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[Zum Zeugen gewandt:]

Das ist ein anderer Keitel-Befehl, er kommt vom Wehrmachtführungsstab L. Dann in Klammern I Op. Ist das Ihre Abteilung?

JODL: Das ist die Abteilung, mit der ich alle operativen Fragen bearbeitet habe.

MR. ROBERTS: Erinnern Sie sich an diesen Befehl?

JODL: Ja, an diesen Befehl erinnere ich mich.

MR. ROBERTS: Ich glaube, daß Sie auch an seinem Entwurf mitgearbeitet haben. Nicht wahr?

JODL: Aber sicher, weil es ein Operationsbefehl ist, die Ergänzung einer Weisung.

MR. ROBERTS: Jawohl. Wollen Sie sich Punkt 6 und 7 ansehen. In Punkt 6 heißt es:

»Die zur Sicherung der eroberten Ostgebiete zur Verfügung stehenden Truppen reichen bei der Weite dieser Räume nur dann aus, wenn alle Widerstände nicht durch die juristische Bestrafung der Schuldigen geahndet werden, sondern wenn die Besatzungsmacht denjenigen Schrecken verbreitet, der allein geeignet ist, der Bevölkerung jede Lust zur Widersetzlichkeit zu nehmen.

Die entsprechenden Befehlshaber sind mit den ihnen zur Verfügung stehenden Truppen verantwortlich zu machen für die Ruhe in ihren Gebieten. Nicht in der Anforderung weiterer Sicherungskräfte, sondern in der Anwendung entsprechender drakonischer Maßnahmen müssen die Befehlshaber das Mittel finden, um ihre Sicherungsräume in Ordnung zu halten.«

Das ist doch ein furchtbarer Befehl, nicht wahr?

JODL: Nein, ist gar nicht furchtbar, denn es ist völkerrechtlich festgelegt, daß die Bewohner eines besetzten Gebietes die Befehle und Anordnungen der Besatzungsmacht zu befolgen haben. Ein Aufstand, ein Widerstand gegen die Wehrmacht, die dieses Land besetzt hat, ist untersagt und heißt Franktireurkrieg. Zur Bekämpfung dieses Franktireurkriegs sind keine völkerrechtlichen Mittel festgesetzt, sondern hier heißt es: »Auge um Auge, Zahn um Zahn«. Und das ist nicht einmal ein deutscher Grundsatz.

MR. ROBERTS: Handelt es sich nicht um den »Zahn« und das »Auge« der Unschuldigen?

JODL: Um Unschuldige dreht es sich nicht. Es ist ausdrücklich gesagt: die »Lust zur Widersetzlichkeit zu nehmen«. Es dreht sich nur um die, die sich widersetzen, nämlich durch den Partisanenkrieg.

MR. ROBERTS: Ich werde nicht darüber streiten, Zeuge. Sie billigen diesen Befehl also, nehme ich an.

JODL: Ich billige ihn als berechtigte und völkerrechtliche Maßnahme gegen eine völkerrechtswidrige Aufstandsbewegung größten Ausmaßes und skrupelloser Methoden. Dafür haben wir die Beweise gehabt.

MR. ROBERTS: Gut. Ich komme jetzt zu einer ganz anderen Sache, dem »Kommandobefehl«. Um dem Ursprung dieses Befehls nachzugehen, will ich zwei Dokumente unterbreiten, die noch nicht vorgelegt worden sind. Denn meiner Ansicht nach wurde dieser Befehl in Ihrem Amt auf Ihre Verantwortung hin herausgegeben.

Wollen Sie bitte dem Zeugen 1266-PS geben? Herr Vorsitzender! Ich biete es als GB-486 an.

[Zum Zeugen gewandt:]

Das ist das erste Dokument. Das Datum ist der 8. Oktober; es ist eine Notiz der Quartiermeisterabteilung »Qu« des Wehrmachtführungsstabes; das stimmt doch, nicht wahr?

JODL: Jawohl.

MR. ROBERTS: Und es war... das ist doch der Funk- Befehl, den Sie erwähnten, nicht wahr?

JODL: Jawohl.

