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[Zum Zeugen gewandt:]

Nun nehme ich an, daß das Ergebnis des Polenfeldzuges eine Quelle der Befriedigung für Sie alle war?

JODL: Der militärische Verlauf des Polenfeldzuges hat uns, militärisch betrachtet, außerordentlich befriedigt. Aber es gibt natürlich Dinge im Leben, über die man noch größere Genugtuung empfindet als über eine kriegerische Handlung.

MR. ROBERTS: Nun ersuche ich Sie, sich einen Brief anzusehen.

Hoher Gerichtshof! Es handelt sich um ein neues Beweisstück, D-885, GB-484.

[Zum Zeugen gewandt:]

Dies ist ein handschriftlicher Brief von Ihnen, nicht wahr? Ist das Ihre Handschrift?

JODL: Ja.

MR. ROBERTS: Sehr gut. Dieser Brief ist an den Polizeipräsidenten Dr. Karl Schwabe in Brünn, Mähren, Polizeipräsidium, gerichtet und ist vom 28. Oktober 1939 datiert. Er lautet:

»Sehr verehrter Herr Polizeipräsident!

Für Ihren begeisterten Brief vom 22. September danke ich Ihnen herzlich. Ich habe mich ganz besonders darüber gefreut. Dieser wundervolle Feldzug in Polen war ja ein herzlicher Auftakt dieses schweren Entscheidungskampfes und hat uns eine selten günstige Aus gangslage sowohl auf politischem wie militärischem Gebiet gebracht. Der schwere Teil für Volk und Wehrmacht kommt natürlich erst.«

Ich werde das Schreiben erst ohne Erläuterungen vorlesen und es erst später erläutern.

»Aber der Führer und seine Umgebung sind voll bester Zuversicht; denn uns wirtschaftlich zu erdrosseln, wird den scheinheiligen Briten nicht gelingen und militärisch sind wir ohne Sorge. Entscheidend ist der Wille des Volkes zum Durchhalten, und dafür werden die vielen willensstarken und einsatzbereiten Männer, die heute an der Spitze der Gaue und auf sonstigen verantwortlichen Posten stehen, schon sorgen. Diesmal werden wir die besseren Nerven und die größere Geschlossenheit zeigen. Daß auch Sie, Herr Polizeipräsident, Ihren gewichtigen Anteil dazu beitragen werden, um die Tschechen bei der Stange zu halten und sie nicht aufmuntern zu lassen, davon bin ich überzeugt.«

Dann freut er sich über die den Truppen zuteil gewordene Anerkennung.

»Indem ich nochmals herzlich danke für Ihre anerkennenden Worte, die weit über meine bescheidene Mithilfe im Schatten der gewaltigen Persönlichkeit unseres Führers hinausgehen.«

Warum bezeichneten Sie die Briten als scheinheilig? Weil diese ihre Verpflichtungen einhielten, keine Konzentrationslager hatten und die Juden nicht verfolgen? Nannten Sie uns deshalb scheinheilig, weil wir keine Verträge brechen?

JODL: Nein, das war nicht der Grund. Sondern der Grund war, daß die allgemeinen politischen Verhältnisse damals so dargestellt waren und daß ich damals tatsächlich dieser Überzeugung war.

MR. ROBERTS: Ich danke. Nun sagen Sie:

»Entscheidend ist der Wille des Volkes zum Durchhalten, und dafür werden die vielen willensstarken und einsatzbereiten Männer, die heute an der Spitze der Gaue und auf sonstigen verantwortlichen Posten stehen, schon sorgen.«

Wer sind diese willensstarken und einsatzbereiten Männer? Die SS und die Gestapo?

JODL: Nein, das sind die Gauleiter.

MR. ROBERTS: Die Gauleiter?

JODL: Ja.

MR. ROBERTS: Nun, wir haben ein oder zwei Gauleiter hier, Gauleiter Sauckel zum Beispiel. Aber in einem so großen Gebiet wie Thüringen konnte er doch allein nicht so viel leisten, stimmt das? Er muß doch irgendwelche SS oder Gestapo zur Verfügung gehabt haben; ist das richtig?

JODL: Darum dreht es sich hier gar nicht. Die Tatsache ist, daß diese Gauleiter die Organisation des Staates und der Verwaltung tatsächlich in diesem Kriege in einer bewundernswerten Weise geführt haben. Das Volk ist viel besser versorgt worden, trotz der Katastrophe, als in den Jahren 1914 bis 1918. Das ist unbestritten und ist ein Verdienst dieser Leute.

