogen sich an keiner Stelle in der Form von Übergabe von Befehlen, sondern der Generalbevollmächtigte schilderte die Lage in Deutschland und welche Bedürfnisse...

DR. SERVATIUS: Herr Zeuge! Sie können sich kurz fassen.

HILDEBRAND: Ich möchte nur folgendes sagen: Selbstverständlich bestand bei dem Militärbefehlshaber wie auch bei der Zivilverwaltung in Holland ein Interesse daran, lieber Aufträge zur Durchführung zu übernehmen, als Kräfte nach Deutschland zu geben, und daraus entwickelten sich Gegensätze. Die Stellen waren aber auch jedesmal davon zu überzeugen, daß Kräfte nach Deutschland mußten, zum Beispiel für die Landwirtschaft, deren Aufgaben gar nicht in Holland durchgeführt werden konnten und ebenso für eine Reihe von Kapazitäten in der deutschen Rüstung.

DR. SERVATIUS: Herr Zeuge! Zu Belgien und Nordfrankreich einige Fragen: war dort die Stellung Sauckels zu den örtlichen Gebietshoheiten die gleiche wie in Frankreich im großen, und spielte sich alles ähnlich ab, oder waren hier Unterschiede?

HILDEBRAND: Nein, es waren dieselben Verhältnisse wie in Frankreich, nur daß die Beauftragten der Generalbevollmächtigten von vornherein eingebaut waren in der Militärverwaltung.

DR. SERVATIUS: Und haben Sie aus dem Gebiet Meldungen über Mißstände bekommen oder selbst festgestellt?

HILDEBRAND: Ja. Da hatten wir auch einzelne Mißstände. Zum Beispiel wurde mir eines Tages berichtet, daß Repressalien stattfinden sollten gegen Angehörige von Leuten aus Jahrgängen, die ihrer Meldepflicht nicht genügt hatten. Wir haben dies sofort abgestellt in Besprechungen mit Vertretern des Militärbefehlshabers.

DR. SERVATIUS: Und wie verhandelte Sauckel dort mit dem Militärbefehlshaber?

HILDEBRAND: Er trug ihm auch seine Wünsche vor. Von Falkenhausen hatte auch selbstverständlich zunächst ein Interesse, daß Aufträge der deutschen Rüstung in Belgien durchgeführt wurden, wiederum aber sah er auch ein, daß Kräfte nach Deutschland müßten. Er hatte allerdings häufiger das Bestreben, Studenten, Schüler und Angehörige von jungen Jahrgängen in besonderen Fällen besonders zu schützen.

DR. SERVATIUS: Herr Zeuge! Ich lege Ihnen ein Protokoll des Verhörs des Generals von Falkenhausen vor vom 27. November 1945, wo Sie einige wenige Sätze zur Kenntnis nehmen wollen. Wenn Sie die Seite 2 nehmen, finden Sie dort in der Mitte auf die Frage: »Ist der Zeuge in der Lage...«

VORSITZENDER: Was ist die Nummer des Dokuments?

DR. SERVATIUS: Es ist die Nummer RF-15.

Es ist folgende Frage: »Ist der Zeuge in der Lage, uns die Abgrenzung seiner Macht und die Kompetenzen des Arbeitseinsatzes bekanntzugeben?« Antwort des Generals von Falkenhausen:

»Bis zu einem gewissen Zeitpunkt gab es in meinem Bereich ein Arbeitsamt, das sich mit der Werbung freiwilliger Arbeiter beschäftigte. Ich kann mich nicht mehr des genauen Zeitpunktes erinnern, es mag im Herbst 1942 gewesen sein, an dem dieses. Arbeitsamt Sauckel unterstellt wurde, und von da an hatte ich lediglich die von ihm erteilten Befehle auszuführen.«

Ist diese Haltung des Militärbefehlshabers gegenüber Sauckel richtig?

HILDEBRAND: Sie ist in mehreren Punkten nicht ganz zutreffend. Es gab in Belgien nicht ein Arbeitsamt, sondern eine Reihe von Arbeitsämtern, die Freiwilligenwerbungen vornahmen und auch eine Reihe von Werbestellen, die daneben arbeiteten. Diese Arbeitsämter haben aber von Anfang an unter der Aufsicht der Feldkommandanturen in Belgien gearbeitet. Die Feldkommandanturen waren Dienststellen des Militärbefehlshabers. Eine Übernahme der Aufgaben durch den Generalbevollmächtigten kam nicht in Frage, sondern er konnte seine Wünsche, ehe er seinen Beauftragten ernannte, immer nur unmittelbar an die Militärverwaltung, an den General von Falkenhausen, richten, aber nie direkt an ein Arbeitsamt.

DR. SERVATIUS: Wie waren die Verhältnisse in Holland? Wer war dort der zuständige Gebietsherr?

HILDEBRAND: Es war der Reichskommissar.

DR. SERVATIUS: War bei ihm ein Beauftragter Sauckels?

HILDEBRAND: Jawohl, es wurde auch dort ein Beauftragter ernannt, der Angehöriger der Verwaltung des Reichskommissars war.

DR. SERVATIUS: Wer erließ dort die Arbeitsdienstverordnungen?

HILDEBRAND: Der Reichskommissar.

DR. SERVATIUS: Und wer führte die Erfassung durch? Die deutschen Stellen oder die holländischen?

HILDEBRAND: Es gab, soweit ich mich entsinne, holländische Arbeitsämter. Die Leiter dieser Arbeitsämter waren Deutsche; das sonstige Personal bestand im wesentlichen aus holländischen Kräften. Von diesen Dienststellen wurden die erforderlichen Arbeitseinsatzmaßnahmen durchgeführt.

DR. SERVATIUS: Ich habe noch bezüglich Deutschlands eine Frage. Unter Ihr Arbeitsgebiet fiel auch die metallverarbeitende Industrie?

HILDEBRAND: Jawohl.

DR. SERVATIUS: Zum Beispiel auch Krupp?

HILDEBRAND: Ja.

DR. SERVATIUS: Was sind Ihnen über die Zustände bei Krupp für Meldungen zugegangen bezüglich der Betreuung der Arbeiter?

HILDEBRAND: Ich habe keine abträgliche Mitteilung über Krupp erhalten. Der persönliche Referent des Generalbevollmächtigten, Landrat Berk, war mehrmals bei Krupp zu Besuch und hat mir auch die Wünsche der Firma und die Eindrücke, die er bei Krupp erhalten hat, mitgeteilt, jedoch niemals etwas darüber, daß die Verhältnisse bei der Betreuung ausländischer Arbeiter nicht in Ordnung sein sollten. Ich persönlich bin während des Krieges nicht zu der Firma Krupp gekommen.

DR. SERVATIUS: Ich habe an den Zeugen keine Frage mehr.

VORSITZENDER: Wünscht einer der deutschen Anwälte Fragen zu stellen? Oder die Anklagebehörde?

M. HERZOG: Herr Vorsitzender! Wir haben hier dieselben Probleme vor uns. Der Gerichtshof hat bereits Erklärungen darüber gehört. Der Gerichtshof besitzt die Dokumente, die Ich ihm vorgelegt habe, und ich habe deshalb an den Zeugen keine Frage zu stellen.

VORSITZENDER: Der Zeuge kann sich zurückziehen.