MR. ROBERTS: Zuerst befaßt er sich mit der »Fesselung«, das ist nicht wichtig, Herr Vorsitzender, zweitens mit der durch den Rundfunk verbreiteten Bekanntmachung vom 7. Oktober 1942, die folgendermaßen lautet:

»In Zukunft werden sämtliche Terror- und Sabotagetrupps der Briten und ihrer Helfershelfer, die sich nicht wie Soldaten sondern wie Banditen benehmen, von den deutschen Truppen auch als solche behandelt, und wo sie auch auftreten, rücksichtslos im Kampfe niedergemacht werden.«

Nun, natürlich bedeutet dieser Befehl nicht sehr viel, nicht wahr? Er besagt, daß die Feinde sich nicht wie Soldaten benehmen, sondern wie Banditen und daß sie im Kampf niedergemacht werden können.

Aber sehen Sie sich den zweiten Absatz an: Der Vertreter des Chefs des Operationsstabes... das war Warlimont, nicht wahr, Zeuge?

JODL: Das war Warlimont, ja.

MR. ROBERTS: Ja.

»Hierzu hat Stellv. Chef WFSt an Abt. Q folgenden beschleunigt durchzuführenden Auftrag erteilt.

1. Umsetzung in Befehlsform.«

Sehen Sie sich Ziffer 2 an:

»Ähnlich wie seinerzeit der Barbarossabefehl muß auch dieser Befehl – im Benehmen mit WR und Abw. sehr überlegt und sorgfältig abgefaßt werden.

Verteilung nur bis zu den Armeen, von da nach vorn nur mündlich. Vernichtung nach Kenntnisnahme.«

Welcher Art war dieser Befehl, der so sorgfältig von Ihrem Stab und von der Rechtsabteilung und dem Abwehrdienst abgefaßt worden ist?

JODL: Ich glaube, daß es Dokument 50 war, das Sie vorhin erwähnt haben. Der »Barbarossa-Befehl« ist kein klarer Begriff.

MR. ROBERTS: Danke.

»Inhaltlich ist für den Befehl folgendes zu berücksichtigen:

In den Fällen, in denen vorübergehend im eigenen Interesse Festnahme erfolgt, sind die Betreffenden an schließend nach eingehender Vernehmung, an der auch SD zu beteiligen ist, durch die Abw. dem SD zuzuführen.

Unter keinen Umständen Unterbringung in Kriegsgefangenenlagern.

Mit den Leuten aus Norwegen ist nachträglich im Sinne dieses Befehls zu verfahren.«

Die Leute von Norwegen waren einige englische Kommandos, die eine Krafterzeugungsstation in Norwegen in die Luft gesprengt hatten, stimmt das nicht?

JODL: Das ist möglich, aber ich weiß es nicht. Ich habe das hier nie gesehen.

MR. ROBERTS: Ich glaube, ich werde Sie später daran erinnern können.

Das nächste Dokument werde ich nicht verlesen, es ist von einem Dr. Hülle, den ich nicht kenne, und ich glaube nicht, daß es zu diesem Fall etwas beitragen kann.

Das nächste Dokument, – das dritte in Euer Lordschafts Aktenbündel – ist dann vom 9. Oktober und von »Warlimont« unterzeichnet. Zeuge! Ist das Datum der 9. Oktober?

JODL: Jawohl.

MR. ROBERTS: Ist es von Warlimont unterzeichnet?

JODL: Unterzeichnet von Warlimont.

MR. ROBERTS: Die ersten Tatsachen sind in den ersten zwei Absätzen dargelegt, die wir kennen:

»Der Führer wünscht die Herausgabe eines Befehls, in dem das entsprechende Verhalten der Wehrmacht angeordnet wird.

WR hat auf Veranlassung von WFSt den aus der Anlage ersichtlichen Entwurf aufgestellt.

Es wird um eingehende Mitprüfung – gegebenenfalls unter Einschaltung des Reichsführers-SS – gebeten.

Auf die Rücksprache Chef Amt Ausl./Abw.-Stellv. Chef WFSt wird Bezug genommen.«

Das nächste Dokument ist der von der Rechtsabteilung verfaßte Befehlsentwurf:

»Angehörige von Terror- und Sabotagetrupps der großbritannischen Wehrmacht, die sich nachweislich über die Regeln einer ehrenhaften Kampfesweise hinwegsetzen, werden als Banditen behandelt.

Im Kampf oder auf der Flucht sind sie schonungslos zu vernichten.

Erfordern militärische Belange ihre vorübergehende Festsetzung oder fallen sie außerhalb von Kampfhandlungen in deutsche Hand, so sind sie sofort einem Offizier zur Vernehmung vorzuführen und danach dem SD zu übergeben.

