[Das Gericht vertagt sich bis
3. Juni 1946, 10.00 Uhr.]
Einhundertfünfundvierzigster Tag.
Montag, 3. Juni 1946.
Vormittagssitzung.
DR. SERVATIUS: Herr Präsident! Der Zeuge Jäger soll in etwa einer halben Stunde erscheinen. Ich werde aus meinem Dokumentenbuch noch einige Dokumente vorlesen, wenn es dem Herrn Präsidenten zusagt.
Ich habe in der letzten Sitzung aus dem ersten Dokumentenbuch die Dokumente verlesen bis auf Dokument Nummer 16. das ich irrtümlich ausgelassen hatte. Es ist ein Merkblatt für Ostarbeiter, ich brauche es nicht zu verlesen; ich nehme nur darauf Bezug. Ich habe als Exhibit Nummer 1 übergeben das »Handbuch für den Arbeitseinsatz« und in diesem Exhibit befinden sich folgende Dokumente, die ich zum Teil verlesen habe, zum Teil noch gleich anschließend verlesen werde. Es sind die Dokumente Nummer 12, 13, 15, 22, 28, 58a, 67a, 82, 83, 85, 86 und 88.
Dann ist übergeben Exhibit Nummer 2, das sind »Sonderveröffentlichungen des Reichsarbeitsblattes«, nämlich »Einsatzbedingungen der Ostarbeiter, sowie der sowjetrussischen Kriegsgefangenen«. Darin sind folgende Dokumente enthalten: Nummer 6, 32, 36, 39, 47 und 52.
Als Exhibit Nummer 3 habe ich übergeben das Manifest des Arbeitseinsatzes; das ist Dokument Nummer 84.
Dann Exhibit Nummer 4, »Arbeitsgesetze – Textsammlung des Deutschen Arbeitsrechtes«, darin sind enthalten: Dokument Nummer 16, 31 und 49.
Als Exhibit Nummer 5 ist übergeben ein Buch »Fritz Sauckels Kampfreden«; das ist Dokument Nummer 95.
Als Exhibit Nummer 6 ist übergeben eine Schrift: »Nationalsozialistische Regierungstätigkeit in Thüringen«; das ist in Dokument Nummer 96 enthalten.
Das Exhibit Nummer 7: »Nationalsozialistische Regierungstätigkeit in Thüringen aus dem Jahre 1933/1934« enthält Dokument Nummer 97.
Dann habe ich nochmals übergeben als Exhibit Nummer 8 die Schrift: »Europa arbeitet in Deutschland«, die bereits als RF-5 vorgelegt ist.
Ich will dann noch überreichen eine eidesstattliche Versicherung des Sohnes von Sauckel, Dieter Sauckel, die sehr kurz ist. Sie bezieht sich auf den Vorfall, daß Sauckel angeblich befohlen haben soll, das Lager Buchenwald zu räumen. Ich verlese sie kurz, es sind nur acht Zeilen:
»Eidesstattliche Versicherung.
Ich war etwa zwischen 4. und 7. April 1945 zugegen als mein Vater, der Gauleiter Fritz Sauckel, eine Besprechung in seinem Arbeitszimmer hatte. Hierbei wurde über die Frage des Lagers Buchenwald verhandelt und folgendes vereinbart:
Es sollte eine bestimmte Anzahl Wachmannschaften im Lager zurückbleiben bis zum Eintreffen des Feindes, um diesem dann die Gefangenen des Lagers zu übergeben.«
Es ist dies Dokument Nummer 94, Seite 247.
»Ich versichere Vorstehendes an Eides Statt zwecks Vorlage beim Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg.
Ich bin bereit, die Wahrheit meiner Aussage zu beeidigen.
Schönau, den 22. 3. 1946. Dieter Sauckel.«
Ich überreiche das Dokument als Exhibit Nummer 9. In dem bereits übergebenen Exhibit US-206, Dokument 3044-PS in Band II, sind enthalten folgende Dokumente, die ich nachher verlesen werde, Dokument Nummer 7, 10, 14, 18, 19, 27 und 41.
Die jetzt noch nicht verlesenen Dokumente befinden sich in den amtlichen Gesetzessammlungen. Ich habe die einzelnen Gesetze in der Bibliothek bereitlegen lassen; ich weiß nicht, ob es nötig ist, sie einzeln einzureichen oder ob es genügt, wenn ich hier zitiere, in welchen Gesetzesbänden sie sich befinden; es ist das »Reichsgesetzblatt«.
