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[Zum Zeugen gewandt:]

Bitte, wollen Sie sich darüber äußern?

JODL: Ich habe dazu geschrieben:

»Ist Auswärtiges Amt mit dem Punkt 3b) einverstanden?«,

nämlich, daß der Beschuß von am Fallschirm hängenden abgeschossenen eigenen Fliegern als gemeine Terrorhandlung zu betrachten sei.

PROF. DR. EXNER: 3b) ist auf derselben Seite, oben.

JODL: Aber ich wollte nur ergänzen, der Begriff des Lynchens ist durch Goebbels hinzugekommen, und zwar durch seinen Artikel, den er im »Völkischen Beobachter« veröffentlicht hat. Je mehr ich mich mit diesem Problem beschäftigte, um so mehr war mir klar, daß man mit solchen Methoden überhaupt nichts erreichen würde und könnte, denn man würde niemals einen schuldigen Tiefflieger dabei fassen denn entweder entkommt er oder er zerschellt am Boden; es würde nur zu einem allgemeinen Fliegermorden führen. Und daher faßte ich den Entschluß und war mir darüber mit dem Feldmarschall Keitel vollständig einig, diese ganze Aktion zum Scheitern zu bringen. Wenn das Gericht sieht, daß seit dem Dokument 731, das am 21. Mai entstanden ist, bis zum Dokument 735-PS, 16 Tage vergangen waren und nichts geschehen war, wenn ich am 6. Juni eine lange Vortragsnotiz bekomme und auf diese Vortragsnotiz schreibe: »Diese Besprechung genügt nicht« – es muß alles von vorne angefangen werden –, »Wie wird sichergestellt, daß nicht gegen die übrigen feindlichen Flieger ebenso verfahren wird?« – wenn ich schreibe – »Soll man auch gerichtliche Verfahren machen oder nicht?« – dann meine ich, Hohes Gericht, ist das bei der Arbeitsmethode, die ich sonst anzuwenden pflegte, ein absoluter Beweis, daß ich keine andere Absicht hatte, als hin- und herzuschreiben und so lange herumzuschreiben, bis die Sache sich von selbst erledigte. Das ist mir in diesem Falle gelungen. Keine militärische Dienststelle hat einen Befehl gegeben; es ist nicht einmal zu einem Befehlsentwurf gekommen. Es gab nur diese Papierfetzen; und es ist dadurch bewiesen und wird noch bewiesen werden, daß viele Monate später der Führer dann die schwersten Vorwürfe gegen uns und gegen die Luftwaffe vor allem erhoben hat, daß sie damals diesen Befehl torpediert hat.

PROF. DR. EXNER: Jetzt wieder etwas ganz anderes: Der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht hat in einem Schreiben 1941 Sie und Warlimont als seine Vertreter in der Zusammenarbeit mit dem Ostministerium Rosenberg genannt. Das war das Dokument 865-PS, US-143. Wie hat sich denn das praktisch ausgewirkt?

JODL: Gar nicht. Ich habe mit dem Ministerium Rosenberg, wenn ich von einer einzigen Besprechung vom Jahre 1943 über einen Aufruf an die Völker des Ostens absehe, gar nichts zu tun gehabt. Die einzige Zusammenarbeit, die laufend stattfand, übte meine Propagandaabteilung aus, weil sie nämlich alle Flugblätter, die sie herstellte und die über Rußland abgeworfen wurden, vorher mit dem Ostministerium besprochen hat.

PROF. DR. EXNER: Wie ist es denn überhaupt zu Ihrer Ernennung gekommen? Wozu war denn dies notwendig?

JODL: Das war eine reine Formsache, weil der Minister Lammers allgemein an jede Oberste Reichsbehörde geschrieben hat, es solle ein Stellvertreter genannt werden. Da hat Feldmarschall Keitel auch einen Stellvertreter genannt.