Eine Verwahrung in Kriegsgefangenenlagern ist verboten.

Dieser Befehl darf nur bis zu den Armeen verteilt werden. Von da nach vom ist er nur mündlich bekanntzugeben.«

Erinnern Sie sich, mit dem Chef der Rechtsabteilung ein Telephongespräch über diesen Befehl geführt zu haben?

JODL: Nein, erinnere ich mich nicht.

MR. ROBERTS: Gut, sehen Sie sich bitte das nächste Dokument an. Es ist vom 14. Oktober. Im selben Akt auf der nächsten Seite,... Verzeihung, es ist eine Notiz. Sehen Sie sich die Überschrift an, sie lautete ursprünglich:

»Repressalienaktion Kriegsgefangene.«

Jemand hat das ausgestrichen und statt dessen geschrieben:

»Bekämpfung feindlicher Sabotagetrupps.

Notiz. Fernmündliche Rücksprache mit Chef WR: Chef WR hat inzwischen fernmündlich mit Chef WFSt gesprochen.«

Das sind doch Sie, nicht wahr?

JODL: Das bin ich, ja.

MR. ROBERTS:

»Dieser hat geäußert« – das sind Sie –, »daß es das Ziel des Führers bei der Aktion sei, diese Art der Kampfesweise (Abwurf von kleinen Trupps, die großen Schaden durch Sprengungen usw. anrichten und sich dann zur Festnahme stellen) zu verhindern.«

Das war doch der Zweck dieses Befehls, nicht wahr?

JODL: Ja, aber unter Anwendung von Methoden, die völkerrechtswidrig waren.

MR. ROBERTS: Das ist eine Sache, die wohl weder Sie noch ich zu diskutieren haben. Aber ich möchte Sie folgendes fragen: Machen Sie irgendwelche Unterschiede zwischen einem britischen Flieger, der ein Kraftwerk bombardiert und einem britischen uniformierten Fallschirmjäger, der gelandet ist und das Kraftwerk mit Explosivstoff in die Luft sprengt? Machen Sie da irgendwelchen Unterschied im Völkerrecht?

JODL: Nein, die Tatsache der Zerstörung eines Objekts durch einen Sprengtrupp halte ich für völkerrechtlich vollkommen zulässig; aber ich halte es nicht für zulässig, daß man dabei Zivil unter der Uniform trägt und daß man eine Achselpistole hat, die in dem Augenblick zu feuern beginnt, wo man die Arme zur Übergabe hebt. Das halte ich nicht für zulässig.

MR. ROBERTS: Gut, dies sind zwei Angelegenheiten und nur eine Antwort, und ich werde mich darüber mit Ihnen gar nicht streiten; wenn Sie sich aber den Fall betrachten, dann werden Sie viele, viele Fälle finden, in denen Personen hingerichtet wurden und in denen sich kein Hinweis findet, daß sie etwas anderes als eine Uniform trugen.

JODL: Ich glaube, daß diese Fälle ganz selten waren und daß zumindest diese Leute dann gemischt waren mit solchen, die Zivil anhatten.

MR. ROBERTS: Ich werde mit Ihnen nicht streiten; das sind andere Dokumente, die vielleicht einmal zusammengefaßt werden müssen. Aber geben Sie zu, daß, wenn ein Fallschirmjäger in Uniform, ohne Zivilkleidung, vom SD getötet, erschossen wird, daß das dann ein Mord ist? Oder wollen Sie diese Frage vielleicht lieber nicht beantworten?

JODL: Ich habe schon geäußert, daß, wenn ein Soldat nur eine Sprengung durchführt in voller Uniform oder eine Zerstörung, daß ich das nicht als eine völkerrechtswidrige Handlung betrachte und aus diesem Grunde ja auch meinen Widerstand gegen den Kommandobefehl in dieser Form geleistet habe, beinahe bis zum letzten Moment...

MR. ROBERTS: Ich habe Ihre Antwort gehört und werde dieser Angelegenheit nicht weiter nachgehen. Das Dokument lautet dann weiter – ich will nicht alles verlesen:

»Chef WR spricht sich dahin aus, daß unter diesen Umständen daran zu denken wäre, einen Befehl herauszugeben, der zur Veröffentlichung geeignet ist. Man müßte Artikel 23c der Haager Landkriegsordnung, der die Tötung oder Verwundung eines die Waffen streckenden oder wehrlosen Feindes, der sich auf die Gnade und Ungnade ergibt, verbietet, erläutern; bei Abschluß der L.K.O. sei diese Art der Kriegführung noch nicht bekannt gewesen und die Bestimmung könnte sich infolgedessen auch darauf nicht beziehen.«

Also das war das erste Aktenbündel. Nun will ich Ihnen...