VORSITZENDER: Sind sie in Ihrem Dokumentenbuch?
DR. SERVATIUS: Jawohl. Es sind kurze Auszüge aus den amtlichen Gesetzesblättern, jeweils die entscheidenden Stellen zusammengefaßt.
VORSITZENDER: Dr. Servatius! Ich glaube, es wäre besser, wenn Sie ihre Beweisstück-Nummern angeben würden, wenn sie sich in Ihrem Dokumentenbuch befinden. Ich verstehe nicht, wie Sie es anordnen. Sie sagten uns, daß Nummer 1 eine große Anzahl anderer Nummern enthält. Ist nun Nummer 1 die Exhibit-Nummer?
DR. SERVATIUS: Nummer 1 ist die Exhibit-Nummer, und in diesem Exhibit sind diese Dokumente mit den Nummern im Dokumentenbuch enthalten.
VORSITZENDER: In den Büchern?
DR. SERVATIUS: Ja.
VORSITZENDER: So daß Sie also bis jetzt alles zusammen nur neun Beweisstücke eingereicht haben?
DR. SERVATIUS: Ja.
VORSITZENDER: Und wann geben Sie also den verschiedenen Gesetzen, die Sie in Ihren Büchern haben, zusätzlich Nummern; sie werden dann Nummer 10...
DR. SERVATIUS: Ich wußte nicht, ob es nötig ist, diese Reichsgesetzblätter als Exhibits zu übergeben. Sie sind, soviel ich weiß, alle bereits vorgelegt worden, weil es amtliche Gesetzessammlungen sind, aus Reichsgesetzblatt 1942 und 1940. Ich kann natürlich diese einzelnen Blätter herausnehmen und sie ja einreichen.
VORSITZENDER: Wäre es nicht das beste, wenn Sie diese unterbreiteten, sagen wir als Exhibit Nummer 10, und dann könnten Sie uns die Nummern in Ihren Büchern, die in Nummer 10 enthalten sind, angeben?
DR. SERVATIUS: Dann müßte ich den Originaltext der Gesetzessammlung übergeben; das möchte ich vermeiden.
VORSITZENDER: Wir können amtlich davon Kenntnis nehmen.
DR. SERVATIUS: Ich bitte das Gericht, dann amtlich Kenntnis zu nehmen. Ich gebe dann an, in welchen Dokumentenblättern diese Dokumente zu finden sind.
Da wäre Reichsgesetzblatt 1942. Darin sind enthalten die Dokumente Nummer 8, 11 und 17.
Reichsgesetzblatt 1940 enthält Dokument Nummer 45.
Reichsgesetzblatt 1943 enthält Dokument Nummer 21.
VORSITZENDER: Einen Augenblick! Welches war das erste Reichsgesetzblatt, war es das, das die Nummer 8, 11 und 17 enthielt?
DR. SERVATIUS: 1942.
VORSITZENDER: O ja.
DR. SERVATIUS: Das zweite war Reichsgesetzblatt 1940 mit Dokument Nummer 45, das dritte Reichsgesetzblatt 1943 mit Dokument 21, das vierte ist Reichsarbeitsblatt 1940 mit Dokument Nummer 33.
VORSITZENDER: Welchen Jahres?
DR. SERVATIUS: 1940 – Reichsarbeitsblatt, Dokument Nummer 33. Das fünfte Reichsarbeitsblatt 1942 enthält Dokument 40, 46, 50, 51 und 64a.
Als sechstes das Reichsarbeitsblatt 1943, enthält die Dokumente 20, 23, 37, 42, 43, 44, 48, 54, 55, 57, 60, 60a, 61, 62, 64 und 68.
Und als letztes das Reichsarbeitsblatt 1944 mit den Dokumenten Nummer 26, 30, 38, 58, 59, 65, 67 und 89.
Ich werde kurz das Dokumentenbuch jetzt durchgehen, und zwar beginne ich mit dem Dokumentenbuch II, Dokument Nummer 32 »Anordnungen und Erlasse über den Einsatz von Kriegsgefangenen«. Es ist das Abkommen vom 27. Juli 1939. Dort ist herausgenommen die Arbeit der Kriegsgefangenen, und im Artikel 31 ist die verbotene Arbeit aufgeführt.