MR. ROBERTS: Das Volk wurde viel besser versorgt?

JODL: Selbst in den letzten furchtbaren Zuständen hat jedermann in Berlin noch seine normale Verpflegung bekommen. Es war ein Muster der Organisation; das kann ich nur feststellen.

MR. ROBERTS: War es ein Muster der Organisation, weil kein Widerspruch gegen die Regierung oder gegen die Partei erlaubt war?

JODL: Gewiß; das hat es auf der einen Seite erleichtert, hat auf der anderen Seite auch zu furchtbaren Katastrophen geführt, die ich allerdings erst hier erfahren habe.

MR. ROBERTS: Nun, der Brief spricht für sich selbst, und ich will fortfahren.

Darf ich Sie noch über den letzten Satz des Briefes befragen:

»Daß auch Sie, Herr Polizeipräsident, Ihren gewichtigen Anteil beitragen werden, um die Tschechen bei der Stange zu halten und sie nicht aufmuntern zu lassen...«

Was meinten Sie damit?

JODL: Nachdem er Polizeipräsident in Brünn war, war es ja seine Aufgabe, in Brünn für Ruhe und Ordnung zu sorgen und nicht im Rücken einen tschechischen Aufstand zu dulden, während wir im Kampf stehen. Das ist selbstverständlich. Ich habe nicht gesagt, daß er die Tschechen umbringen soll oder germanisieren; aber in Ruhe halten mußte er sie.

MR. ROBERTS: Sehr gut. Ich schließe diesen Punkt nun ab und will zu den verschiedenen Feldzügen im Westen übergehen. Nun wußten Sie natürlich hinsichtlich Norwegens, daß Deutschland wiederholt feierliche Versicherungen abgegeben hatte, die Integrität von Norwegen und Dänemark zu achten. Ist das richtig?

JODL: Ich habe gestern schon von den beiden Erklärungen vom...

MR. ROBERTS: Bitte, beantworten Sie meine Frage, sie ist doch einfach.

JODL: Ja, die waren mir damals, glaube ich, in Erinnerung; ich glaube bestimmt.

MR. ROBERTS: Gut; und wir wissen, daß zu Beginn des Krieges all diesen neutralen Ländern des Westens und Skandinaviens Zusicherungen gegeben wurden, außerdem eine weitere Zusicherung am 6. Oktober. Sie erklären, daß Hitler sich im November entschlossen hat, in Dänemark und Norwegen einzufallen?

JODL: Ja. Darüber habe ich mich gestern ganz eingehend geäußert.

MR. ROBERTS: Ich weiß das. Bitte, wiederholen Sie das nicht stets. Ich bin gezwungen, Sie zu bitten, dieselbe Sache von einem anderen Gesichtspunkt aus zu betrachten. Sie sagen in Ihrem Vortrag,... ich zitiere von Seite 291 des Dokumentenbuches Nummer 7, Seite 11 Ihrer Aufzeichnungen. Ich bitte, ihm die Stelle vorzulegen.

Es ist in der Mitte, der achte Absatz, Herr Vorsitzender.

»Inzwischen stellte sich jedoch ein neues und vordringlich zu erledigendes Problem: Die Besetzung Norwegens und Dänemarks... Einmal bestand die Gefahr, daß sich England im skandinavischen Raum festsetzte und neben der strategischen Umfassung von Norden her auch unsere so kriegswichtigen Zufuhren an Eisen und Nickel unterband. Zum anderen war es die Erkenntnis der eigenen maritimen Notwendigkeiten, die es erforderten, durch Luft- und Flottenstützpunkte an der norwegischen Küste einen freien Zugang zum Atlantik sicherzustellen.«

Sie wollten also Luft- und Flottenstützpunkte haben, nicht wahr?

JODL: Sie waren militärisch für uns außerordentlich wertvoll, darüber ist kein Zweifel. Aber die Voraussetzungen, sie zu nehmen, waren die Nachrichten, die wir hatten, die Gefährdung Norwegens.

MR. ROBERTS: Ich möchte Ihnen folgendes entgegenhalten: Sie gebrauchten auch im Falle Norwegens, ebenso wie bei den Niederlanden, einfach eine Ausrede. Haben Sie wirklich angenommen, England werde losschlagen, obwohl seit Monaten nichts dergleichen geschehen war? Sie haben die Neutralität Norwegens zu der Ihnen passenden Zeit verletzt. Ist das richtig?