PROF. DR. EXNER: Nun was Neues: Sie haben da die merkwürdige Urkunde C-2, US-90 vorgelegt bekommen. Sie befindet sich nicht in meinem Dokumentenbuch, aber das Gericht wird sich gleich daran erinnern. Es ist eine tabellenmäßige Zusammenstellung, in welcher in der ersten Reihe gewisse Vorfälle, die völkerrechtlich von Bedeutung sind, genannt sind. In der zweiten Reihe ein Beispiel dafür und dann in der dritten und vierten Reihe...

MR. ROBERTS: Sie ist auf Seite 163 im großen Dokumentenbuch zu finden.

PROF. DR. EXNER: Es ist also eine tabellenmäßige Zusammenstellung, in der auf der einen Seite irgendein Vorfall geschildert wird und dann auf der anderen Seite die Konsequenzen des betreffenden Falles aufgezählt werden, die völkerrechtliche Beurteilung dieses Falles und die propagandamäßige Ausnützung und sonstige Begründung, die diesen Fall berührt.

Nun sagen Sie, wie ist es dazu gekommen? Es ist tatsächlich ein merkwürdiges Dokument, 12 Fälle von Völkerrechtswidrigkeiten auf unserer Seite und dann, ich glaube, 13 Völkerrechtswidrigkeiten auf der Gegenseite.

JODL: Ich glaube, das Dokument ist gar nicht so merkwürdig. Es ist entstanden Ende September 1938, kurz vor der Münchener Verhandlung. Da ich in meiner Abteilung nicht sicher wußte, ob es nicht doch zu einem bewaffneten Konflikt kommen würde, und da uns zu dieser Zeit die völkerrechtlichen Bestimmungen höchst unklar waren, wollte ich durch eine Fülle von Beispielen von der Völkerrechtsgruppe hören, wie nun eigentlich die heutige Auffassung zu solchen völkerrechtswidrigen Vorkommnissen ist. Jeder Offizier meiner Abteilung hat sich nun den Kopf zerbrochen nach irgendeinem Beispiel, so daß wir möglichst sämtliche Sparten des Völkerrechts durch irgendein Beispiel erfaßten.

Ich finde das sehr anerkennenswert, daß wir uns damals schon um den Begriff des Völkerrechts gekümmert haben. Nun kann ja kein Zweifel sein, daß ich nur die Verantwortung trage dafür, daß ich überhaupt diese Beispiele erfunden habe. Sollte man aber Anstoß nehmen an der Beantwortung dieser Beispiele, also an der völkerrechtlichen Beurteilung, an der kriegsrechtlichen Begründung, so kann ich nur sagen: Ja, die stammt ja gar nicht von mir, die stammt vom Amt Canaris, und im übrigen zeigt sie eine recht sorgfältige und beachtliche Stellungnahme zum Völkerrecht, insbesondere in Bezug auf den Luftkrieg, jedenfalls in viel höherem Maße, als es dann in der Praxis geschehen ist.

PROF. DR. EXNER: Es bestand also die Absicht, diese völkerrechtlichen Verletzungen zu begehen?

JODL: Keineswegs, aber es war mir als Kenner der Kriegsgeschichte klar, daß es in der Welt noch keinen Krieg gegeben hat, in dem nicht Völkerrechtsverletzungen vorgekommen sind.

Und wenn vielleicht Anstoß genommen wird, daß ganz am Schluß der Absatz steht: »Aufklärung durch das Propagandaministerium«, so weise ich darauf hin, daß das ja am Schluß steht, nämlich nach der kriegsrechtlichen Begründung und der völkerrechtlichen Beurteilung und daß Admiral Bürkner, der es beantwortet hat, eigens darauf hingewiesen hat, daß die Propaganda erst einsetzen darf, wenn die völkerrechtliche Seite geklärt ist, und daß im übrigen diese ganze Beantwortung nur eine vorläufige ist, weil er erst das Auswärtige Amt und die Wehrmachtsteile hören muß.

PROF. DR. EXNER: Ich habe Admiral Bürkner als Zeugen für diese Frage beantragt, aber es scheint mir wirklich ein zu unbedeutender Gegenstand zu sein, und ich möchte daher auf diesen Zeugen verzichten.