Im nächsten Dokument, Nummer 33, ist ein Erlaß des Reichsarbeitsministers »Einsatz von Kriegsgefangenen in Arbeitsstellen«. Dort ist im einzelnen aufgeführt, zu welchen Arbeiten die Arbeiter herangezogen werden. Es befindet sich unter den Arbeiten nicht die Waffenherstellung sondern Betriebsarbeiten in der Landwirtschaft, Forstwirtschaft, kriegswichtige Straßen-Kanal-Talsperren, Arbeiten in Ziegeleien, und wie es im einzelnen nachzulesen ist.
In Dokument Nummer 35 ist zu sehen, wie der Einsatz der Kriegsgefangenen erfolgte, nämlich die Zusammenarbeit des Stammlagers der Kriegsgefangenen mit den Unternehmern; daß dort ein Vertrag geschlossen wird, der die Überlassungsbestimmungen im einzelnen festlegt. Es ergibt sich daraus, daß die Arbeitsvermittlung Sauckels damit nicht befaßt ist.
Im Dokument Nummer 36 ist ein Runderlaß über das Verhalten gegenüber Kriegsgefangenen, und zwar ein Merkblatt über das Verhalten gegenüber Kriegsgefangenen. In Zusammenarbeit zwischen dem OKW und dem Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda ist das folgende neue Merkblatt aufgestellt worden:
»Verhalten gegenüber Kriegsgefangenen: Kriegsgefangene müssen so behandelt werden, daß ihre volle Lei stungsfähigkeit der Industrie und Wirtschaft zugute kommt. Voraussetzung ist dafür eine ausreichende Ernährung.«
Das wollte ich hier unterstreichen.
Im Dokument Nummer 37 ist die Frage des erleichterten Statuts berührt, nämlich die Umwandlung eines Kriegsgefangenen in einen Zivilarbeiter für kriegswichtige Arbeiten in Deutschland. Es zeigt, daß sie hier besondere Zuwendungen bekommen, also eine geldliche Entschädigung für den getrennten Haushalt, ein sogenanntes Trennungsgeld. Es zeigt, daß man diese Arbeiter wie Zivilarbeiter behandelte.
Das nächste Dokument Nummer 38 liegt in derselben Linie, indem es sich mit Besuchen belgischer, französischer, holländischer Kriegsgefangener sowie italienischer Militärinternierter durch ihre Angehörigen im Reich befaßt. Es heißt dort:
»Der Besuch von französischen, belgischen und holländischen Kriegsgefangenen sowie italienischen Militärinternierten ist nur Ehefrauen, Eltern, Kindern und Geschwistern, und zwar nur an Sonn- und Feiertagen, den in Deutschland Arbeitenden oder in Elsaß oder Lothringen Beheimateten, gestattet.«
Es hat tatsächlich das Kriegsgefangenenverhältnis aufgehört.
Das Dokument Nummer 39 ist ein Merkblatt für die allgemeinen Bedingungen, die für den Arbeitseinsatz von kriegsgefangenen Arbeitskräften Geltung haben. Es befaßt sich mit der Arbeitszeit:
»Die tägliche Arbeitszeit soll einschließlich des Hin- und Rückmarsches nicht übermäßig sein«,
und weiter heißt es an anderer Stelle:
»die Kriegsgefangenen haben einen Anspruch auf zusammenhängende Ruhezeit von 24 Stunden, die möglichst am Sonntag zu gewähren ist.«
Unter Ziffer 7 ist gesagt, daß weder der Arbeitgeber noch seine Angehörigen noch seine Gefolgschaftsmitglieder zu irgendwelchen Strafmaßnahmen gegenüber Kriegsgefangenen berechtigt sind.
