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[Keine Antwort.]

MR. ROBERTS: Wurden Sie nicht zu dieser Sache am 8. Oktober vorigen Jahres von Oberst Hinkel verhört? Erinnern Sie sich daran? Vielleicht erinnern Sie sich nicht an das Datum?

JODL: Nein. Wir haben ein paarmal über diese Angelegenheit gesprochen.

MR. ROBERTS: Ja, und Sie wurden auch vereidigt als Sie Ihre Antworten dem Vernehmungsoffizier gaben?

JODL: Jawohl.

MR. ROBERTS: Darf ich Ihnen, um Ihr Gedächtnis aufzufrischen, eine Abschrift des stenographischen Protokolls der Vernehmung vorlesen?

»Ich zeige Ihnen eine Photokopie einer Anzahl von Seiten eines Vortrages, der angeblich von Ihnen am 7. November 1943 gehalten worden ist, und ich frage Sie, ob diese Seiten Ihren damaligen Vortrag darstellen? Für das Protokoll trägt das die Nummer L-172.«

Dann antworteten Sie:

»Jawohl. Eine Anzahl von Sachen sind nicht darin enthalten, die ich an Hand einer Karte erklärt habe.

Frage: Sie haben zwischendurch Bemerkungen gemacht, die in diesen schriftlichen Ausführungen nicht enthalten sind; ist das richtig?

Antwort: Jawohl. Ich habe viele Einzelheiten an Hand der Karte erklärt.

Frage: Ist das Ihre Handschrift, die auf dem Titelblatt zu sehen ist?

Antwort: Nein, Das ist nicht meine Handschrift.

Frage: Aber die restlichen Seiten erkennen Sie doch als den handschriftlichen Wortlaut eines in München gehaltenen Vortrages an?

Antwort: Ich kann nicht sagen, ob mein Vortrag tatsächlich damals so gewesen ist; denn ich sehe die Unterschrift von Buttlar. Es ist nicht der Vortrag selbst. Es ist das Material der Aufzeichnungen, die mir vorgelegt worden waren.«

Herr Zeuge! Wollen Sie mir jetzt bitte besondere Aufmerksamkeit schenken!

»Frage: Erkennen Sie die ersten 29 Seiten als den Inhalt des Vortrags an, den Sie gehalten haben?

Antwort: (Nachdem er das Dokument geprüft hat) Jawohl, das ist mein Vortrag.«

Wollen Sie diese unter Eid gegebene Antwort jetzt abändern? Wollen Sie das tun?

JODL: Ich habe das Protokoll, das hier aufgenommen ist, ja nicht gelesen. Ich kenne auch die Übersetzung nicht. Ich habe noch mehrere diesbezügliche Erklärungen abgegeben. Ich habe in der zweiten Vernehmung festgestellt, daß das tatsächlich nicht mein Vortrag ist, daß ich zwar...

MR. ROBERTS: Ich werde Ihnen auch die zweite Vernehmung vorlesen, Herr Zeuge! Ich habe sie hier für Sie. Das war am 16. November.

VORSITZENDER: Angeklagter! Haben Sie beendet, was Sie sagen wollten?

JODL: Nein. Ich habe es nicht beendet. Ich bin unterbrochen worden.

VORSITZENDER: Dann beenden Sie, was Sie sagen wollen.

JODL: Ich wollte sagen, daß ich, bevor ich das ganze Dokument durchgesehen hatte, natürlich im ersten Moment des Eindrucks war, daß das mein Vortragsexemplar sei; und erst bei genauer Durchsicht im Laufe der Vernehmungen habe ich gemerkt, daß das nur die gesammelten Unterlagen für diesen Vortrag sind, und ich habe klipp und klar erklärt: »Es enthält zwar einen ersten Entwurf, den Rahmen und den Schluß von mir. Die ganze Mitte sind nur Unterlagen meines Stabes, und das Ganze ist überhaupt nicht der Vortrag, den ich gehalten habe.«

Das habe ich wörtlich dem Oberst Hinkel gesagt.

MR. ROBERTS: Ja. Und nun lassen Sie mich bitte weiterlesen, was ich vorlesen wollte, das zweite Verhör. Es ist vom 16. November 1945, vier Tage vor dem Prozeß. Dieses Dokument trägt im Protokoll die Nummer L-172. Um Ihre Erinnerung aufzufrischen, zeige ich Ihnen die Photokopie:

»Wie ich mich aus Ihrer früheren Aussage erinnere, haben Sie gesagt, daß der erste Teil des Dokuments die schriftliche Fassung der Rede sei, die Sie bei dieser Zusammenkunft halten wollten. Der zweite Teil enthält verschiedene Gedanken, auf deren Grundlage die Rede vorbereitet wurde. Ist das richtig?