JODL: Um das mit Ja oder Nein zu beantworten, müßte man eine ganz gründliche historische Studie aller Dokumente vornehmen, der eigenen und der Gegenseite. Dann kann man sagen, ob das richtig ist oder nicht. Bevor das entschieden ist, gibt es nur die subjektive Auffassung. Meine ist die, und Ihre ist die andere.

MR. ROBERTS: Nun möchte ich Sie aber darauf hinweisen, daß es Deutschland war, das die Neutralität in jedem einzelnen Falle verletzt hat; die anderen Länder, die Alliierten haben das nicht getan.

JODL: Im Falle Norwegen haben das das erstemal die Engländer gemacht mit dem Falle der »Altmark« durch das Minenlegen und das Beschießen der deutschen Schiffe in norwegischen Hoheitsgewässern. Das ist einwandfrei festgestellt, darüber gibt es keinen Zweifel.

MR. ROBERTS: Bei der »Altmark« handelte es sich, wie Sie, Zeuge, ganz genau wissen, nicht um eine Besetzung. Es war lediglich eine Aktion der britischen Marine, um britische Kriegsgefangene von einem deutschen Gefangenenschiff zu befreien. Ich glaube, auch Ihre Marine hätte gegebenenfalls das gleiche getan. Was für einen Sinn hat es, über den Fall der »Altmark« zu sprechen. Es war gar keine Besetzung.

JODL: Aber es war ein Völkerrechtsbruch gegenüber den norwegischen Hoheitsrechten. Sie durften nur Norwegen ersuchen, daß Norwegen das tut; sie selbst durften in den norwegischen Hoheitsgewässern keine Kampfhandlungen durchführen. Dazu kenne ich diese Bestimmungen zu genau.

MR. ROBERTS: Warum mußten Sie Ihr an Norwegen gegebenes Wort brechen und den Bewohnern dieses Landes unsägliches Leid und Elend zufügen, nur weil die Engländer in norwegische Hoheitsgewässer eingedrungen waren und ein paar hundert Gefangene befreit hatten? Wo bleibt da die Logik? Warum sollten die Norweger darunter leiden?

JODL: Sie haben auch nur einen kleinen Nagel von diesem ungeheuer plastischen Bild der bevorstehenden Besetzung Englands herausgezogen. Es gibt aber Hunderte solche.

MR. ROBERTS: Sie haben dieses Beispiel aufgegriffen, Zeuge, nicht ich. Nicht ich habe mich darauf bezogen.

JODL: Ich kann nur sagen, wir standen unter dem sicheren subjektiven Eindruck, daß wir in letzter Sekunde ein Unternehmen durchgeführt haben, zu dem die englischen Truppen bereits eingeschifft waren. Wenn Sie mir beweisen, daß das nicht wahr ist, wäre ich ungeheuer dankbar.

MR. ROBERTS: Ich lenke nunmehr Ihre Aufmerksamkeit auf das einzige von außen stammende Beweismaterial, das Sie darüber vorgelegt haben; es wurde eilig verlesen... ganz richtig, gestern!

Hoher Gerichtshof! Es handelt sich um das Dokumentenbuch Jodl Nummer 2, Seite 174. Das Protokoll beginnt auf Seite 174 links oben. Aus Seite 174. geht hervor, daß Albrecht Soltmann Sachbearbeiter war und die bei der englischen Landungsbrigade in Lillehammer erbeuteten Akten und Befehle ausgewertet hat. Das geht aus der zweiten Seite, Seite 175 unten, hervor:

»Die Dokumente und Aussagen von Gefangenen zeigten, daß kurze Zeit vor unserer Landung in Norwegen die britischen Landungstruppen auf Zerstörern eingeschifft worden waren. Sie wurden am darauffolgenden Tage wieder an Land gesetzt und verblieben in der Nähe des Einschiffungshafens. Sie wurden dann nach der deutschen Landung in Norwegen zum zweitenmal eingeschifft und nach Norwegen abtransportiert. Welche Absichten die Engländer mit der Einschiffung ihrer Truppen vor unserer Landung hatten, konnte aus den Dokumenten und Gefangenenaussagen nicht ermittelt werden. Ob sie die Absicht gehabt haben, Norwegen vor unserer Landung zu besetzen, konnte man damals nur vermuten, weil die Gefangenen in dieser Hinsicht keine genauen Aussagen gemacht haben. Die Vermutungen stützen sich auf die besonderen Ausrüstungen dieser britischen Truppen. Soweit ich die Dokumente und Gefangenenaussagen auswerten konnte, haben sie keinen Beweis über die englischen Absichten in Bezug auf Norwegen gebracht.«