Jetzt folgt ein Abschnitt über die Unterbringung und Versorgung in den Lagern. Das ist Dokument Nummer 40; darin wird durch eine Anordnung Nummer 9 von Sauckel die Überprüfung der Unterkünfte, der Ernährung, der Heizung und die Instandsetzung der Lager durch Lagerhandwerker befohlen. Sie stammt vom 14. Juli 1942. Es wird dort gesagt:
»Alle Arbeitsämter prüfen bis zum 10. August 1942 alle Betriebe, die fremdländische Arbeiter beschäftigten, in ihrem Bereich daraufhin nach, ob sie alle Anordnungen und Erlasse, die der Unterbringung, Ernährung, Behandlung fremdländischer Arbeiter und Arbeiterinnen und Kriegsgefangener galten, ordnungsgemäß durchgeführt haben. Bei dieser Prüfung bitte ich, die Dienststellen der NSDAP und der DAF maßgeblich zu beteiligen. Bei Feststellung von Mängeln ist dem Betriebsführer eine Frist zu ihrer Abstellung zu setzen.«
Weiter ist unten gesagt, unter 2a, daß Vorsorge für die Ernährung im Winter zu treffen ist. Weiter ist am Schluß gesagt:
»Alle Betriebe treffen Vorsorge, daß die Lager und Unterkünfte bei Eintreten kalter Witterung geheizt werden können und das notwendigste Heizmaterial rechtzeitig bestellt wird.«
Der Erlaß schließt damit, daß eigene Handwerker in den Lagern bestellt werden, die vom Betrieb zu bezahlen sind und die Instandhaltung der Lager sichern.
Es folgt dann Dokument Nummer 18, ein Merkblatt für Betriebsführer und Ostarbeiter, in dem eine Lagerordnung enthalten ist. Es heißt einleitend:
»Einem Wunsche des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz, Gauleiter Sauckel, entsprechend, empfehle ich, daß sich die Hoheitsträger gelegentlich in den Betrieben von der Durchführung der für den Einsatz von Ostarbeitern getroffenen Bestimmungen überzeugen.«
Es wurde also hier die Kontrolle nochmals unterstrichen. Die Lagerordnung sagt dann:
»Ostarbeiter, Du findest in Deutschland Lohn und Brot und sicherst mit Deiner Arbeit auch die Versorgung Deiner Familie.«
MR. BIDDLE: Herr Dr. Servatius! Könnten Sie diese Dokumente nicht in etwas kürzerer Form zusammenfassen?
DR. SERVATIUS: Das Dokument 41 zeigt, daß die Betreuung der Ostarbeiter insbesondere auch der Deutschen Arbeitsfront zusteht, was hier im einzelnen niedergelegt ist.
Mit dem gleichen Thema befaßt sich das Dokument Nummer 42, das vor allen Dingen die Gewerbeaufsicht hervorhebt und sagt, daß für die Betreuung des Ausländereinsatzes sofort alle notwendigen Maßnahmen zu treffen sind und festgestellte Mängel an Ort und Stelle abzustellen sind; die Gewerbeaufsichtsbeamten und die örtlichen Dienststellen haben das zusammen mit der Arbeitsfront zu regeln. Es ist erlassen von Reichsarbeitsminister Seldte, also nicht von Sauckel, so daß man hier aus dieser Verordnung sieht, daß Sauckel nicht etwa Reichsarbeitsminister geworden war.
In Dokument Nummer 43 sind die Erläuterungen zu dieser Lagerverordnung, auf die ich im einzelnen dann Bezug nehme. Aber in Dokument Nummer 43 mache ich nochmals aufmerksam auf die Stellung des Gewerbeaufsichtsamtes. Hier ist die Frage der sanitären Verantwortlichkeit geregelt, Fragen der Ungezieferbekämpfung, und es heißt zum Schluß:
»Die Aufsichtsbehörde im Sinne der neuen Verordnung ist regelmäßig das Gewerbeaufsichtsamt...«
In Dokument Nummer 44 sind genauere Bestimmungen über die Schlafräume, Größe, Belegung und die Durchführung der ärztlichen Betreuung; wieder unterschrieben vom Reichsarbeitsminister Franz Seldte, also nicht von Sauckel.
Die nächste Dokumentengruppe befaßt sich mit der Ernährung. Dokument Nummer 45 ist das Fleischbeschaugesetz, das die Frage behandelt, wie weit minderwertiges Fleisch zum Genuß verwendet werden kann. Dieses Gesetz spielt auch eine gewisse Rolle beim Zeugen.
VORSITZENDER: Dr. Servatius! Es genügt, wenn Sie uns sagen, daß es ein Gesetz über Fleischbeschau ist, wir brauchen keine weiteren Ausführungen darüber.
DR. SERVATIUS: Nummer 46 zeigt nur, daß die ausländischen Arbeiter, wenn sie nicht im Lager sind, ihre Lebensmittelkarten bekommen.
