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[Der Zeuge verläßt den Zeugenstand.]

DR. SERVATIUS: Dann rufe ich mit Erlaubnis des Gerichts den Zeugen Stothfang.

[Der Zeuge betritt den Zeugenstand.]

VORSITZENDER: Geben Sie Ihren vollen Namen an.

ZEUGE WALTER STOTHFANG: Walter Stothfang.

VORSITZENDER: Sprechen Sie mir diesen Eid nach: »Ich schwöre bei Gott, dem Allmächtigen und Allwissenden, daß ich die reine Wahrheit sagen, nichts verschweigen und nichts hinzusetzen werde.«

[Der Zeuge spricht die Eidesformel nach.]

Sie können sich setzen.

DR. SERVATIUS: Herr Zeuge! Welche Stellung hatten Sie bei Sauckel?

STOTHFANG: Ich war beim Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz als persönlicher Referent beschäftigt.

DR. SERVATIUS: Wann haben Sie diese Stelle angetreten?

STOTHFANG: Ein Jahr, nachdem der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz sein Amt übernommen hatte, und zwar am 19. April 1943.

DR. SERVATIUS: War der Zeuge Timm schon dort, als Sie kamen?

STOTHFANG: Ja.

DR. SERVATIUS: Und der Zeuge Hildebrand?

STOTHFANG: Auch.

DR. SERVATIUS: Welche Anweisung erhielten Sie, als Sie kamen?

STOTHFANG: Besondere persönliche Anweisungen hat der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz nicht gegeben, da ja seine allgemeinen Grundsätze in seinen Anordnungen und in seinem Programm festlagen und ich ein Jahr später ja erst in die Arbeit eintrat.

DR. SERVATIUS: Waren Sie vorher schon im Arbeitsministerium selbst tätig?

STOTHFANG: Ja. Ich stand in dieser Arbeit seit 1926 und war zuletzt acht Jahre hindurch persönlicher Referent des Staatssekretärs Dr. Syrup im Reichsarbeitsministerium.

DR. SERVATIUS: War das nun eine wesentliche Umstellung, als Sie nun zu Sauckel kamen?

STOTHFANG: Nein.

DR. SERVATIUS: Was wurde Ihnen von Ihren Mitarbeitern gesagt über die ganze Arbeit und die Auffassung von der Arbeit, wie sie Sauckel vertrat?

STOTHFANG: An sich vollzog sich ja diese Arbeit im Rahmen der Grundsätze und der Anordnungen, die keine wesentlichen Abweichungen von den früheren Grundsätzen darstellten; in der Praxis gingen sie jedoch naturgemäß weit über die früheren hinaus.

DR. SERVATIUS: Haben Sie in Ihrem Bereich nun mit Sauckel besonders eng zusammengearbeitet? Sie waren persönlicher Referent.

STOTHFANG: Soweit sich das aus der Art der Durchführung der Aufgaben des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz ergab. Er war ja nicht nur Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz, sondern er war gleichzeitig Reichsstatthalter und Gauleiter in Thüringen geblieben, und außerdem kümmerte er sich in den letzten eineinhalb Jahren seiner Tätigkeit sehr stark um den Aufbau eines Untertagebetriebes in Kahla in Thüringen, so daß er also nur...

DR. SERVATIUS: Wir kommen später darauf zurück.

STOTHFANG:... zeitweise in Berlin sein konnte, höchstens einen Tag in der Woche, manchmal nur einen halben.

DR. SERVATIUS: Was war nun Ihre Aufgabe als persönlicher Referent?

STOTHFANG: Wir hatten die eingehende Post entgegenzunehmen, daraufhin zu sichten, was vorzutragen war, die übrige Post an die zuständigen Abteilungen weiterzugeben und neueingegangene Entwürfe dem Generalbevollmächtigten vorzutragen.

DR. SERVATIUS: Wer berief die Stabsbesprechungen ein? Waren Sie das?

STOTHFANG: Das wurde allgemein vom Büro aus erledigt.

DR. SERVATIUS: Sie haben an diesen Besprechungen ständig teilgenommen?

STOTHFANG: Jawohl, von meiner Zeit ab.

DR. SERVATIUS: Haben Sie an Besprechungen teilgenommen, wo die einzelnen Mitglieder von den sogenannten Inspektionsreisen zurückkamen und berichteten?