JODL: Ich darf zu dem Dokument noch eine kurze Bemerkung machen.

Keines von diesen Papieren habe ich gesehen bisher. Ich sehe sie in diesem Moment zum ersten Male; aber sie beweisen Wort für Wort das, was ich vorgestern unter meinem Eid ausgesagt hatte, daß mein Stab von sich aus, nachdem er gehört hatte, daß der Führer einen Ausführungsbefehl verlangt, nun Vorarbeiten mit der Rechtsabteilung und mit der Abteilung Ausland begonnen hat, um einen solchen Befehl zu entwerfen, aber ich habe ihn nicht akzeptiert und habe keinen angenommen und keinen dem Führer vorgelegt.

MR. ROBERTS: Ich will Ihnen jetzt ein anderes Dokument vorlegen, 1265-PS.

Herr Vorsitzender! Ich biete es als GB-487 an.

Das erste Dokument dieses Aktes ist ein Fernschreiben vom 13. Oktober, unterzeichnet von Canaris. Das stimmt doch, Zeuge?

JODL: Das ist ein Fernschreiben von Canaris, ja.

MR. ROBERTS: Jawohl, es ist ein Fernschreiben an den Wehrmachtführungsstab über die »Kriegsgefangenenbehandlung«:

»Zu den durch die OKW-Bekanntmachung vom 17. Oktober 1942 ausgelösten Erörterungen und Maßnahmen wird zusammenfassend wie folgt Stellung genommen:«

Die Ziffer 1 ist nicht erheblich; sie behandelt die Fesselung. Ziffer 2 ist wichtig:

»Behandlung von Sabotageeinheiten:

Sabotageeinheiten in Uniform sind Soldaten und haben Anspruch auf Behandlung als Kriegsgefangene. Sabotageeinheiten in Zivil oder deutscher Uniform haben keinen Anspruch auf Behandlung als Kriegsgefangene (Freischärler).«

Sie halten natürlich diesen Befehl für richtig, nicht wahr? Der Rest des Dokuments ist nicht wichtig. Aber als ein Mann, der das Völkerrecht kennt, stimmen Sie dem zweiten Punkt doch zu. Nicht wahr?

JODL: Dem Punkt 2 stimme ich zu. Ja, ganz meine Auffassung. Deckt sich vollkommen mit meiner Auffassung.

MR. ROBERTS: Jetzt das nächste Dokument.

Ich bitte den Gerichtshof, sich das letzte dieser drei Dokumente anzusehen. Sehen Sie sich bitte das Dokument an: »Anruf. Bezug: Schreiben Ausl./Abw. vom 13. 10. 1942.« Euer Lordschaft! Dieses Dokument habe ich gerade verlesen.

»Stellungnahme WR« – Punkt 2 bezieht sich auf die Stellungnahme von Canaris, – »Grundsätzlich einverstanden.

Vielleicht läßt sich aber für besondere Fälle folgender Gedankengang vertreten:

Kampfmöglichkeiten, wie sie jetzt vorhanden sind und wie sie verhindert werden sollen, sind erst lange nach Schaffung der HLKO entstanden, vor allem durch den Luftkrieg; dabei wird besonders auf den Großeinsatz von Fallschirmspringern zu Sabotagezwecken zu verweisen sein. Wer nun als Soldat, in der Absicht nach dem Sabotageakt sich kampflos zu ergeben, Sabotageakte vornimmt, handelt nicht wie ein ehrlicher Kämpfer. Er mißbraucht das Recht des Artikels 23c,... bei dessen Formulierung an solche Kampfmethoden nicht gedacht worden ist. Der Mißbrauch liegt in der Spekulation auf kampfloses Sich-ergeben nach geglückter Sabotagehandlung.

Uneingeschränkt vertretbar ist die Auffassung über die Unzulässigkeit von Sabotagekommandos dann, wenn wir sie auch für uns vertreten.«

Ihre Initialen befinden sich oben auf dem Dokument, Zeuge, stimmt das?