Das Dokument Nummer 47 ist ein Erlaß des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft und zeigt, daß dieser verantwortlich ist für die Festsetzung der Ernährungsmengen. Es sind in dem Dokument die Rationen angegeben; ich nenne nur einzelne: Für die Normalarbeiter 2600 Gramm Brot die Woche. Es steigert sich dann, man kann es hier nachlesen, falls die Fragen von Bedeutung werden...
VORSITZENDER: Auf Seite 128 sehen wir, daß Kriegsgefangene in der Kriegswirtschaft verwendet werden, nicht wahr? – Seite 128.
DR. SERVATIUS: Auf welcher Seite Herr Präsident?
VORSITZENDER: Seite 128.
DR. SERVATIUS: Es heißt dort:
»Verpflegungssätze der in der Rüstungsindustrie beziehungsweise der gewerblichen Wirtschaft beschäftigten sowjetischen Kriegsgefangenen, soweit sie in Lagern untergebracht sind...«
Es folgt dann eine Aufstellung der Rationen. Ich kann nicht erkennen, inwieweit daraus hervorgehen soll...
VORSITZENDER: Seite 128 im englischen Text, Zeile 4 bis 12:
»Behandlung der Kranken: Alle Kriegsgefangenen und Ostarbeiter, männlich und weiblich, die in der Kriegswirtschaft eingesetzt sind...«
DR. SERVATIUS: Dort heißt es:
»Alle Kriegsgefangenen und Ostarbeiter, die in der Rüstungsindustrie beschäftigt werden«,
Rüstungsindustrie ist ja nicht Waffenherstellung.
Mit Dokument Nummer 48 verweise ich nur auf ein Gesetz.... Ich sehe, die Übersetzungsabteilung hat den kurzen Absatz ausgelassen, ich kann aber darauf verzichten, es ergibt sich aus der Überschrift, um was es sich handelt; es handelt sich um die Mitnahme von Lebensmitteln für die Reise in die Heimat, es dreht sich also um die Versorgung auf Rückreisen.
Dokument Nummer 49 ordnet an, daß auch Kost und Zusatzverpflegung gewährt werden kann; auch Diätkost in den Lazaretten; daß da auch Vorsorge getroffen ist.
In den nächsten Gruppen sind die Lohnfragen behandelt. Die erste Verordnung ist Dokument Nummer 50.
VORSITZENDER: Sie sind zu ausführlich, ich denke, es genügt, wenn Sie uns eine Gruppe angeben und uns dann erklären, worum es sich handelt.
DR. SERVATIUS: Jawohl. Das ist von 50 bis 59 unter Auslassung des Dokuments 56. Es sind hier die Lohntragen mit den Lohntabellen vorhanden, und man muß sich eben näher mit den Sachen befassen, wenn die Fragen akut werden. Ich werde dann keine weiteren Einzelauszüge mehr machen.
Das Dokumentenbuch III ist eine Dokumentengruppe; alles gesetzliche Anordnungen; Nummer 60 bis Nummer 68 sprechen über die ärztliche Betreuung. Ich glaube, ich kann auch hierauf verzichten, die einzelnen Dokumente durchzugehen; denn sie gewinnen erst Interesse, wenn man die Sache bearbeitet.
VORSITZENDER: Geben Sie uns eine Gruppe an, und sagen Sie, wovon Sie handelt, dann können wir sie ansehen.
DR. SERVATIUS: Ja. Es handelt sich um die ärztliche Betreuung, und wie ich schon sagte, es gewinnt erst Interesse auf die Einzelheiten einzugehen, wenn ein Fall akut wird. Es hat wohl keinen Sinn, jetzt davon zu sprechen.
Die nächste Gruppe sind Reden Sauckels über den Arbeitseinsatz, die in dem Handbuch enthalten sind. Ich möchte da nur kurz auf eines hinweisen, das ist eine Rede vom 6. Januar 1943, die sich im Anschluß an die Besprechung Sauckels mit Rosenberg abgespielt hat. Da heißt es einleitend:
»Der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz hatte am 5. und 6. Januar...«
VORSITZENDER: Welche Seite?
DR. SERVATIUS: Bei mir ist es 204; im englischen Text müßte es auch Seite 204 sein.
VORSITZENDER: Wahrscheinlich sollten diese 8000 800 sein?
