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[Zum Zeugen gewandt:]

Und da sagen Sie uns vielleicht zuerst: Was hatten Sie denn überhaupt mit dieser Sache zu tun, mit der Behandlung von Kommissaren?

JODL: Ich habe an diesem Entwurf nicht mitgearbeitet. Ich hatte weder mit Kriegsgefangenen noch mit kriegsrechtlichen Fragen damals etwas zu tun. Aber der Entwurf gelangte an mich, bevor er an den Feldmarschall Keitel ging.

PROF. DR. EXNER: Ja, nun machten Sie da den Zusatz:

»Mit der Vergeltung gegen deutsche Flieger müssen wir rechnen. Man zieht daher die ganze Aktion am besten als Vergeltung auf.«

Was meinten Sie damit?

JODL: Diese Absicht des Führers, die in diesem Befehlsentwurf niedergelegt war, ist übereinstimmend von allen Soldaten abgelehnt worden. Es gab darüber sehr erregte Auseinandersetzungen auch mit dem Oberbefehlshaber des Heeres. Diese Widerstände endeten mit dem charakteristischen Satz des Führers: »Ich kann nicht verlangen, daß meine Generale meine Befehle verstehen; aber ich verlange, daß sie sie befolgen.« Ich wollte nun in diesem Falle durch meine Randbemerkung dem Feldmarschall Keitel noch einen neuen Weg zeigen, auf dem man vielleicht noch um diesen geforderten Befehl zunächst herumkommen könnte.

PROF. DR. EXNER: Der Befehl wird, wie Sie sich vielleicht erinnern, von der Anklage deshalb so schwer dem deutschen Militär zum Vorwurf gemacht, weil er schon entworfen wurde, bevor der Krieg angefangen hat. Vom 12. Mai 1941 stammt diese Vortragsnotiz, und da sagen Sie: »Man zieht daher die ganze Aktion am besten als Vergeltung auf.« Was meinten Sie damit?

JODL: Es ist richtig, daß der Führer infolge seiner weltanschaulichen Einstellung gegen den Bolschewismus hier eine vielleicht zu erwartende Betätigung der Kommissare einfach als sicher vorweggenommen hat. Er war darin bestärkt und begründete es damit, daß er sagte: »Ich habe den Kampf gegen den Kommunismus 20 Jahre lang geführt. Ich kenne ihn; Sie kennen ihn nicht.« Allerdings muß ich hinzusetzen: Auch wir standen gewissermaßen unter dem Einfluß dessen, was eine Literatur der ganzen Welt seit 1917 über den Bolschewismus geschrieben hatte, und einige Erfahrungen hatten wir, wie zum Beispiel aus der Räterepublik in München, auch. Trotzdem war ich der Auffassung, man müsse zunächst in der Praxis abwarten, ob die Kommissare sich so verhalten, wie es der Führer von vornherein erwartete, und wenn sich das bestätigte, dann könne man mit Repressalien einschreiten. Das war der Sinn dieser Randbemerkung.

PROF. DR. EXNER: Sie wollten also bis zum Kriegsanfang warten, dann warten, bis Sie Erfahrungen in diesem Kriege machten, und dann wollten Sie Maßnahmen vorgeschlagen haben, welche eventuell, wenn es notwendig war, als Repressalie gegen die Kampfesweise der Feinde zu gelten hatten? So war Ihr Einwurf gedacht: »Man zieht die Sache am besten als Repressalie auf.« Was ist mit den Worten gemeint: »Man zieht auf«? Diese Worte hat die Anklagebehörde übersetzt mit...

MR. G. D. ROBERTS, ERSTER ANKLÄGER FÜR DAS VEREINIGTE KÖNIGREICH: Herr Vorsitzender! Schon seit ein paar Minuten stellt mein geschätzter Kollege Dr. Exner in seinem Verhör Suggestivfragen an den Angeklagten über die Bedeutung einer Stelle in diesem Schriftstück. Meiner Ansicht nach ist das keine Aussage des Zeugen, sondern eine Rede von Dr. Exner, und ich bitte ihn, nicht noch eine Rede zu halten.

PROF. DR. EXNER: Ich möchte doch glauben, es gehört zum Beweisverfahren, festzustellen, was sich der Angeklagte gedacht hat, als er das geschrieben hat.

VORSITZENDER: Schon bei verschiedenen Gelegenheiten habe ich gesagt, daß es für den Gerichtshof nur von ganz geringem Wert ist, wenn der Verteidiger dem Zeugen Suggestivfragen stellt, die ihm die Antwort bereits in den Mund legen. Es ist selbstverständlich, daß, wenn Sie den Zeugen gefragt hätten, was er mit seiner Bemerkung gemeint hat, er Ihnen darauf geantwortet hätte. Das ist die korrekte Art, Fragen zu stellen, aber nicht, ihm die Antwort in den Mund zu legen.

PROF. DR. EXNER: Ich habe zuerst die Frage gestellt, und dann habe ich, wie ich glaube, das Wesentliche resumiert, was der Zeuge gesagt hat.

Ja, es ist hier auch eine Schwierigkeit mit der Übersetzung, über die ich hinwegkommen will, das heißt, ich weiß es nicht genau. »Es wird aufgezogen« oder »man zieht es am besten auf als Repressalie« wird im Englischen übersetzt mit »It is best therefore to brand« und im Französischen mit »stigmatiser«. Es kommt mir so vor, als ob dies nicht richtig wäre, also ob man sagen müßte: »It is best to handle it as a reprisal« und im Französischen »traiter«.