JODL: Dieses Dokument habe ich gelesen, und es enthält eine völkerrechtliche Auffassung der Wehrmachts-Rechtsabteilung, die sich in diesem Punkt mit der Auffassung des Führers deckt. Sie bestätigt nämlich die durchaus völkerrechtliche Möglichkeit, daß man nämlich auch einen Mißbrauch des Völkerrechts unter Umständen dadurch begehen kann, daß man sich nach einer Kampftat von vornherein ergibt und damit die völlige Gefahrlosigkeit der Kriegführung für sich einheimst, eine Auffassung, die sehr strittig ist. Ich teile sie nicht ganz, aber es war die Auffassung der höchsten Rechtsabteilung in diesem Moment.

MR. ROBERTS: Sehr viele tapfere Soldaten ergeben sich doch, wenn sie zahlenmäßig unterlegen sind, nicht wahr? Viele Deutsche ergaben sich bei Bizerta und Tunis, Tausende von ihnen. Wieso standen sie dann außerhalb der Völkerrechtssphäre oder dessen Schutz?

JODL: Ja, das waren aber Soldaten, die in den normalen Gebräuchen des Krieges sich gefangengaben und die hat auch der Führer jederzeit voll anerkannt. Dies ist ein strittiger Fall, da kann man völkerrechtlich sehr zweifelhaft sein. Aber wie gesagt, es ist kein Gedanke von mir, er hat mit mir nichts zu tun. Ich habe ihn nur zur Kenntnis genommen.

MR. ROBERTS: Schön.

Euer Lordschaft! Das dazwischenliegende Dokument ist ein Schreiben, das von Dr. Lehmann, dem Chef der Wehrmachts-Rechtsabteilung unterzeichnet ist. Es bestätigt nur die telephonische Unterhaltung, die ich schon verlesen habe, und es ist nicht nötig, dies noch einmal zur Verlesung zu bringen. Dem Angeklagten liegt es vor.

Jetzt das letzte dieser Dokumente, bevor dieser Befehl endgültig ausgegeben worden ist. Der Gerichtshof hat es gesehen, es ist bereits als 1263-PS, RF-365, vorgelegt worden. Euer Lordschaft! Es war im Jodl-Dokumentenbuch Nummer 2 auf Seite 104.

Aber sehen Sie sich bitte den Originaltext an. Bedauerlicherweise ist in Dr. Exners Buch auf Seite 110 etwas ausgelassen worden. Ich bin sicher, daß das ganz unabsichtlich geschehen ist. Wollen Sie sich bitte das Dokument vom 15. Oktober 1942 ansehen.

Euer Lordschaft! Ich glaube, es ist das erste in Ihrem Akt. Seite 110, das erste der einzelnen Dokumente in Dr. Exners Buch, und ich bitte ihn um Entschuldigung, denn ich habe eben die Randbemerkung gesehen. Das war vorhin verdeckt, und ich habe es nicht gesehen. Ich bitte um Entschuldigung.

Euer Lordschaft!... Das ist eine Notiz vom 15. Oktober, nicht wahr, Zeuge, die von Warlimont unterzeichnet ist – von Ihrem Stellvertreter. Ich glaube, es ist das zweite Dokument in Ihrem Akt. Ich will das Ganze nicht noch einmal verlesen, denn es ist schon einmal vorgelegt worden. Aber Sie sehen: »Der Vorschlag des Amtes Ausl./Abw. wird als Anlage 1 vorgelegt.«

Ich bitte den Gerichtshof, sich Anlage 1 anzusehen. Es heißt dort unter »A«, daß Sabotagetrupps, die ohne Uniform angetroffen werden, standgerichtlich zu behandeln sind. Sie sagten dazu »Nein«. Sie haben Ihre Gründe dafür gegeben, und ich will Sie nicht weiter damit behelligen.

Dann »B«:

»Angehörige von... Sabotagetrupps..., die sich... in Uniform einer unehrenhaften... Handlungsweise schuldig machen, sind nach ihrer Gefangennahme gesondert festzusetzen.«

Sagen Sie dazu auch, es sei nicht anwendbar?

Und dann, wenn Sie zum 15. Oktober zurückgehen, heißt es im zweiten Abschnitt von unten:

»Chef WR«, das ist die Rechtsabteilung, »hat sich dahin ausgesprochen, den Befehl derart abzufassen, daß er den eigenen Interessen unter Berücksichtigung...«

Bedeutet das »unsere eigenen Interessen«, Zeuge, »den eigenen Interessen«?