Antwort: Einen Augenblick bitte. Das ist nicht mein eigentlicher Vortrag. Es ist ein Konglomerat verschiedener Schriftstücke, die teilweise meine eigenen Entwürfe sind, wenigstens die Einleitung; aber alle Anlagen sind die Unterlagen meines Vortrages, die mir von meinem Stabe zur Verfügung gestellt worden sind. Die Photokopien, die dem Originalvortrag beigefügt waren... es war ein photographiertes Exemplar; auch eine Reihe gezeichneter Karten war beigefügt. Das ist an sich nicht mein Vortrag, und diese kalligraphischen Anmerkungen stammen nicht von mir. Die meinigen habe ich selbst in meiner eigenen Handschrift gemacht. Ich kenne den Ursprung dieses Exemplars nicht; es ist mir wahrscheinlich vom OKW für meinen späteren Vortrag zur Verfügung gestellt worden. Es ist ja ein Konglomerat verschiedener Schriftstücke und nur beschränkt verwertbar.«

Nun, wollen Sie mir bitte genau zuhören!

»Jedoch im großen und ganzen ist es das, was ich zu meinem Vortrag benützt habe.«

Dann die nächste Frage:

»Ich glaube, Sie haben schon vorher ausgesagt, daß die schriftlich aufgesetzte Rede nicht dem tatsächlich vorgetragenen Wortlaut entsprach, weil Sie während der Rede verschiedene Bemerkungen eingefügt haben, insbesondere, wenn Sie auf eine der Karten verwiesen, die Sie den Zuhörern zum besseren Verständnis der von Ihnen behandelten Feldzüge zeigten? Ist das richtig?«

Und hören Sie sich bitte das an:

»Was ich niedergeschrieben habe, habe ich tatsächlich gesagt; ich halte mich an diesen Wortlaut, der von mir selbst niedergeschrieben worden ist. Aber was die gegenwärtige Lage an den verschiedenen Fronten anlangt« – das ist Teil 3 und 4 der Aufzeichnung –, »die hatte ich so klar im Kopf, daß ich mich in meiner Rede nicht auf geschriebene Notizen zu stützen brauchte. Ich habe mich auch ganz frei auf die Karten bezogen.«

Dann die letzte Frage über diesen Punkt:

»Ist es richtig, daß das Dokument, das Sie vor sich haben, im allgemeinen die Rede darstellt, die Sie in München im November 1943 gehalten haben?«

Die Antwort ist:

»Jawohl, ohne Zweifel ist vieles darunter das gleiche. Alle Anlagen über die verschiedenen Operationsgebiete und die anderen Anlagen habe ich während meiner Rede nicht benützt. Ich hatte sie zurückgegeben.«

Stimmen Sie mit Ihren Antworten in diesem Verhör überein?

JODL: Im großen und ganzen haben Sie ja bestätigt, was ich gesagt habe. Aber ich weiß nicht, warum man überhaupt so lange darüber reden muß. Der Fall ist doch vollkommen klar. Es ist...

MR. ROBERTS: Bitte, machen Sie sich keine Gedanken. Ich weiß, daß ich Sie unterbreche; aber ich weiß genau, daß ich Sie davon abhalte, etwas ganz Unerhebliches zu sagen; und um Zeit zu sparen ist es meine Pflicht, Sie zu unterbrechen. Bitte, machen Sie sich keine Gedanken darüber, warum ich etwas tue. Ich will von Ihnen wissen, ob dieses Dokument, allgemein gesagt, das darstellt, was Sie in Ihrer Rede gesagt haben. Es ist etwas ganz anderes, als wenn es in einem Papierkorb liegt.

JODL: Die Einleitung und der Schluß, wie er hier im ersten Entwurf vorhanden ist, ist natürlich in den Grundgedanken letzten Endes so gehalten worden. Aber der ganze Vortrag ist auf Grund dieses ersten Entwurfes erst endgültig bearbeitet, gekürzt, geändert, gestrichen, die falschen Dinge herausgenommen worden. Und dann kam erst der Hauptteil des Vortrages, für den hier nur die Unterlagen da sind. Es gibt keinen Beweis, und ich bin selbst nicht in der Lage zu sagen, ob ich auch nur einen Satz von denen, die hier stehen, tatsächlich so gesprochen habe, wie der erste Entwurf lautet.

MR. ROBERTS: Sehr gut, ich akzeptiere das.

JODL: Wenn Sie mir ein tatsächliches Vortragsexemplar vorlegen, das erkenne ich an.

MR. ROBERTS: Das ist alles, Herr Zeuge, was wir Ihnen vorlegen können; denn das ist alles, was wir gefunden haben.

VORSITZENDER: Ich denke, wir wollen uns jetzt vertagen.

MR. ROBERTS: Wenn Sie wünschen, Herr Vorsitzender.