DR. SERVATIUS: Jawohl, das muß 800 heißen. Ich habe das Dokument auch schon erwähnt und das Wesentliche daraus vorgetragen.
Die Dokumente Nummer 82 und 83 sind auch in wesentlichen Teilen schon vorher erwähnt worden.
Das Dokument Nummer 84 ist das Manifest, das schon eingehend vorgetragen ist.
Im Dokument Nummer 85 sind auch allgemein gültige und verpflichtende Grundsätze von Sauckel, die sich in den bekannten Grundsätzen bewegen. Das Wesentliche ist, daß sie seit 1943 im gleichen Maße die Tendenz haben, wie sie sie vorher gehabt haben.
Eine spätere Rede, das ist Dokument Nummer 86, eine Rede vom 24. August 1943 an die Präsidenten der Gauarbeitsämter. Auch hier betont Sauckel gegenüber diesen verantwortlichen Gauarbeitspräsidenten seine Grundeinstellung, die er hier ja wiederholt hervorgehoben hat. Er bleibt bei dieser Richtung, indem er am 17. Januar 1944 – das ist Dokument Nummer 88 – wiederum vor diesen Präsidenten den Gesichtspunkt unterstreicht und sagt:
»Die ausländischen Arbeiter müssen noch ständig besser behandelt werden. Die Auffanglager dürfen nicht primitiv sein, sie müssen unsere Visitenkarte sein.«
Und zum Schluß:
»Je mehr ich für die in Deutschland arbeitenden ausländischen Arbeiter tue, je besser ich sie behandle, je mehr ich sie innerlich beeinflusse, in um so stärkerem Maße steht mir ihre Leistungskraft zur Verfügung.«
Es ist das kurz... zwei Monate bevor ihm die Gleichstellung der übrigen ausländischen Arbeiter gelungen ist.
VORSITZENDER: Wir haben die Erklärung des Angeklagten Sauckel gehört...
DR. SERVATIUS: Bitte.
VORSITZENDER:... daß die Bemühungen weiter geführt wurden. Wollen Sie uns bitte sagen, wo diese Gruppe von. Reden zu finden ist, wie weit sie geht?
DR. SERVATIUS: Es ist Dokument Nummer 89. – Dokument Nummer 94 habe ich vorhin verlesen, die Dokumente 95, 96, 97 habe ich bereits, soweit erforderlich, verlesen.
Damit bin ich mit den Dokumenten durch.
Es käme jetzt ein Affidavit, das im Dokumentenbuch eingeheftet ist, des Zeugen Karl Götz. Ich überreiche es als Exhibit Nummer 10. Es ist dies ein Fragebogen, der sehr früh eingereicht worden ist und daher summarisch gehalten war, weil die Einzelheiten noch nicht klar hervorgetreten sind. Der Zeuge hat denn auch recht summarisch geantwortet, beziehungsweise auf eine Reihe Fragen hat er nichts Wesentliches sagen können. Soweit er sie beantwortet hat, nimmt er Bezug auf eine Einleitung, die er gegeben hat, und auf diese Einleitung nimmt er auch Bezug in den Antworten auf die Fragen der Anklage. Ich glaube, ich kann daher auch diese Einleitung, soweit nötig, verlesen. Das Affidavit ist vom 20. März 1946. Ich hebe aus der Einleitung hervor, auf der zweiten Seite, eine Besprechung in Paris. Dieser Zeuge Götz war ein Bankmann in Weimar, den Sauckel von früher kannte und der in seinem fachlichen Arbeitsstab mitgearbeitet hat. Er war mit in Paris und hat an den Verhandlungen mit Laval teilgenommen. Er sagt hier:
»Die Verhandlungen führten zu einem umfangreichen Gespräch, nach meinen Beobachtungen in korrekter, höflichster Form. Laval nahm Sauckels Darlegungen zur Kenntnis und erklärte seine Bereitwilligkeit, dem Ansuchen zu entsprechen, stellte aber Gegenwünsche auf.«
Ich glaube, ich brauche im einzelnen nicht darauf einzugehen, da von untergeordneter Bedeutung ist, was noch verhandelt wurde. Er sagte noch auf Seite 3:
»Bei einer späteren Besprechung in Paris spielten sich die Dinge ähnlich ab. Laval war in seiner Haltung steifer und wies auf die großen Schwierigkeiten hin, die sich bei der Anwerbung von weiteren Arbeitern entgegenstellten; er betonte besonders die Notwendigkeit, den französischen Arbeitsmarkt nicht von den besten Kräften zu entblößen.«
Ich glaube, ich kann dann zur Seite 4 übergehen. Dort sagt der Zeuge unter Ziffer 5:
»Als letzte Mission hatte ich auf Wunsch Sauckels zu ermitteln, ob unter Heranziehung unserer Bankverbindungen der Ankauf einer zusätzlichen Menge von Brotgetreide (genannt wurden 50000 bis 100000 Tonnen) in Rumänien und Ungarn möglich wäre; sie sollten eine zusätzliche Beköstigung für ausländische Arbeiter in Form eines Vesperbrotes geben.«
Er sagte dann weiter aus, daß es sich an den tatsächlichen Verhältnissen zerschlagen hat.