Eine allgemeine Frage möchte ich in diesem Zusammenhang an Sie richten:

Wie war denn im allgemeinen Ihre Einstellung gegenüber der Einschränkung der Kriegführung durch das Völkerrecht?

JODL: Ich habe das Völkerrecht als eine selbstverständliche Voraussetzung einer gesitteten Kriegführung gekannt, genau gekannt und geachtet.

Die Haager Landkriegsordnung und die Genfer Konvention lagen nahezu ständig auf meinem Schreibtisch. Durch meine Stellungnahme zum Kommissarbefehl, zu der Lynchjustiz, zu der Absicht, aus der Genfer Konvention auszutreten – was alle Oberbefehlshaber und alle Wehrmachtsteile und das Auswärtige Amt schroff ablehnten –, glaube ich bewiesen zu haben, daß ich bemüht war, soweit es mir möglich war, mich an das Völkerrecht zu halten. Es gibt darüber aber auch eine Menge positiver Beweise, die vielleicht in einzelnen Dokumenten noch durch meinen Verteidiger genannt werden. Ich weise allgemein auf das Verhalten der Deutschen Wehrmacht in Norwegen hin, auf das ich mit hingewirkt habe. Ich verweise auf die Bandenvorschriften...

PROF. DR. EXNER: Ich überreiche hier AJ-14, das ist auf Seite 99 und 100 in meinem Dokumentenbuch, erster Band. Das sind besondere Anordnungen über das Verhalten bei der Besetzung Dänemarks und Norwegens, also eine Vorschrift, die herausgegeben wurde anläßlich der Besetzung dieser Länder. Da sind auch einige recht charakteristische Sätze drin, die ich gern vorlesen würde. Da heißt es auf Seite 98, Nummer 1:

»Die militärische Besetzung Dänemarks und Norwegens erfolgt zum Zweck der Sicherung der Neutralität dieser Länder. Dabei muß es das Ziel sein, diese in friedlicher Form durchzuführen.«

Dann auf Seite 99 oben:

»Richtlinien für das Verhalten im persönlichen Verkehr mit der norwegischen Bevölkerung.

Jeder Angehörige der Wehrmacht muß sich bewußt sein, daß er nicht Feindesland betritt, sondern daß die Truppe zum Schutz des Landes und zur Sicherung seiner Bewohner in Norwegen einrückt.

Daher ist folgendes zu beachten:

1. Der Norweger hat ein ausgesprochenes Nationalbewußtsein. Darüber hinaus fühlt sich das norwegische Volk aufs engste verwandt mit den andern nordischen Völkern. Also: Alles vermeiden, was die nationale Ehre verletzen kann.«

Der zweite Punkt ist auch ganz charakteristisch, und ich lese vielleicht noch den vierten:

»Das Haus des Norwegers ist nach altgermanischer Auffassung heilig. Gastfreundschaft wird gern geübt. Eigentum ist unverletzlich. Das Haus bleibt...«

VORSITZENDER: Es ist nicht notwendig, das alles zu lesen. Ein Absatz genügt wohl, um die Art des Dokuments aufzuzeigen, nicht wahr?

PROF. DR. EXNER: Dann verweise ich also auf den Rest dieses Dokuments, der nicht vorgelesen ist und bitte, daß das Gericht von diesem Dokument Kenntnis nimmt.

Dann ist eine Anweisung da, AJ-16...

VORSITZENDER: Aber Dr. Exner, das letzte Schriftstück scheint nicht von dem Angeklagten unterschrieben zu sein, stimmt das?

PROF. DR. EXNER: [zum Zeugen gewandt] In welcher Beziehung steht das zu Ihnen?

JODL: Es ist von von Falkenhorst unterschrieben, aber es ist ja bekannt, daß für das Norwegen-Unternehmen der Wehrmachtführungsstab und der Stab von Falkenhorst eine Einheit bildeten. Ich habe an diesem Dokument mitgearbeitet und es dem Führer vorgelegt, und der Führer hat es gebilligt. Darüber befindet sich sogar eine Eintragung in meinem Tagebuch.

