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[Zum Zeugen gewandt:]

Ihr Verteidiger hat das Dokument L-172 dem Gerichtshof vorgelegt. Darin steht der folgende Satz, den Sie in einer Rede vor den Gauleitern am 7. November 1943 vorgetragen haben. Ich werde diesen Satz vorlesen:

»Aus diesem Dilemma des Menschenmangels heraus entstanden die Gedanken von der stärkeren Ausschöpfung der personellen Kraftreserven in den von uns be herrschten Gebieten.«

Erinnern Sie sich an das Dokument?

JODL: Ich habe die Frage nicht verstanden.

OBERST POKROWSKY: Ich werde sie wiederholen: Ihr Verteidiger hat dem Gerichtshof das Dokument L-172 vorgelegt. Es ist eine Rede, die Sie vor den Gauleitern gehalten haben.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof hätte gern Ihre Aufmerksamkeit... Was gibt's jetzt? Sie können ohne die Kopfhörer nicht hören.

[Zu Prof. Dr. Exner gewandt:]

Wollen Sie etwas sagen?

PROF. DR. EXNER: Bitte, Herr Präsident, die Übersetzung ist derart, daß wir sie einfach nicht verstehen. Es kommen halbe Sätze, die ohne Sinn sind, wenigstens soweit es unser Urteil ist. Ich glaube, das werden die anderen Herren auch finden, und der Angeklagte...

VORSITZENDER: Der Angeklagte hat kein Zeichen gegeben, daß er die Übersetzung nicht verstanden hat. Er hat niemals Einspruch erhoben, und er hat die Fragen beantwortet.

PROF. DR. EXNER: Verstehen Sie, Angeklagter?

JODL: Ich kann sagen, daß ich die Masse der Fragen im wesentlichen errate. Da ich das ganze Problem beherrsche, tue ich mir darin sehr leicht; aber eine Sicherheit habe ich nicht.

VORSITZENDER: Oberst Pokrowsky! Wollen Sie bitte langsamer vorgehen. Sie hörten, was Dr. Exner sagte.

OBERST POKROWSKY: Ja, ich hörte es, Herr Vorsitzender. Ich fürchte jedoch, daß das Tempo meiner Fragen das Verhör beeinträchtigen wird. Aber ich werde jedenfalls versuchen, langsamer zu sprechen.

[Zum Zeugen gewandt:]

In der Rede, die Sie vor den Gauleitern am 7. November 1943 gehalten haben, sagten Sie unter anderem auch folgendes:

»Aus diesem Dilemma des Menschenmangels heraus entstanden die Gedanken von der stärkeren Ausschöpfung der personellen Kraftreserven in den von uns beherrschten Gebieten.«

VORSITZENDER: Oberst Pokrowsky! Können Sie uns vielleicht sagen, auf welcher Seite wir das finden können? In unserem Dokumentenbuch haben wir bis jetzt kein einziges Dokument in englischer Sprache. Auch dieses Dokument haben wir nicht in englischer Sprache.

OBERST POKROWSKY: Es ist L-172, Herr Vorsitzender.

VORSITZENDER: Oberst Pokrowsky! Gerade diese Stelle, die Sie vorgelesen haben, oder ein Teil davon, wurde von Herrn Roberts gestern dem Angeklagten vorgehalten. Zweifellos verstößt das gegen unsere Bestimmungen, dasselbe Thema zweimal zu behandeln. Wir haben es bereits angezeichnet.

OBERST POKROWSKY: Verzeihen Sie, Herr Vorsitzender, ich lese diesen Satz nicht als eine Frage, sondern nur als eine einführende Bemerkung zu der Frage, die diesem Satz folgen wird. Die Frage, die jetzt folgen wird, soll den Zeugen nur an diesen Satz erinnern. Der Satz selbst ist keine Frage.

VORSITZENDER: Wollen Sie bitte wiederholen, was Sie. sagten?

OBERST POKROWSKY: Sobald der Angeklagte das Beweisstück hat, werde ich die Frage stellen. Um Zeit zu sparen...

VORSITZENDER: Oberst Pokrowsky! Wir möchten wissen, welche Frage Sie stellen wollen, damit wir feststellen können, ob es nicht eine Frage ist, welche Herr Roberts bereits eingehend behandelt hat.