Nächste Frage:

»Ist das Ergebnis aller Dokumente und Gefangenenaussagen nicht das gewesen, daß wir den Engländern mit der Landung in Norwegen nur ganz knapp zuvorgekommen sind?

Antwort: Ja, die Angaben in den Dokumenten und Gefangenenaussagen konnten darauf hindeuten, daß wir den Engländern mit unserer Landung knapp zuvorgekommen waren. Ob diese jedoch als eindeutige Beweise anzusprechen waren, entzieht sich meiner Beurteilung.«

Dann befaßt sich dieses Schriftstück mit Dokumenten, die im Juni 1940 in Frankreich in einem Eisenbahnzug erbeutet wurden. Darüber weiß er nichts.

Ist das nicht sehr mageres Beweismaterial, um daraufhin in Norwegen einzufallen, trotz aller Verträge und Zusicherungen?

JODL: Da stimme ich Ihnen vollkommen zu, da haben Sie recht. Aber das kommt nur daher, daß dieser Soltmann leider nicht der Spezialist für diese Dinge war. Er war nicht einmal Generalstabsoffizier. Das hatte ich vergessen. Wir haben weitere, ganz andere Beweise gehabt, und die waren selbst vor mir auf dem Schreibtisch gelegen, nämlich die ganzen Befehle der englischen Landungsbrigade. Die haben die Vermutung endgültig und definitiv bestätigt.

MR. ROBERTS: Eine Invasion ohne jede Warnung oder Kriegserklärung?

JODL: Das ist eine politische Frage.

MR. ROBERTS: Sie haben gestern dem Gerichtshof gesagt, wie sehr Sie das Völkerrecht respektieren, wie besorgt Sie waren, darauf zu sehen, daß das Völkerrecht beachtet wurde. Sie wußten doch, daß dies gegen das Völkerrecht verstieß, oder nicht?

JODL: Diese Dinge standen nicht in unseren Vorschriften, sondern nur die Vereinbarungen, die für die Wehrmacht galten. Der Begriff Angriffskriege oder nicht, der stand in keiner Vorschrift, sondern nur die Haager Landkriegsordnung und die Genfer Konvention. Das war das für uns zuständige.

MR. ROBERTS: Wenn ein ehrenhafter Deutscher sein Wort gibt, so hält er es doch, oder nicht? Er bricht doch nicht sein Wort, ohne daß er wenigstens sagt, daß er davon abgeht; tut das ein ehrenhafter Deutscher?

JODL: Das ist eine allgemein übliche Erscheinung auf der Welt auf dem Gebiete der menschlichen Zusammenarbeit; nicht auf dem Gebiete der Politik.

MR. ROBERTS: Wenn das Ihr Ehrenkodex ist, warum ist es dann nicht äußerst unehrenhaft für Deutschland, sein Versprechen immer und immer wieder zu brechen? Oder wollen Sie diese Frage lieber nicht beantworten?

JODL: Nein; diese Frage müssen Sie besser an die für die Politik Deutschlands verantwortlichen Männer richten.

MR. ROBERTS: Gut, ich will diesen Gegenstand verlassen. Ich möchte mich nun der Invasion Hollands, Belgiens und der Niederlande zuwenden, Verzeihung, der Niederlande, Belgiens und Luxemburgs.

Sie hegen doch wohl keinerlei Zweifel, auf Grund der Dokumente, daß im Falle eines Krieges im Westen Hitler immer die Absicht hatte, die Neutralität dieser drei kleinen Länder zu verletzen?

JODL: Er hatte vom Beginn seiner Befehle zum Angriff im Westen an schon die Absicht, durch Belgien zu gehen, hatte aber bezüglich Hollands noch sehr lange Zeit Vorbehalte gemacht, die erst später – ich glaube Mitte November – aufgehoben wurden. Also bezüglich Hollands lagen die Absichten nicht fest. Bezüglich Belgiens waren sie ziemlich früh in dieser Richtung, etwa schon Mitte Oktober oder Anfang Oktober.