PROF. DR. EXNER: Dann ist AJ-16, das wir überreichen:

»Sonderbestimmungen für die Verwaltung und Befriedung der besetzten Gebiete Hollands, Belgiens und Luxemburgs.«

Das ist Seite 161 des zweiten Bandes meines Dokumentenbuches. Ich lese nur auf Seite 162, um die Sache möglichst abzukürzen, vielleicht den letzten Satz:

»Die völkerrechtlichen Bestimmungen sind in jedem Fall streng zu beachten.«

Ich bitte aber den Gerichtshof, auch die anderen Bestimmungen zur Kenntnis zu nehmen. Hierher gehört auch Dokument 440-PS, Beweisstück GB-107, in meinem Dokumentenbuch Nummer II auf Seite 164: das ist die »Weisung Nummer 8 für die Kriegführung« vom 20. November 1939. Da heißt es über die Aufgabe der Luftwaffe – ich lese den letzten Absatz:

»Ortschaften, insbesondere große offene Städte und die Industrien sind ohne zwingende militärische Gründe weder im holländischen noch im belgisch-luxemburgischen Raum anzugreifen.« Gezeichnet Keitel.

Ist das auch von Ihnen entworfen?

JODL: Dieser Befehl ist von mir entworfen.

PROF. DR. EXNER: Ja, dann kann man vielleicht noch auf die Bandenbekämpfungsvorschriften hinweisen, von denen eben die Rede war.

JODL: Dann verweise ich noch – was ich, glaube ich, schon ausgesagt habe – darauf, daß ich unverzüglich eine Untersuchung über den Vorfall Malmedy anstellen ließ.

PROF. DR. EXNER: Haben Sie sich mit den völkerrechtlichen Vorfragen Ihrer Befehle überhaupt näher befaßt?

JODL: Ich glaube, ich habe das schon gesagt. Ich habe mich sehr eingehend befaßt. Ich will hier nicht das Gericht aufhalten mit der Erkenntnis, die ich aus diesen Bestimmungen gewonnen habe: Daß es nur ein sehr dürftiger Torso ist. Aber ich möchte nur abschließend darauf hinweisen, daß dadurch, daß es keine Bestimmungen für den Luftkrieg gab, diese unglückselige Vermischung der Begriffe eingetreten ist, nämlich zwischen Rebellion und legalem Krieg, zwischen Franktireur, Bandit und Aufklärer, zwischen Spionen und Aufklärer, zwischen Sprengtrupps und Saboteuren. Jederzeit konnte mit Hilfe der Flugzeuge eine Rebellion in einen legalen Krieg verwandelt werden, ein legaler Krieg wieder in den Zustand einer Rebellion überführt werden. Das ist die völkerrechtliche Folge der Fallschirmtruppen und der Versorgung auf dem Luftwege.

PROF. DR. EXNER: Ich möchte in diesem Zusammenhang jetzt das Affidavit Lehmann vorlesen, AJ- 10. Das ist dem Gericht nicht vorgelegt worden, weil erst gestern der Herr Staatsanwalt erklärt hat, daß er einverstanden ist mit diesem Affidavit. Ich glaube, es stammt von dem Generaloberstabsrichter Dr. Lehmann. Wenn das Gericht dieses Affidavit für zulässig erklärt, so möchte ich vielleicht nur darauf verweisen und...

VORSITZENDER: Wo ist es?

PROF. DR. EXNER: Ich lege es hiermit vor, aber es ist noch nicht übersetzt, weil erst gestern die Zustimmung gegeben worden ist oder wenigstens gestern die Zustimmung bei Gericht gegeben worden ist.

