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[Pause von 10 Minuten.]

PROF. DR. EXNER: Sie haben gesagt: Wir hatten den Plan, Jugoslawien neutral zu belassen. Nun, dieser Plan ist durch den Simowitsch-Putsch offenbar geändert worden. Weshalb änderte dieses Ereignis unsere Politik gegenüber Jugoslawien?

JODL: Dieser Putsch politisierender Offiziere gegen eine legale Regierung, unmittelbar nachdem Jugoslawien dem Dreimächtepakt beigetreten war, mußte ja zwangsläufig eine deutschfeindliche Einstellung haben. Nun standen wir unmittelbar vor dem Feldzug gegen Griechenland, und zwar gegen ganz Griechenland; denn es waren inzwischen englische Divisionen dort gelandet und dieser Feldzug konnte nur geführt werden mit einem sicheren neutralen Jugoslawien im Rücken.

VORSITZENDER: Herr Dr. Exner! Verschiedene andere Angeklagte – die Angeklagten Göring und Keitel – haben sich mit der politischen Seite des deutschen Einmarsches nach Jugoslawien befaßt. Falls der Angeklagte darüber hinaus nichts Neues aussagen kann, ist das doch absolut kumulativ.

PROF. DR. EXNER: Also bitte, sagen Sie nur, was Sie an Neuem hinzuzufügen haben, also die Dokumente und so weiter.

JODL: Ich habe etwas mich persönlich Betreffendes hinzuzufügen.

VORSITZENDER: Man kann hier nichts hören. Man kann die englische Übersetzung nicht hören... Versuchen Sie es bitte noch einmal. Wiederholen Sie, was Sie eben gesagt haben.

JODL: Ich habe verschiedenes, mich persönlich Betreffendes bezüglich des jugoslawischen Problems noch hinzuzufügen.

VORSITZENDER: Nein, man kann hier nichts hören... Fahren Sie jetzt fort, Angeklagter. Ich habe Sie gefragt, ob Sie etwas Neues hinzufügen können.

JODL: Ja, ich habe etwas Persönliches hinzuzufügen.

PROF. DR. EXNER: Ja, tun Sie das.

JODL: Als der Führer an diesem Morgen spontan die sofortige Vorbereitung eines Angriffs gegen Jugoslawien gefordert hat, da schlug ich ihm vor oder ich erwähnte zum mindesten, daß wir doch erst durch ein Ultimatum nach unserem Aufmarsch die wirkliche Lage, die politische Lage klären müßten. Das lehnte er ab. Er sagte: »Da kommt gar nichts dabei heraus.« Das hat der Feldmarschall Keitel schon bestätigt.

PROF. DR. EXNER: Sagen Sie, das war am 27. März?

JODL: Ja, das war am 27. Nun darf ich dazu noch einen Beweis liefern: Am Abend dieses 27. März ist der Befehl erlassen worden...

VORSITZENDER: Ich glaube nicht, daß das notwendig ist, wenn der Angeklagte Keitel und Sie selbst es schon gesagt haben, und es ist kein Kreuzverhör darüber angestellt worden.

PROF. DR. EXNER: Ja, etwas scheint mir wichtig zu sein.

JODL: Es ist ein Dokument eingereicht worden, das Dokument 1746-PS, GB-120; es ist Seite 70 des Dokumentenbuches.

PROF. DR. EXNER: Seite 71?

JODL: Ja, auf Seite 71 ist der Text. Wenn das Gericht diesen Satz auf Seite 71, Ziffer 1 vergleicht mit dem Satz, der auf Seite 69 des Dokumentenbuches steht, so tritt ein Unterschied in Erscheinung. Seite 69 enthält nämlich die vom Führer unterschriebene Weisung, und die beginnt mit dem Satz, den ich zitiere:

»Der Militärputsch in Jugoslawien hat die politische Lage auf dem Balkan geändert. Jugoslawien muß auch dann, wenn es zunächst Loyalitätserklärung abgibt, als Feind betrachtet und daher so rasch als möglich zerschlagen werden.«

