[Der Zeuge verläßt den Zeugenstand.]
DR. SERVATIUS: Herr Präsident! Ich weiß nicht, ob der Zeuge Jäger schon eingetroffen ist?
VORSITZENDER: Man sagt mir, daß er nicht eingetroffen ist.
DR. SERVATIUS: Ich nehme an, daß er bis Montag hier sein wird und würde jetzt vorschlagen, daß ich jetzt einige Dokumente oder vielleicht die Vernehmung des Zeugen Götz vortrage, die sich im Dokumentenbuch befindet. Ich darf vielleicht auf einige Stellen Bezug nehmen. Es ist ein sehr langes Affidavit; es wirft in diesem Zusammenhang ein gewisses Licht auf die Sache, und die Dinge werden damit am besten verständlich sein.
VORSITZENDER: Sie haben wahrscheinlich einige Bemerkungen über Ihre Dokumente zu machen, was Ihre Zeit vielleicht bis 1.00 Uhr in Anspruch nehmen wird, nicht wahr?
DR. SERVATIUS: Herr Präsident! Die Dokumentenbücher enthalten in der Hauptsache die Anordnungen, die Sauckel erlassen hat, und sie belegen das, was hier von den Zeugen und von dem Angeklagten selbst als Zeuge vorgetragen worden ist. Das Buch ist, soweit möglich, in Sachgebiete eingeteilt. Da aber die Anordnungen sich häufig über mehrere Gebiete erstrecken, überschneiden sich die einzelnen Abteilungen in diesem Buch.
Ich nehme Bezug grundsätzlich auf den Band I, auf alle dort aufgeführten Anordnungen, die ich im einzelnen nicht vortragen möchte. Ich möchte nur hervorheben die polizeilichen Anordnungen, das ist das Dokument 6, das sich auf Seite 16 befindet, das Dokument 10 auf Seite 20 und das Dokument 15 auf Seite 25. Diese Dokumente...
VORSITZENDER: Sie verstehen doch, daß Sie jedes Dokument oder eine Anzahl von Dokumenten, die Sie als Beweismittel vorlegen wollen, anbieten müssen. Es genügt nicht, das Dokument in Ihr Dokumentenbuch aufzunehmen. Vielleicht geben Sie also an, welche Dokumente Sie vorlegen wollen.
DR. SERVATIUS: Diese Dokumente sind enthalten in einer Gesetzessammlung, die bereits überreicht worden ist.
VORSITZENDER: Meinen Sie alle? Sind bereits alle vorgelegt worden?
DR. SERVATIUS: Ja, soviel ich weiß. Es ist das Dokument 3044-PS »Verfügungen, Anordnungen, Bekanntgaben«.
VORSITZENDER: Wahrscheinlich ist nur ein kleiner Teil des Dokuments 3044-PS verlesen worden, und solange es nicht in die vier Sprachen übersetzt wird, kann es nicht im Protokoll stehen.
Herr Dr. Servatius! Wenn Sie sich mit der Sache am Montag befassen und dann anbieten, was Sie als Beweismittel vorlegen wollen, so wird das völlig in Ordnung gehen.
DR. SERVATIUS: Ich kann aber jetzt vortragen und die Dokumente am Montag dann nachreichen.
VORSITZENDER: Jawohl.
DR. SERVATIUS: Diese drei Erlasse und Verfügungen des Reichsführers-SS habe ich vorgelegt, um zu zeigen, wie auch auf diesem schwierigen Gebiet eine Besserung erzielt wurde. Die Verordnung Nummer 6 ist erlassen, kurz bevor Sauckel ins Amt kam, und man muß annehmen, um hier ein fait accompli zu schaffen.
Die nächste Anordnung, Dokument Nummer 10, zeigt bereits eine Besserung; es dreht sich um den Stacheldraht, es dreht sich um den Ausgang, den die Arbeiter haben, und dieses wird im folgenden Dokument wieder gelockert. Das Dokument Nummer 15 – das ist die Anordnung 4, die schon vorgelegt worden ist – ist wohl die wichtigste erste Anordnung; sie legt die grundlegenden Befugnisse dar und gibt die Richtlinien sowohl für die Methoden der Werbung als für den Transport, als für die Behandlung in Deutschland.
Die Anordnung 16 regelt dann den Einsatz für die Ostarbeiter und gibt die ersten grundlegenden Anordnungen; denn bis dahin war ja eine bestimmte gesetzliche Regelung, die einheitlich war, nicht vorhanden.