MR. ROBERTS: Wie Sir David gestern sagte, wird dagegen kein Einspruch erhoben, obwohl keine Entscheidung getroffen wurde, die das Affidavit Lehmanns zuließe. Es ist sehr kurz, Herr Vorsitzender, vor allem das Exemplar, das ich hatte. Ich glaube, es besteht kein Grund, dagegen Einspruch zu erheben.

PROF. DR. EXNER: Ich werde, um die Zeit abzukürzen, hier darauf verweisen; ich bitte das Gericht, diese Ausführungen von Lehmann zu lesen. Sie scheinen mir deshalb von Bedeutung, weil es immerhin der höchste Jurist in der Deutschen Wehrmacht ist, der hier Auskunft gibt, der Generaloberstabsrichter Lehmann.

VORSITZENDER: Ich glaube, Sie sollten dem Dokument eine Beweisstücknummer geben.

PROF. DR. EXNER: 10 habe ich gesagt, AJ-10.

VORSITZENDER: Jawohl.

PROF. DR. EXNER: Er äußert sich über Gespräche über Rechtsprobleme, die er mit Jodl zu führen Gelegenheit hatte und über dessen Einstellung zu Rechtsfragen.

Und jetzt, Herr Generaloberst, im Zusammenhang mit diesen kriegsrechtlichen Verbrechen noch eine letzte Frage, die einem auffällt. Es werden Ihnen da zahlreiche Tagebuchnotizen, Befehle und so weiter zum schweren Vorwurf gemacht. Hatten Sie nicht die Möglichkeit, vor Ihrer Gefangennahme dieses ganze Material zu vernichten?

JODL: Doch, ich hatte vom 3. Mai bis 23. Mai Zeit und Muße, jedes Papier zu verbrennen, aber ich habe an meinen Stab Befehl gegeben, nicht ein Aktenstück zu vernichten, weil ich nämlich nichts zu verbergen hatte. Und ich habe sämtliche Akten und vor allem die besonders wichtigen, die gesamten Original-Führerweisungen seit dem Jahre 1940 dem amerikanischen Offizier bei meiner Gefangennahme übergeben.

PROF. DR. EXNER: Ich komme jetzt zu den angeblichen Verbrechen gegen den Frieden. Dazu muß zunächst einmal geklärt werden, welche Dienststellungen Sie während der kritischen Zeit gehabt haben.

Sagen Sie also, welche Dienststellungen Sie seit 1933 hatten.

JODL: Von 1932 bis 1935 war ich in der Abteilung, die später Operationsabteilung des Heeres hieß. Von Mitte 1935 bis Oktober 1938 war ich Chef der Abteilung Landesverteidigung im Wehrmachtsamt, später OKW genannt.

PROF. DR. EXNER: Das heißt, das Wehrmachtsamt war OKW?

JODL: Das Wehrmachtsamt wurde später OKW. Von Oktober 1938 bis kurz vor Beginn des Polenfeldzuges war ich Artilleriekommandeur in Wien und in Brünn in Mähren; und ab 27. Oktober 1939...

PROF. DR. EXNER: Halt, halt. Am 27. September...

JODL: Nein, vielmehr August. Am 27. August 1939 übernahm ich die Geschäfte und die Aufgaben des Chefs des Wehrmachtführungsstabes.

PROF. DR. EXNER: Jetzt gehen wir diese Zeit durch. Hatten Sie in den Jahren 1932 bis 1935, wo Sie also in dem sogenannten Truppenamt waren, mit Kriegsplänen zu tun?

JODL: Damals gab es in der Operationsabteilung keinerlei Vorarbeiten außer einer Kampfanweisung für den improvisierten Grenzschutz Ost. Das war eine milizartige Organisation, und es gab Vorbereitungen für Räumungsmaßnahmen an sämtlichen deutschen Grenzen für den Fall feindlicher Besetzungen, also sogenannter Sanktionen; sonst gab es nichts.

PROF. DR. EXNER: Hatten Sie mit der Verkündung der allgemeinen Wehrpflicht zu tun?

JODL: Nein, damit hatte ich nichts zu tun. Ich glaube, ich habe das am Tage vorher erfahren.