Oberst Pokrowsky! Der Gerichtshof hat Ihnen angedeutet, daß derselbe Gegenstand, der gestern behandelt wurde, nicht noch einmal behandelt werden soll. Wenn Sie neue Fragen zu stellen haben, bitte, stellen Sie sie.

OBERST POKROWSKY: Nicht eine einzige der Fragen, die ich heute dem Zeugen gestellt habe, ist eine Wiederholung früher gestellter Fragen. Deshalb fahre ich mit Ihrer Genehmigung fort und bitte den Zeugen, das Beweisstück USSR-130 anzusehen.

Aus diesen Dokumenten ist zu ersehen, daß sie mit Zustimmung des OKW herausgegeben wurden. Sie befassen sich mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in den besetzten Gebieten von Kärnten und Krain.

Haben Sie die Stelle gefunden? Haben Sie die Stelle gefunden, die ich gerade vorgelesen habe, eine Verordnung über die Einführung der Wehrpflicht in den besetzten Gebieten von Kärnten und Krain?

JODL: Ja, das Dokument beginnt mit folgendem Satz:...

OBERST POKROWSKY: Es beginnt mit folgendem Satz: »Im Einvernehmen mit dem Oberkommando der Wehrmacht...« Haben Sie das gefunden, Angeklagter?

JODL: Jawohl.

OBERST POKROWSKY: Als Chef des Wehrmachtführungsstabes mußten Sie von solchen Tatsachen, wie der Einführung der Wehrpflicht der jugoslawischen Bevölkerung – also einer Bevölkerung besetzter Gebiete – in der deutschen Armee gewußt haben. Was haben Sie zu dieser Verordnung, die eine grobe Verletzung des Völkerrechts darstellt, zu sagen?

Haben Sie meine Frage verstanden?

JODL: Ja. Dazu kann ich nur sagen, ich sehe das zum ersten Male. Ich erfahre das zum ersten Male. Ich bin ja nicht OKW. Ich bin Chef des Wehrmachtführungsstabes. Ich habe das im Kriege überhaupt gar nie gelesen.

OBERST POKROWSKY: Haben Sie es jetzt gelesen? Sind Sie nicht der Ansicht, daß das eine grobe Verletzung des Völkerrechts darstellt?

JODL: Dazu müßte ich eine genauere rechtliche Untersuchung erst anstellen. Dazu bin ich aber jetzt nicht in der Lage, und für das Gericht ist das, glaube ich, auch ohne Interesse.

OBERST POKROWSKY: Am 4. Juni haben Sie in diesem Saal erklärt, die Beschlüsse der Haager und der Genfer Konvention seien Ihre Richtschnur gewesen. Man wird Ihnen gleich das Dokument 738-PS vorlegen, das dem Gerichtshof am 20. März als US- 788 vorgelegt wurde.

VORSITZENDER: Das Dokument, das uns gerade übergeben wurde, hat die Nummer 638.

OBERST POKROWSKY: Ja, verzeihen Sie, Herr Präsident, die richtige Nummer ist 638-PS.

VORSITZENDER: Oberst Pokrowsky! Ist das Dokument, das Sie dem Gerichtshof gerade vorgelegt haben, J-6? Reichen Sie das als Beweisstück ein? Legen Sie das vor?

OBERST POKROWSKY: Nein, ich lege kein neues Dokument vor. Dieses Dokument wurde schon als Beweisstück vorgelegt.

VORSITZENDER: Einen Augenblick, bitte. Beziehen Sie sich auf das Dokument Nummer 638-PS, oder beziehen Sie sich auf das Dokument J-6?

OBERST POKROWSKY: Ich beziehe mich auf das Dokument 638-PS, das als US-Beweisstück vom Gerichtshof angenommen wurde.

VORSITZENDER: Ich nicht. Ich meine das Dokument J-6. Das Dokument, das ich vor mir habe und das 638 ist, ist das jugoslawische Dokument.

OBERST POKROWSKY: Das Dokument, auf das Sie sich beziehen, Herr Vorsitzender, hat zwei Nummern: USSR-130 und ist zu gleicher Zeit J-6. Auch das zweite Dokument hat zwei Nummern.

VORSITZENDER: Mich interessiert das zweite Dokument nicht. Ich möchte nur wissen, ob Sie das erste Dokument als Beweisstück vorlegen, oder wurde es schon als Beweisstück vorgelegt?

OBERST POKROWSKY: Es wurde von der Delegation der Sowjetunion schon vorgelegt, Herr Vorsitzender.