JODL: Ja, das ist den eigenen... »daß er den eigenen Interessen...«

MR. ROBERTS:

»... daß er den eigenen Interessen unter Berücksichtigung der künftigen Kampfführung Rechnung trägt. Er wolle dadurch Rückwirkungen vermeiden, die unseren weiteren Absichten zuwiderlaufen könnten. Die Sabotage sei ein wesentlicher Bestandteil der Kriegführung in der Zeit des totalen Krieges; wir selbst hätten dieses Kampfmittel stark entwickelt.«

Und Sie schreiben an den Rand: »Aber die Engländer sind viel mehr darauf angewiesen.«

JODL: Ja, eine unbestreitbare Tatsache in der damaligen Situation des Krieges. Die Engländer haben viel mehr davon Gebrauch gemacht als wir.

MR. ROBERTS: Ist das ein Grund, einen derartigen Befehl herauszugeben, um die Engländer abzuhalten, Sabotagetrupps einzusetzen?

JODL: Nein, das ist beileibe kein Grund. Das ist nur eine Widerlegung des Satzes: Wir selbst hätten dieses Kampfmittel stark entwickelt. Darauf war ich veranlaßt hinzuschreiben: »Ja, aber die Engländer in viel höherem Maße als wir.« Aber mit der Begründung des Befehls hat das gar nichts zu tun.

MR. ROBERTS: Ich will mit diesem Dokument keine Zeit mehr verschwenden, nur... Haben Sie ein Dokument vom 14. Oktober mit 1., 2., 3., 4. am Ende? Ich glaube, das ist auf einer anderen Seite, dieses 1., 2., 3., 4.

JODL: Jawohl, das 1., 2., 3., 4.

MR. ROBERTS: Es heißt:

»Ausgehend von dem Ziel, die Kriegführung des Feindes durch Sabotagetrupps zu verhindern, müssen vor Formulierung eines Befehls folgende Fragen geklärt sein:

1.) Haben wir die Absicht, selbst Sabotagetrupps nur im Etappengebiet des Feindes oder auch weit im Hinterland abzusetzen?

2.) Wer wird mehr Sabotagetrupps absetzen, die Gegner oder wir?

3.) Können wir den Grundsatz aufstellen: Sabotagetrupps üben keine rechtmäßige Kriegführung aus? Sie sind im Kampf schonungslos zu erledigen.

4.) Legen wir Wert darauf, einzelne Angehörige dieser Trupps zur abwehrmäßigen Vernehmung zunächst festzunehmen und nicht sofort zu töten?«

Das waren die Gesichtspunkte, die in Ihrem Amt besprochen wurden, bevor die Befehle aufgestellt wurden.

JODL: Das sind Fragen, keine Gesichtspunkte. Fragen sind das, die sich auf Grund des Wehrmachtsberichts im Wehrmachtführungsstab erhoben haben. Also, die gesamte Vorlage aller dieser Dokumente bescheinigt dankenswerterweise die völlige Richtigkeit aller Worte, die ich vor zwei Tagen hier gesagt habe. Der Stab, die Rechtsabteilung und die Abteilung Ausland haben sich Gedanken gemacht und den Kopf zerbrochen, wie sie einen Ausführungsbefehl zu dem Zusatz zum Wehrmachtsbericht des Führers formulieren könnten, und sie sind zu keinem Ergebnis gekommen, und ich auch nicht. Und es ist kein Vorschlag gemacht worden dem Führer, es geschah nichts. Das habe ich vorgestern ausgesagt, und das haben Sie selbst durch die Vorlage dieser Dokumente dankenswerterweise bewiesen.

MR. ROBERTS: Ich glaube, Sie sagten, daß ein Teil des Führerbefehls Sie entrüstet hat?

JODL: Jawohl.

MR. ROBERTS: Und Sie haben auch in Ihrem Verhör gesagt, daß die Verteilung dieses Befehls eines der Dinge war, gegen die sich Ihr inneres Gewissen auflehnte – eines der wenigen Dinge – »Ihre innere Überzeugung«, um Ihre eigenen Worte zu gebrauchen.

JODL: Ich habe in der Vorvernehmung gesagt, das ist einer der wenigen oder der einzige Befehl, den ich vom Führer bekommen habe, den ich innerlich vollkommen abgelehnt habe. Das habe ich in der Vorvernehmung gesagt.