PROF. DR. EXNER: Wie war Ihr Aufgabenkreis als Chef der Abteilung Landesverteidigung, also von Juni 1935 bis Oktober 1938?

JODL: In dieser Stellung hatte ich die operativen, strategischen Richtlinien nach den Befehlen meiner Vorgesetzten Keitel und Blomberg zu bearbeiten. Ich hatte das Problem der Wehrmachtsführung zu studieren und zu klären, Studien und Manöver anzulegen für die großen Wehrmachtsmanöver 1937. Ich hatte die Wehrmachtsakademie zu betreuen, ich hatte mich mit Gesetzesentwürfen zu befassen, die mit der allgemeinen Wehrpflicht zusammenhingen und mit der einheitlichen Vorbereitung einer Mobilmachung im zivilen Sektor, also von Staat und Volk, und dabei gehörte zu mir das sogenannte Sekretariat des Reichsverteidigungsausschusses.

PROF. DR. EXNER: Sagen Sie, was waren Sie damals, welches war Ihre militärische Charge?

JODL: Ich kam in diese Stellung als Oberstleutnant und wurde dann – ich glaube, im Jahre 1936 – Oberst.

PROF. DR. EXNER: Waren Sie am Reichsverteidigungsgesetz beteiligt?

JODL: Nein, das Gesetz ist entstanden, bevor ich in das Wehrmachtsamt kam.

PROF. DR. EXNER: Aber die Anklage wirft Ihnen diese Beteiligung unter Hinweis auf den Zusatz, den Sie gemacht haben – Urkunde 2261-PS, US-24; das ist die Urkunde im ersten Band, Seite 9 meines Dokumentenbuches – vor. Da heißt es:

»In der Anlage übersende ich je 1 Abdruck des Reichsverteidigungsgesetzes vom 21. Mai 1935...«

Blomberg ist unterschrieben, und das ist datiert vom 24. Juni. Dann kommt ein Zusatz:

»Berlin, 3. September 1935. An Wehrwirtschaft – Gruppe Ia. – Abdruck übersandt. Gezeichnet Jodl.«

Was sagen Sie dazu?

JODL: Es ist unbestreitbar, es ist ein gültiges Reichsgesetz, von dem ich einen Abdruck einer anderen Dienststelle gegeben habe. Mehr braucht man nicht zu sagen.

PROF. DR. EXNER: Sie waren an dem Gesetz selber nicht beteiligt?

JODL: Da war ich nicht beteiligt.

PROF. DR. EXNER: Waren Sie Mitglied des Reichsverteidigungsrates?

JODL: Nein.

PROF. DR. EXNER: Waren Sie Mitglied des Reichsverteidigungsausschusses?

JODL: Das war ich automatisch in dem Augenblick, als ich Chef der Abteilung Landesverteidigung wurde, und in der zehnten Sitzung dieses Referentenausschusses am 26. Juni 1935 hat mich General von Reichenau als seinen Vertreter eingeführt.

PROF. DR. EXNER: Was war die Aufgabe dieses Ausschusses? Es ist davon schon gesprochen worden, nicht wahr? Also bitte, sich kurz zu halten.

JODL: Mit ein paar Worten gesagt: In diesem Ausschuß wurde die einheitliche Mobilmachung, nicht die Kriegführung, sondern die Mobilmachung von Staat und Volk in Übereinstimmung mit der militärischen Mobilmachung vorbereitet und in Mobilmachungsbüchern mit Endziffern und in verschiedene Spannungsstufen gegliedert, festgelegt.

PROF. DR. EXNER: Was waren diese Spannungsstufen?

JODL: Diese Spannungsstufen hatten wir von Frankreich gelernt und übernommen. Frankreich hatte ein Verfahren, die Mobilmachung in fünf Spannungsstufen durchzuführen...

VORSITZENDER: Brauchen wir diese Einzelheiten? Genügt es nicht, zu sagen, daß es von Frankreich übernommen wurde?

PROF. DR. EXNER: Ja.