Ich komme dann zum Dokument 19 auf Seite 54 im englischen Text. Es ist das ein Erlaß und Brief Sauckels an die Gauarbeitsämter und Gauleiter vom 14. Oktober 1942 betreffend gute Behandlung der Ausländer. Es ist dies hier ein Eingreifen Sauckels, um Mißstände zu beseitigen und Auffassungen richtigzustellen, von denen er gehört hatte. Ich zitiere hier im deutschen Text, Seite 59, folgendes...
VORSITZENDER: Ist das Dokument hier nicht schon zitiert worden?
DR. SERVATIUS: Zum Teil ist das Dokument schon erwähnt worden.
VORSITZENDER: Welcher Teil ist noch nicht zitiert worden?
DR. SERVATIUS: Es ist bei mir Seite 59, im englischen Text Seite 54.
VORSITZENDER: Seite 54 hat nur die Überschrift.
DR. SERVATIUS: Überschrift: »Erlaß und Brief Sauckels vom 14. Oktober 1942«. Auf der nächsten Seite folgt der Text. Die erste Seite enthält nur den Kopf des Erlasses.
VORSITZENDER: Aber auf Seite 55 im englischen Text ist der Anfang des Dokuments bereits verlesen worden.
DR. SERVATIUS: Ist bereits verlesen worden.
VORSITZENDER: Was wollten Sie dann lesen?
DR. SERVATIUS: Ich möchte es ganz lesen, um zu zeigen, wie weit Sauckel...
VORSITZENDER: Der Anfang mit den Worten: »Wenn in einem Gaubezirk noch kürzlich erklärt wurde...« bis zum Ende des Abschnittes, dies ist bereits verlesen worden.
DR. SERVATIUS: Ich habe hierzu eine kürzere Bemerkung. Wenn es schon verlesen worden ist, brauche ich es nicht mehr zu verlesen. Dann verzichte ich auf die Verlesung.
Das Dokument 20, im englischen Buch Seite 56, befaßt sich mit der Dienstverpflichtung der Hausgehilfinnen und zeigt die damals zunächst gültige Regelung...
VORSITZENDER: Welches Dokument?
DR. SERVATIUS: Dokument Nummer 20.
VORSITZENDER: Fahren Sie fort.
DR. SERVATIUS:... wo besonders darauf hingewiesen ist, daß eine zwangsweise Einweisung von Ausländerinnen im Haushalt nicht erfolgt, und das die Ausführungen Sauckels unterstreicht, daß nur freiwillige Kräfte für die Haushaltungen in Frage kämen.
Die Anordnung Nummer 21 richtet das Arbeitsbuch ein. Das ist im englischen Text Seite 57. Der Sinn des Arbeitsbuches war, wie Sauckel hier sagt, eine Registrierung der Kräfte zu ermöglichen, daß man also eine Übersicht bekam und nicht die Kontrolle verliert, und vor allen Dingen sollte für die Ostarbeiter damit eine Landzuteilung verbunden sein, wie der Angeklagte Sauckel ausgeführt hat; und es sollte eine Zentralkartei angelegt werden, auf Grund derer auch später die Arbeiter in geregelter Weise nach Hause zurückgeleitet werden sollten. Das war die vorbereitende Maßnahme des Arbeitsbuches.
Es folgt dann das Dokument Nummer 22 vom 23. Juli 1943 über die Begrenzung der Dauer des Arbeitsverhältnisses der Ostarbeiter. Darin wird gesagt, daß die Beschäftigungsdauer zwei Jahre betragen soll mit gewissen Modifikationen sowie, daß Urlaubsvergünstigung gegeben werden solle und Prämien für die geleistete Arbeit. Es ist ein Deutschlandurlaub vorgesehen und unter gewissen Umständen ein Heimaturlaub. Es sind für den Deutschlandurlaub, wie hier zu sehen ist, besondere Ostarbeiterurlaubslager eingerichtet worden. Der Grund war, daß diese Arbeiter infolge der Transportverhältnisse und sonstiger Umstände ja nicht nach Hause fahren konnten, insbesondere, wenn sie aus Gebieten waren, die inzwischen nicht mehr von den Deutschen besetzt waren.