Er gibt dann ein Gesamtbild Sauckels und sagt kurz folgendes:
»Sauckel ist an diese Aufgabe mit der ihm eigenen Stoßkraft und Energie herangegangen, hat mehrfach die Voraussetzungen für das Gelingen der Mission dargelegt und mehrfach betont, daß es Hauptpflicht aller Dienststellen sei, für korrekte Behandlung der Arbeiter an den Arbeitsplätzen zu sorgen.«
Er schildert dann die Einzelheiten:
»Vor allem verlangte er, daß den Fremdarbeitern bei der Unterbringung das Gefühl des Eingesperrtseins erspart würde. Er hat die Beseitigung aller Stacheldrahtumzäunungen verlangt.«
Dann fährt er fort:
»Sauckel habe gesagt, die Arbeiter müßten als Propagandisten in ihre Heimat zurückkehren.«
Dann macht der Zeuge eine wesentliche Bestätigung über die Kenntnis von Gewalttaten und Mißständen. Ich möchte von Seite 6 etwas verlesen, um welche Person es sich handelt beim Zeugen Götz. Er sagte...
VORSITZENDER: Auf welcher Seite steht dieser Auszug?
DR. SERVATIUS: Seite 6, Seite 266 des Dokumentenbuches, zu Beginn der Seite.
VORSITZENDER: Jawohl, fahren Sie fort.
DR. SERVATIUS: Er sagt:
»Ich fühle mich ferner verpflichtet zu erwähnen, daß Sauckel, als ich nach dem 20. Juli 1944 von der Gestapo verhaftet worden war, zu meinen Gunsten mit dem Sicherheitshauptamt (Kaltenbrunner) gesprochen hat. Inwieweit meine Entlassung aus dem Lager Ravensbrück hierauf zurückzuführen ist, entzieht sich meiner Beurteilung.
Ich erwähne ferner, daß ich von Sauckel keinerlei materielle Vergütung, keine Ehrenzeichen und keine Auszeichnung erhalten habe.
Meine eigene innere politische Überzeugung und meine Beziehung zu Goerdeler und Popitz mußte ich ihm verbergen. Bei seiner blindgläubigen Hörigkeit gegenüber Hitler hätte er sonst zweifelsohne – bei aller alten Bekanntschaft – mich der Gestapo übergeben, aus deren Händen mich zu befreien er sich im November 1944 bemüht hat.«
Ich habe das vorweggenommen und gehe jetzt auf Seite 265 zurück, weil der Zeuge, der nun im Stabe Sauckels mittätig war, hier einmal Stellung nimmt zu der Frage, die uns alle sehr interessiert. Er sagt:
»Nachdem mir aus den Veröffentlichungen das Ausmaß der Gewalttaten in KZ-Lagern bekanntgeworden ist, überlege ich und grüble, wie das obige Bild mit den jetzt aufgedeckten Vorkommnissen in Einklang zu bringen ist. Trotz wochenlanger Überlegung komme ich nicht zu einer Klärung.«
VORSITZENDER: Auf welcher Seite? 265?
DR. SERVATIUS: Seite 265, es ist oben auf der Seite; wo es sich im englischen Text befindet, kann ich nicht sagen; es müßte aber Seite 265 sein.
VORSITZENDER: Ja.