MR. ROBERTS: Deutschland wollte natürlich einen Angriffskrieg führen, und zwar einen Angriffskrieg in einem anderen Land. Das war natürlich das Ziel, nicht wahr?

JODL: Das deutsche Ziel war, in diesem Kriege zu siegen, damals.

MR. ROBERTS: Sie konnten im Westen nicht angreifen, außer durch Belgien?

JODL: Jedenfalls war jeder andere Angriff ungeheuer erschwert und höchst fragwürdig. Das habe ich schon gesagt.

MR. ROBERTS: Jawohl. Deshalb hat Frankreich die Maginotlinie gebaut, damit Sie es nicht direkt angreifen könnten. Wenn Sie nun die Küste von Belgien und Holland sicherten, so sicherten Sie damit Luftstützpunkte, von welchen aus Sie England oder Großbritannien vernichten konnten. Haben Sie das nicht gehofft?

JODL: Kein Zweifel, daß durch Besitznahme der Küste die strategische Lage Deutschlands im Kampfe gegen England sehr verbessert wurde. Das ist richtig.

MR. ROBERTS: Jawohl. Darf ich Sie an einige Dokumente erinnern, welche dem Gerichtshof bereits bekannt sind. Ich beabsichtige nicht, dieselben zu verlesen. Das erste Dokument in zeitlicher Reihenfolge ist 375-PS, US-84, datiert vom 25. August 1938; es fällt in die Zeit von Fall »Grün«. Es ist die Stellungnahme der Luftwaffe, in der es im letzten Absatz des Dokuments, ich glaube auf Seite 11, heißt:

»Da Belgien und die Niederlande in deutscher Hand einen außerordentlichen Vorteil in der Luftkriegführung gegen Großbritannien... bedeuten...«

Und das Heer wird um Auskunft gebeten, wie lange man dazu benötigen würde. War das nicht während der tschechischen Krise?

JODL: Ja; dieses Dokument ist, glaube ich, schon als eine Lächerlichkeit gebrandmarkt worden, als. die Arbeit eines kleinen Hauptmannes.

MR. ROBERTS: Er scheint auf jeden Fall ein gutes Urteil gehabt zu haben, wenn man in Betracht zieht, was nachher geschehen ist.

Nun, das nächste Dokument – ich weiß, Sie waren damals in Österreich, aber Sie haben zweifellos hierüber von Keitel gehört – ist die Sitzung in der Reichskanzlei vom 23. Mai 1939. Es ist dies Dokument L-79, Buch Nummer 7, Seite 275. Erinnern Sie sich, daß der Führer dort sagte:

»Die holländischen und belgischen Luftstützpunkte müssen militärisch besetzt werden. Auf Neutralitätserklärungen kann nichts gegeben werden.... Hierbei spielen Recht oder Unrecht oder Verträge keine Rolle.... Das Heer hat die Positionen in Besitz zu nehmen, die für Flotte und Luftwaffe wichtig sind. Gelingt es, Holland und Belgien zu besetzen und zu sichern, sowie Frankreich zu schlagen, dann ist die Basis für einen erfolgreichen Krieg gegen England geschaffen.... Die täglichen Angriffe der Luftwaffe und Kriegsmarine zerschneiden sämtliche Lebensadern.«

Über die Politik des Führers bestand doch im Mai 1939 nicht mehr der geringste Zweifel?

JODL: Ich habe von dieser Versammlung erst hier im Gericht gehört und von dem, was angeblich dort gesprochen worden ist. Auch wenn es richtig ist, ich kann es nicht beurteilen, ich habe es nicht gehört, auch von Keitel nicht, auch später nicht.

MR. ROBERTS: Gut, haben Sie etwas über die Rede des Führers vom 22. August 1939 gehört?

Ich weiß nicht, ob der Gerichtshof dieses Dokument besitzt. Es ist nicht im Dokumentenbuch. Es ist Dokument 798-PS, im Dokumentenbuch Nummer 4. Wir haben einige lose Exemplare, Herr Vorsitzender.

»... alle diese Staaten« – Holland, Belgien – »und auch Skandinavien ihre Neutralität mit allen Mitteln verteidigen werden. England und Frankreich werden die Neutralität dieser Länder nicht verletzen.«