STOTHFANG: Das ist in der späteren Zeit nicht mehr oder nur ganz selten der Fall gewesen, nur in der ersten Zeit mehr.

DR. SERVATIUS: Daß Sie zugegen waren oder daß die Inspektionen stattfanden?

STOTHFANG: Nein, daß Berichte vorgelegt wurden.

DR. SERVATIUS: Es wurde weniger berichtet?

STOTHFANG: Ja.

DR. SERVATIUS: Woran lag das?

STOTHFANG: Der Grund ist mir unbekannt.

DR. SERVATIUS: Sind Ihnen dann in der Zeit, wo Sie zugegen waren, besonders auffällige Dinge bekanntgeworden über Mißstände in Deutschland? Wir wollen zusammenfassen: die Transporte in Deutschland, die Durchgangslager und die Arbeitsstätten selbst, die Lager und Betriebe?

STOTHFANG: Mir persönlich sind aus einigen Inspektionsreisen, die ich selber weisungsgemäß gemacht habe, einige Mißstände bekanntgeworden; diese wurden aber dann sofort mit den zuständigen Stellen besprochen und es wurde auf Abstellung hingewirkt.

DR. SERVATIUS: Nun hatte Sauckel mit einer Reihe Dienststellen zusammenzuarbeiten. Sind hier besondere Widerstände zu überwinden gewesen?

STOTHFANG: Mit Ausnahme von zwei Fällen an sich nicht.

DR. SERVATIUS: Was waren das für Fälle?

STOTHFANG: Das war einmal die Parteikanzlei und zweitens der Reichsführer-SS und Chef der Geheimen Staatspolizei.

DR. SERVATIUS: Sind Ihnen besondere Fälle bekannt bei dem Reichsführer-SS?

STOTHFANG: Die allgemeine Behandlung der ausländischen Arbeitskräfte, insonderheit der aus dem Osten stammenden Arbeitskräfte, widersprach, soweit der Reichsführer-SS oder die Grundsätze des Reichsführers-SS zur Geltung kamen, der Auffassung des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz. Der Reichsführer-SS war nicht geneigt, den weitgehenden positiven Forderungen des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz zu entsprechen. Das gleiche gilt für andere Gebiete vom Leiter der Parteikanzlei.

DR. SERVATIUS: Was waren das für Gebiete?

STOTHFANG: Beispielsweise auf dem Gebiete der Sozialversicherung. Da vertrat die Parteikanzlei die Auffassung, daß eine Gleichstellung mit den deutschen Arbeitskräften sachlich und politisch nicht gerechtfertigt sei. Auch in der Höhe der Entlöhnung nicht.

DR. SERVATIUS: Und was hat Sauckel dazu gesagt?

STOTHFANG: Er hat immer wieder versucht, die Dinge neu zu regem im Sinne seiner Grundsätze, hat das allerdings zum Teil nicht, zum Teil erst nach sehr starken Bemühungen erreicht. Ich erinnere an die Gleichstellung der Ostarbeiter, die praktisch erst im März 1945 durch Verordnung vollzogen wurde.

DR. SERVATIUS: Haben Sie von den Gauleitern, die ja als Bevollmächtigte für den Arbeitseinsatz eingesetzt waren, besondere Meldungen bekommen oder haben Sie Gauleiter gesprochen?

STOTHFANG: Es war Weisung, daß bei den Inspektionsreisen jeweils die zuständigen Gauleiter der besuchten Bezirke aufgesucht wurden, um mit ihnen anstehende Fragen zu erörtern.

DR. SERVATIUS: Haben Sie an Verhandlungen der Zentralen Planung teilgenommen?

STOTHFANG: Ich bin ein einziges Mal mit dem Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz in einer Sitzung der Zentralen Planung gewesen.

DR. SERVATIUS: Herr Zeuge! Sie haben eben das Jahr März 1945 angegeben als Tag der Gleichstellung der Ostarbeiter mit den übrigen Arbeitern. Irren Sie sich nicht im Jahr – 1944? Ich werde Ihnen die Verordnung vorlegen.

STOTHFANG: Meiner Erinnerung nach ist es März 1945 gewesen.

DR. SERVATIUS: Herr Präsident! Ich werde es gleich dem Zeugen vorlegen lassen; es wird herausgesucht.