[Zum Zeugen gewandt:]
Sie hatten wahrscheinlich jetzt Zeit genug, Herr Zeuge, das Dokument durchzulesen. Haben Sie es gelesen?
JODL: Ich kenne es schon aus dem Prozeß.
OBERST POKROWSKY: Ganz richtig: Ich möchte nur daran erinnern, daß Göring zweimal die Echtheit dieses Dokuments bestätigte und nur die Richtigkeit einzelner Sätze bestritt.
Nun frage ich Sie: Wie vereinbart sich Ihre Auffassung des Völkerrechts mit der Tatsache, daß uniformierte, aus Verbrechern bestehende deutsche Banden gebildet wurden? Diesen Banden war Plündern, Morden, Brandstiften und Vergewaltigen offiziell gestattet. Sie konnten sich auch bei der Durchführung von Kriegsoperationen Übergriffe aller Art leisten.
Haben Sie meine Frage verstanden? Sie erinnern sich doch, daß solche Banden tatsächlich gebildet wurden und zu den Streitkräften des Deutschen Reiches gehörten? Erinnern Sie sich noch an die Aussagen des Zeugen von dem Bach-Zelewski am 7. Januar 1946 über besondere Brigaden, die nach diesen Grundsätzen handelten?
JODL: Ich weiß nicht, woher Sie wissen, daß das Oberkommando sein Einverständnis gegeben hat; daß das überhaupt geschehen ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Das ist ja nur eine Niederschrift von irgendwelchen angeblichen Äußerungen des Reichsmarschalls. Aber ich weiß nicht, was das mit mir zu tun hat.
OBERST POKROWSKY: Ich werde Ihnen behilflich sein, damit Sie diese Tatsachen besser verstehen. Erinnern Sie sich, daß Ende 1941 und Anfang 1942 ein Sonderkommando gebildet wurde, das gegen Partisanen operieren sollte? Der erste Befehlshaber dieser Einheit war Dirlewanger. Von dem Bach-Zelewski hat am 7. Januar 1946 über ihn ausgesagt. Erinnern Sie sich daran?
JODL: Nein, daran kann ich mich nicht erinnern.
OBERST POKROWSKY: Gut. Dann werden wir das ohne Ihre Aussage beweisen. Erinnern Sie sich daran, daß verschiedene Einheiten der jugoslawischen Armee vorgeschriebene Uniformen trugen, vollständig mit Abzeichen, Divisions- und Regimentsnummern? Erinnern Sie sich noch daran? Können Sie meine Fragen verstehen?
JODL: Ich habe verstanden. Meinen Sie vielleicht das Regiment Brandenburg? Das ist mir ein Begriff.
OBERST POKROWSKY: Nein, ich meine etwas anderes.
Ich möchte Sie nur daran erinnern, daß Einheiten der jugoslawischen Armee, obgleich sie jene Kennzeichen, die Sie hier aufzählten, als Sie von Banden sprachen, nicht hatten, in allen amtlichen Dokumenten des deutschen Oberkommandos als Banden bezeichnet wurden, um alle möglichen Bestialitäten diesen Leuten gegenüber zu rechtfertigen. Nur im streng geheimen Briefwechsel zwischen einzelnen deutschen Offizieren und Stäben wurde die richtige Bezeichnung der verschiedenen Divisionen, Brigaden und Regimenter genannt. Vielleicht wollen Sie auch dies als Beachtung des Völkerrechts durch das deutsche Oberkommando hinstellen. Haben Sie mich verstanden?
JODL: Ich habe Sie gut verstanden, ja.
OBERST POKROWSKY: Wollen Sie etwas antworten?
JODL: Ja, ich kann nur antworten, diese Behauptung von Ihnen ist unwahr. Wir haben diese...
OBERST POKROWSKY: Ich möchte, daß Sie so kurz wie möglich antworten.
JODL: Ja, das war doch sehr kurz. Wir haben die jugoslawischen Banditen aus propagandistischen Gründen zwar Stets als Banden bezeichnet; wir haben aber in der Praxis die uniformierten Kämpfer stets als Kriegsgefangene behandelt. Es gibt keinen Befehl, der das verhindert hätte, sonst wären nicht so viele Gefangene vorhanden gewesen.
OBERST POKROWSKY: Ich bin Ihnen sehr dankbar, daß Sie die Frage der Kriegsgefangenen angeschnitten haben. Sie haben unter Eid gesagt, daß es keinen Befehl gab, der verbot, Gefangene zu machen. Erinnern Sie sich an Ihre eigene Aussage?
JODL: Nein, es gibt keine völkerrechtlichen Regelungen gegenüber einer Rebellion; die gibt es nicht.
OBERST POKROWSKY: Nein. Ich bitte Sie, nur zu bestätigen, ob ich Ihre damaligen Aussagen dem Gerichtshof richtig wiedergegeben habe. Sie erklärten vor dem Gerichtshof, daß es keinen Befehl gab, keine Kriegsgefangenen zu machen. Haben Sie das vor dem Gerichtshof ausgesagt oder nicht.
JODL: Es ist nicht wörtlich meine Aussage, was Sie hier vorgebracht haben.
OBERST POKROWSKY: Einen Augenblick bitte! Wir werden über die von mir eben erwähnte Sache noch besonders sprechen. Zunächst sollen Sie mir folgendes sagen: Sie haben vor dem Gerichtshof unter Eid ausgesagt, daß es in der Deutschen Wehrmacht keinen Befehl gab, der es verboten hätte, Kriegsgefangene zu machen? Haben Sie diese Aussage gemacht? Haben Sie mich verstanden?
JODL: Ich glaube, mich zu erinnern. Ich kenne keine derartige Anordnung, daß keine Kriegsgefangenen zu machen seien.
OBERST POKROWSKY: Jawohl. Nun noch eine andere Sache, die Sie mir helfen sollen klarzustellen. Im Protokoll erscheint ein Satz, nach dem Sie es für ungebührlich gehalten haben, einen Kriegsgefangenen zu verhören, wenn schon die Entscheidung getroffen war ihn zu erschießen. Stimmt das?
JODL: Ja, ich habe hier ausgesagt, daß ich diesen Satz moralisch und menschlich ablehne.
OBERST POKROWSKY: Jawohl. Sagen Sie mir bitte folgendes: Erinnern Sie sich daran, daß es im deutschen Heer die 4. Gebirgsdivision gab? Sie standen, glaube ich, einige Zeit in direkter Verbindung mit ihr. Gab es eine solche Division oder nicht?
JODL: Daran, daß es vier Gebirgsdivisionen gab, erinnere ich mich nicht; es gab viel mehr.
OBERST POKROWSKY: Ich spreche nicht von vier Divisionen. Sie haben eine unrichtige Übersetzung bekommen. Ich fragte Sie, ob Sie sich daran erinnern, daß es eine 4. Gebirgsdivision gab?
JODL: Das wußte ich sicher; deren Kommandeur wollte ich nämlich werden.
OBERST POKROWSKY: Jawohl. In diesem Falle werden Sie sich vielleicht auch erinnern, daß es einen verantwortlichen Offizier der deutschen Armee namens Kübler gab. Er operierte in Jugoslawien.
JODL: Es gab zwei Kübler, einen älteren und einen jüngeren Kübler.
OBERST POKROWSKY: Ich bin am Generalmajor Kübler Interessiert. Ich frage nicht, wer Keitel war, das wissen Sie besser als ich.
VORSITZENDER: Sollen wir uns jetzt für ein paar Minuten vertagen?