MR. ROBERTS: Sie haben ihn zwar abgelehnt. Aber diese jungen Menschen sind weiterhin erschossen worden, nicht wahr?

JODL: Ich habe auch hier genau geschildert, daß in der Praxis die Oberbefehlshaber an den Fronten, von mir tatkräftig unterstützt, dem Befehl die mildeste Auslegung gegeben haben, die man sich denken konnte. Es sind tatsächlich nur sehr wenige Fälle vorgekommen, und ich glaube, die meisten, jedenfalls fast alle die, die ich erfahren habe, hatten eine sehr starke Berechtigung, weil die Kampfmethoden dieser Leute keine Methoden ehrlicher Soldaten waren.

MR. ROBERTS: Also, Sie sprechen von Ihrer inneren Überzeugung. Ich glaube, Keitel hat über sein inneres Gewissen gesprochen. Aber hätten wir irgend etwas über die innere Überzeugung oder das Gewissen gehört, wenn Deutschland den Krieg nicht verloren hätte?

JODL: Nein, aber dann hätten wir vielleicht gehört von den Erdrosselten von Dieppe in einem ähnlichen Prozeß.

MR. ROBERTS: Es ist sehr spät. Ich möchte mich nur noch sehr, sehr schnell mit einigen wenigen Beispielen befassen, die den Befehl betreffen, der, wie Sie sagten, nur wenige Male ausgeführt wurde.

Zuerst verweise ich auf UK-57, Seite 309 im Dokumentenbuch Nummer 7, Seite 33 im deutschen Text... Seite 344 im deutschen Text. Ich bitte um Entschuldigung, ich hatte Ihnen die falsche Seitenzahl angegeben. Ich kann es verlesen, es ist ein Bericht, der Keitels Initiale trägt:

»Am 16. September 1942« – bitte beachten Sie das Datum, es ist mehr als ein Monat, bevor der Kommandobefehl in Kraft trat – »landeten 10 Engländer und 2 Norweger in Uniform der britischen Gebirgsjäger schwer bewaffnet und mit Sprengmunition aller Art ausgerüstet an der norwegischen Küste. Nach Übersteigen schwierigen Gebirgsgeländes sprengten sie am 21. September in dem Kraftwerk Glomfjord wichtige Anlagen. Ein deutscher Wachposten wurde dabei erschossen. Den norwegischen Arbeitern wurde angedroht, daß sie bei Widerstand chloroformiert würden. Die Engländer hatten hierfür Morphiumspritzen bei sich. Sieben der Täter sind festgenommen worden, während die übrigen nach Schweden entkommen sind.«

Dann folgen sieben Namen, die ich dem Gerichtshof im Januar, glaube ich, vorgelesen habe. Diese Männer wurden am 30. Oktober 1942 erschossen. Das heißt, erschossen auf Grund dieses Befehls, den Sie herausgegeben haben, obwohl er noch gar nicht existierte, als diese Männer die Kraftanlage in die Luft sprengten. Sie haben mir kurz vorher gesagt, daß diese Kraftanlage ein rein militärisches Ziel war. Diese Männer waren in Uniform. Können Sie das irgendwie rechtfertigen?

JODL: Nein, das kann ich nicht rechtfertigen, ich will es auch nicht rechtfertigen. Ich halte es für vollkommen rechtswidrig, denn auch selbst dieser Befehl konnte niemals rückwirkende Kraft haben; aber ich habe es damals gar nicht erfahren. Diese UK-57 habe ich im ersten und zweiten Teil überhaupt erst hier gelesen, im dritten Teil habe ich es damals im April 1944 gelesen.

MR. ROBERTS: Gut. Es gibt noch andere Beweisstücke, die diese Sache behandeln. Ich werde sie Ihnen aber nicht vorlegen. Sie wurden schon früher erwähnt, und ich will nicht kumulativ werden. Ich möchte, daß Sie... Vielleicht werde ich erst eine Frage an Sie stellen.

Ich glaube, es wurde festgelegt, daß der Wehrmachtsbericht jede Handlung, die auf Grund dieses Führerbefehls ausgeführt wurde, bringen sollte, nicht wahr?

JODL: Das war befohlen.

MR. ROBERTS: Ja, ich möchte Ihnen nur ein Beispiel dieses Wehrmachtsberichts vorlegen, 526-PS, US-502.

Euer Lordschaft! Das ist 7a, auf Seite 15. Es ist vom 10. Mai 1943, im deutschen kleinen Buch auf Seite 21.