DR. SERVATIUS:
»Auf der einen Seite sehe ich die ausländischen Arbeiter und Arbeiterinnen in dichten Scharen sich frei unter der deutschen Bevölkerung bewegen und mit ihr verkehren (Franzosen und Belgier, die ich aus persönlichem Interesse ansprach, freuten sich gewöhnlich, ihre Muttersprache zu hören, unterhielten sich frei heraus, erhofften das Kriegsende und kritisierten an ihrer Arbeit, aber selten mit Schärfe). Und auf der anderen Seite steht das ganz unerträgliche Bild der jetzt publizierten Massengreuel. Man hatte von Aburteilungen von Fremdarbeitern gehört (sie unterlagen sicherlich derselben Rechtlosigkeit und denselben Strafmethoden, denen auch die Inländer ausgesetzt waren) aber nicht von Massenaburteilungen. Und dann hatte das nichts mit dem Arbeitseinsatz an sich zu tun. Ich kann das damals Gehörte und Gesehene nicht mit den jetzigen Enthüllungen zusammenbringen. Entweder handelt es sich um eine Entwicklung der letzten anderthalb Jahre, in denen ich infolge Haft und Zurückziehen aufs Land wenig Beobachtungsmöglichkeit hatte, oder es hat heben dem regulären Arbeitseinsatz noch einen großen KZ-Einsatz gegeben, oder Sauckel hat die Dinge nicht übersehen und ist nicht im Bilde gewesen oder schließlich, er hat in seinen generellen Anordnungen und mündlichen Ausführungen sich selbst betrogen, was ich nicht verstehen könnte.«
Ich halte die Ausführungen deshalb von besonderer Bedeutung, weil der Zeuge ja auf der Seite der Männer vom 20. Juli 1944 gestanden hat und sicher sorgfältig beobachtet hat und auf sein Urteil großer Wert gelegt werden muß.
Die Fragen selbst: Frage Nummer 1 und deren Antwort halte ich für unerheblich, ebenso 2, 3, 4, 5 und 6 ebenfalls. Das sind alles Antworten, die weniger von Bedeutung sind; zu der Frage Nummer 10, Seite 276. Die Frage lautet:
»Wer war für die Unterbringung, Behandlung und Verpflegung der Fremdarbeiter verantwortlich, wenn sie an der Arbeitsstelle eingetroffen waren?«
Die Antwort lautet:
»Ich habe nichts anderes gehört, als daß von dem Moment des Arbeitsbeginnes die Betriebsführer (und unter ihnen wohl in den meisten Fällen Spezialangestellte) diese Verantwortung hatten.«
Die Frage Nummer 11:
»Welche Art von Anordnungen hat Sauckel für die Behandlung der Arbeiter in den Betrieben gegeben?«
Antwort: Der Zeuge bezieht sich in seiner Antwort auf die Einleitung, die ich hier verlesen habe.
Die folgenden Fragen 13, 14, 15, 16 und 17 sind unerheblich.
Frage Nummer 18 lautet:
»Wurde Sauckel über Mißstände unterrichtet? Was hat er veranlaßt? Sind Ihnen einzelne Fälle bekannt?«
Antwort:
»Es ist mir nur ein Fall erinnerlich. Es wurde Sauckel gemeldet, daß in einem Unternehmen die Arbeiter noch in einem Stacheldrahtlager untergebracht seien. Ort und Objekt sind meinem Gedächtnis entfallen. Ich habe gehört, wie er die sofortige Beseitigung der Einzäunung angeordnet hat.«
Es kommen dann die Fragen, die zugesetzt sind von der Anklage. Frage Nummer 1, ich glaube, es ist unwesentlich, da sie sich mit persönlichen, inoffiziellen Beziehungen mit Sauckel befaßt, wie er ihn kennengelernt hat. Er hat ihn in der Kriegsgefangenschaft kennengelernt.
VORSITZENDER: Herr Dr. Servatius! Herr Biddle ist der Meinung, daß es Sache der Anklagevertretung sein sollte, die von ihr gewünschten Stellen dieser Fragebogen zu verlesen.
M. HERZOG: Herr Vorsitzender! Die Anklagevertretung wünscht keine Auszüge aus diesem Verhör zu verlesen.
VORSITZENDER: Herr Dr. Servatius! Ist Ihnen bekannt, daß der Zeuge Jäger anwesend ist, nicht wahr?
DR. SERVATIUS: Jawohl, er ist anwesend.
VORSITZENDER: Sie wissen, daß er anwesend ist?
DR. SERVATIUS: Dann rufe ich mit Erlaubnis des Gerichts den Zeugen Jäger.