Es folgt dann die Anordnung Nummer 13. Das ist das Dokument Nummer 23, im englischen Dokumentenbuch Seite 62. Diese Anordnung befaßt sich mit der Sicherung der Ordnung in den Betrieben. Es ist die Anordnung, auf Grund derer Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Disziplin getroffen werden können. Ich habe sie vorgelegt, um zu zeigen, daß sie sowohl für Deutsche wie für Ausländer gilt und keine Ausnahmebestimmung gegen die Ostarbeiter ist.
Dann nehme ich Bezug auf Dokument 26; das ist Seite 66 im englischen Dokumentenbuch. Es ist dies eine Anordnung vom 25. Juli 1944, wonach die Stellung der Hausgehilfinnen aus den Ostgebieten grundsätzlich der Stellung der deutschen Hausgehilfinnen angeglichen wird. Die Arbeitszeit ist geregelt, die Freizeit ist festgelegt. Es heißt:
»In jeder Woche ist der Ostarbeiterin eine angemessene Freizeit zu gewähren.«
Die Urlaubsfrage ist im Paragraph 7 geregelt, wonach sie jeweils nach einer Beschäftigungsdauer von zwölf Monaten im Reichsgebiet einen Urlaub erhalten.
VORSITZENDER: Stimmen die Zahlen im Dokumentenbuch 26, auf Seite 67 im englischen Dokumentenbuch: Arbeitszeit von 6.00 Uhr morgens bis 21.00 Uhr nachts?
DR. SERVATIUS: Es heißt dort:
»Die regelmäßige Arbeitszeit einschließlich der Pausen und der Arbeitsbereitschaft soll, soweit nicht besondere Verhältnisse eine andere Regelung erfordern, zwischen 6.00 und 21.00 Uhr liegen.«
Das heißt nicht, es soll von 6.00 Uhr morgens bis 21.00 Uhr gearbeitet werden, sondern zwischen diesen beiden Zeitpunkten liegt die Arbeitszeit. Es kann also nicht vor morgens 6.00 Uhr gearbeitet werden und diese Mädchen dürfen nicht nach abends 21.00 Uhr arbeiten. Es darf...
VORSITZENDER: Ich habe nur gefragt, ob die Zahlen richtig sind.
DR. SERVATIUS: Die Zahlen sind richtig.
Das Dokument 27 befaßt sich mit der Stellung der ausländischen Arbeiter im Betrieb. Es ist eine Verordnung der Deutschen Arbeitsfront, in der grundsätzliche Ausführungen gemacht sind; ich verlese hier:
»Die Arbeitsfreude und Einsatzbereitschaft der deutschen Arbeitskameraden darf darum auf keinen Fall durch eine materielle Besserstellung der ausländischen Arbeitskräfte gefährdet werden. Bei der Behandlung der ausländischen Arbeitskräfte ist davon auszugehen, daß diese freiwillig nach Deutschland gekommen sind und ihre Arbeitskraft für die Durchführung kriegswichtiger Aufgaben zur Verfügung stellen. Für die Erhaltung ihrer Arbeitsfreude ist die Beachtung der vertraglichen Bedingungen, absolut gerechte Behandlung und eine umfassende Fürsorge und Betreuung Voraussetzung.«
Das Dokument 28 ist die Vereinbarung zwischen Ley und Sauckel über die Einrichtung der Aufsicht der Zentralinspektion. Sie ist schon vorgelegt worden von der Anklage.
Das Dokument 30 befaßt sich mit den Aufgaben im einzelnen, und es ist dort angeordnet:
»Die Reichsinspektion hat auf dem Gebiete des Arbeitseinsatzes, der Reichstreuhänderangelegenheiten und der Verwaltung folgende Aufgaben: Die Überwachung der Durchführung meiner Anordnungen und Erlasse. Auf Grund der gewonnenen Feststellungen soll die Reichsinspektion Anregungen geben, Verbesserungsvorschläge machen und den gegenseitigen Erfahrungsaustausch fördern.«
Das letzte Dokument in diesem Buch befaßt sich mit der Einrichtung der französischen Dienststelle. Es ist im englischen Dokumentenbuch Seite 79; die Dienststelle nennt sich »Französische Dienststelle zur Betreuung der im Reich eingesetzten französischen Arbeitskräfte«.
Ich glaube, ich habe das Dokument bereits hier vorgelesen. Damit wäre ich mit dem Dokumentenbuch I zu Ende.
VORSITZENDER: Gut! Wir vertagen uns nunmehr.