Das ist, wie aus dem Datum hervorgeht, am 27. März ausgegeben worden. Ich habe, was auch für die Überraschung dieses ganzen Falles spricht, diese Nacht in der Reichskanzlei durchgearbeitet. Ich habe, wie aus Seite 71 hervorgeht, am 28. um 4.00 Uhr morgens dem General von Rintelen, dem Verbindungsoffizier zum Italienischen Oberkommando, dieses Aide memoire, dieses operative Aide memoire in die Hand gedrückt, und hier habe ich geschrieben, was ich zitiere:

»Für den Fall, daß die politische Entwicklung ein bewaffnetes Einschreiten gegen Jugoslawien erfordert, ist die deutsche Absicht...« und so weiter.

Ich muß zugeben, daß ich mich damit etwas auf das Gebiet der Politik begeben habe, aber ich habe mir dabei gedacht, wenn Deutschland die politische Situation nicht klärt einwandfrei, dann tut es vielleicht Italien.

PROF. DR. EXNER: Für die Plötzlichkeit dieses Entschlusses spricht auch das nächste Dokument, das ich unter Seite 73 des ersten Bandes abgedruckt habe. Das ist die auf Grund dieser Befehle nun vom OKH erlassene Weisung, die Aufmarschanweisung für das Unternehmen. Ja, also, das ist R-95, GB-127, Seite 73, wie gesagt, des ersten Bandes, und da heißt es: »Infolge der Veränderung der politischen Lage und so weiter«, und dann »wird aufmarschiert« und dann heißt es im letzten Absatz: »Die Operation erhält die Deckbezeichnung ›Unternehmen 25‹.« Ich frage, kann man daraus etwas entnehmen, Herr Generaloberst?

JODL: Der Befehl ist erst am 3. April...

PROF. DR. EXNER: Nein, am 30. März.

JODL:... am 30. März gegeben worden...

PROF. DR. EXNER: Die Operation erhielt da die Deckbezeichnung »Unternehmen 25«?

JODL: Also drei Tage nach dem Putsch wurde überhaupt erst ein Deckname für diese Operation befohlen; das beweist, daß diese Operation nicht schon im Jahre 1937 vorgesehen war, wie es hier einmal ausgesprochen wurde.

PROF. DR. EXNER: Und nun eine letzte Frage zu diesem Gegenstand Balkan: Bestand die griechische Neutralität noch, als wir am 24. März 1941 den Angriff der deutschen Luftwaffe in den Hoheitsgebieten von Kreta freigegeben haben. Ich weise diesbezüglich auf den Befehl C-60 hin, AJ-13. Es ist ein Befehl vom 24. März 1941, der, wie ich eben gesagt habe, den Luftangriff auf Kreta und auch auf griechische Schiffe gestattet. Nun, wie stand es mit der griechischen Neutralität am 24. März 1941?

JODL: Sie war zu diesem Zeitpunkt, völkerrechtlich betrachtet, nicht mehr vorhanden. Die Engländer waren inzwischen sowohl auf Kreta als auch auf dem Piräus gelandet, und wir haben das bereits am 5. oder 6. März erfahren. Der Befehl entspricht also allen völkerrechtlichen Grundsätzen. Aber ich darf abschließend zu dem jugoslawischen Problem noch hinzusetzen, daß die Behauptung, die hier von der Anklage vorgebracht wurde, nämlich, daß der Plan, Jugoslawien anzugreifen, von dem Büro Jodl ausgegangen ist, daß das eine durch nichts bewiesene und auch durch nichts beweisbare Behauptung ist.

VORSITZENDER: Auf welches Dokument haben Sie sich bezogen, 24. März 1941? Sie sagten »360«, das besagt uns doch gar nichts.

PROF. DR. EXNER: 24. März, das ist Dokument C-60, AJ-13.

VORSITZENDER: Danke. Welche Seite ist das?

PROF. DR. EXNER: Seite 76, erster Band.